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Laufberichte

Wüsten-Stadt der 1001 Superlativen

25.01.13

Nach einer Atempause im Kaffee der Hotel-Lobby zieht es uns zurück zum Burj Khalifa. Auf der Terrasse der Dubai Mall finden wir ein italienisches Restaurant. Im Freien stärken wir uns zu Füssen des Glitzerturms mit Pastagerichten. Die Wasser-Feuer-Licht-Laser Show im Lake Dubai verzaubert uns. Mit Blasen an den Füssen wandern wir spät abends zum Frühstück-Einkauf in den gut ausgerüsteten Supermarkt der Mall. Dann fallen wir gespannt auf Tag X in die Betten.

Glücklicherweise reichen uns zwei Tage Aufenthalt für Zeitumstellung und Akklimatisation. Der Marathon findet am Freitag statt. Das ist in der arabischen Welt der Feiertag. Wir müssen früh aus den Federn. Der Start ist bereits auf 7 Uhr angesetzt. Möglichst lange soll man von der angenehmen Morgentemperatur profitieren können. Vor Sonnenaufgang darf man im Januar mit 10 – 14 Grad rechnen. Bis am Mittag soll es knapp 25 Grad warm werden. Fände der Lauf im Sommer statt, würde das Temperaturspektrum von 30° in der Nacht bis weit über 40° am Tag reichen!

Ausgeruht wie noch nie vor einem Marathon erwache ich um 4 Uhr bevor der Wecker klingelt. So früh gibt es im Hotel kein Frühstück und wir verpflegen uns auf dem Zimmer. Wir wohnen kaum zwei Kilometer vom Startgelände weg. Nach dem Essen bleibt noch viel Zeit, wir legen uns wieder hin, und da ich kaum nervös bin, schlafe ich das erste Mal vor einem Marathon noch einmal ein!

 

Vor dem Start

 

Stockdunkel ist es noch, als wir 35 Minuten vor dem Start vor’s Hotel treten. Feuchter Nebel schleicht sich in die Stadt. Bis die Garmins die Satellitenverbindungen zustande gebracht haben, beginne ich mit den Zähnen zu klappern. 12 Grad sollten nach den eisigen Januartagen in der Schweiz doch warm erscheinen! Bewusst hatten wir mit dem Al Murooj Rotana ein Hotel gewählt, von dem Start und Ziel zu Fuss erreichbar sind. 2011 waren wir auf der Anfahrt zum Lauf mit dem Taxi in einen zähen Stau geraten. Schlussendlich hatten wir dieses auf der Autobahn verlassen, um auf dem Pannenstreifen mindestens einen Kilometer zum Startgelände zu hetzen.

Auf dem grosszügigen Fussgängerweg entlang des runden Sheikh Mohammed Bin Rashid Boulevards wollen wir bis zum Start einlaufen. Kurzes Traben muss schliesslich reichen. Wir haben nicht mit dem Gedränge der 11'000 Zehn-Kilometer-Läufer gerechnet. Sie werden um 7:15 Uhr starten und sind gleichzeitig auf dem Weg zu ihrem Startsektor. Einen Moment haben wir Bedenken, den Eingang ins Marathon-Feld rechtzeitig zu finden. Es ist zeitaufwändig, sich zwischen den festlich beleuchteten Palmen, Zuschauern, Begleitern und Läufern aus aller Welt hindurch zu schlängeln. Zehn Minuten bevor es los geht, stehen wir doch an der richtigen Stelle. Und wir haben gar keine Zeit, vor dem Start nervös zu werden!

Km 1 - Den Startschuss überhören wir. Plötzlich laufen die Marathonis vor uns los. Wir überqueren die Zeitmessmatte, bevor wir uns dessen richtig bewusst sind! Auf der dreispurigen Strasse findet jeder der etwas über 2‘500 Läufer schnell seinen Platz. Im Gegensatz zum Vorjahr zählt das Feld rund 1000 Marathon-Läufer mehr. Ohne Problem würden die breiten Strassen auch noch grössere Läuferzahlen vertragen.

Letztes Jahr waren Andreas und ich hier bei unserem allerersten Erlebnis-Marathon nach 3:43:42 Stunden (5:18 Min./km) ins Ziel gekommen. Wir nehmen uns vor, es diesmal ebenso genussvoll und locker eine Minute schneller zu schaffen. Die Anstrengung soll im Bereich eines Mitteltempo-Trainings liegen. Wir peilen 150 Schläge Durchschnittspuls an (ca. 84 % unseres Maximalpulses), und wir wollen pro Kilometer 30 Sekunden langsamer laufen, als wir maximal könnten. Die zweite Hälfte soll etwas schneller sein. Den zweiten Halbmarathon wollen wir nur so angestrengt laufen, wie bei einem auf Zeit gelaufenen Marathon die erste Hälfte. Das Spiel mit Puls und Geschwindigkeit fasziniert uns Messbegeisterte und muss auch beim Genuss-Marathon sein. Als Nebeneffekt sind ein schönes Lauferlebnis und schnelle Erholung fast garantiert.

Der Morgennebel wird von Minute zu Minute dichter. Die atemberaubend schönen architektonischen Meisterwerke von Downtown Dubai verschwinden darin fast ganz. Zauberhaft mit zarten Lichterketten geschmückte Palmen sind für uns auch exotisch und damit eindrückliche Sehenswürdigkeiten. Beim ersten Kilometer-Schild, einer unübersehbaren, rechteckigen Säule, bestätigt ein Blick auf die Uhr, dass wir im richtigen Tempo unterwegs sind - 5:21 Min.

Km 2 - Nur als graue Schatten scheinen die faszinierenden Gebäude dieses neuen Stadtteils an uns vorbei zu ziehen. Wir fürchten um ein schönes Lauferlebnis für Läuferfreund Hugo, der mit seiner Frau mit uns nach Dubai gereist ist. Gerne hätten wir ihm gezeigt, wie zauberhaft sich die aufgehende Sonne in den 28‘601 Glasflächen der Burj Khalifa-Fassade spiegelt. Auch das im Stil der Altstadt-Gebäude errichtete, verschachtelte Palace-Hotel wirkt nicht halb so eindrücklich hinter seinem Dunst-Schleier. Wir bemerken kaum, dass wir an der grössten Mall der Welt vorbei rennen. Eine 90° Kurve führt uns auf eine vierspurige Autobahn. Wir schlüpfen unter die ebenfalls mehrspurige Stelzenautobahn. Auf beiden Strassen fliesst rund um die Uhr dichter Verkehr in erschreckend rasantem Tempo. Heute früh haben wir die breite Strasse ganz für uns alleine! Darüber wachen Polizisten vor ihrem Auto mit blau-rotem, laufenden Signal-Licht.

Km 3 – Wir geniessen die angenehme Temperatur,  hoffen aber, bei der Rückkehr auf derselben Strecke unter blauem Himmel zu laufen. Die Palmen, welche den Mittelstreifen der sechsspurigen 312th Road begrünen, bleiben die Haupt-Attraktion. Und es reut mich kurz, dass der Nebel uns den farbenfrohen Sonnenaufgang vorenthält. Die Aussicht auf die Wüste zu unserer Rechten bleibt verhüllt. Die Garmin-Daten trösten über die unerwarteten Wetterbedingungen  hinweg. Die pflastermüden Beine sind offenbar in einen flinken Trott gefallen.

Km 4 - Es ist kaum zu glauben, dass sich neben der Strecke die unterschiedlichsten, mehr als zweidutzend  Wolkenkratzer des Financial Districts verbergen. Es ist so feucht, dass Wassertropfen an den Augenwimpern hängen bleiben.

Km 5 - Die bekanntesten Hochhäuser des Distrikts, die markanten Zwillingstürme Emirates Towers mit ihrer dreieckigen Gestalt, bekommen wir vorerst nicht zu Gesicht. Unterwegs im kunterbunten Feld von Läufern aus aller Welt, welche dieselbe Liebe zum Laufen in sich tragen wie wir, verfliegen die Kilometer schnell, auch ohne Aussicht auf die Wolkenkratzer! Die meisten Frauen sind in Trägershirts und Shorts unterwegs. Eine Läuferin aus dem Iran  lässt mich aber daran zweifeln, ob die Wahl meiner Lauf-Kleidung für diesen Anlass respektvoll genug ist. Ich trage mein luftigstes Sommer-Outfit. Und sie läuft mit flinkerem Schritt in langer dunkler Laufkleidung und schwarzem Kopftuch, welches die Haare total verhüllt.

Auf diesem Kilometer treffen wir in der Stadt, in der unermüdlich 24 Stunden am Tag gebaut wird, auf die einzige Baustelle, welche das Auge von Ästheten stören könnte.

 
 

Informationen: Dubai Marathon
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