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Laufberichte

Schwarzwälder mal anders serviert

24.07.11

Ich komme zur Hornisgrinde wie die Jungfrau zum Kinde. Denn bisher habe ich den Schwarzwald ja eher im Zusammenhang mit Kirschen und Sahne als Torte wahrgenommen und genossen.

Da wird es höchste Zeit, das Ganze auch mal mit etwas Handfestem zu verbinden, denn neben dem Marathonklassiker in Bräunlingen (ja, liebe jungen Freunde, das war mal der teilnehmerstärkste Marathonlauf der Welt!) gibt es auch den um die Hornisgrinde im Nordschwarzwald.

Bereits zum 39. Mal treffen sich hier die Landschaftslauf-Enthusiasten. Damit ist hier mittlerweile genau so oft gerannt worden wie über den Rennsteig, den ich ja in diesem Jahr bekanntermaßen dank zermatschtem Zeh ausfallen lassen musste. Dafür darf ich im nächsten Jahr den Jubiläumslauf mitnehmen, falls ich Depp mir bis dahin nichts anderes zuziehe.

Ich reise bereits am Vortag an, denn die Entfernung von rund 320 km liegt doch etwas oberhalb dessen, was ich unmittelbar vor und nach einem Marathon zu fahren für sinnvoll halte. Und nutze so das Angebot des Veranstalters, für sehr kleines Geld (18 €) in der Skihütte nahe dem Start zu übernachten. Die Unterkunft ist tadellos, ich bin im Zimmer sogar alleine und kann in Ruhe und Gemütlichkeit vor dem kommenden Arbeitstag Matratzenhorchdienst leisten.

Vorher jedoch will ich mir noch den 10 km-Start und die Namensgeberin des morgigen Marathons, die Hornisgrinde, in Ruhe anschauen, denn die Laufstrecke wird sie nicht unmittelbar berühren. Ich fahre zunächst zum vielbesuchten Mummelsee und unternehme von dort aus eine kleine Wanderung bergauf. Der vielbesuchte Mummelsee, ein sog. Karsee (Eintiefung in einem Berghang), ist bis zu 17 m tief, 3,7 ha groß und mißt 800 m im Umfang. Der Name geht angeblich auf die hier früher häufig vorgekommenen weißen Seerosen (im Volksmund: Mummeln) zurück. Ich schaue mir die Augen nach den von Eduard Möricke in seiner Ballade „Die Geister am Mummelsee“ beschriebenen Nixen aus, aber Pustekuchen.

Die Hornisgrinde ist als ca. 2 km langer, mit einem Hochmoor versehener Bergrücken die höchste Erhebung des Nordschwarzwalds. Der markante, 23 m hohe Aussichtsturm an seinem Südende kann bestiegen werden, ebenso der 7 m hohe Signalturm an der höchsten Stelle. Die ursprüngliche militärische Nutzung des Geländes durch zunächst die Wehrmacht, später durch die französischen Besatzer, die Bundeswehr bzw. die NATO ist seit einigen Jahren endgültig Geschichte, die eigentlich schönen Gebäude verkommen.

Über drei km besteht auf dem sog. Grindenpfad („Moorpfad“) die Möglichkeit der Durchquerung des Hochmoors über einen Bohlenweg. Das sind Bretter, kein Dieter, Gott sei’s geklagt. Selbst der Mummelsee liegt noch über 1.000 m hoch, das sind schon andere Verhältnisse als bei uns im rheinischen Westerwald. Da richten wir im August grundsätzlich freitags vor Mariä Himmelfahrt, ohne uns zu schämen, den Malberglauf aus. In 6 km geht es dabei von 100 auf 370 m Höhe über +370/-100 HM. Andere lachen sich, vielleicht nicht ganz zu unrecht, scheckig über die Bezeichnung „Berg“. Ja, die Perspektiven verschieben sich eben. Für trotzdem Interessierte: Am 12 August ist es wieder so weit, es lohnt sich.

Ausschließlich friedlich geht es heute also hier zu, dafür ist das Wetter an diesem Ort grundsätzlich wenig vertrauenerweckend: Die Hornisgrinde zählt zu den niederschlagsreichsten Orten in Deutschland, 99 % der Meßstationen des Wetterdienstes registrieren geringere Regenmengen. Statistisch gesehen liegt sie an jedem zweiten Tag im Nebel verborgen. Heute werde ich entgegen der Wettervorhersage von einem fast wolkenlosen Himmel mit reichlich Sonnenschein verwöhnt. Dies sollte sich jedoch noch nachhaltig ändern.

Brigitte Mahlburg von laufendhelfen.de treffe ich am Start. Die lädt mich kurzerhand zum Abendessen ein und ich freue mich über den unverhofften Familienanschluss. Dort kann ich nicht nur ihr neues Haus bewundern, sondern auch Rolfs neuen, gebrauchten Porsche. Diesel. Mit Wohnanhänger. Der wird ihn am kommenden Sonntag in vier Tagen über etwa 380 km zum Gondo-Event hin und auch wieder zurückbringen. Wer das alles nicht versteht, sei auf die Bilder verwiesen, die erklären alles! Kaum liege ich im Bett, beginnt es zu stürmen und zu schiffen, was das Zeug hält. Bei solch einem Wetter will ich aber nicht laufen! Das findet vielleicht der Frankfurter genial, ich nicht.

Am Morgen hat es glücklicherweise zu regnen und zu stürmen aufgehört. Ich gehe die paar Meter zum Start und nutze die dort vorhandene Frühstücksmöglichkeit, die mit Kaffee, Tee, Brötchen, Müsli, Butter, Wurst, Käse, Joghurt, Obstsalat und selbstgemachter (!) Marmelade („Dann müssen wir sie nicht kaufen!“) reichhaltig ist und mit 5 € das Budget ebenfalls nur moderat belastet. Noch bibbern wir bei schattigen 8°, die Quecksilbersäule wird aber bis zum Mittag noch auf hochsommerliche 11° schnellen… Mannomann, was für ein sog. Sommer, hier lief man auch schon bei 30°. Ich erinnere mich an den unvergessenen Rudi Carrell, der mir 1975 aus dem Herzen sang:

Wann wird's mal wieder richtig Sommer -
ein Sommer wie er früher einmal war?
Ja mit Sonnenschein von Juni bis September
und nicht so naß und so sibirisch wie in diesem Jahr.

Gut, Ihr Schlaumeier, in der letzten Zeile heißt es natürlich „wie im letzten Jahr“, aber eigentlich könnte man die letzten beiden Jahre heranziehen. Da waren die Sommer jeweils nach einem tollen Frühling beendet, bevor sie begonnen hatten. In diesem Jahr sieht’s ja auch nicht besser aus. Jetzt ist aber genug gejammert, zum Laufen sind moderate Temperaturen ja eh besser. Zumindest versuche ich mir das einzureden.

12
 
 

Informationen: Hornisgrinde Marathon
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