Zum 2. Mal auf der neuen Strecke in Twisteden und insgesamt zum 12. Mal findet der ehemalige Honigkuchen-Marathon in Kevelaer statt. Wer nicht weiß, wo der zweitgrößte Wallfahrtsort Deutschlands liegt, hier einige Infos.
Kevelaer (28.000 Einwohner) liegt in der niederrheinischen Tiefebene, inmitten einer Donkenlandschaft im Kreis Kleve. Als Donk oder auch Dunk bezeichnet man Erhebungen im sumpfigen Gelände, die vermutlich schon im frühen Mittelalter besiedelt wurden. Die Stadtteile heißen Winnekendonk, Kervendonk, Kolvendonk und Grotendonk.
Kevelaer ist eine der bekanntesten Städte am Niederrhein, was vor allem an den Wallfahrten liegt. Im Stadtzentrum gibt es am Kapellenplatz die Gnadenkapelle und die Basilika, die Kerzenkapelle, die Beichtkapelle sowie vier Fußgängerzonen. Seit über 360 Jahren kommen Wallfahrer in die Stadt, deren Ursprung dieses Ereignis im Jahr 1641 ist:
Gegen Weihnachten hörte ein einfacher Kaufmann namens Hendrick Busman während eines Gebets dreimal die Aufforderung: „An dieser Stelle sollst du mir eine Kapelle bauen!“ Hendrick Busman war arm, dennoch führte er diesen Auftrag aus. Noch 1647 erkannte die Kirche Kevelaer als Wallfahrtsort an. 1 Mio Menschen pilgern jedes Jahr zur Gnadenkapelle, wo viele Wunderheilungen passiert sein sollen.
Kein Marathoni wartet oder verlässt sich auf ein Wunder. Stattdessen setzt er auf vernünftiges Training mit Erholungspausen zur rechten Zeit. Zumindest tun das die meisten.
Und so ist der Marathon in Kevelaer weniger ein Wettkampf um Minuten und Sekunden, als ein Treffpunkt der Marathon-Freaks aus dem In- und Ausland. Die vier fleißigsten Sammler (Horst Preisler, Sigrid Eichner, Hajo Meyer und Willem Mütze) bringen alleine über 6500 absolvierte Marathons auf die Waage. Stammgäste in Kevelaer sind auch Karl Ernst Rösner, Bernhard Sesterheim und die M4Y-Reporter gleich im Dreierpack.
Ein Startplatz kostet 19€, ein Erinnerungs-Shirt 15€. Achtung, Nachmeldungen sind nicht möglich. Deshalb unbedingt voranmelden. Mit der neuen Strecke hat sich nicht viel geändert. Es sind 7 Runden á 6 km plus der Zielgeraden zu absolvieren. Noch nicht einmal auf die beliebte Begegnungspassage muss man verzichten. Nut die Laufrichtung hat man für dieses Mal geändert. Die Zeitnahme erfolgt durch den Champion-Chip.
So, alles klar, es ist 10 Uhr, los geht’s für ungefähr 300 Marathonis.
Ich starte von weit hinten, denn es geht gemächlich zur Sache, gibt heute keine Eile. Hier wird geduldig auf den letzten Läufer oder Läuferin gewartet. Auch das macht für viele den Marathon in Kevelaer besonders attraktiv.
Es geht eine 500m Gerade bis zum Hinweisschild Richtung Kevelaer, dem wir folgen. Gleich bei den ersten Häusern werden wir mit Oldies aus den 60er und 70er Jahren empfangen. Wer ist älter, Emma, der Truck, oder die Musik? Zum Glück haben wir dieses Stimmungsnest auf jeder Runde gleich zweimal.
Vor mir läuft eine größere Frauen-Gruppe, denen ich mich anschließe. Nicht nur ihre Shirts sind rückwärtig beschriftet, auch auf dem Hintern werden Infos weitergeben. Ich lese was von „Marathon Express“ und 110 Kilometern und übersehe glatt das erste Kilometerschild.
Wir laufen weiter geradeaus und kommen zur Siedlung Heide. Das Radweg führt laut Hinweisschild in die Niederlande. Zum Grenzübergang kommt es nicht, wir biegen links ab, wo gleich das Km-Schild 2 steht. Hier gibt es eine seltsame Straßenbezeichnung: „Am Meer“ - einen See gibt aber weit und breit nicht und die Nordsee kann auch nicht gemeint sein. Dahin dürften es mindestens 150 km sein.
Die Kilometermarken sind regelrechte Schilderbäume, denn es gilt 7 verschiedene Distanzen anzuzeigen. Wir laufen ja auch 7 Runden. Einen Kilometer ungefähr geht es knapp an deutsch-niederländischen Grenze entlang. Bei ca. 2,5km gibt es eine Versorgungsstation mit allem, was das Läuferherz begehrt. Da bleibt der Läufer gerne stehen und genießt die Köstlichkeiten.
Es ist noch kühl, und so ist der warme Tee am meisten gefragt, auch bei Jessy, Svenja, Betty und Ulrike. Zusammen mit Dennis sind sie heute Morgen aus Nettetal angereist. Nichts Besonderes? Na, ja, sie sind die 33km nach Kevelaer gelaufen. Für den Marathon haben sie maximal 5 ½ Stunden veranschlagt. Und geht’s zurück nach Nettetal. Wieder 33 km im Dauerlauf. Alle Achtung! Ein zweiter Marathon-Express mit 5 Männern ist von Rheinberg aus gestartet und bringt es auf die gleiche Laufleistung. So, jetzt ist das Geheimnis der erwähnten Shirt- und Po-Aufdrucke geklärt. Bleibt noch zu erwähnen, dass es sich um eine Spendenaktion handelt. Infos gibt hier: www.Niederrheinultra.de.
Am Willemshof steht der 3km Schilderbaum. Es geht durchs Kuckusfeld und dann ein Stück durch ein Wäldchen. Es kein Wind, die Sonne scheint – herrlichstes Frühlingswetter also. Bei den Häusern am Rundenanfang ist es dann wieder windig und kühl. Wir verschwinden wieder in einem Waldstück, ein weiterer Richtungswechsel bringt uns am Waldrand zum Rojensweg. Von weitem ist schon Emmas Rockpalast zu hören. Die flotte Musik geht in die Beine. Die Truppe macht und hat mächtig Spaß. Abklatschen und weiter geht’s. Die letzten 800m der jeder Runde ist das Begegnungsstück. Gegenseitig jubelt man sich zu, es ist eine tolle Stimmung auf der Strecke.
Genau bei Km 6 wird die Zeit erfasst und gewendet und die, je nach Sichtweise, erste oder zweite Verpflegungsstelle angesteuert. Fachkundig wird das Geschehen den Zuschauern erklärt und kommentiert.
Ich bin auf der zweiten Runde noch keinen Kilometer gelaufen, da kommt mir der spätere Sieger Alexander Ockl kurz vor dem Ende seiner zweiten Runde entgegen. Die Zuschauer bei der Emma werden mehr, die Musik bleibt, was sie ist: Genau mein Geschmack. Ein paar Häuser weiter stehen Anwohner an Biertischen vorm Haus. Ich sehe, dass sie 6 oder 7 Kisten Bier geparkt haben. Wetten, die waren für Joe gedacht? Für jede Runde eine.
Am Schilderbaum kann ich nun das obere Km-Schilder ignorieren, das 2. Zeigt nun meine Laufstrecke an. Nach zwei Runden verabschiede ich mich von den Marathon-Express-Mädels, lege einen Zahn zu und verbessere meine Rundenzeiten erheblich. Auf den Runden 5 und 6 bezahle ich dafür mit längeren Aufenthalten an den Verpflegungsstellen und einigen Gehpausen, später sogar mit etwas Atemnot. Ein Kilometer ist Gehen angesagt, dann ist alles wieder im grünen Bereich und mit der Nettozeit 4:57:15 bin ich super zufrieden.
Vom Ort Twisteden haben wir außer dem Kirchturm von St. Qurinus und einigen Höfen nichts gesehen. In dem Ort, dessen Geschichte bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht, wurde 1959 ein inzwischen sehr berühmter Bischof geboren. Seit kurzem ist man darauf aber nicht mehr besonders stolz. Der Gottesmann ist Franz-Peter Tebartz-van Elst, der „Protzbischof“.
Ergebnisse
Männer
1 Alexander Ockl TuSEM Essen 2:44:08
2 Bernd Diekmann Lauffreunde HADI Wesel 2:51:06
3 Patrick Vandebeek BEL/Knoet 2:59:10
Frauen
1 Eva Offermann DJK JS Herzohenrath 3:05:33
2 Sybille Möllensiep SUS Schalke 96 3:23:35
3 Sigrid Hoffmann LG Westerwald 3:25:01
310 Finisher