Überraschungssieger mit starker Premiere: Pole Andrzej Rogiewicz siegt souverän beim Jubiläum in 2.21:24 h - Pavlo Veretskyy (Ukraine) sichert sich 20 Sekunde dahinter unerwartet Rang 2 in 2.21:47 h / Ahmed Nasef Dritter in 2.22:30h – „Geheimfavorit Abdelkabir Sabji lässt Federn – Vierter in 2.23:41 h
Das nennt man einen Überraschungscoup beim ersten Auftritt in Mainz: Andrzej Rogiewicz galt sicherlich nicht als einer der heißen Favoriten – und hielt sich die ersten 25 Kilometer spürbar zurück. Das Führungs-Sextett, auch die beiden in Europa lebenden Marokkaner Ahmed Nasef und Abdelkabir Sabji wollten im Führungsfeld - in Abwesenheit des Doppelsiegers 2017/18, Ivan Babaryka (der Ukrainer lief nur den Halben nach einer Knie-OP) – ungern im Wind laufen, alle belauerten sich bis km 32 bei wechselnder Führung, um nicht unnötig Körner zu verschießen. Hier war klar, die ganz große Jubiläumszeit würde nicht mehr herumkommen.
Dann nahm Andrzej Rogiewicz das Heft in die Hand, forcierte das Tempo deutlich – und überraschenderweise musste Sabji (in 2018 mit doppelter 2.13er Zeit) als Erster Federn lassen. Ebenso überraschend, dass Pavlo Veretskyy (Ukraine) ihm mit 20 Sekunden Abstand noch am ehesten Paroli bieten konnte. Ahmed Nasef ging 45 Sekunden dahinter „auf den sicheren Platz 3“ , Sabji folgte eine Minute später auf Rang 5.
Der junge Abdeta Oddee (Deutschland/Eintracht Frankfurt) war zunächst zwar dabei, kam in einer 2.25:44 h als Fünfter ein. Demeke Wosene finishte nach Verlust des Anschlusses an das Topfeld mit deutlichem Abstand in 2.29:01 h als Sechster.
Insgesamt ein Marathon-Finale, das in Mainz zum 20. Jahrestag zeitlich wieder deutlich stärker zu verorten war (Vorjahr: Sieg Ivan Babaryka in 2.24:36 h) – es wäre aber sicherlich bei diesem kompakten Feld eine Zeit um die 2.20 h machbar gewesen, doch diese Option ging leider beim lauftaktischen Geplänkel zwischen den Kilometern 20 bis 30 verloren, da zu diesem Zeitpunkt Schlangenlinien gelaufen wurden.
Dennoch: Ein zu weiten Teilen spannendes Feld – die vier Erstplatzierten kamen binnen 2 Minuten über die Linie.
Der hoch gehandelte Bruder des Dauer-Siegers, Aleksandr Babaryka spielte im Rennverlauf keinerlei Rolle.
Schnellster Deutscher: Abdeta Guttu Oddee (Eintracht Frankfurt), Platz 5 in 2.25:44 h.
Sie kam, lachte und siegte: Remalda Kergytè-Dauskurdiene schaut sich die Kontrahentinnen lang an – und zieht unwiderstehlich davon: Sieg in 2.41:42 h
IIham Elmouradi (Marokko) überrascht als stark verbesserte Zweite – Debütantin Valentina Kilyarskaya läuft in straighten 2.43:20 h auf Rang drei
Vorjahresssiegerin Olga Ochal-Kalendarowa (Polen) hatte wenige Tage vor dem Mainz-Start passen müssen – sie wurde zu den polnischen Militärmeisterschaften abberufen… Schade eigentlich, denn das potentielle Duell mit Remalda Kergytè–Dauskurdiene hätte man gern einmal erlebt…
Heute jedoch traf sich ein Trio an der Frauenfront, das längere Zeit beieinander lief - die Litauerin agierte nicht selten als das Tempo vorgebende Zugpferd. Und bis Kilometer 33 war man auch einträchtig beieinander – Elmouradi und Kilyarskaya zumeist im Windschatten der 1,90 großen Athletin aus dem Baltikum. Dann erlebte der geneigte Zuschauer eine dem Männerrennen ähnliche Entwicklung: Die Litauerin hatte genug vom Dreigespann, erhöhte das Tempo – und zog peu à peu in großer Übersetzung davon. Auf der Zielgeraden wirkte sie frisch, zwinkerte noch manchem Journalisten zu und klatschte das Publikum ab – vollkommen verausgabt hatte sie sich anscheinend nicht gänzlich. Als Marathon-Botschafterin ist sie ein großer Gewinn für Mainz – als Titelträgerin ebenso.
Ilham Elmouradi und Valentina Kilyarskaya folgten glücklich auf Rang 2 und 3 – binnen 2 Minuten. Überraschend stark kam auch Hindiyaa Mohamed (LG Eintracht Frankfurt) in 2.48:30 h als Vierte ein. Vorjahres-Zweite Iryna Masnyk (Ukraine) konnte als Fünfte (2.51:44 h) ihr Potential nicht gänzlich abrufen.
Beste Deutsche wurde Katrin Vogler (LG Filder) in 2.59:54 h auf dem guten Rang 6.
Welch ein Auftritt, welche Vorgeschichte. Im letzten Jahr avanciert Selema Testamariam zum tragischen Helden - damals lief er bei Kilometer 20 dem hochfavorisierten Roman Prodius (Moldawien) im Halbmarathon davon. Der damals am Lauftag erst nachgemeldete Testamariam (TV Alzey Laufteam) hatte Prodius dort nämlich in einem angezogenen Endspurt bereits klar distanziert. Problem: Testamariam verwechselte eine Zeitmessmatte 200 m vor dem Zieleinlauf mit dem realen Ziel, lief jubelnd zur Seite – und registrierte seinen tragischen Irrtum erst weit später. So avancierte der junge Läufer zum „tragischen Helden“ – und wurde deshalb natürlich vom Team gezielt nochmals eingeladen.
Und dies war nicht die schlechteste Idee: Zunächst zog Tom Thurley (TU Berlin) als Starter der Hochschulmeisterschaften (Bestzeit 1.07:42 min) deutlich davon – doch Testamariam legte sich den Berliner peu à peu zurecht, verkürzte Kilometer für Kilometer, ging dann bei der 12 km-Marke erstmals in Führung – und drehte den Turbo auf. Der 24-Jährige, der für den TV Alzey startet, zog das immense Tempo glücklicherweise 2019 BIS ZUR ZIELLINIE durch – und unterbot den bestehenden Streckenrekord um 6 Sekunden in 1.06:03h! Damit wurde die „ewige Topmarke“ von 1.06:09 h aus 2002 – bislang gehalten von Michael Ngaseke / Zimbabwe – unterboten. Ein Halbmarathon für die Mainzer Geschichtsbücher!
Tom Thurley wollte es wissen – er kam in persönlicher Bestzeit von 1.07:24 h ins Ziel, wurde Zweiter und zugleich Hochschulmeister. Auf Rang drei landete Abdi Uya Hundessa in den Farben des TSV Schott Mainz in 1.10:24 h.
Paukenschlag auch beim „Halben“ der Frauen: Anke Esser (Ostbevern) egalisiert Streckenrekord von Amrhein: 1:13:11 h!!
Die 30-jährige Läuferin Anke Esser sorgte etwas abseits der Feierlichkeiten für ein weiteres Highlight beim Jubiläums-Marathon. Anke Esser egalisiert den fulminanten Streckenrekord von Fabienne Amrhein aus 2017 in 1.13:11 h – Amrhein hatte den damals bestehenden Rekord um nahezu 5 Minuten unterboten. Chapeau, das Marathon-Team verneigt sich tief!
Julia Kümpers (RWTH Aachen) lief zudem das erwartet starke Rennen und kam in 1.18:49 h als Zweite ein. Nora Kusterer (TuS Griesheim) finishte in 1.21:00 h als Dritte.