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Laufberichte

Daisy und der Schneekönig

10.01.10
Autor: Joe Kelbel

Kevelaer - nicht nur der Name ist interessant

Gesprochen wird er Kewelaar. Die Stadt liegt am unteren linken Niederhein, ganz im Nordwesten von NRW, direkt an der Grenze zu den Niederlanden. Zu Zeiten der Römer gab es hier ausgedehnte Sümpfe. Nur auf den sandigen Erhebungen, die die zahlreichen Flüße hinterlassen haben, gab es kleine Siedlungen.

Vor der Bildung der Nationalstaaten verlief eine harte Grenze durch das Stadtgebiet: die vom Herzogtum Geldern zum Herzogtum Kleve, noch blieb es ruhig. Aus den alten Heerstrassen der Römer entwickelten sich die wichtigen Handelsstrassen Amsterdam-Köln und Münster-Brüssel. Genau an deren Kreuzung lag Kevelaer. Das bedeutete Reichtum.

Als das Herzogtum Geldern 1543  den spanischen Niederlanden zugeschlagen wurde, ging es los: Niederländer und Spanier, später katholische und protestantische Söldner, kroatische, französische, kölnische und münstersche Truppen plünderten und brandschatzten über Jahrtausende die Stadt. Mehrmals war sie französisch besetzt, dann wieder zu Preussen und indirekt zu Österreich gehörig, nach dem ersten Weltkrieg belgisch besetzt. Sogar einen eigenen Staat, die Rheinische Republik, riefen  Kevelaer Separatisten aus. Deren Herrschaft endete jedoch im November 1923  in der Schlacht von Aegidienberg, im Siebengebirge.

Das Infrastrukturzentrum des  Kevelaer Marathon ist die Jugendherberge. Direkt hinter dem Haus, auf der ursprünglichen römischen Heerstrasse verläuft der Jakobsweg, Sektion Rhein-Maas. Über Jahrhunderte pilgerten unsere Vorfahren von Roermond, wo in der Kapelle die Armreliquie des Jakobus, einer der erstberufenen Jünger von Jesus aufbewahrt wird,  nach Santiago de Compostella zu dem Grab des Apostels.

Trotz dramatischer Unwetterwarnungen setzte sich am Samstag eine ganz besondere Pilgertruppe aus allen Teilen Deutschlands  in Bewegung: Das fast komplette, großartige Marathon4you-Team. Als sich in der Jugendherberge immer mehr Läufer mit dem bekannten Schriftzug auf den Jacken einfanden, raunte man schon hinter unseren Rücken etwas von „Aktionärsversammlung oder so“. In der Tat war es eine Art Familienversammlung im Rahmen eines sehr familiären Marathons, der terminlich  konkurrenzlos ist.

Zum achten Mal findet der Kevelaer Marathon bereits statt. Einige der Glücklichen, die einen Startplatz  ergatterten konnten, hatten Bedenken, ob man einen Marathon bei diesen „extremen Winterverhältnissen“ laufen könne, sodaß  letztlich nur 268 der 400 gemeldeten Läufer antraten. Dabei wies die LLG Laufsport Kevelaer doch ausdrücklich  auf der Website  in fetter, roter Schrift und mehrsprachig darauf hin, dass der Marathon auf jeden Fall stattfinden wird.

In der Tat wurden wir in den frühen Morgenstunden vom Kratzen der Schneeschieber aus unseren Stockbetten gerissen. Über 50  Mitglieder und Freunde des Laufclubs und der Stadt präparierten die 6 km lange Laufstrecke so profihaft, als fände ein olympisches Rennen statt. Der Vorsitzende des Clubs, Peter Wasser selbst stand auf dem Anhänger und verteilte den Split. Wie hieß es dazu in der örtlichen Presse: „ Mit Wasser gegen Eis und Schnee.“

Der Start war dann auch pünktlich um 10 Uhr.  Schade, daß sich viele Läufer von den Berichten über das „chaotische Tief Daisy“ abhalten ließen,  hier anzutreten, denn der Untergrund war wirklich winterlich-optimal.

Der Rundkurs hatte die Form einer Bratpfanne und musste 7 mal durchlaufen werden. Genial war die Begegnungsstrecke am Pfannenstil. Man konnte sich  vor lauter Grüßen  kaum auf das Laufen konzentrieren. Bei jeder Runde kam man zweimal an den starken Boxen vorbei, die uns mit super Hard-Rock versorgten.  Je zweimal passierte man die Verpflegungsstellen, bei denen es warme Getränke und vor allem leckeren Honigkuchen gab.

Welch Unterschied zum Neujahresmarathon in Zürich, wo ich auf der dunklen Strecke fast eingeschlafen wäre. Hier in Kevelaer war Stimmung pur, ob an der Wendemarke, wo der Moderator Laurenz Thissen zu jedem Läufer etwas zu sagen hatte, oder draußen, auf dem Feld, wo der kalte Wind bließ, überall waren nette Stimmungsnester. Die flache Strecke war wunderbar geeignet, mal richtig Gas zu geben. Natürlich waren keine Bestzeiten auf dem Schnee zu erwarten, aber das elitäre Läuferfeld und die familiäre Stimmung in der herrlichen Winterlandschaft trieben zur Höchstleitung an.

Jetzt sitze ich hier und schreibe im grünen Finishershirt diesen Bericht, futtere den leckeren Honigkuchen, den wir im Ziel in die Hand gedrückt bekommen hatten und freue mich wie ein Schneekönig, daß das Tiefdruckgebiet, das den Namen von Mosi‘s Hund trägt, uns nicht von diesem tollen Laufereignis hat abhalten können.

Ergebnisse

Männer

1 Kaiser, Michael  Team belalaSola   2:57:49
2 Linke, Falk  TLV Rangsdorf   3:01:05
3 Kehrbusch, Gerd  Athletik Waldniel3:01:47

9 Lautner, Anton  marathon4you.de   3:14:14

Frauen

1 Sonnenschein, Kirsten  Marathon Dinslaken   3:29:57
2 Möllensiep, Sybille  SUS Schalke 96  3:30:09
3 Geltner, Raifa-Gertrud  SUS Schalke 96  3 3:35:32

 

Informationen: Kevelaer-Marathon
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