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Laufberichte

Flotte Sohlen statt Siesta

29.07.06

 „In Bad Pyrmont läuft nicht nur das Wasser!“

 

Zum 9. Mal luden Bernd Mecke und seine Mitstreiter/innen unter diesem Motto zum Marathon ein: Und in der Tat läuft dort nicht nur das Wasser. Vor allem schießen da die Schweißperlen aus den Poren und dies schon allein beim Blick auf die Startzeit. Gestartet wird um 13.00 Uhr, zu einer Zeit also, wenn andere, sofern sie überhaupt den Weg nach draußen finden, die Schwimmbäder oder Seen durchpflügen oder einfach nur an einem schattigen Plätzchen ein kühles Bier genießen. Nein, ich will nicht so weit gehen und behaupten: Wir Läufer genießen das Ozon. Außerdem könnte es dieses Jahr vielleicht etwas kühler als in den letzten Jahren werden. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Also auch in diesem Jahr wieder auf ins Weserbergland. Und auch in diesem Jahr wurde wieder nichts aus dem Traum einer Abkühlung. Die Pyrmonter scheinen für ihre Veranstaltung ein Hitze-Abo gebucht zu haben.

 

Manchmal frage ich mich, was eigentlich das Belastende an einem Marathonlauf ist, die Fahrerei oder der Lauf selbst. In diesem Jahr ist die Antwort einfach: Da ist erst ein Teilstück Autobahn gesperrt, und ich werde gezwungen kilometerweit Umleitungen zu fahren, dann habe ich das Gefühl, dass in den Ortschaften gerade die Hauptdurchfahrtstrassen umgegraben werden. „Umleitung“ heißt das zurzeit bestgehasste Wort. Ich warte noch darauf, irgendwo das erste Schild mit der Höchstgeschwindigkeit 7,5 zu sehen. Und dann noch der Satz „Wir danken für Ihr Verständnis!“ Nein, ich muss gestehen, dieses Mal war ich schon platt, bevor ich auch nur einen Schritt aus dem Auto getan habe. Um etwaigen Spekulationen vorzubeugen: Ich bin nicht zu schnell gefahren und habe mir kein Bußgeld eingefangen! Gott sei Dank gab es keine Umleitung zu den Parkplätzen. Hier ist alles wie gehabt. Am Stadion ist immer noch ein Platz frei.

 

Mühsam krieche ich aus dem Wagen und schleppe mich die untere Hauptallee hoch zur Startnummernausgabe. So schön diese Strecke auch ist – das Wasser plätschert abwärts, dazu klassische Musik aus Lautsprechern -, ich nehme in diesem Jahr kaum Notiz davon. Keine Frage, ich bin, um es einmal vorsichtig auszudrücken, nicht in bester Stimmung und will einfach nur loslaufen. Die Startnummern werden wie immer im Foyer des Konzerthauses ausgegeben, und es ist wohl der einzige Lauf in Deutschland, bei dem der Veranstalter die Läufer über einen schmucken Teppichboden laufen lässt. Die Stimmung im Startbereich ist bestens, und so langsam hebt sich auch meine Stimmung. Nach wenigen Minuten geht es los.

 

Die ersten Kilometer sind in Bad Pyrmont die schwierigsten, o.k., mit dem Zusatz: bei diesem Wetter. Die Sonne schlägt gnadenlos zu. An den Kornfeldern vorbei weht ein leichter „Weserbergland-Passat“ ins Gesicht. Und dann ist endlich der Wald erreicht. Und ab jetzt wird ständig im oder am Wald, also im Schatten, gelaufen, und jetzt beginnt der lange Streckenabschnitt, der diesen Lauf so laufenswert und den Pyrmonter Marathon zu Recht so beliebt macht. Diese hohen Buchen, der weiche Waldboden, die humanen Anstiege, die wunderschönen Ausblicke in das Tal,  der unvergessliche Sommergeruch und nicht zuletzt die fantastischen Bergabpassagen, auf denen man „es so richtig schön laufen lassen kann“. Das muss man erlebt, das muss man genossen haben. Ich denke an eine Zeile aus Schillers Bürgschaft:  „Und die Sonne blickt durch der Zweige Grün, und malt auf den glänzenden Matten der Bäume gigantische Schatten.“ Er muss den Wald um Bad Pyrmont gemeint haben. Einfach traumhaft. Einmal musst Du nach Bad Pyrmont…

 

Einen ziemlich giftigen Anstieg etwa ab km 22 will ich nicht verschweigen, oder sollten es zwei sein (ein kleiner bei km 30), aber das war’s dann auch, was den Kreislauf so richtig in Anspruch nimmt. Und die gute Verpflegung an 12 Stationen (sowohl in flüssiger als auch in fester Form) tut ihr übriges, damit dieser Lauf in angenehmer Erinnerung bleibt. Da kommt auch bei Hitze kein Durstgefühl auf. Km-Anzeigen gibt es nur jeweils 5er Abschnitten mit Ausnahme der letzten 5 km, die einzeln gekennzeichnet sind. Und hier kann man so richtig schön auslaufen bzw. zum Endspurt ansetzen. Auf den letzten 200 Metern - an den Straßencafés vorbei - ist der Applaus garantiert. Im Ziel gibt es für jede/n eine Rose und –erstmalig - einen Finisherbecher aus Glas. Es gibt reichlich zu essen und zu trinken (Gemüsebrühe, Melonen, Bananen, natürlich Bad Pyrmonter Wasser). Und das sogar unaufgefordert. Ich lehne mich an eine Holzbank und werde gefragt, ob ich einen Becher Gemüsebrühe möchte: Ja, aber sicher! Es ist Anneliese Spieß, die weiß, was ein/e Finisher/in jetzt braucht. Es geht mir bestens. Die Anfahrt ist vergessen.

 

Wer möchte, kann sich auch massieren lassen (nicht von Anneliese, sondern von den Masseur/inne/n der örtlichen Physiotherapieschule). Und – auch das ist neu – jeder erhält seine Urkunde mit aktuellem Finisherfoto schon kurz nach dem Zieleinlauf. Nur das Datum fehlt auf der Urkunde.

Mit seinen 690 Höhenmetern ist der Lauf nicht unbedingt prädestiniert für Anfänger. Doch auch sie gibt es in Bad Pyrmont: Einer von Ihnen ist Andreas de Groot vom TV Stadtodendorf, der von Hause aus Handballer ist. Er finisht in 4:05:24,3. Längere Zeit stand außer Handball nur Krafttraining auf dem Programm, jetzt will er seine Ausdauer verbessern. Er macht überhaupt keinen erschöpften Eindruck.

 

Auch Jürgen Siebert läuft seinen ersten Marathon und finisht in 4:08:48,7. Er hat schon eine Reihe von 20km-Läufen hinter sich und fühlte sich auf dieser Strecke zunehmend unterfordert, meinte nach dem Lauf aber, dass er sich jetzt leicht überfordert fühle. Einen zweiten Marathon wird es für ihn so schnell nicht geben: Keine Sorge, dies sagt jeder 5 Minuten nach dem Lauf.

 

Die Mehrzahl der Läufer sind alte Hasen, die hier nicht zum ersten Mal laufen, sondern treue Stammkunden sind. Zum Beispiel Johann Spieker und Otmar Rüdig, beide vom 100MC, die hier ihren 148. bzw. 216. Marathon liefen. Überhaupt ist der 100MC in Bad Pyrmont traditionell stark vertreten, wie er überhaupt seine größten Fans eher im Norden und der unmittelbaren Umgebung zu haben scheint. Verständlich, denn Im Süden hat er ja gegen eine starke Konkurrenz anzukämpfen: den Swiss Alpin Davos Marathon.

 

Fazit: Der Marathon in Bad Pyrmont ist zu Recht sehr beliebt. Die Organisation ist perfekt, die Strecke einmalig und auch bei Hitze noch angenehm zu laufen. Was will man mehr?

 

Informationen: Bad Pyrmont Marathon
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