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Laufberichte

Verliebt in Pisa

14.05.06

 Aber was macht mein Knie?

 

Galileo Galilei wurde 1564 in Pisa geboren. Er stammte aus einer adligen, aber verarmten Familie. Sein Vater zwang ihn, ein medizinisches Examen abzulegen, bevor ihm gestattet wurde, Vorlesungen über Mathematik zu hören. Galilei soll vom Schiefen Turm aus die Gesetze der Schwerkraft studiert haben. Mit 28 Jahren wurde er Professor und ging nach Padua. Der Flughafen von Pisa wurde nach ihm benannt und auf diesem landeten Kerstin und ich am Freitag pünktlich 10:25 Uhr, bezogen unser Hotel in der Nähe des Bahnhofs und nur 1000 Meter (!!) vom Airport entfernt und machten uns gleich auf den Weg nach Livorno. Dort bin ich ja im November den Marathon gelaufen und zeigte Ihr ein wenig den Ort am Mittelmeer.


Am Samstag war dann Pisa dran. Erst mal die Startnummer abholen in der Stazione Leopolda, einem ausgedienten Bahnhof. Ich wollte ja hier den 200 Marathon laufen, bekam sogar die Startnummer 200 und jeder noch ein Funktionsshirt. Wer meinen letzten Bericht gelesen weiß: der hat was mit dem Knie, was will der in Pisa?

 

So sahen die letzten Wochen aus: Nach Zürich am 09.04. Wasser im Knie. Pause. Hamburg nur am Fernseher verfolgt. Knie war nicht mehr dick, aber laufen war nicht drin. Eine Woche später Duisburg,  für mich ausgefallen. Zweiter Besuch bei meiner Ärztin, ich bat um eine Kernspintomografie. Inzwischen der Heimat-Marathon in Hannover. Dort habe ich Bekannten mit dem Fahrrad begleitet. Das war die Hölle !!!

 

Donnerstag 11.05. endlich die Kernspin im Krankenhaus. 2 Stunden später Telefongespräch mit dem Arzt. Die Diagnose: ein tiefer Riss im Knorpel unter der Kniescheibe. Ich wollte morgen nach Pisa fliegen und dort Marathon laufen !!!  Nach längerem Gespräch merkte der Arzt,  dass ich ein „verrückter Marathonsammler“ bin und sagte, fliegen sie und versuchen es mal. Der schönste Satz in den letzten Wochen.

 

So habe ich es auch gemacht.

 

Pisa liegt ja am  Arno und nur 4m über dem Meeresspiegel -  zur Mittelmeerküste sind es nur wenige Kilometer. Das Wahrzeichen von Pisa, wenn nicht das von ganz Italien, ist der Schiefe Turm (Campanile). Der Turm wurde im Januar 1991 vom Kultusministerium geschlossen. Später wurden Stahlgerüste um den Baukörper geschlungen, gleichzeitig legte man in der Nähe betongefasste 800t schwere Bleigewichte auf den Boden, um den Untergrund zu komprimieren. Ab dem Jahr 1996 richteten 103 Meter lange Stahlseile den Turm allmählich wieder auf, seine Neigung wurde um 44cm reduziert und damit in eine Position gebracht, wie er sie in etwa vor 400 Jahren hatte. Im Dezember 2001 konnte der Turm dann wieder zugänglich gemacht werden. Für 15 € kann man die 294 Stufen hoch laufen und hat von dort eine fantastische Aussicht.

 

Samstag 17:00 Uhr treffen wir meine Bekannte Sabine und verabreden uns für die Pastaparty, die auch an der Stazione Leopolda ab 19:00 Uhr stattfindet. Bei Pasta, Käse, Brot, Wasser und Wein wurde es ein geselliger Abend. Wir lernten noch die Italiener William Govi (der Horst Preisler Italiens) und  Alfio aus Rimini kennen, der uns anschließend noch in ein Cafe eingeladen hat, das wir noch dankend angenommen haben.

 

21:30 Uhr - nun wurde es Zeit zum Hotel zu gehen, die Nacht wird um 05:45 Uhr zu Ende sein.

 

Sonntag 06:15 Uhr zu Fuß wieder zur Stazione, wo um 06:45 Uhr uns ein Bus nach Pontedera bringen wird zum Start. Pünktlich war er da. Das Wetter war heute Morgen ziemlich kühl, nachts hatte es geregnet und Richtung Pontedera wurde es auch nicht heller.

 

07:25 Uhr Ankunft und noch eine Stunde Zeit zum Start. Sabine und ich suchten ein Cafe auf,  in dem auch schon andere Läufer sich einen genehmigten. Dann treffen wir noch den 3. Deutschen, der am Pisamarathon teilnimmt. Es ist Robert, der  mit Freundin für 1 Jahr ausgestiegen ist und eine Fahrradtour durch Europa macht.

 

08:00 - noch schnell auf dem Parkplatz umziehen, den Kleiderbeutel abgeben, alles klappt hier wunderbar. Noch mal den Knieschoner hochgezogen und auf dem Weg zum Start in der Innenstadt von Pontedera ging mir doch einiges durch den Kopf. 5 Wochen nicht gelaufen !! Hält der Knorpel. Wo steige ich am besten aus. Ich treffe die beiden von gestern und zeigte auf meinen Knieschoner und meinte „eventuell 5:30 Std.“ -  wenn überhaupt.

 

08:30 Uhr - der Startschuss. Ich laufe mit Sabine und Alfio von ganz hinten los. Alfio macht schon Späßchen und den einen oder anderen Überschlag; ich hoffe,  dass er das heil übersteht. Nach 2 km verlassen wir den Ort, die Sonne lässt sich sehen und wird uns den ganzen Tag begleiten. Auf einen Schlag wird’s wärmer und das ist ja gut für mein Knie.

 

Km 5 -  der Ort Calcinaia. Eine gute halbe Stunde ist um, und  Alfio und William sind enteilt. Wir laufen weiter durch die herrliche Landschaft der Toscana, die Berge mit dem Monte Pisano immer im Blick. In Vicopisano (km 10) an der sehr gut ausgestatteten Verpflegungsstellen werden wir reichlich verwöhnt. Das Wetter wird immer besser, weit über 20 Grad und Sonne pur. So mag ich es. 

 

Zum 2. Mal geht es über den Fluss Arno, der ja unser ständiger Begleiter ist. Die 7 km lange gerade Strasse durch Cascina (km 15 bis 22) vergehen wie im Fluge, mein Knie habe ich noch nicht wahrgenommen, ein gutes Zeichen.

 

2:08 Std. bei HM -  wenn ich jetzt gehen müsste, komme ich immer noch rechtzeitig ins Ziel. Der Arno wird Richtung Calci das 3. Mal überquert. Ich genieße die Landschaft und die autofreien Strassen - es ist einfach schön. Das Knie ist in Vergessenheit geraten, ich laufe wie immer, als wäre nichts gewesen. Nach St. Giovanni alla Vena und Calci (km 30) geht es schon Richtung Pisa und 1 km weiter sehe Alfio und William und überhole beide.

 

Sie staunen und wundern sich. „Mozart piano piano“, rufen sie. Sie nennen mich Mozart, weil sie Wolfgang, meinen Vornamen, so schlecht aussprechen können. Ich lief mein Tempo weiter, Pisa war in Sicht und weit hinter mir höre ich noch einmal ein lautes Rufen: „Mozart.“ Was will er, ich drehe mich um und sehe Sabine in meinem Windschatten.

 

Km 38 - durchs Tor der Stadtmauer geht es hinein in den Ort, dort steht Kerstin und wischt sich verwundert die Augen. Mit Sabine hat Sie wohl gerechnet aber mit mir noch nicht. Durch die Gassen von Pisa und vorbei an der Santa Maria della Spina,  ein Schmuckstück gotischer Kirchenarchitektur, geht es zum 5. Mal über den Arno.

 

Km 40 - nur noch 2 und das Knie hält immer noch. Km 42 die letzten Kurven und da ist Sie die Piazza del Miracoli. Ein Traum aus Stein – der Dom und der Companile. Mein Blick ging Richtung Ziel. Sabine erwartete mich schon. Dann bekomme ich diese wohl einmalige Medaille. Was für ein Tag. Trotz 5 Wochen Laufpause also eine Zeit von 4:33 Std. wie so oft.

 

Wir genießen die Zielatmosphäre und die Verpflegung, auch hier konnte jeder schon wieder eine Weinprobe machen. William und Alfio, der noch vor der Zielmatte einen Handstand machte, waren inzwischen auch da und freuten sich, dass ich mit dem kaputten Knie ins Ziel gekommen bin.

William lief seinen 617 Marathon in 65 Ländern !! Nächste Woche macht er den Ätnamarathon.


Sabine, Kerstin und ich saßen noch bei Pasta, Wein usw. abends in einem Restaurant zusammen und feierten den gelungenen Tag und natürlich noch Sabines 100sten Marathon, den sie vor kurzem in Salzburg gelaufen ist. Sabine reiste am Montag ab und  ich spielte am Montag für Kerstin den Reiseführer in Florenz, das ich ja nach zweimaliger Marathonteilnahme inzwischen gut kenne.


Dienstagfrüh Rückflug nach Hannover und eins ist sicher. In Pisa laufe ich 2007 wieder.

 

Ich bin verliebt in Pisa, Grazie maratona di Pisa.

 

Streckenbeschreibung:

Pontedera - Pisa. Punkt zu Punkt Strecke, welliger Kurs.

 

Auszeichnung:

Hochwertiges T-Shirt diesmal rosa, Einmalige Medaille, Urkunde Ergebnisliste.

 

Logistik:

Bus zum Start nach Pontedera. Kleiderbeutelabgabe in Pontedera und Abholung 50 Meter hinterm Ziel.

 

Verpflegung:

Alle 5km eigentlich alles Obst, Rosinen, Riegel, zucker, Wasser, Iso.
Dazw. Alle 2,5 km Wasser und Schwämme.

 

Sonstiges:

18 € Startgeld! Liebevolle,  familiäre Atmosphäre. Nächstes Jahr werden auch mehr Deutsche dabei sein - 2 Arbeitskollegen habe ich schon überredet. Billigflieger machen das möglich. Und die netten Leute vom Orga-Team haben das echt verdient.

 

Informationen: Pisa Marathon
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