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Laufberichte

Bergsommer

28.06.08

Der laut Veranstalter „härteste Marathon der Welt“ fand dieses Jahr zum 6. Mal statt, mehr als 360 Läuferinnen und Läufer standen am Start und ich mittendrin. Vor Jahren schon wollte ich hier teilnehmen, hatte dann aber doch nicht den Mut, anzutreten, obwohl ich in der Gegend war. Damals schreckten mich die vielen Höhenmeter (+ 2.682, - 402) und das Zeitlimit. „Das schaffst Du nie in der Zeit“ und damit hatte es sich.

Nun bin ich einige Jahre älter, deutlich langsamer als damals und trotzdem stehe ich am Start und habe keinerlei Zweifel, dass ich es schaffe. Vorab, ich habe es geschafft, sogar problemlos. Vielleicht lässt sich der eine oder die andere ermuntern, hier zu laufen, nach dem Motto: „Wenn der alte (M60) und langsame Eberhard das schafft, dann müsste ich es auch können.“

Noch etwas muss ich ganz zu Beginn ganz deutlich sagen: „Wer lesen kann und die Berichte auf Marathon4you liest, vermeidet Ärger!“ Ich kann lesen, hatte aber den Bericht von Klaus vom Vorjahr nicht mehr in Erinnerung und konnte daher dem Ärger nicht rechtzeitig begegnen. Also hier noch mal für alle Lesefaulen: Übernachtet in Lenzerheide, fahrt morgens mit dem kostenlosen Bus zum Start nach Chur. Wer in Chur übernachtet und dort sein Auto stehen lässt, kommt nach dem Lauf nur sehr umständlich und mit einigen Wartezeiten zurück zum Auto.

Informationen: Graubünden Marathon
Veranstalter-WebsiteE-MailErgebnislisteFotodienst Alpha FotoHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

Aber der Reihe nach. Wir, Angelika, Renate und manche anderen übernachteten in Chur, bekamen dort am Samstagmorgen im Startbereich in der Quader-Schulanlage unsere Unterlagen und standen ganz entspannt am Start. Thomas Schmidtkonz war auch wieder dabei, wie an allen vorherigen fünf Starts. Er gab mir einen kurzen Überblick, was uns wo unterwegs an Steigungen und Untergrund erwartete.

Der Sprecher stellte noch einige Favoriten vor, machte jeweils ein kurzes Interview mit ihnen und eine Minute vor dem Start kam dann auch Jonathan Wyatt, der Top-Favorit, der 2004 mit 3:18:57h den Streckenrekord aufgestellt hatte. Punkt 9.15 Uhr war dann Start.


Recht eben ging es die ersten beiden Kilometer durch Chur und auf einer breiten Straße hinaus aus der Stadt. Zusammen mit Thomas lief ich ganz am Schluss, machte mir darüber aber keine Sorgen. „Wenn so ein erfahrener Läufer wie der Thomas es so langsam angeht, dann mache ich nichts verkehrt, wenn ich mich ihm anschließe!“ Einziger Nachteil dabei ist, man kann keine Bilder von den Teilnehmern machen. Vermutlich aber würde ich schon noch ein paar Leute einholen.

Nach etwa zwei Kilometer ging es rechts weg auf einen Waldweg und aufwärts. Klaus hatte mir versprochen, dass man die ersten 31 Kilometer nahezu alles laufen könne, also joggte ich frohgemut die knapp 200 Höhenmeter bis zur ersten Verpflegungsstelle beim Kurhaus Passugg (km 4,6). Das Wetter war schön, mit vielleicht 20 Grad noch erträglich, es würde aber wohl noch etwas wärmer werden. Also trank ich vorbeugend drei Becher mit Wasser und einen mit Iso und joggte sofort weiter; Thomas war schon ein Stück weiter vorne und erst im Ziel würde ich ihn wieder sehen.

Auf Wald-, Wiesen- und Wirtschaftswegen ging es weiter hoch, vorbei an der nächsten Verpflegungsstation (Helltobel, km 8,1, 1.030m) bis nach Churwalden. Nur ganz kurze Wegabschnitte waren so steil, dass ich gehen musste und auch hier wäre joggen möglich gewesen, wenn ich nicht den Rat von Thomas im Ohr gehabt hätte, mich hier nicht zu verausgaben, sondern für den Schluss noch Energie aufzubewahren. Aber es gab auf diesem Abschnitt auch ganz flache Passagen, auf gut zu laufenden Asphaltwegen, auf denen man Zeit gut machen konnte.

In Churwalden lief man ein paar hundert Meter der Straße entlang bis zur Verpflegungsstelle, an der man nach links weg von der Straße geführt wurde und bald den Ort hinter sich hatte.


Zwölf Kilometer und 650 Höhenmeter waren geschafft und mir ging es gut. Die nächsten fünf Kilometer waren geprägt von wunderschönen Blumenwiesen, mit einer Vielfalt an Pflanzen, die man nur in den Bergen findet. Ein ums andere entdeckte ich neue farbenfrohe Blumen und wurde so vom  Anstieg abgelenkt. Die Asphaltstraße wand sich in Serpentinen nach oben und meist konnte ich langsam joggen, machte nur wenige kurze Gehpausen, um mich zu erholen und neben dem Beobachten von Blumen bewunderte ich immer wieder auch die Aussicht ins Tal.

Bei Kilometer 17,6 erreichten wir, nach 2:45h, die Verpflegungsstelle auf der Hochalm Foppa (1.754m). Wie an allen Stationen trank ich mindestens vier Becher Wasser und Tee, nahm ein paar Stückchen Energieriegel und lief wieder los.

Ab hier zeigte das Höhendiagramm wieder abwärts und in der Tat verliert man auf den folgenden 6,5 Kilometern bis Parpan knapp 250 Höhenmeter. Im Wechsel auf guten Teerstraßen, auf Wiesen- und Wirtschaftswegen, unterbrochen durch kurze Abschnitte auf anspruchsvollen Waldwegen kann der ambitionierte Läufer jetzt Zeit gut machen, man kann es richtig rollen lassen und auch ich schaffte den einen und anderen Kilometer um die fünf Minuten. Wenn man trotz Tempo noch Zeit hat und rechts und links schaut, sieht man immer noch die prächtigen Blumenwiesen und glückliche Kühe, die sich darauf gütlich tun. Iimmer wieder läuft man an einem Ensemble schöner Almhütten vorbei, oder man bewundert einfach schöne Aussichten nach unten ins Tal, woher man kommt.

Im Ort war die nächste Verpflegungsstation, wir tranken wieder reichlich und waren sofort wieder auf der Strecke. In sanftem Auf und Ab ging es weiter bis zum Heidsee. Dort wurden wir von bekannten, unbekannten Klängen empfangen. Auf einem Digeridoo entlockte ein Spieler dem Instrument wunderbare Klänge und seine Partnerin ergänzte durch dezentes Trommeln. Gerne wäre ich hier kurz stehen geblieben und hätte zugehört, beinahe meditativ waren die Klänge. Trotz der nur wenigen Sekunden aber lief ich richtig beschwingt weiter.

Die nächsten 30 Minuten umrundeten wir den See und erreichten dann Lenzerheide. Weitere flotte Kilometer lagen hinter uns. Insgesamt hatte ich für die 31 Kilometer bis hierher 4:25 h gebraucht, recht ordentlich für meine Verhältnisse. Wenn ich zweieinhalb Stunden für die nächsten 11 Kilometer kalkulierte,  müsste eine Zeit um die 7 Stunden drin liegen. Allerdings waren da auch 1.400 Höhenmeter zu bewältigen - nun, ich würde ja sehen und in meiner Klasse spielt die Zeit keine Rolle mehr. Bisher hatte ich den Lauf richtiggehend genossen und das sollte auch so bleiben, also würde ich den letzten Abschnitt in Ruhe angehen.


Nur wenige hundert Meter lief ich durch Lenzerheide und schon war es mit der Ruhe vorbei. Genau wie Thomas es beschrieben hatte, traf ich es an. Ganz harmlos fing es an und dann ging es zwei Kilometer auf schwierigen Pfaden im Wald steil hoch. An rennen war überhaupt nicht zu denken und manches Mal musste ich sogar meine Hände bemühen. Kurz bevor es wieder geringfügig leichter wurde, kam eine kleine, improvisierte Verpflegungsstelle mitten im Wald (Wasserfall, km 33,5, 1.800 m) auf steilstem Gelände. Donnerwetter und alle Achtung!

Noch ein paar hundert Meter verlief der Anstieg im Wald, bis wir dann auf einem leichter zu laufenden Pfad waren, der auch nicht mehr so steil hoch führte. Beinahe gemütlich marschierten wir flotten Schrittes hoch bis zur nächsten Verpflegungsstation an der Mittelstation der Seilbahn zum Rothorn. Wir hatten die 4,7 km und 425 Höhenmetern von Lenzerheide aus in 1:10 h zurückgelegt, durchschnittlich also 15 Minuten pro Kilometer. Immer noch 6,8 km und 980 m lagen vor uns. Das würde also nichts werden mit den sieben Stunden, vor allem auch, wenn ich hoch zu unserem Ziel schaute. Schroff und abweisend lag der Berg über uns.


Weiter ging es in zügigem Schritt in Serpentinen auf dem Weg nach oben, vorbei an einer Alp, auf die gerade eine Herde Kühe zu marschierte. Natürlich war ich unterwegs immer wieder ganz ordentlich ins Schwitzen gekommen, aber mit jedem Schritt kam man ja auch höher und es wurde damit kaum wärmer. Trotzdem tauchte ich an jedem Brunnen meine Mütze hinein und schöpfte Wasser auf meinen Kopf. Weiter oben bei Kilometer 39, als wir an Schneefeldern vorbei kamen, nahm ich auch Mal eine Handvoll Schnee und legte ihn unter die Mütze. Da ich an jeder Station immer fleißig getrunken hatte und dort wo ein Energieriegel angeboten wurde, auch einen genommen hatte, ab Lenzerheide zusätzlich Cola tankte, ging es mir bestens. Nur an joggen war nicht zu denken und immer wieder kam der Wunsch auf zu sehen, wie wohl die Spitzenläufer, die längst im Ziel waren, hier gerannt oder gegangen waren.

Unterwegs hatte Jack Boris zu mir aufgeschlossen, ein Läufer aus dem Tessin, mit Schweizer Dialekt. Ihn hatten wir am Heidsee überholt und jetzt hatte er den Vorsprung wieder wett gemacht. Ich gratulierte ihm zu dieser Leistung und er teilte mir mit, dass er heute seinen ersten Marathon mache. Gerade wollte ich ihm auch dazu gratulieren, da erzählte er, dass er sonst nur Sky Races laufen würde, beim Ultra Trail Du Mont Blanc hätte er auch schon den kleinen und den großen gefinisht und dieses Jahr würde er wieder den kleinen laufen. Vor einiger Zeit sei er in Südamerika gewesen und habe dort ein „Himmels Rennen“ gemacht, bei dem beständig auf einer Höhe von 4.000 bis 5.500 m gelaufen würde.

Jetzt aber hielt er sich bei Angelika und mir auf, dann wieder marschierte er vorneweg und wir holten ihn ein, sobald er eine kurze Sitzpause an einer Verpflegungsstation machte. Gemeinsam kamen wir dann letztlich auch im Ziel an.

Mit Unterhaltung und Landschaft anschauen waren wir inzwischen bei Kilometer 40 in etwa 2.470 m Höhe angekommen und wie wohl jedes Jahr stand dort ein Alphornbläser und entlocket bei jedem Einzelnen, der vorbei kam, seinem mächtigen Instrument eine kurze Melodie – auch eine schöner Ansporn.
Die dünnere Luft machte mir nicht zu schaffen, dafür war ich wohl zu langsam, nur der Weg war in den vergangenen Minuten schwerer, unwegsamer und vor allem steiler geworden. Kurz nur wurde er besser, um dann umso ruppiger zu werden. Auf dem letzten Kilometer ins Ziel war er dann wieder besser zu laufen.


Mit 7:39 h habe ich zwar die erwünschte Grenze weit überschritten, dafür aber habe ich jeden Meter genossen. Hauptsächlich hat dazu natürlich die Landschaft beigetragen, aber ganz entscheidend war auch die perfekte Verpflegung und natürlich das tadellose Wetter mit blauem Himmel, Sonne, gerade noch auszuhalten und toller Fernsicht.

Gemäß der Bitte des Veranstalters zogen wir uns nur kurz um und fuhren dann sofort mit der Seilbahn über die Mittelstation bis hinunter nach Lenzerheide. Leider war dort an der Talstation nicht zu erfahren, ob und ggf. wann ein Shuttle Bus zum Festplatz fuhr. Also machten wir uns auf den Fußweg zum Zentrum. Nach dem Duschen genehmigten wir uns noch die Nudeln (kostenlos, da im Startgeld enthalten) und sahen der Siegerehrung zu.


Dann hieß es auf das Postauto warten, das uns nach Chur zurück brachte und nochmals mussten wir 15 Minuten gehen, bis wir endlich am Auto waren. Somit bin ich wieder am Anfang. Hätte ich den Bericht von Klaus gelesen, dann hätten wir die Heimfahrt mindestens zwei Stunden eher antreten können.

Schön war es -  allen Zweiflern kann ich hiermit versichern, dass auch ein Marathonläufer, mit einer Marathonzeit von 4:30 h sich an diesen Lauf wagen kann und er wird einen wunderbaren Marathon erleben – versprochen!

Die Marathonsieger

Männer

1. Wyatt Jonathan, NZL-Neuseeland   - 3:30.33,0
2. Cox Martin,  GB-Bath  - 3:34.39,3 
3. Brack Tobias, D-Buchenberg  - 3:48.19,9

Frauen

1. Nunige Jasmin, CH-Davos Platz    - 4:21.47,8
2. Schneider Esther, CH-Schwarzenbach (Huttwil)  - 4:27.31,3 
3. Balz Deborah, CH-Grub SG - 4:31.35,0

Laufwettbewerbe

Marathon: Chur-Lenzerheide-Rothorn +2682 m / -402 m.
20 Meilen (32,2 Kilometer): Chur-Lenzerheide +1268 m / -402 m
Rothorn-Run (11,5 km): Lenzerheide-Rothorn +1414 m
Berglauf Europameisterschaft der Senioren (6,8 km): Mittelstation bis Lenzerheide +982

Walkingwettbewerbe

Rothorn Power Top (11,5 km): Lenzerheide-Rothorn +1414 m, mit Zeitmessung
Rothorn Top (11,5 km): Lenzerheide-Rothorn +1414 m
Panorama (9,5 km): Lenzerheide-Heidsee-Spoina +243 m
Heidsee (5,5 km): Lenzerheide-Heidsee +29 m

Finisher

Samstag:

Marathon:365 (294+71), 20 Meilen: 122 (95+27), Rothorn Run 108: (83+25), Senioren Berglauf EM: 197 (145+52),

Sonntag:

Top Walking: 300,

sonstige Walking Strecken: 494

Drumherum

Duschmöglichkeit und Massage in der Mehrzweckhalle in Lenzerheide. Gepäcktransport zum Ziel. Gratisrücktransport vom Rothorn nach Lenzerheide mittels Rothornbahn und Shuttlebus. Morgens per Bus von Lenzerheide nach Chur zum Start. Alle Busse und Bahnen können kostenlos benutzt werden.

Zeitnahme

Kostenloser Leihchip

Auszeichnung

Medaille, Funktionsshirt, Urkunde aus dem Internet

Verpflegung

13 Stationen unterwegs, intelligent gestaffelt, allein auf den letzten 11 Kilometern fünf; absolut ausreichendes Angebot: Wasser, Tee, Iso, Cola, Bouillion, Energieriegel und –Gel, Brotsückchen, Bananen

Tipp

Übernachtung in Lenzerheide, der Logistik und der der Atmosphäre wegen.
Stabile Trailschuhe, Wind- und Regenjacke, ggf. Trinkflasche.

 

Informationen: Graubünden Marathon
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