Die Marathonsaison beginnt dieses Jahr mit einem Kracher. Denn der Marathon in Bad Salzuflen führt nicht nur durch den Forst, er hat dazu ordentliche Höhenmeter zu vergeben. Fünf Runden über 8 Kilometer mit je 196 Höhenmetern stehen an, macht zusammen 980. Vorweg der Anstieg bei Kilometer eins hat 46, der Abschluss hinab nochmal 46, macht 92 Höhenmeter. In der Summe 1072! Hört sich prächtig an, ne.
Um die Startbedenken zu mildern, hat sich der veranstaltende LC 92 Bad Salzuflen ein Baukastensystem ausgedacht. Es müssen keine fünf Runden gelaufen werden. Nach zwei, drei und vier Runden kann jeder selbst entscheiden, ob er hinab ins Ziel gleiten oder weiterlaufen will. Ich verschwende keinen Gedanken auf weniger als fünf Runden und mein Ehrgeiz visiert unter 4h30min an.
Die Startzeit 12:15 Uhr gestattet uns eine gemütliche Anfahrt. Parkplätze und Wegekarte waren auf der Homepage ausgewiesen. Wir fühlen uns ruhig in die Veranstaltung ein, die mit Sportmesse und Cafeteria aufwartet. Die Grundschule Elkenbrede füllt sich mit buntem Läufervolk und wir lernen M4Y-Reporter Markus mit Frau und Sohn kennen. Die orange Mütze ist unser Erkennungszeichen.
Vor unserem Rundenspektakel startet ein 10 km Volkslauf über eine Runde mit 160 Teilnehmern. Nach uns gehen noch 40 Walker auf die Runde. Unser Feld zählt 1100 Starter. Die gesamte Veranstaltung war auf 1500 Teilnehmer limitiert und auch zum Meldeschluss voll. Aber nicht alle Vormelder starten, insgesamt werden heute 1290 Läufer finishen.
Voll ist es trotzdem und da ich hinten starte, staut es sich gleich eingangs des Forsts hinauf. Wir nehmen das gelassen. Einer ruft scherzhaft: „Gasse bilden, Läufer von hinten!“ Da das Winterwetter dieses Jahr mild und feucht ist, sind die Wege recht schlammig. Doch wer ordentlich Profil auf der Sohle hat, kommt nicht so schnell ins Rutschen.
Dann sind wir oben und beginnen mit Runde eins. Der zweite km führt nur hinab, dann aber wird es auf schmalerem Trail leicht wellig und es staut sich wieder. Das stört mich wenig, gern schnuppere ich gemütlich in die Runde und ins Läuferfeld hinein. Vor allem die drei Piraten sind verwegen anzusehen. Der Kurs steigt plötzlich von km 4,5 bis 5,5 hart an und in harten Wellen führt er weiter bis zu km 8. Jetzt geht es hinab und die erste Runde ist geschafft.
Allmählich hole ich Schwung und überhole auch mal auf dem Rande des Pfads. Ich staune nicht schlecht, als plötzlich bei meinem km 11 der führende Läufer von hinten vorbeifliegt. Jetzt schon überrundet? Es ist Stanley Kipkirui Kipkogei, ich glaube der einzige Schwarz-Afrikaner im Feld. Und er läuft auch den Marathon. Ein paar Minuten später, der zweite, der dritte… Ich höre die schnellen Tritte näher kommen und mache die Gasse frei. Mitte der Runde trinke ich am Stand warmen Tee und laufe weiter. Ich fühle mich gut. Der zweite schwierigere Rundenabschnitt macht mir rein gar nichts aus. Beim Rundendurchlauf gibt es jedes Mal Verpflegung: Apfelsine, Banane, Schokolade, Tee, Cola, Wasser, später auch Vita-Malz und echtes Detmolder Pils. Das finde ich in Ordnung so.
Guter Dinge laufe ich in die dritte Runde. Nett, dass die zahlreichen Streckenposten uns applaudieren. Hin und wieder haben sie sich abgewechselt, das fällt mir auf. Ist ja auch nicht angenehm über fünf Stunden bei dem klammen und zugigen Wetter auszuharren. Ich komme mit Jörg ins Gespräch, der ein Supermarathonshirt vom Rennsteig trägt. Da kann ich nicht mitreden. Wir setzen nebeneinander den langen Anstieg hinauf und haben Halbzeit für heute. Dann ist auch Jörgs Kumpel Christian da und in angenehmer Unterhaltung laufen wir gemeinsam weiter. Das Tempo ist - sagen wir mal für mich – nicht schlecht. Nach Runde drei steht meine Frau Gabi am Verpflegungspunkt und knippst. Für die freudige Überraschung gibt’s glatt ein Küsschen von mir.
Die vierte Runde fängt an, wie die dritte aufgehört hat. Wir plauschen über unsere Laufabenteuer, rollen hinab und hinauf. Die Wege sind jetzt überschaubarer. Allein ist man aber nie und überrunden kann jetzt auch keiner mehr. Es geht auch immer ein Stück an der Autobahn 2 vorbei, da dringen gerade bergauf ein paar Abgase in die Lunge. Aber im dicht besiedelten NRW ist es gar nicht so einfach, Straßen bei Läufen auszuklammern. Gegen Rundenende merke ich, dass das Tempo von ca. 6min den km bei dem Höhenprofil und den Schlammwegen für mich zu hoch ist. Noch einmal lassen wir uns vom Streckenfotografen fotografieren, aber nach dem Verpflegungspunkt muss ich Jörg und Christian ziehen lassen.
Ich weiß, dass die letzten 9 km richtig hart werden. Aber rechts abbiegen und den Lauf nach 34 km beenden? Nein! Ich trabe links runter, ein letztes Mal… Da vorn sehe ich die orange Mütze: Markus. Er ist in den Geh-Modus verfallen. Als ich heran bin, laufen wir gemeinsam weiter, bis zum nächsten Anstieg. Der Akku ist leer, wir gehen hoch und plauschen. Der Becher Tee bleibt ohne Wirkung. Wir schleppen uns mühselig weiter. Jetzt zwackt auch noch ein Krampf in meinem Oberschenkel hinten rechts, kurzes Dehnen und weitergeschleppt. Im stop and go. Das 40 km Schild, Krampf im linken Oberschenkel, wieder dehnen. Markus zieht davon. Mein Krampf ist hartnäckig. Anke läuft vorbei und muntert mich auf: „Los, noch zwei Kilometer!“ Ja, doch. Wasser, ich brauche Wasser! Ich bekomme es beim Verpflegungspunkt Ende Runde fünf.
Dann schaffe ich den letzten km hinab durch den Matsch zu laufen. Das Ziel ist da und VanMan Jochen Heringhaus von Runner‘s Point moderiert. Geschafft, erledigt. Gabi und Markus sind da und warmer Tee. Ein Blick auf Gabis Armbanduhr. Hurra, unter 4h:30min! Danke Jörg und Christian. Doch die beiden sind seit 10 Minuten im Ziel und nicht mehr zu sehen. Das Tempo mit euch hat es gebracht. Egal, dass ich eingebrochen bin. Und fraglich, ob ich bei langsameren Pace unter der Marke geblieben wäre.
Den Marathon gewonnen hat dann doch nicht Stanley Kipkirui Kipkogei, sondern Jörn Hesse. Ich freue mich für Jörn, habe ich ihn doch im Mai 2008 ein Stück auf dem Fahrrad begleitet, als er mit seinem Delligser SC den Deutschlandsprint von Süd nach Nord in nur 2 Tagen und 22 Stunden zurück gelegt hatte. Ich staunte schon damals über sein Laufvermögen und über seine gesprächig gute Laune auch während des Laufens.
Für mich noch die Dusche und ein paar Gespräche, eine Bratwurst vom Grill, ein Stück Apfelbrot, ein Detmolder Alkoholfrei. Dann geht es wieder auf die Autobahn 2, die ja dafür da ist, um bequem zu Marathonläufen hin und zurück nach Hause zu kommen.
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Männer
1. Hesse, Jörn Delligser SC 2:58:23
2. Kipkogei, Stanley Kipkirui SuS Phönix Bielefeld 09 3:03:10
3. Freitag, Wolfgang Delbrück läuft 3:07:42
Frauen
1. Deters, Ute Team ERDINGER Alkoholfrei 3:44:38
2. Siepler, Simone Non-Stop-Ultra Brakel 3:53:34
3. Roessler, Ines VfB-Fallersleben 3:54:50