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Laufberichte

6. Hemsbacher Silbersee-Marathon

23.02.13

Nach unserem Debut am Silbersee am Neujahrsmorgen waren Norbert und ich gespannt auf die Neuauflage, die für Ende Februar angekündigt war. Doch die Hemsbacher machten es spannend: Erst eine Woche vor dem geplanten Termin kam die erlösende eMail, die den Link zur Ausschreibung bekannt gab.

Der Start soll nun schon um 9 Uhr sein und eine Frühstartmöglichkeit um 7 Uhr für Walker ist ausdrücklich erwähnt. Man hat also für die 42,252 km in 8 Runden um den Silbersee 8 Stunden Zeit.

Ansonsten ist alles wie beim letzten Mal: 5 Euro Startgebühr, dafür gibt es noch das schöne "Lt. Hemsbach" Schlauchtuch, eine DLV-vermessene flache Strecke und hinterher eine extra-schöne Urkunde.

Die Wetterprognose scheint allerdings weniger schön: Es soll bitterlich kalt werden. Dazu noch ein strammer Ostwind mit dazugehörigen Schneeflocken. Wir kleiden uns entsprechend einer arktischen Expedition und halten noch Kleidung in Reserve. Einen Vorgeschmack bekommen wir bei der Fahrt. Das Thermometer zeigt minus 5 ° und es schneit unaufhörlich.

Gut, dass wir es ja nicht so weit haben. Nach ungefähr einer Stunde geht die Sonne auf. Ja, wirklich, die Sonne. Als wir unser Ziel erreichen, liegt der See im romantischen Licht.

Der Silbersee ist ein Baggersee in der Nähe der Doppelgemeinde Bobenheim-Roxheim in Rheinland-Pfalz. Er gehört zum 117 ha großen Naherholungsgebiet Silbersee und liegt 4 km vom Rhein entfernt. Der See ist 112 ha groß und hat 37 000 qm Strand. Mit einer Länge von circa 2 km und einer Breite von circa 900 m ist er nach dem Laacher See der zweitgrößte See in Rheinland-Pfalz. Die maximale Tiefe beträgt 13,5 m. Tauchen und Hunde sind am See offiziell nicht erlaubt. Im Sommer gibt es Toiletten und einen Kiosk.

Wir hatten mit allem gerechnet - nur nicht mit Sonne. Unsere Kleidung ist viel zu warm, fürchten wir. Als wir aber das Auto verlassen, werden wir eines Besseren belehrt. Es hat zwar nur 1 °C Minus, aber der eiskalte Wind fährt einem durch Mark und Bein.

Ein paar Läufer sind schon am Strandbad eingetroffen. Bernhard Hertinger begrüßt uns herzlich. Die anderen Läufer kenne ich noch nicht. Wir sind, wie die meisten anderen, vorangemeldet. Ein Blick auf die Meldeliste zeigt einige Ultraprominenz. Sogar 2 Läufer aus Hamburg sind dabei: Hajo Mayer (über 1400 gefinishte Marathons) und Gunda Eberle. Sie haben in der Nähe übernachtet und sind schon seit 7 Uhr auf der Strecke.

Wir stellen unsere Verpflegung auf einen der Tische.  Es ist so kalt! Wir suchen einen geschützten Ort bis zum Start. In einer Ecke des geschlossenen Kiosks geht es so einigermaßen. Dann kommen Angie und Rene Strosny, ein erfahrenes und erfolgreiches Ultra-Ehepaar. Ungläubig beobachten wir frierenden aus unserem geschützten Versteck wie Rene sich - dem Wind und der Kälte trotzend - umzieht. Hier zeigt sich der Härteste der Harten.

Langsam geht es auf 9 Uhr zu. Nur widerwillig verlassen wir unseren Schutz. Der Start ist bei der alten Eiche auf der Straße vor dem Strandbad. Bernhard gibt noch letzte Anweisungen.

Wir sind froh, nun laufen zu können. Es geht die alleeartige Straße Richtung Kieswerk. Der eisige Wind kommt von vorn. Ich laufe etwas schneller, um warm zu werden. Meine Füße sind eiskalt und die ungeschützten Stellen im Gesicht brennen.

Rene hat sich schon nach vorne verabschiedet.  Wir verlassen den Asphalt nach ca 1,5 km und kommen auf einen Ackerweg. Der Boden ist fest gefroren. Bei ca. km 2 geht es rechts. Plötzlich lässt der Wind nach. Nein, wir haben ihn nur nicht mehr von vorne. Das ist richtig angenehm.

Die Matschstrecke vom Neujahr kann man noch erahnen. Kleinere und größere Pfützen liegen unter einer trügerischen Eisschicht auf dem Weg. Vorsichtig umlaufen wir die große Pfütze, die immer noch den ganzen Weg bedeckt.

Jetzt geht es rechts auf das gefrorene Wiesenwegchen. Im Schutz der Bäume ist es fast warm. Komischerweise ist der See an dieser Stelle zugefroren, und auch der Altrhein auf der anderen Seite ist mit Eis bedeckt. Auf dem folgenden Trail haben wir bis zum Strandbad Rückenwind.

Bisher waren wir mit einer größeren Gruppe unterwegs. Die löst sich jetzt in Zweier oder Dreier Gruppen auf. Jeder ist in seinem Tempo unterwegs.
Wir sind warm gelaufen und so fühlt es sich auf dem ersten Teil der Strecke nicht mehr so kalt an. Rechts liegt der Silbersee und links, durch Bäume meist verdeckt, der Roxheimer Altrhein. Es geht am Eingang eines Kieswerkes vorbei. Wir sehen unterwegs zwei Vogelkundler, zu erkennen an ihren großen Fernrohren. Ansonsten sind heute wenig Fußgänger unterwegs.

Durch die blattlosen Bäume bestaune ich wieder den umfangreichen Kiesabbau im See.

Auf dem Feldweg hat man versucht, größere Unebenheiten mit Steinen auszugleichen. Aber nicht mit feinen Kieseln, wie das bei uns üblich ist, nein, es handelt sich um richtige Steine. Die sind aneinander gefroren und bilden einen löchrigen Untergrund.

Ansonsten ist der Weg von den Spuren großer Baumaschinen übersät. Die Stollenreifen haben tiefe Unebenheiten hinterlassen, die jetzt fest gefroren sind. Beim Laufen sucht man automatisch den besten Weg. Ich habe in den 8 Runden bestimmt jede Variante ausprobiert.

Zurück am Strandbad zieh ich mein zweites Shirt und die Mütze aus. Mir ist jetzt wirklich warm.

Rene hat die Laufrichtung gewechselt und kommt uns nun entgegen. Auch Daniel ist in umgekehrter Richtung unterwegs. Wir wollen auch die anderen einmal von vorne sehen. Nach 4 Runden, bei der Hälfte, ändern auch wir die Laufrichtung.
Das Wetter hat sich mittlerweile geändert. Die Sonne ist verschwunden und leiser Schneefall hat eingesetzt. Auf dem Trail ist es jetzt unangenehm kalt. Die Entgegenkommenden haben es da besser. Mit Rückenwind lässt es sich gut lachen.

Auch der bisher gefrorene Boden wird nun an den geschützten Stellen weich. Teilweise ist es schon so schmutzig, dass der Dreck an den Schuhen haftet. Rene kommt uns schon wieder entgegen. Er hat wohl wieder gedreht. Müsste er nicht bald fertig sein?

Die Strecke kommt mir so herum irgendwie länger vor. Wieder am Strandbad drehen wir im Uhrzeigersinn. Es ist schön, alle Läufer mal von vorne zu sehen. Ich bin aber schon so müde, dass ich die langweiligere, aber heute leichtere Richtung bevorzuge. Der Wind scheint nochmal aufzufrischen und der Schneefall wird stärker. Nur noch 3 Runden.

Ruhig liegt der See, keine Welle kräuselt seine Oberfläche. Schwarze Bläßhühner heben sich als dunkle Punkte vom Hintergrund. Ein Schwan zieht seine Bahnen. Es ist vollkommen still. Nur das Geräusch unseres Atems und das monotone Knack, Knack unserer Schritte auf dem gefrorenen Boden sind zu hören. Natur pur.

Wir haben mehrere Thermosflaschen mit heißem Tee dabei. Im Januar bei 6 °C war das Luxus, Heute ist es aber eine unschätzbare Hilfe. Auch mein mitgebrachter Kaffee ist noch warm.

Das Wetter wird immer ungemütlicher und die Strecke schwerer. Auf dem Asphaltstück kommt der Wind von vorne. Dann der steinige Feldweg, auf dem die müden Beine zu stolpern anfangen. Gefolgt vom gefrorenen Baggertestgelände mit den tiefen Stollenspuren, wo man den besten Weg um die von Eis bedeckten Pfützen suchen muss. Das Wiesenwegchen hingegen ist getaut. Das wenige Gras kann den Laufschuhen keinen Halt mehr geben. Auf dem Trail sieht es nicht besser aus. Der Matsch hängt schwer in den Schuhen.

Trotzdem schaffen wir die letzten Runden und kommen noch unter 5 Std in Ziel. Rene hat mit 3:23:46 Std den Streckenrekord geknackt.

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Es gibt Kaffee und Kuchen. Leider können wir uns nicht lange aufhalten - es ist viel zu kalt.

Der Lauf hat das Zeug zum Kultlauf für alle, die ein unkompliziertes Laufabenteuer suchen. Die Strecke ist abwechslungsreich und bietet trotz des Kieswerks Natur pur. Wegen des Teilnehmerlimits von 30 Startern sollte man sich unbedingt vorher anmelden.

 


 
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