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Laufberichte

Im ''Weins''-Galopp durchs Pfälzer Rebenland

22.04.12

Wein und Marathon - wie geht denn das zusammen? Besagt nicht eine alte Laufweisheit: “Marathon auf Wein, das lass sein!”.

Anscheinend gilt diese Weisheit in der Praxis jedoch nicht viel. Denn im Gegensatz zum Bier, das doch insgesamt sehr viel mehr durch Volkes Kehlen fließt, gibt es nicht nur einen namhaften Marathon, der sich den Wein auf die Fahnen geschrieben hat. Allen voran natürlich der berühmte Medoc Marathon bei Bordeaux, aber auch der Marathon du Vignoble d’Alsace oder in deutschen Landen der Trollinger Marathon in  Heilbronn und der Marathon Deutsche Weinstraße. Dem Klischee folgend, dass Wein eher etwas für Genießer und Bier mehr für den profanen “Durscht” (auf gut bayerisch) ist, könnte man zu dem Schluss kommen, dass Marathonläufer, die es zu einem solchen Marathon zieht, eher Genussmenschen sein müssen. Man könnte natürlich auch sagen, dass diese Läufer einen “in der Birne” haben, wenn sie meinen, den Laufstress auch noch vinologisch verschärfen zu müssen.

Wein ist allerdings das eine, die Weinanbaugebiete das andere. Letztere zählen in der Regel zu den landschaftlich besonders reizvollen Regionen: Rebstockkulturen, die Hügel hinauf und hinab, soweit das Auge reicht, durchsetzt von kleinen malerischen Dörfern, das hat seinen ganz besonderen Charme. Und es ist wohl primär die Aussicht auf solch ein Lauferlebnis, die mehr als  3.200 Menschen - 2.200 für die (ausgebuchte) halbe und über 1.000 für die Volldistanz - motiviert, sich für den Marathon Deutsche Weinstraße am 24.04.2012 zu entscheiden, und zwar trotz happiger 495 Höhenmeter und damit gänzlich ungeeignet zur Erzielung einer neuen “PB”. Wer sich dabei unbedingt die “Kante geben” will, kann das natürlich auch tun: Jede der elf Verpflegungsstationen entlang der Strecke sieht auch Weinausschank vor. Nur die Zeit darf man dabei nicht allzu sehr aus den Augen verlieren: Nach 5:30 Stunden stoppt der Zielschluss diejenigen, die allzu lange bzw. tief ins Glas geschaut haben. 

 

Marathonziel Deutsche Weinstraße

 

Die bereits im Jahre 1935 als Maßnahme zur wirtschaftlichen Belebung der Region ins Leben gerufene und damit älteste deutsche Weinstraße erstreckt sich über 85 km vom sogenannten Deutschen Weintor an der französischen Grenze bis zum Haus der Deutschen Weinstraße im pfälzischen Bockenheim. Entlang der Straße reihen sich die bekannten pfälzischen Weinorte, darunter etwa Neustadt, Bad Dürkheim, Deidesheim, Gimmeldingen wie Perlen an einer Schnur. Ein fast mediterranes Klima mit jährlich über 1800 Sonnenstunden, dazu der allzu viel Regen verhindernde Pfälzerwald und die frostschützenden Hanglagen bieten gerade hier ideale Voraussetzungen für den Anbau von Weinreben, was einst schon die Römer erkannten und der die regionale Landwirtschaft bis heute fast ausschließlich prägt. Das milde Klima lässt aber auch allerhand andere für unsere Breiten eher untypische Gewächse im Freiland gedeihen: Feigen, Pinien, Zypressen, selbst Bananen, vor allem aber Mandelbäume. Deren herrliche Blüte Ende Februar/ Anfang März gilt als weiteres Highlight der Region.

Wollte man die gesamte Weinstraße läuferisch abdecken, wäre das nur im Rahmen eines veritablen Ultralaufs möglich - ein durchaus verlockender Gedanke. So beschränkt sich der Lauf auf deren nördliches Ende zwischen Bockenheim und Bad Dürkheim. Hier ist ein kombinierter Pendel-/Rundkurs angelegt, der eine Vielzahl kleiner Pfälzer Weindörfer berührt, von denen, nur mal so am Rande, allein zehn mit der Silbe “-heim” enden. Damit der Marathon in dieser Region nicht allzu sehr zur Routine verfällt, findet er übrigens nur alle zwei Jahre statt und damit seit seiner Erstaustragung im Jahre 1998 heuer auch erst zum achten Mal. Keine schlechte Idee, wie ich finde, über die angesichts der Marathonflut auch manch anderer Veranstalter einmal nachdenken sollte.   

In Bockenheim schlägt das Herz des Marathon Deutsche Weinstraße. Alte Gehöfte und ein malerischer Ortskern prägen das Bild des knapp 2.200 Einwohner zählenden Dorfes, das auf eine immerhin 1.200 Jahre alte Winzertradition zurück blicken kann. Ein besonders markanter Punkt ist das einem römischen Kastell nachempfundene neuzeitliche “Haus der Deutschen Weinstraße” am Ortsrand, das brückenartig die Weinstraße überspannt und deren nordwestliches Eingangstor symbolisiert. Hier ist gleichzeitig der Start- und Zielpunkt aller Laufdistanzen. Auf dem Festplatz gleich nebenan ist eine Zeltplatz aufgebaut. In einem der Zelte kann man samstags und auch noch am Laufsonntag ab 7:30 Uhr seine Startunterlagen abholen und das Gepäck abgeben, das große Festzelt in der Mitte ist für eine kleine Messe, die Gastronomie und vor allem für eines vorgesehen: Für kräftiges Feiern. Und da sind die Pfälzer bekanntlich meisterlich.

Wer erst am Sonntag anreist, dem entgeht die Nudelparty am Vortag und die Möglichkeit zur Streckenbesichtigung per Bus und “Wein-Begleitung”. Am Wein kommt aber ohnehin niemand vorbei: Bereits bei der Abholung der Startnummer bekommt jeder Teilnehmer mit dem Starterbeutel eine Flasche roten “Cuvée Marathon” (Dornfelder/Spätburgunder). Und auch noch am Start kann man sich bei einem Gläschen Wein in beschwingte Stimmung bringen - oder auch den Grundstein für den marathonischen Absturz legen. 

Für 10 Uhr ist der gemeinsame Start der Halb- und Vollmarathonläufer vor dem Haus der Deutschen Weinstraße angesetzt, unmittelbar auf der B271, wie die Weinstraße in profanem Straßennummerndeutsch heißt. Entsprechend groß ist der Rummel, der schon früh morgens das beschauliche Örtlein erfasst. Immerhin ist die Zahl der Läufer deutlich höher als die der Einwohner. Doch alles ist perfekt organisiert: Ein Ortsplan mit Parkleitsystem zu den diversen Parkplätzen in und um Bockenheim ist im Internet hinterlegt; von den entfernteren Parkplätzen in Monheim und Grünstadt ist ein Busshuttle zum Startgelände eingerichtet. Auch in der Zeltstadt fällt die Orientierung dank guter Ausschilderung leicht. Warten und gedulden muss man sich nur vor einem: vor den “stillein Örtlein”. Kein Wunder, wenn alle kurz vor dem Start noch einmal “müssen”.

Ein imposantes Bild bietet sich kurz vor 10 Uhr auf der Startgeraden. Dicht gedrängt wartet der gut gelaunte Läuferlindwurm auf Erlösung. Pünktlich fällt der Startschuss - und los gehts. 

 

Corrida durch Bockenheim

 

Den ersten Kilometer geht es auf der Weinstraße mitten durch den langgezogenen Ortskern Bockenheims. Die bis an den Straßenrand reichende, lückenlose Bebauung der alten Häuschen lässt keinerlei Entkommen aus dem sich dahin wälzenden Läuferstrom zu. Man wird mitgezogen oder auch ausgebremst, ob mal will oder nicht, stehen bleiben geht nicht. Ich stelle mir vor, wie das wohl wäre, wenn ein paar Stiere, wie bei der berühmten Stierhatz durch die Gassen Pamplonas, mitliefen. Das hätte die Läuferbeinchen wohl noch ein wenig mehr auf Trab gebracht.

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Jenseits der Ortsgrenze Bockenheims tauchen wir sofort ein in die klassische Pfälzer Weinstraßenlandschaft: Rebstöcke, in symmetrisch ausgerichteten langen Reihen, sorgfältig beschnitten und an Schnüren hochgezogen, soweit das Auge reicht. Im Gegensatz zu Bäumen und Büschen, die in frisch sprießendem Grün den Einzug des Frühlings demonstrieren, sind die Rebstöcke noch fast gänzlich kahl, was der Kulturlandschaft aber einen besonders archaischen, in Ihrer Struktur geradezu künstlerischen Touch verleiht. Und auch mit einem anderen Merkmal der Landschaft machen wir von Anfang an Bekanntschaft: Mit ihrer Hügeligkeit. Permanent geht es leicht rauf oder runter, selten steil, aber ebenso selten wirklich flach. 

Bis kurz vor km 2 folgen wir der B271, dann schwenken wir auf eine Nebenstraße ab, die uns über Assenheim nach Grünstadt (km 5) leitet. Mitten durch die beschaulich-gemütliche Fußgängerzone führt unser Weg, wo wir bereits von überraschend vielen Zuschauern, am Straßenrand stehend oder auch bequem im Cafehausstuhl sitzend, begrüßt werden. 

Jenseits der Ortsgrenze bei km 6,5 wird aus der Straße ein Sträßlein, dessen schmales Asphaltband sich nach einer kleinen, aber heftigen Steigung in den Weiten der Landschaft verliert.

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Informationen: Marathon Deutsche Weinstraße
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