Schlammschlacht in Bad Salzuflen
Die Chancen für Mistwetter stehen gut, wenn man Ende Februar an einer Laufveranstaltung teilnimmt. Ich mag Mistwetter! Ehrlich! Nicht beim Radfahren und auch nicht auf der Autobahn, aber beim Laufen! Es gibt mir das Gefühl zu leben – und ich lebe gerne. Die Kombination Mistwetter und Wald und dann auch noch mit einer Lauffreundin aus meiner alten Heimat– perfekt! Ich muss mich also nicht lange überreden lassen, in Bad Salzuflen zu starten.
Fast hätten wir allerdings den Startschuss in Bad Salzuflen verpasst. Meine Anreise aus Köln dauert um einiges länger als geplant. Endlich aus dem Stau heraus und nach diffusen Schwierigkeiten beim Suchen des Bahnhofs von Herford, springt die schnelle Katja dort zu mir ins Auto und ab geht’s zum Baukastenlauf in den benachbarten Kurort Bad Salzuflen. Dann geht alles ganz schnell, Sachen schnappen, zur Grundschule West laufen, Startunterlagen holen, ab an den Start. Meine Kamera habe ich in der Hektik leider im Auto vergessen. Dann geht’s halt ohne. Da müsst ihr jetzt durch.
Der Bad Salzuflen-Animateur erzählt am Startplatz atemlos und ohne Pause; wir wundern uns, was dem alles einfällt. Wir haben uns ein paar Monate nicht gesehen und wollen nun endlich auch mal quatschen. Es geht los, raus aus dem Städtchen, 2 km bergauf in die 8km-Schleife, die dann bis zu fünfmal gelaufen werden kann.10, 18, 26, 34 oder 42 Kilometer - wie man Lust hat oder eben solange die Beine es zulassen. Auf den ersten zwei Kilometern schieben sich die meisten der 1500 Starter zögerlich den Berg hoch. Hier im Mittelfeld geht es geduldig und fröhlich zu. Die Schnellen sieht man nicht mehr. Zunächst führt die Strecke an einer breiten Straße hinauf und verjüngt sich dann in einen schmalen Waldweg. Es muss immer wieder gegangen werden. Ich bin darüber ganz froh. Raus aus dem Auto und ab auf die Strecke ist nicht mein Ding. Ich brauche immer ein wenig Anlaufzeit. Ein paar Quengelige überholen durch den Matsch am Rande des Weges. Einige nörgeln und nölen, aber das macht den Weg auch nicht breiter.
Oben in der 8km-Schleife angekommen, fängt der Matschmarathon erst richtig an. Katja ist wind-, wetter- und überhaupt katastrophenerprobt, sie meckert nicht, obwohl sie um einiges schneller laufen könnte. Sie steckt mitten in den Vorbereitungen für Paris, nutzt den Bad Salzuflen Marathon als Trainingslauf und amüsiert sich über den Schlamm, in dem wir herumglitschen. Die acht Kilometer sind anspruchsvoll hügelig und es gibt eine recht steile Stelle, die allerdings nicht sehr lang ist. In einigen scharfen Kurven muss man aufpassen, wohin man tritt – nicht um sich nicht einzusauen, was einige anfangs vergeblich versuchen, sondern um sich nicht verletzen.
Ich empfinde die erste Hälfte der ersten Runde als ziemlich anstrengend, ich bin keine Hügel mehr gewohnt. Nach einer Weile scheinen sich meine Beine aber daran erinnert zu haben, dass Höhenmeter früher mal zum Alltag gehörten. Wer also den Hermannslauf Ende April, den Rennsteig Mitte Mai oder gar Biel im Juni laufen möchte, ist genau richtig zum Üben in Bad Salzuflen. Es sind einige Ultraläufer unter den Teilnehmern und jede Menge Marathonanfänger, die ihr Debüt im Frühjahr haben oder eben auch jetzt und hier in Bad Salzuflen. Fünf Runden sind zu absolvieren bis man die 42,195 erreicht hat. Fünf Runden, die es in sich haben. Ich will erst im Mai wieder auf die Königsstrecke, bin noch am Anfang meiner Marathonvorbereitung und entschließe mich lange vor dem Start „nur“ 26 Kilometer zu laufen. Die genieße ich gerade in vollen Zügen: endlich mal wieder Wald, Bäume, Matsch, eine vertraute Laufbegleitung – eingeschlammt und fröhlich laufe ich meine Runden.
Das Wetter ist prima zum Laufen, es nieselt ein bisschen, aber es ist relativ warm – möglicherweise wärmt auch der Schlamm schon von unten. An der ersten Verpflegungsstation deponieren wir Jacke und Mütze. Wir kommen hier ja noch mehrfach vorbei und die freundlichen Helfer legen alles an einen trockenen Platz. Weiter geht’s. Das ist das Schöne an diesem Lauf: es gibt überhaupt keinen Stress, ganz in Ruhe kann man über Berg und Tal laufen, bekommt zu essen und zu trinken und kann mit Herz und Seele im Matsch baden. Mit zwei Verpflegungsstellen ist man bestens versorgt. Es gibt Tee, Wasser, Cola, Malzbier, Orangen, Bananen und sogar Schokolade.
In der zweiten Runde werden wir von den ersten Schnellen überholt. Schlamm aufwühlend spritzen sie an uns vorbei. Längst hat jeder begriffen, dass man hier keine Bestzeiten erreichen kann. So bitten selbst die Ersten hechelnd höflich darum, vorbei gelassen zu werden. Das kenne ich von vielen Läufen anders und mitunter leider auch recht aggressiv. Der nicht ganz so große Ehrgeiz scheint Fairplay zu begünstigen. Durch die Überholer wird es stellenweise etwas eng, aber so richtig stört das hier niemanden. Außerdem dünnt es sich in der dritten Runde wieder aus, wenn viele schon in Richtung Ziel abbiegen.
Die steile Stelle kommt gleich. Jeder weiß das, wir waren ja alle schon einmal hier, sammelt Kräfte und schnappt schon vorher ehrfurchtsvoll nach Luft. Katja rast ganz plötzlich den Berg hoch. Wie angestochen. Völlig blöd. „Die spinnt!“ ist alles was mir dazu einfällt. Um mich herum nicken alle. Oben kann sie nicht mehr und möchte sich tot lachen. „Ich probiere das jetzt mal aus. Erste Runde langsam, zweite Runde schnell, dritte Runde gehend...“ Aha. Vierte Runde rückwärts? Fünfte auf Händen? Nach dem Duschen behauptet sie, dass schnell am Besten war. Durchgeknallt. Zuviel Matsch!
Lachend laufen wir weiter und kommen an die Stelle, an der wir unsere Rundenstriche bekommen. Streckenposten markieren auf der Startnummer die Zahl der gelaufenen Runden. Dabei könnte man die Anzahl der Runden am Zustand der Laufklamotten erkennen. Je matschiger desto mehr Kilometer. Wir lassen uns trotzdem einen Strich geben und quatschen und matschen noch eine Runde um den Obernberg. Der Matsch wird in jeder Runde tiefer, wir komischerweise immer schneller. Ein Phänomen, das wir schon oft an uns beobachtet haben. Nach zwanzig Kilometern läuft`s von alleine. Genau aus dem Grund laufe ich nicht gerne weniger – da verpasse ich ja was.
Ich kann den Veranstaltern der LC92 nur ein Lob aussprechen. Es ist immer wieder schön, hier zu laufen. Ich bin bereits das dritte Mal hier. Hier bin ich das erste Mal überhaupt mehr als 20 Kilometer gelaufen, damals 2004 bei Eis und Schnee, im letzten Jahr im gemäßigten Matsch und in diesem Jahr so richtig schön schlammig. Es gibt nicht viel Publikum an der Strecke. Wer Jubel und Anfeuerungen braucht, ist hier falsch. Allerdings sind die Helfer immer für eine herzliche Motivation zu haben.
Im Schulgebäude gibt es ein riesiges Kuchenangebot und leckeren heißen Kaffee - den braucht man allerdings auch, wenn man die eiskalte Dusche überlebt hat. Das ist aber auch der einzige Kritikpunkt. Die Panne im EDV-System habe ich zwar registriert, aber ich bin nicht die Richtige, um derartige Probleme zu verurteilen. Dann dauert es halt einen oder zwei Tage länger bis man das Ergebnis hat. Auf das Abklingen des Muskelkaters muss ich ja auch ein paar Tage warten.
Ergebnisse Marathon:
Frauen
1. Meuser, Karin DJK-Gillrath 03:36:11,4
2. Queren, Stefanie Tri-Team TuS Engter 03:50:13,5
3. Baschin, Andrea Sfc Injoy Wolfsburg 04:05:01,0
Männer
1. Velten, Sascha Lüttringhauser TV 02:47:36,3
2. Nahen, Mathias TV Jahn Bad Driburg 02:52:10,5
3. Schulz, Robert Die Unbestechlichen 02:57:36,4