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Laufberichte

DongTada

29.06.12
Autor: Joe Kelbel

 „DongTada DongTada DongTada"

 

Was absolut sinnfrei klingt, ist es auch. Der Gockel auf dem Marburger Rathaus stammt zwar aus dem Jahr 1581,  kann aber twittern, und das macht er jede Stunde. Und gerade hat er seinen 1667 Followern 19 Uhr getwittert.

Wie blöd ist das denn, sich stündlich  DongTadas  schicken zu lassen? Der Markplatz ist brechend voll mit verdongten Läufern, die auf ihren Hemden sinnfreie DongTadas stehen haben, da kommt mir ein schlimmer Verdacht auf: 1450 Läufer, ein paar Mütter dazu und schon hat man die 1667 Follower .

DongTada das passt heute auf jeden, der sich bei dieser Hitze auf die Strecke begibt: Für Réné, den deutsche Crossmeister, der „aus Versehen“ letzte Woche die 80 km in Karlsruhe gewann, heute nur einen Trainingslauf ( Platz 3 ) machen will. Er hält sich durch alkfreie Phasen fit, wie DongTada! Er müsse die Anzahl seiner Marathons mal nachzählen, es sind zwischen 500 und 550.

Es steht für Frank (Platz 9), der wegen seiner Haarpracht länger mit dem Föhn als mit der Strecke kämpft, voll DongTada!

Es steht für Marco (Platz 4), den Gewinner des Hasetalmarathons letzte Woche, der heute zusammen mit über 100 Mitarbeiter seines Sponsors den Halbmarathon angeht. 115 Marathons hat er jetzt abgedongt. Er trainiert jeden Tag zwischen 20 und 30 Kilometer. Auch voll DongTada!
Es steht auch für den heutigen Nichtläufer Wolfgang, der incognito im Restaurant sitzt und trotzdem auffällt, weil er nur  m4y-Hemden besitzt. Mann! Ist der DongTada!

Es steht für den Michèl, der vor über 50 Jahren von der in Deutschland stationierten französischen Armee desertierte und seine Zivilkleidung im Bahnhofsschließfach versteckte. So gelang ihm die Flucht in die Schweiz. Seitdem widmet er seine Marathonläufe der Deutsch-Französischen Freundschaft. Bewunderndes hundertfaches DongTada!

Und es steht für mich, der heute wohl in der falschen Altersklasse startet. Parke mein Auto unten an der Lahn, dort könnte ich  im Kofferraum  nächtigen. Doch Hochwasserwarnung! DongTada, und vier Kisten Bier im Kofferraum, wie soll ich da pennen?

Der Weg hoch zum Markplatz ist ein Ritual. Unterhalb der Weidenhäuser Brücke (13.Jahrh) wühlt ein Professor mit seinen Tauchschülern im Flussgrund nach studentischen Trinkgefässen aus 800 Jahren. CoolTada.

Steil geht es den Hirschberg hinauf, vorbei an Marburgs ältestem Haus (1321) auf den Markplatz. An der Ecke die Bronzefigur der Sophie von Brabant, der Tochter der heiligen Elisabeth mit Sohn Heinrich (1244-1308), den Begründer des Landes Hessen. Wieviele heimliche Kinder und Enkel von diesen Herrschern stammten, hatte mir Professor Bobby 2009 erklärt (siehe „Schlaflos in Marburg“).

Deswegen liebe ich Marburg: alles DongTada! Nun starren wir auf die Rathausuhr, wird gleich  19 Uhr, Startzeit!

Dabei ist nicht mal der Gockel, der Tada macht, es ist eigentlich der Turmwächter, der nun kurz die Trompete ansetzt, der klingt  wie der Frosch, den ich neulich mit dem Rad überfuhr, während die Glocke eindeutig Dong macht. Die goldenen Kugel darunter zeigt an, ob wir gerade Tag oder Nacht haben, eine sehr wichtige Info, gerade für Läufer, die nicht von hier sind!

Links besagter Wächter mit der Trompete, rechts wackelt der Tod mit dem Stundenglas für die Bruttozeit, doch der Chip in der Startnummer bringt  die Nettozeit.  Justitia  ist unterhalb des Ziffernblattes zu sehen, zuckt sehr  unglaubwürdig mit der Waage, während all die Läufer sehnsüchtig warten, bis DongTada um 19:02 aufhört, damit man den Startschuss hören kann. 

Schnell geht es die Barfüsserstrasse hinab. Es waren die nackten, klatschenden  Füsse der Franziskaner, die der Strasse den Namen gaben. Der Schall ihrer Füsse wurde von den hohen Fachwerkhäusern in der engen Strasse verstärkt. Deswegen haben die Marburger nun  alle einen an der Klatsche.

Einige Redewendungen stammen tatsächlich aus den Aufzeichnungen der Brüder Grimm, die hier im Haus Barfüsserstrasse Nr 35 wohnten, es gibt auch einen Grimm-Dich-Pfad, ein Künstlerpfad, dessen dicke Fliegen von Kneipe zu Kneipe führen.

Im Stadtteil Wehrda bei km 5 musste ich vor Jahren mal für einen Halbmarathonni den Krankenwagen rufen. Jetzt bin ich erstaunt, dass bei dem heutigen Klima die meisten noch laufen.

Martina, läuft heute zusammen mit Sylvia, will um Mitternacht in ihren Geburtstag hineinlaufen. Hätte nie gedacht, dass ich lange nach ihrer Party  ankommen werde.

Vor dem neuen Unigelände sehr vielfarbenfrohe Fahnen, die gar nicht zu der netten Studentinnenwelt von Marburg passen: „ Komische Farben habt ihr da!“ rufe ich. Den Dong-Typen zu. Aber eigentlich finde ich das ok, denn jeder von denen überlässt  mir statistisch gesehen zwei Studentinnen.

Es geht nun über den neuen, 3,5 Meter breiten Hirsefeldsteig. Ich erinner mich, wie wir früher über den alten, schmalen Steig laufen mussten (der vor über 100 Jahren angelegt wurde), um auf die kleine Lahninsel zu gelangen. Ich laufe  langssam hinüber, letztes Jahr hatte es mich auf den unebenen Planken gerissen.

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Informationen: Nachtmarathon Marburg
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