Advent, Advent doch bevor das erste Lichtlein brennt, wird durch den Arolser Wald Marathon gerennt. Halt, stimmt heute nicht, denn es ist Pfingsten und vieles anders.
Der 30. Bad Arolsen-Waldmarathon sollte eigentlich schon wie seit 29 Jahren am Samstag vor dem 1. Advent stattfinden, musste aber leider ausfallen. Heute sollte es eigentlich das Fest für den 30. Marathon geben aber Anfang Februar ist Horst, der Bruder vom Arolsen-Marathon-Gründer Heinrich Kuhaupt verstorben. Im Jahr 1995 gründete Heinrich Kuhaupt den Bad Arolsen Lauftreff. Während Heinrich der Macher für das Sportliche war, war sein Bruder Karl der politische Arm im Rathaus. Der erste Marathon fand in 1981 statt und seit dieser Zeit jedes Jahr.
Mein Verein, die Laufgemeinschaft Vellmar (LGV) wurde ca. zwei Wochen vor dem zweiten Arolsen Marathon gegründet. 1986 nahm der erste LGVler daran teil und bis heute wurden schon 147 Starts erfolgreich absolviert. Für meinen Vereinskameraden Peter Orth wird es auch ein Jubiläumslauf, denn es wird sein 20. Arolsen Marathon und sein 99. Marathon sein. Er bekommt deshalb auch heute die Startnummer 99. Für mich sollte es eigentlich der 9. Start beim Arolsen Marathon werden, aber eine starke Erkältung zwingt mich heute, die Reportage nicht als laufender Reporter sondern als fahrender Reporter zu machen.
Auch in diesem Jahr sind wieder einige unentwegte Marathonläufer und diesmal auch einige Halbmarathonläufer von meinem Verein nach Arolsen unterwegs. Wir fahren von Vellmar über die B7 bis nach Niederlistingen und biegen dann ab auf die L3080. Es geht durch Breuna und Volkmarsen direkt nach Arolsen-Wetterburg das direkt neben dem Twistesee liegt. Halt heute müssen wir noch 2km weiter fahren, denn der Start und Ziel liegen am Schwimmbad Twistesee.
Für alle Erststarter und Ortsunkundige etwas zur Geographie. Bad Arolsen liegt mitten im Waldecker Ferienland und befindet sich ca. 45 km westlich von Kassel. Die Stadt war Residenzstadt der Grafen und Fürsten von Waldeck-Pyrmont von 1655 bis 1918 und danach bis 1929 Hauptstadt des Freistaates Waldeck.
Mit der Gründung des Augustinerinnen-Kloster “Aroldessen” um ca. 1131 nahm Arolsen seinen Anfang. Den barocken Stadtgrundriss verdankt es dem Fürstenhaus, das im Residenzschloss Bad Arolsen seinen Wohnsitz noch bis heute hat. Zu damaliger Zeit wurde ein Straßenraster in Schachbrettmuster angelegt. Die Planung wurde jedoch nicht vollständig umgesetzt. Viele der damalig erbauten Gebäude stehen heute unter Denkmalschutz. Eine Besonderheit in Arolsen ist die 1.600 m lange Allee, die in Ost-West-Richtung verläuft. Im Jahre 1670 wurden 880 Eichen sechsreihig gepflanzt, die heute viele Spaziergänger im Sommer als Schattenspender nutzen. Diese Flaniermeile war gedacht als repräsentative Verbindung zwischen Residenzschloss und dem fürstlichen Lustschloss Charlottental, das 1725 abgerissen wurde.
Das Residenzschloss gilt als Wahrzeichen der Stadt Bad Arolsen. Von 1710 an wird das 1131 erstmalig genannte Klosterschloss abgebrochen und ab 1713 entsteht der Barockneubau nach Plänen des Baudirektors Julius Ludwig Rothweil. Wie bei vielen Schlössern war auch der Vorgängerbau des heutigen Residenzschlosses ein Kloster. Sehr interessant ist auch die 1840 errichtete „Fürstlich Waldecksche Hofbibliothek“ mit einem gegenwärtig Bestand von 35.000 Bänden, die auf fünf Räume verteilt sind. Das Schloss ist heute zum größten Teil Museum.
Es gäbe noch viel mehr aus der wunderschönen Stadt zu berichten, aber nun zurück zum Lauf. Die Marathonstrecke ist seit Beginn der Austragung von 1981 an immer die gleiche (kleine Ausnahme eines Streckenteils in 2005). Ab heute gibt es eine neue Zeitrechnung. Die neue Strecke ist eine große Waldrunde die zweimal zu durchlaufen ist.
Gegen 9:30 Uhr komme ich am Schwimmbad neben dem Twistesee an. Parkplätze sind hier ausreichend vorhanden. Die Startunterlagen gibt es in der Nähe vom Schwimmbad, das heißt am Umkleidegebäude. Nach und nach treffen dann auch die Läufer ein. Heute sind auch Läufer dabei, die keinen vollen Marathon laufen wollen, denn es gibt noch verschiedene Unterdistanzen. 21,1km (eine Runde um den See und angrenzenden Wald), 10km (eine Seerunde) und einen schnellen, flachen 5km Lauf am See. Neu ist auch, das es die Möglichkeit der Nachmeldungen für Spätentschlossene gibt. Das Marathonstartgeld liegt bei 25€, Nachmelder mussten nochmal 5€ drauflegen.
Eine Stunde vor dem Start warten die Läufer auf die legendäre Ansprache von Heinrich Kuhaupt. Gestenreich und engagiert ist er wie in jedem Jahr. Er erzählt von der Strecke und freut sich, das doch so viele heute hierhergekommen sind, um den Marathon zu laufen. Doch so viele sind es gar nicht. Bei den Adventsläufen kamen im Schnitt um die 500 Teilnehmer nur für die Marathonstrecke. Heute sind es ca. 500 Teilnehmer auf alle Strecken verteilt. Der Marathon hat heute nur eine untergeordnete Rolle mit seinen rund 100 Teilnehmern. Vorangemeldet waren 88 Marathonis und 113 Halbmarathonis. Am Wetter kann das aber nicht liegen, denn wir haben so um die 21 Grad und noch trocken, was ja ideal zum Laufen ist. Es wird wohl eher am Termin liegen, denn im Juni gibt es viele Läufe und die meisten entscheiden sich halt früh für einen Lauf. Der Kassel Marathon, nur 40km entfernt, war auch erst vor 2 Wochen.
So eine halbe Stunde vorm Start beginnt es zu regnen. Gut, das es hier so viele Unterstellmöglichkeiten gibt. Der Regen wird zum Wolkenbruch, es regnet, was das Zeug hält. Kurz vor dem Start ist das Startbanner noch ganz einsam und allein. Dann erfolgt kurz nach 11 Uhr an den schmalen Asphaltweg neben den See der Start.
Es geht los für die Halben und die Marathonis. Die 5 und 10km Läufer starten 30 Minuten später. Die große Läufermasse ist es heute nicht, so um die 280 Teilnehmer ziehen sich heute über die Uferstraße am Twistesee in Richtung Staumauer. Ein sehr ungewohntes Bild, denn sonst war man hier schon kurz vorm Ziel, bzw. in andere Richtung bei km1. Heute zieht sich das Feld in die andere Richtung recht schnell auseinander. Es regnet immer noch sehr stark.
Der Twistesee wurde im Zuge von Maßnahmen zur Gewässerregulierung durch Hochwasser in den Bereichen der Twiste, Diemel und Weser von 1972-1979 errichtet. Frei von jeglicher Abwassereinleitung ist der Twistesee einer der saubersten Seen Deutschlands. Um den See gibt es einen Rundweg von 7 Km Länge.
Das Feld läuft über den westlichen Uferweg des Sees und kommt schon nach wenigen Metern an Wetterburg, einem Stadtteil von Arolsen, vorbei. Der Name kommt von der 1306 erbauten Wetterburg von Graf Heinrich IV. von Waldeck. 1576 wurde ein aus Stein und Fachwerk errichtetes Gebäude zur Vorburg. Heute befindet sich hier ein Gastronomiebetrieb. Wetterburg ist auch die Heimat vom Marathongründer Heinrich Kuhaupt.
Den Ort streifen die Läufer nur unterhalb am See. Hier stehe ich heute zum ersten Mal mit der Kamera, denn eine Erkältung zwingt mich heute zur Laufpause. Beim Blick nach rechts sehen die Läufer das im See liegende „Cafe im See“. Es geht über die Staumauer und am ehemaligen Start vorbei. Hier beginnt der erste Anstieg schon nach etwa 1,5km. Es geht am großen Wohnmobil-Parkplatz vorbei hoch zum Wald. Hier im Wald geht es kurz und heftig aufwärts. Jetzt sind die meisten noch ausgeruht und laufen den Stich hoch. Mal sehen ,was die Steigung in der 2. Runde bei km 23 mit den Läufern macht.
Nach einer Schleife geht es wieder aus dem Wald und zwischen Äckern hindurch. Hier oben liegt das Rehazentrum Bathildisheim, ein diakonisches gemeinnütziges Unternehmen. Hier werden Menschen mit Behinderungen umfassend gefördert und begleitet in den Werkstätten für behinderte Menschen und der danebenliegenden Heilpädagogischen Wohnanlage. Linker Hand liegt der Ort Neu-Berich. Der ehemalige Ort Berich liegt auf dem Grund des naheliegenden Edersees. Sehenswert ist in der Kirche der spätgotische Marienaltar aus der Zeit um 1520, der früher in der alten Klosterkirche von Berich war.
Bei km 3 geht es am Wald entlang Richtung Lütersheim. An der nächsten Kreuzung wird in spitzen Winkel in den Wald abgebogen. Hier ist auch km 5 und ab jetzt geht es in vielen Schlangenlinien durch den Wald oberhalb des Twistesees. Der See liegt rechts unterhalb der Laufstrecke. Bis km 7 geht es nur leicht wellig durch das Gehölz. Wem dieser Teil bekannt vorkommt ist richtig, denn es geht ein Stück entgegen der alten Marathonstrecke.
An der nächsten Abzweigung geht es scharf links ab und nach wenigen 100 Metern ist man wieder auf der alten Marathonstrecke. Weiter geht es fast schnurgerade über einen asphaltierten Feldweg. Es geht über die Felder in Richtung B 540, die Arolsen und Landau verbindet. Der Regen hat etwas nachgelassen. Hier an der Überquerung der Bundesstraße gibt es Zuschauer, denn dieser Punkt ist schnell und leicht zu erreichen vom Start aus mit dem Auto. Dies ist auch mein zweiter Fotostopp. An der Getränkestation ist km 9 erreicht.
Die nächsten 5km geht es durch den Wald. Links unterhalb liegt das Dörfchen Volkhardinghausen. Der Ort besaß im 13. Jh. ein Augustinerinnen-Kloster. Nachdem 1525 die Reformation eingeführt wurde, wurde das Kloster aufgelöst und in eine Meierei umgewandelt. Vom damaligen Kloster ist nur noch ein spätgotischer Bau mit Staffelgiebel erhalten, der auch noch einen Rest des ehemaligen Kreuzganges enthält. Im Ort befindet sich ein kleiner Twistestausee.
Bevor es wieder in den tiefen Wald geht ist eine Getränkestation und mein weiterer Fotostopp. Im Hintergrund ist die Gaststätte Waldschmiede. Hier wurden früher die letzten 10km vom Marathon eingeleitet. Heute sind die Läufer bei ungefähr km14. Nahe am Waldrand hinter dem Gasthaus befindet sich die Neue Franzoseneiche. Die alte Eiche ist schon lange abgestorben und durch eine neue Eiche ersetzt, die aber auch schon wieder ein stattlicher Baum ist. Sie diente früher als Wegzeichen oder Orientierungspunkt zwischen den Gemeinden Landau, Braunsen, Volkhardinghausen und Elleringhausen. Jahrhunderte lang diente der Baum auch als Tanzbaum. Der Name „Franzoseneiche“ soll während des Siebenjährigen Krieges entstanden sein, als von 1760 -1762 französische Truppen in Landau lagerten.
Nach einem kurzen flachen Stück geht es durch eine Schlucht über eine Serpentine abwärts ins Twistetal. Kurz hinter Km 15 wird der Blick nach links frei über Felder. Der Feldweg verläuft noch ein ganzes Stück am Waldrand entlang. Es geht nach Braunsen. Am Ende des Waldes kommt nochmal ein kurzer Anstieg und schon sehen die Läufer den Ort vor sich im Tal.
Es geht über den Braunser Hammerweg in den Ort, wie schon auf der alten Marathonstrecke. Es geht ein kurzes Stück die Hauptstraße entlang und dann raus aus dem Ort über den Lefringhäuser Weg Richtung Felder. Rechts Felder links Wald so geht es Richtung B540. Die letzten 500 Meter vor der Bundesstraße verläuft die Laufstrecke an einem herrlichen Feuchtbiotop vorbei das schon zum Twistesee gehört. Es hört auf zu regnen und die Sonne kommt raus.
Nach dem unterqueren der Brücke der B450 sind die Läufer wieder auf dem asphaltierten Rundweg neben dem See. Kurz darauf liegt links oberhalb im Wald idyllisch gelegen ein großer Ferienpark mit Holzferienhäusern. Die letzten knapp 1000m zum Ende der 1. Runde sind noch mit einer kleinen Welle zu bewältigen dann ist die 1. Runde geschafft und die Halbmarathonis haben ihre Strecke erledigt. Für die Marathonis beginnt die 2. Runde für die weit verteilten 105 Marathonis.
Als Heinrich Kuhaupt mit der Siegerehrung beginnt, scheint bei angenehmen 23 Grad die Sonne. Er beginnt mit dem Gesamtsieger Michael Lecke der hier schon mehrfach vierter war und heute nach einer klugen Renneinteilung zum ersten Mal gewonnen hat. Zweiter wurde sein Bruder Carsten. Die Gesamtsiegerin heute war Josi Guttenberger.
Viele Teilnehmer am heutigen Marathon zeigten ihre Verbundenheit zum „alten“ Adventmarathon und trugen eine Nikolausmütze. Dem Veranstalter bescheinigten sie übereinstimmend, das es eine sehr schöne Strecke ist, die man gern zweimal durchläuft. Sie hat auch weniger Höhenmeter als früher.
Ins Ziel kamen 105 MarathonläuferInnen. Peter Orth von der LG Vellmar wurde bei seinem 99. Marathon, mit der Start Nr. 99 erster in der M65. Gottfried Schäfers von der LSF Münster wurde heute mit der Startnummer 8 bei seinem 199. Marathon Sieger in der M70. Trotz des teilweise schlechten Wetters gab es nur Lob für die Veranstaltung.
Marathonsieger:
Männer
1. Michael Lecke Laufteam Wolfhagen 2:51:58,2
2. Carsten Lecke LG Fuldatal 2:56:43,1
3. Florian Huber TV 06 Großfelden 2:58:32,9
Frauen
1. Josi Guttenberger Welcome Sport-Center 3:39:14,4
2. Andrea Hirsch LG Emsdetten 3:50:17,7
3. Sabine Franz SUS Olfen 3:51:52,6