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Laufberichte

Ein Sommertraum in der Eifel

 

Der Monschau-Marathon zählt mit seiner 44. Ausgabe längst zu den Klassikern der deutschen Laufszene. Bei diesem Lauf mit 767 Höhenmetern auf 42,2 Kilometern geht es vor allem um Landschaftsgenuss, weniger um Bestzeiten. Der Aspekt “Natur” steht sowohl auf der Strecke als auch in allen anderen Bereichen im Vordergrund. Die 12 offiziellen Verpflegungsstellen und die zusätzliche Unterstützung durch viele Anwohner tragen ebenfalls zum hervorragenden Ruf dieser Veranstaltung bei.

Schon am Freitag bietet der veranstaltende Verein TV Konzen um 18:30 Uhr einen kostenlosen 6 km “Fun Run” an. Da Annette und ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen und 6 Stunden später als geplant ankommen, müssen wir darauf verzichten. Wir schauen uns dafür am Abend in aller Ruhe Monschau von einigen Aussichtspunkten an.
 

 

Am Samstag spazieren wir eine Weile durch die Umgebung und die malerischen Gassen von Monschau und fahren am späten Nachmittag nach Konzen, um unsere Startunterlagen abzuholen. Hier werden heute einige kürzere Läufe organisiert. Bei einem könnten wir Marathonis ebenfalls kostenlos teilnehmen.

Monschau wird durchaus berechtigt als "Perle der Eifel" bezeichnet. Die kleine Stadt wurde vor allem im 18. Jahrhundert durch die Produktion edler Tücher berühmt und erfolgreich. Viele Bürger konnten sich herrliche Fachwerkhäuser und andere prächtige Gebäude leisten. Das unzerstört gebliebene Ensemble bietet schier unendlich viele fotogene Details. Kein Wunder, dass auch viele amerikanische und asiatische Urlauber hier herkommen. Annette und ich lernten Monschau vor vier Jahren im Rahmen meiner Deutschlandwanderung auf dem Eifelsteig kennen und waren so begeistert, dass wir beschlossen, irgendwann hier den Marathon zu laufen.

Als wir am Samstagmorgen unser Hotel in Monschau verlassen, laufen gerade die 78 um 6:00 Uhr im vier Kilometer entfernten Konzen gestarteten Teilnehmer des Ultramarathon (56 km, 950 Höhenmeter) sowie mehr als 100 Teilnehmer des 6:15 Uhr gestarteten Genuss-Marathon an uns vorbei. Die Genussläufer haben ohne Zeitwertung für die Strecke 8:15 Stunden Zeit. Start für die erstmals angebotene 70 km Distanz (1100 Höhenmeter) war bereits 5:15 Uhr.

Von Monschau nach Konzen fährt sonntags erst ab 10 Uhr ein Bus, aber wie erhofft nimmt uns unterwegs ein anderer Teilnehmer im Auto mit. Da es im Hotel noch kein Frühstück gibt, freuen wir uns über den Kaffee und belegte Brötchen am Startgelände. Wir haben noch viel Zeit, bei entspannten Gesprächen die lockere Atmosphäre zu genießen. Pünktlich um 8 Uhr geht es dann los. Bei mir erzeugt die Startmusik “Conquest of Paradise“ eine Gänsehaut wegen der intensiven Erinnerung an den Ultratrail du Mont Blanc.

 

 

Schon nach wenigen Minuten laufen wir bereits mitten durch die Natur. Die ersten vier Kilometer führen meist bergab, für mich ein ungewöhnlicher Wettkampf-Beginn. Wir laufen an bequem an Wiesen und Hecken vorbei, dann folgt ein kurzer Trail. Auf der Marathon-Strecke kaum Trails, meist geht es über bequeme Wald- und Feldwege oder Asphalt. Wer mehr Trails mag, kommt auf den zwei angebotenen Ultradistanzen voll auf seine Kosten.

Nach 4 km erreichen wir am Ortsrand von Monschau bereits die erste Verpflegungsstelle. Dann laufen wir mitten durch dieses herrliche Fachwerkstädtchen.  Als ich hier wie geplant öfters zum Fotografieren stehen bleibe, bekommt Annette viel Vorsprung. Aber da ich normalerweise schneller als sie laufe, zweifle ich nicht daran, sie nach wenigen Kilometern einzuholen. Doch manchmal kommt es anders als erwartet.

 

 

So früh am Morgen ist die Stadt noch recht leer. In wenigen Stunden werden sich hier wieder sehr viele Touristen begegnen. Rechts Fachwerkhäuser, links Fachwerkhäuser, romantische Plätze, über uns die Burg aus dem 13. Jahrhundert, dazwischen hübsche Brücken – eigentlich viel zu schön, um nonstop daran vorbei zu eilen.

Nach Verlassen des Ortes führt unsere Strecke eine Weile durch das Tal der Rur (ohne “h”).  Einige Zeit laufen wir entspannt neben dem kleinen Fluss. Die Morgensonne zaubert eine herrliche Lichtstimmung in den Wald.  Bei km 7,7 ist bei der Kluckbachbrücke bereits die zweite Verpflegungsstelle.  Ab hier wird dieser Marathon für mich zu einer “technischen Zeitreise”. Obwohl ich erst weniger als eine Stunde unterwegs bin, zeigt das Display meiner Kamera “Speicherkarte voll”. Da ich nicht nur für meine Laufberichte fotografiere, sondern auch für die Naturfotografie-Blogs auf meiner Homepage, arbeite ich mit ausreichend großen Speicherkarten. Wie mir heute  ein uralter 2 GB Chip aus der digitalen Steinzeit untergekommen ist, ist mir ein Rätsel. Mir bleibt nichts anderes übrig, als Fotos von den Vortagen einzeln zu löschen.

Es folgen die ersten nennenswerten Auf- und Abstiege, aber alles im Rahmen eines etwas anspruchsvollen Landschaftslaufes, nichts wirklich schweres. Bei einem kurzen Aufstieg wechsle ich vom Lauf- zum Gehtempo, aber meist kann ich durchlaufen. Nach einiger Zeit im Wald laufe ich oben durch eine idyllische Wald- und Wiesenlandschaft. Die Ankündigung, beim Monschau-Marathon viel Natur genießen zu dürfen, wird voll erfüllt.

 

 

Wegen dem frühen Start ist die Temperatur jetzt ideal zum Laufen. Sommergefühle, entspannter Laufspass und blauer Himmel - was will man mehr?

Immer wieder kommen wir an hübschen Fachwerkhäusern vorbei. Bergauf, bergab, Wälder und schöne Täler - so muss ein Landschaftsmarathon sein!

Bei km 10 ist an der dritten Verpflegungsstelle der erste Wechselpunkt für die Staffelläufer. Nun folgt bald ein kräftiger Anstieg. In etwa zwei Kilometern geht es auf einem breiten Forstweg durch das Holderbachtal 160 Höhenmeter bergauf. Da ich schnelles Marschieren gewohnt bin, kann ich hier einige andere Teilnehmer überholen.  Bei der Verpflegungsstelle an km 14 liegt der anstrengendste Teil des Tages schon hinter mir. Hier trinke ich erstmals Tee statt Wasser und bediene mich am Obst. Außerdem werden Riegel, Traubenzucker und Salz angeboten. Salz ist für mich an warmen Sommertagen unverzichtbar.

Eine Weile geht es nun recht angenehm durch Wald bergab und nochmal 1 km bergauf. Bald nach der nächsten VP bei km 17 führt die Strecke längere Zeit über sonnige Weiden mit vereinzelten Baum- und Strauchgruppen.

 

 

In diesem wunderschönen, offenen Gelände sehe ich weit vor und hinter mir viele Läufer. Bei der nächsten VP erreiche ich früher als erwartet die Halbmarathon-Marke.  Da die zweite Streckenhälfte leichter ist, kann ich völlig ohne Zeitdruck weiterlaufen. Aber ganz so langsam will ich nun doch nicht bummeln, sondern  unbedingt noch Annette einholen, da wir ein persönliches Jubiläum feiern. Vor 20 Jahren lernten wir uns bei einem offiziellen Vorbereitungslauf des Baden-Marathon kennen. Da gehört heute ein gemeinsamer Zieleinlauf natürlich dazu. Doch manchmal kommt es anders, ich erwähnte es bereits.

Nun geht es wieder durch Wald, immer im Wechsel zwischen leichten Anstiegen und leichtem Gefälle. Ich erreiche das Naturschutzgebiet Perlenbach-Fuhrtsbachtal, den schönsten Abschnitt des Marathons. Zwischendurch ist links des Weges ein romantisches Waldstück, dann laufe ich durch idyllische Täler. Ach wie schön kann ein Marathon sein!

 

 

Nach so vielen bequemen Wegen folgt nun ein weiterer kurzer Trailabschnitt. Etwa 300 m laufe ich auf einem Wurzelweg bergauf. Oben erreiche ich dann bald bei km 26,5 die Verpflegungsstelle am Gut Heistert. Ab hier nimmt der Asphaltanteil der Strecke zu. Egal, auch die kleinen Nebenstraßen gefallen mir wegen der Landschaft hier sehr gut.

Ich schätze, dass es nun etwa 28 Grad warm ist. Da gab es in diesem Sommer schon heißere Tage. Außerdem erfrischt uns leichter Wind. Inzwischen überhole ich immer wieder Ultra- und Genuss-Marathonis. Eigentlich ist immer  jemand vor und hinter mir zu sehen. Aber Annette konnte ich noch immer nicht einholen. Zu allem Übel muss ich mich wieder eine Weile in den Schatten setzen, um erneut einzelne Fotos zu löschen, damit die Mini-Speicherkarte bis zum Ziel reicht.

Bei Kilometer 28 erreiche ich eine private Verpflegungsstelle, die längst zu den Klassikern des Monschau-Marathon zählt. Peter Borsdorff, der sich mit seiner Initiative “Running for Kids” für behinderte Kinder engagiert, ergänzt hier das Angebot der offiziellen VPs unter anderem um Gummibärchen, Apfelschorle sowie mit Radler. Normalerweise trinke ich erst abends mal ein Bier, aber heute freue ich mich auch schon um 11:30 Uhr über ein Radler.

Inzwischen liege ich so gut im Zeitplan, dass ich bis zum Ziel fast durchgehend wandern könnte.  Am Ortsrand von Kaltenherberg erreiche ich den mit 600 m höchsten Punkt der Strecke.  Ich laufe am “Eifeldom” vorbei, einer doppeltürmigen, ab 1898 erbauten Pfarrkirche in neuromanischem Stil. Nicht nur hier, aber noch stärker als am Rest der Strecke, gefällt mir, wie viele Anwohner uns vor ihren Häusern mit eigenen kleinen Verpflegungsstellen versorgen.

Hier ist bei km 30 die letzte Staffel-Wechselzone. Als ich ankomme, packt gerade eine Musikgruppe ihre Instrumente ein. Die Feuerwehr hat vor ihrem Areal eine Dusche mitten auf die Straße gestellt. Das Leben ist verrückt! Immer hofft man, dass es nicht regnet und man trocken das Ziel erreicht. Und hier drehe ich mich so lange im Wasserstrahl, bis ich klatschnass bin. Sommer ist klasse! Auf den folgenden Kilometern komme ich noch an weiteren offiziellen sowie von Anwohnern gestellten Duschen vorbei.

Nun führt mich die Strecke eine Weile bergab, dann auf einem Radweg wieder durch idyllische Landschaft. Bei km 33 geht es gleich nach der Verpflegungsstelle ein paar Meter steil bergab, da eine Brücke wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Wahlweise auf einer kleinen Holzbrücke oder durch den Bach laufen wir an der Baustelle vorbei.

Bald führt mich eine Straße unter dem schönen Viadukt der 2002 stillgelegten Vennbahn hindurch. Nun folgt ein langer Aufstieg auf einer autofreien Nebenstraße.

 

 

Es läuft gut, auf dem 1,5 km langen Streckenabschnit, gespickt  mit 90 Höhenmetern, kann ich einige Leute überholen. Da Monschau nahe der belgischen Grenze liegt, starten hier auch viele Belgier. Holländer sind auch einige dabei.  Am Ortsrand von Mützenich steht bei km 36 an der VP ein kleines Bierfass. Da nur noch 6 km vor mir liegen, trinke ich noch einen Becher Bier.

Eine Weile führt die meist asphaltierte Strecke nun abwärts. Das Monschauer Heckenland gefiel mir schon bei meiner Wanderung auf dem Eifelsteig. Eine offene Hügellandschaft mit vielen Wiesen, dazwischen Hecken und Baumreihen, lassen jedes Gefühl von Ermüdung vergessen.

In Mützenich gibt uns die LG Mützenich mit Honig an ihrer VP noch etwas zusätzliche Energie für die letzten beiden Kilometer. Die Wasserbecken zum Tränken der Schwämme oder Mützen werden gut genutzt. Eine Weile laufe ich auf einer Straße bergab. Von oben höre ich schon die Lautsprecherdurchsagen am Ziel. Zuletzt führt mich noch einmal ein schöner Naturweg etwas anstrengend bergauf. Dann sehe ich den Kirchturm von Konzen vor mir und gleich darauf laufe ich glücklich und zufrieden über die Ziellinie.

Mit 5:24 Stunden bin ich trotz meinem durch Schusseligkeit verschuldeten Zeitverlust schneller hier als erwartet, außerdem mehr als eine Stunde vor dem letzten Finisher. Das passiert mir auch nicht oft.  Noch erfreulicher ist, dass Annette mit 5:07 als 47. von 62 Frauen sehr viel schneller das Ziel erreichte, als sie es jemals für möglich gehalten hätte.

Eine Medaille aus Holz sowie Holzbesteck bei der Verpflegung passt sehr gut zum Natur-Aspekt dieser sympathischen Veranstaltung.  Wir halten uns noch etwa eine Stunde am Zielgelände auf, essen und trinken, dann fahren wir nach Monschau zurück, wo wir am Abend noch einmal die Gassen abseits der Marathon-Strecke erkunden.

 

 

IMPRESSIONEN (Frank Albrecht)
 

 

 

Informationen: Monschau-Marathon
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