Beim Verpflegungsposten, der die zweite Hälfte einläutet, braucht es ein paar erklärende Worte der Helfer, um das Wasser an den Mann und an die Frau zu bringen. Es wird nämlich frisches Quellwasser kredenzt, das allerdings das Auge irritiert. Statt des gewohnten sterilen durchsichtigen Aussehens hat es eine Färbung, die der des rötlichen Untergrunds ähnelt. Ich komme mir vor wie die Kinder in den Chroniken von Narnia, die sich auf ihren Streifzügen durch die Wälder Narnias immer wieder mit frischem Quellwasser erfrischen, und lasse mir diese Spezialität schmecken.
Ein kurzer Anstieg noch und dann geht es hinunter zur Schwarzenbach-Talsperre, einem Pionierwerk des Staumauerbaus in den 1920er Jahren. Beim dortigen Verpflegungsposten vor der Wendestrecke treffe ich auf einen Pionier der Marathon-Berichterstattung. Beim Start war er noch nirgends zu sehen („der pennt wohl noch…“), aber hier steht er, vielmehr kniet er, heruntergezogen vom Gewicht seiner beiden Kameras mit Superteleobjektiven. Der Chefredakteur selbst sorgt dafür, dass es wenigstens gute Fotos von diesem Marathon in seiner Nachbarschaft gibt. Meine Kamera hat nämlich mit den Lichtverhältnissen im Wald zu kämpfen. Die lange Belichtungszeit und die Geschwindigkeit der Wettkämpfer sind eine sichere Kombination für unscharfe Bilder.
Auf der Begegnungsstrecke gibt es mit dem Gegenverkehr ein bisschen Abwechslung, bevor dann Kilometer um Kilometer die Höhenmeter wieder gesammelt werden müssen. Trotz des überschaubar kleinen Teilnehmerfeldes sind immer Läufer in Sichtweite. Dies mache ich mir zunutze, indem ich mich nach vorne orientiere und mich auf der sanft ansteigenden Strecke langsam aber stetig an die Vorderleute heranziehen lasse. Links unten rauscht der Zufluss zur Talsperre, rechts vom Weg murmeln kleine Bächlein, sonst höre ich nur meinen Atem. Bis Anfeuerungsrufe und Klatschen zu mir dringen. Völlig überraschend steht nach einer leichten Kurve eine große Seniorenwandergruppe am Wegrand und nimmt regen Anteil am läuferischen Geschehen. Ansonsten läuft man hier zum Sehen und nicht zum Gesehen-Werden.
An der zweitletzten Verpflegungsstation genehmige ich mir nochmals zwei Becher Iso, obwohl ich darauf hingewiesen werde, dass ich mir ein Bier genehmigen könne. In der Tat, mancher Tankstellenshop wäre stolz, wenn er eine solche Auswahl an Geschmacksrichtungen von Bieren mit und ohne anbieten könnte. Auf den Kilometern in den oberen Dreißigern kann ich mir nicht vorstellen, wie ich sie bewältigen würde, hätte ich das Angebot angenommen. Zusätzlich zu der aufkommenden Schwere in den Beinen bremst mich ein kühler, fast bissiger Gegenwind. Aber den kann ich schon noch aushalten, denn sonst war die Temperatur für meinen Begriff perfekt; da nehme ich diese kleine Unannehmlichkeit gerne in Kauf. Auf jeden Fall ist mir das lieber als eine Wüstenbruthitze. (Wohin das führt, wenn einem die Sonne das Hirn weichkocht, hat uns besagter Beduine deutlich vor Augen geführt.)
Bis hierher habe ich mich einfach treiben lassen, jetzt kommt doch noch ein Moment des Durchhaltens. Der letzte Kilometer ist vermutlich für viele eine Knacknuss, mich hingegen freut diese ruppige Schlusssteigung ungemein; sie ist der perfekte Übergang von einem schönen Landschaftsmarathon zu einem Berglauf, sozusagen die Transition in mein nächstes Laufabenteuer, die ich – getrieben von Zufriedenheit über heute und Vorfreude auf Samstag – schwungvoll angehe.
Im Ziel werde ich mit Namen willkommen geheißen und treffe wieder Klaus, der hier wieder alle und alles ins richtige Bild rückt. Da sich meine Jungmannschaft langsam lustig macht über meine Marathon-T-Shirts, nehme ich den alternativen Finisher-Preis, ein mit dem gleichen Motiv bedrucktes Handtuch.
Auf dem Gang zur Dusche in der Skihütte gibt es nochmals einige Höhenmeter zu überwinden – und zwar auf einem Trampelpfad abwärts. Wer jetzt schon Mühe mit dem Gehen hat, muss aufs Duschen verzichten. Oder wer ein Problem damit hat, dass es keine nach Geschlecht getrennte Dusche gibt. Dafür gibt es heißes Wasser.
Auf dem Rückweg zum Ziel kann ich noch ein paar Läufer fotografieren. Das Licht dazu ist perfekt, wie das an einem in der Zwischenzeit zu einem sonnigen Sommertag mutierten Nebelmorgen halt eben ist.
Im Festzelt haben Klaus und ich endlich wieder einmal Zeit, uns anders als immer nur per Mail zu unterhalten. Dazu gönne ich mir leckere Maultaschen mit Kartoffelsalat, begleitet von einem Ulmer Sportweizen. Noch ein Ulmer gesellt sich zu uns, Olaf Ulmer, und wir warten gemeinsam die Siegerehrung ab. Worauf wir zu lange warten müssen, ist die Ehrung der Gesamtsieger. Sie hätten es verdient, dann geehrt zu werden, wenn das Festzelt noch voll ist. Das ist leider nicht mehr der Fall, wenn die Auszeichnungen in den Altersklassen schon verteilt und diese Leute mit ihren Angehörigen auf dem Nachhauseweg sind.
Auf den mache ich mich, nachdem ich mir noch die Urkunde habe aushändigen lassen und lerne auf der Heimfahrt das Panorama in dieser Urlaubsregion doch noch kennen. Obwohl dieses Gebiet Schwarzwald heißt, würde ich einem Bildband über diese Gegend den Titel „Das Grüne Buch“ geben. Halt, das geht leider nicht! In einem gleichnamigen Buch hat vor Jahren ein nordafrikanischer Putschist seine politischen Ziele formuliert…
Bildgalerie Klaus Duwe
Marathon Männer
1. Holger Thoma, LT Furtwangen 2:54:31
2. Wolfram Boemer TSV Waldenbuch 2:55:08
3. Ronny Seifert LT Furtwangen 2:56:11
Marathon Frauen
1. Simone Meiniger LTG Kämpfelbach 3:22:20
2. Theresia Schnurr SV Baiersbronn 3:25:33
3. Simone Füssler 3:33:28
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