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Laufberichte

Dem Winter ein Schnippchen geschlagen

 

Und wieder einmal steht der Lanzarote Marathon samt Urlaub im warmen Süden auf dem Programm. Während ich letztes Jahr kurzfristig krankheitsbedingt ausfiel, muss dieses Jahr Judith passen. Aber so spielt das LäuferInnenleben.

Neben den grünen Wanderinseln Teneriffa, Gran Canaria, Gomera, La Palma und El Hierro gibt es noch die Inseln Fuerteventura und Lanzarote. Nur 100 km von der afrikanischen Küste entfernt gelegen, herrscht dort ein sehr trockenes Klima. Lanzarote als nördlichste Insel ist auch bei Sportlerinnen und Sportlern sehr bekannt. Es gibt mehrere auf diese Zielgruppe ausgerichtete Hotels.

Die Marathonmesse sowie Start und Ziel befinden sich im Touristenort Costa Teguise im Norden der Insel direkt neben dem Veranstalterhotel Sands Beach. Die Startnummer und den Starterbeutel gibt es nach Vorlage des Personalausweises. Da man die Unterlagen von Donnerstag bis kurz vor dem Start - dann allerdings gebührenpflichtig- abholen kann, ist die Wartezeit erträglich. Ebenso erwartet uns ein großes Merchandising-Angebot zu guten Preisen, mit der Aufschrift „Never give up“ und dem Lanzarote-Marathon-Logo. Da Sands sich gut mit SportlerInnenwünschen auskennt, haben die Sachen auch eine hohe Qualität.

 

 

Die Startertüte aus Kunstfaser enthält ein schönes Veranstaltungshemd, dieses Jahr nicht mehr so farbenfroh wie früher, dafür mit einigen inseltypischen Ansichten. Sehr schön. Dazu Socken und anderes Nützliches. Viele posieren für ein Foto vor einem Luftbild der Strecke. Deren Verlauf ist schnell erklärt: Von Costa Teguise aus geht es am Meer entlang in die Hauptstadt Arrecife. Diese wird auf einer touristischen Route durchquert. Dort ist auch der 10-km-Punkt. Dann weiter auf einer Promenade am Meer bis Matagorda, dem Beginn des Strips Richtung  Ferien-Hochburg Puerto del Carmen. Dort dann Wende beim Startpunkt des Halbmarathons. Das gleiche zurück. Apropos, wer dort nicht übernachtet, sollte der Straße mal abends einen Besuch abstatten. Da herrscht britisches Ausgehleben pur.

 

Marathontag

 

Der Start ist auf 8:00 Uhr festgelegt, Sonnenaufgang ist um 7:35 Uhr und die Dämmerung ist hier, näher am Äquator, kürzer als bei uns zu Hause. Das heißt, dass die meisten SportlerInnen in dunkler Nacht hier zum Start kommen. Apropos: Wer mit dem Auto anreist, findet leicht einen Parkplatz, da die Retortenstadt Costa Teguise noch in einer autogerechten Zeit geplant wurde und es nördlich des Starts einige Alleen gibt, die noch Jahre auf eine Bebauung warten werden.

Ich habe es leicht, wie viele andere auch, und breche erst um 7:30 Uhr zu Fuß im Hotel auf. Am Start sehe ich viele bekannte Gesichter, darunter die große Gruppe vom 100 Marathon Club aus  Großbritannien. Und natürlich treffe ich die Stammbesetzung aus Oberösterreich, darunter Günther und Günter. Die Herren kombinieren immer einen Urlaub mit dem Lanzarote Marathon.

 

 

Startblöcke gibt es nicht, wir stehen am hinteren Ende des Feldes und warten…Die Ansagen sind hier nicht zu hören. Die Zeit vergeht, 8:00 Uhr ist schon lange vorbei. Wir werden langsam ungeduldig. Dann höre ich etwas von „tres minutos“. Wobei die Ansagerin bei vielen Marathons in Spanien engagiert ist und das auch in vielen Sprachen moderiert.

Und dann geht´s auch schon los. Die nächsten zwei Kilometer laufen wir über eine breite Allee, sodass jeder sich hier gut einordnen kann. Viele Zuschauer warten an der Strecke. Die Sonne steht schon recht hoch und es ist schon ziemlich warm. Wir schwenken an die Bucht Las Cucharas mit dem schönen goldgelben Sandstrand. Die Promenade am Meer ist durch den Salzwasserdunst wahnsinnig glatt. Liegt das etwa an meinen Asics Nimbus? Nein, auch Günter meint, dass er rutscht. Wir umrunden ein Kap mit den ersten fantastischen Ausblicken auf die Küste mit ihren Palmen und den kleinen weißen Häusern.

Aber es gibt natürlich auch die riesigen Hotelkästen. An einem solchen Klotz kommen wir vorbei. Da haben sich viele Gäste an der Promenade eingefunden, um uns anzufeuern. Natürlich stilsicher mit Kaffeetasse. Ich komme mit Simon ins Gespräch, er ist heute das fünfte Mal dabei und schwärmt von dem besonderen Flair des Laufs. Man konnte auf das Veranstaltungshemd seinen Namen drucken lassen. Das ergibt hier einen für mich ungewöhnlichen Aufdruck: „Jesús María never give up“

 

 

Den Streckenabschnitt bis Arrecife kann man als leicht bezeichnen, auch wenn man das aktuell noch nicht so wahrnimmt. Wir müssen ein Stück ins Inselinnere, umrunden den königlichen Palast am Meer. Von dem sehen wir natürlich nur wenig. Die Straße ist neu geteert, seit Judiths und meiner ersten Teilnahme 2016 kann man sehr große Investitionen in die Infrastruktur sehen. Dann zurück und um ein sehr großes Barceló-Sporthotel herum. Denn – wie gesagt -  Sport wird auf der Insel groß geschrieben. Bekannt ist natürlich auch der Lanzarote Ironman.

Die Szenerie ändert sich, als wir eine alte Ansammlung weißer Häuser sehen, Las Caletas, vielleicht ein ehemaliges Fischerdorf? Hier hat man eine Verkehrsberuhigung umgesetzt, sodass die vielen Bodenwellen auf unserer Laufstrecke nun entfernt sind, Gut für uns.

Nun wird die Szenerie industrieller: Links am Meer liegt ein Kraftwerk, dort wird auch Meerwasser entsalzt. Die beiden Windräder drehen sich. Der Antrieb, also der Wind, kommt wohl von hinten. Man spürt ihn nicht. Links im Meer liegt der Rest des auf Grund gelaufenen Frachters Temple Hall, 1954 gebaut und 1981 hier leck geschlagen. Ein Verkehrskreisel über der breiten Umgehungsstraße, dann an alten Terrassen mit alten Windmühlen vorbei.

Wir kommen  ins Hafengebiet. Nach ein paar Hundert Metern sind wir dann schon auf der Allee am Meer in Arrecife. Hier wird gerade ein großer Weihnachtsmarkt aufgebaut, samt Riesenrad und echter Eislaufbahn, wenigstens steht das so auf den Ankündigungen. Eine Eisfläche bei 20 Grad? Weiter hinten kommt noch ein großes Zelt mit einer großen Krippenlandschaft. Aber das haben wir ja so ähnlich auch zu Hause.

 

 

Wir kommen zu einem kleinen See. El Charco de San Ginés ist eine natürliche Salzwasserlagune, die als kleiner Fischereihafen entstand. Sie ist von weißen Fischerhäusern, heute Cafés und Restaurants, umgeben und war zur Zeit der Eroberungen eine wichtige Station für Schiffe, die mit Ladung aus Lateinamerika in Spanien ankamen. Die Schiffsladungen, die oft auch Gold beinhalteten, zogen Piraten an, was zum Bau von Verteidigungsfestungen wie dem Castillo de San Gabriel und dem Castillo de San José führte. Beide werden wir nachher noch sehen.

Wir tauchen in die kleine Altstadt ein. Links wird ein Haus gestrichen. Ich rufe „Buenos Dias“, zurück kommt ein „Guten Morgen und noch einen guten Lauf“. Danke. Dann an der alten Kirche San Ginés vorbei. Leider sind die Kneipen hier noch geschlossen. Aber wir kommen ja wieder.

Vor uns im Meer dann das Castillo. Auch hier wurde die Straße durch eine Fußgängerzone ersetzt. Sehr schön. Links das höchste Haus von Lanzarote, dass Hotel Gran Arrecife. Dahinter wieder eine schöne Bucht, la Reducto, mit goldgelbem Sandstrand und schönen Palmen, da müssen wir rum. Dann verlassen wir den Stadtbereich. Es folgen kleine Ansiedlungen am Meer. Manchmal sieht man von der Promenade aus nur weiße Mauern, aber spätestens in Playa Honda wird es idyllisch: Da sitzt man in seinem Vorgarten oder auf der Terrasse und feuert uns an. In den Restaurants und Bars wird gefrühstückt. Ich liebe diesen Abschnitt, der einen Eindruck südländischer Gelassenheit vermittelt.

Wobei sich durchaus Protest regt: „No Airbnb“ steht am Boden. Denn eigentlich sind das hier die Viertel der Einheimischen. Auch auf Lanzarote gab es in jüngster Zeit Demonstrationen gegen den überbordenden Tourismus. Wobei die Insel fast vollständig von diesem Wirtschaftszweig lebt. Das Problem sind eher die geringen Löhne. Ein Kellner beispielsweise soll 1.000 € pro Monat verdienen und kann sich die hohen Preise der Wohnungen kaum leisten, die dann häufig auch noch in Urlauberunterkünfte umgewandelt werden.

Und schon sind wir am Ende von Playa Honda an der Flughafenlandebahn, die bis ans Meer reicht. Zwischen dem Zaun und dem Sandstrand liegt ein Fuß- und Radweg. Wir hatten uns schon gefragt, ob der Halbmarathonstart um eine halbe Stunde verschoben wird, um hier ein Aufeinandertreffen der 4 h+ Marathonis und der startenden Halbmarathonis zu verhindern. Und so ist es. Dieser Streckenabschnitt zieht sich in meiner Wahrnehmung gewaltig, auch wenn er nicht mal zwei Kilometer lang ist. Aber die Sonne brennt schon die ganze Zeit herunter.

 

 

Der spannendste Teil kommt am Ende der Landebahn. Hier fliegen die landenden Maschinen gefühlt knapp über unsere Köpfe. Dementsprechend stehen hier auch ganz viele Zuschauende, welche die Minuten zwischen den Ankünften der Flieger nutzen, um uns anzufeuern. Wir sind jetzt in Matagorda, einem  Touristenörtchen mit vielen Apartmentanlagen. Das britische Halligalli beginnt erst zwei Kilometer weiter. Hier hört man eher Deutsch oder eine der skandinavischen Sprachen.

Mitten in der Geschäftszone dann die Wendestelle. Die Halbmarathonis stehen schon in den Startlöchern. Ich freue mich über eine Zwischenzeit von 2:12. In der Hitze und mit vielen Fotostopps doch nicht schlecht. Ein Gitarrenspieler erfreut uns, der wartet aber eher auf spendierfreudige Flaneure. Ansonsten kommt noch ein Musikant in Costa Teguise, aber auch der ist wohl aus geschäftlichen Gründen unterwegs.

Jetzt habe ich Zeit, mich ein wenig vor den Halbmarathonis abzusetzen. Eine Ryanair-Maschine steht auf der Startbahn. Gerade als ich dahinter vorbei laufe, gibt sie Gas. Obwohl hier eine Mauer steht, spüre ich einen warmen Lufthauch, der mir fast die Mütze vom Kopf bläst. Oha. Wobei ab jetzt der Gegenwind spürbar ist. Einige Marathonis kommen noch entgegen. Pacer gibt es auch, aber nicht für die Langsamen.

Dafür überholen jetzt die Halbmarathonis. Hier scheinen merkwürdige Anziehungskräfte zu wirken, denn obwohl der Weg breit genug ist und ich ganz rechts laufe, kommt es hin und wieder zu Körperkontakt. Dann kommen die HM-Pacergruppen, die RadlerInnen, die sich trotz Verbots auf den Weg durchgemogelt haben, stehen jetzt mit ihren Stahlrössern im Sand. Apropos, beim Flughafen gibt es neuerdings auch einen landseitigen Radweg. Und noch einmal Playa Honda mit dem Jubel der Zuschauer.

 

 

Nun sind die Verpflegungsstellen richtig gefragt, die es alle 2,5 km mit Wasser, Iso-Getränken und Cola in Pappbechern gibt. Dazu Bananenstücke, Organgenstücke, zweimal auch Gel. Letzteres sollte man sich sichern, bevor die Halbmarathonis kommen. Die VPS sind groß und die jugendlichen Helferinnen und Helfer voll motiviert.

Mir fällt nun auf, dass auch hier ein paar Wellen zu meistern sind. Waren die vorher schon da? Insgesamt hat der Marathon 130 Höhenmeter. Die zwei VP-Jungs, die auf dem Hinweg für viel Stimmung gesorgt haben, sind immer noch voll bei der Sache. So viel Durchhaltevermögen. Günter überholt mich. Und ich fühle mich inzwischen ziemlich fertig. So werde ich mir auf den fünf Kilometern durch Arrecife mit Günter und einem Herrn im Valencia-Hemd ein Rennen liefern. An der Muelle Chico, dem „Kai der jungen Männer“, sitzen einige Senioren und spielen Karten. Vor den Kneipen an der Kirche ist jetzt mehr los. Exakt um 12:00 Uhr bimmeln die kleinen Glocken der Kirche. Ganz andere Töne als bei uns.

Hinter dem Charco de San Ginés liegt links in einer Rambla der Startpunkt des 10-km-Laufs. Einige der wartenden LäuferInnen feuern uns hier an. Vor deren Start haben wir also auch noch Luft, aber jetzt sind wir auf breiteren Straßen unterwegs. Apropos: Eine solche Streckenführung hat den Vorteil, dass man einen 360-Grad-Überblick über die Strecke bekommt.

In dem Fischerdörfchen gibt es Bier, aber nur für die Zuschauenden. Ich freue mich über ein bisschen Schatten. Man kann die weißen Häuser von Costa Teguise sehen, es sind aber immer noch sieben Kilometer bis zum Ziel. Mein Hänger hat so bei Kilometer 38 ein Ende, als wir auf die schöne Promenade einbiegen. Wieder sehr viele Zuschauer. Die „Keine Gnade für die Wade“-Fraktion sehe ich ein letzten Mal. Danke fürs Anfeuern!

 

 

Die Laufstrecke ist nun trocken, da rutscht man nicht mehr. Ein Zuschauer muntert mich auf „nur noch 200 Meter, dann geht es bergab ins Ziel“. Also los. Links sehe ich eine der britischen Zwillingsschwestern, die ich letztes Jahr oft abgelichtet habe. Die konnte heute leider auch nicht mitmachen.

Unter dem Jubel des Publikums unterquere ich das Zielbanner und muss mich jetzt erst mal sammeln. Puh, das war anstrengend. Immerhin bin ich noch unter fünf Stunden geblieben. Erst im Laufe des Abendessens wird bei mir dann ein Glücksgefühl aufkommen. Es ist wirklich eine attraktive Strecke. Die Medaille ist gewohnt schön mit nettem Band.

Die Zielverpflegung ist sehr reichhaltig, inklusive Brötchen und Nudelsalat. Aber das Bier ist schon alle. Und es geht zu wie auf dem Rummelplatz, da ja nun immer noch Halbmarathonis und die 10k-ler eintreffen. Einige genießen den Strand direkt hinter dem Zielbogen oder sitzen an den Tischen.

Für die aus anderen Orten Angereisten stehen Duschcontainer zur Verfügung. Ich mache mich auf den Weg zum Hotel und genieße den Rest des Tages am Pool.

 

Fazit:

 

Ich bin nicht der einzige, dem dieser Lauf sehr gut gefällt. Man sieht viele Wiederholungstäter. Das Ambiente ist einzigartig: Das strahlende Blau des Meeres und die Farben der Vulkane, die weißen Häuschen. Wer es schnell, flach und mit viel Unterhaltung entlang der Strecke will, ist hier eher nicht richtig. Wer aber dem Winter in der Heimat ein Schnippchen schlagen will, sollte unbedingt einmal teilnehmen. Organisation, Verpflegung und Infos sind perfekt. Und das zu einem günstigen Preis.

 

Siegerinnen Marathon

1. DOMINIQUE LOTHALLER                    SUI      3:05:47

2. LENAÏCK TOUZÉ                                               FRA    3:11:20

3. MARLENE STALLMANN                      GER    3:13:34

 

Sieger Marathon

1. BARNEY REED                                       GBR    2:32:17

2. DENIS PRIKULIS                                                GBR    2:37:20

3. ENRIQUE DELGADO ALONSO                        ESP     2:39:07

 

Finisher

Marathon                    783

Halbmarathon                        1244

10K                             738

5K fun                        200

 

Nationen (ca, auf Basis der Meldeliste)

UK                              1500

Spanien                      460

Irland                          420

Deutschland               160

Österreich                   16

Schweiz                      10

 

Informationen: Lanzarote Marathon
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