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Laufberichte

Noble Läufer in Dynamit-City

08.11.09
Autor: Joe Kelbel

Vor dem Stadium läuft man durch ein Zelt, die Verpflegungsstation. Einige  Läufer haben zusätzlich noch Tische oder Stühle mit Eigenverpflegung aufgebaut. Die Lieblingssongs der Läufer werden gespielt. Der Stadionssprecher Volker, 2002 Deutscher Meister im 100 km Lauf, hat über jeden etwas zu erzählen, bevor es wieder raus aus dem Stadion und auf den Deich geht.

Wie das so bei Stundenläufen ist, setze ich die Kopfhörer ein und versinke für die nächsten 6 Stunden in meine eigene Welt. Zwischen firehouse und Bruce wabern die Gerüche der Sonntagsküche von Troisdorf in meine Hirnzellen: es gibt Erbsensuppe, Schweinebraten und Königsberger Klopse. Der Rotkohl hat zwei Nelken, die Klöße Speck, der Rosenkohl auch.

Ich selbst habe heute keinen Appetit, entweder es ist der Dämmerzustand, den die mp3-Musik auslöst, oder es fehlt die, mit den rosa Laufschuhen, jedenfalls sind die Köstlichkeiten im Verpflegungszelt heute nicht mein Ding. Eine warme Cola und viele andere Getränke, auch Salzstangen, Schokolade, Honigkuchen und  Bananen. Es wird wohl die gute Musik sein, ich will nichts.

Ein Anwohner gräbt die verkrustete Stelle an seinem Weg um, ein anderer legt Verbundsteine, ein dritter erklärt seinen Töchtern, daß wir Ultra-Sportler sind. Spaziergänger sind auf der Strecke, viele mit Zigarette. Gegen Ende des Laufes erfüllt angenehmer Kaminduft unsere Laufstrecke, und ich stelle mir vor, wie der Troisdorfer langgestreckt auf dem Sofa liegt und den Sonntag ausklingen läßt.
Als der Schlußschuß fällt, erwache ich aus meinem Lauftraum. Es ist der Traum, den nur der Ultraläufer kennt, wenn der Körper seinen Widerstand aufgibt, und wie eine Maschine läuft. Der Schmerz hat keine Bedeutung, die Welt ist unwichtig, globale Erwärmung nicht in meiner Wohnung und laufen ist göttlich.

Unglaublich schnell sind die Helfer da und messen die Meter hinter deinem persönlichem Kilometer-Punkt aus.

Mit 54.500 Meter erziehle ich mein schlechtestes 6 -Std-Lauf-Ergebnis, aber ein achtbares Resultat, um mein Blaumachen beim Frankfurt Marathon auszumerzen.

Während wir, wie Außerirdische breitbeinig, zur Halle für ein Zielbier wackeln, ziehen gewaltige Keilformationen von Kranichen mit heiserem Schrei  über unsere Köpfe hinweg das Rheintal entlang gen Süden.  Es wird Winter, ich schaue sehnsüchtig nach oben zu meinen Seelenverwandten. Was unterscheidet die Gier nach Freiheit dieser stolzen Vögel von uns Ultraläufern? Oh was gäb´ ich drum, fliegen zu können!

Siegerliste

Männer

1 Casier, Gino  81,930 km
2 Mertens, Gert  81,250 km
3 Herget, Thomas  80,978 km

Frauen

1 Hooß, Tanja  78,529 km
2 Krause, Antje  74,390 km
3 Veith, Pamela  74,092 km

12
 
 

Informationen: Troisdorfer 6-Stunden-Lauf
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