Im Januar 2011 begleitete ich meinen Mann Andreas auf seiner Geschäftsreise nach Dubai. Wir starteten anlässlich des Dubai Marathons am 10 Kilometer Lauf. Die damalige Strecke ab Media City auf die Jumeirah Beach Road und zurück begeisterte uns nicht sonderlich. Aber die Stadt der unzähligen Superlativen, das exotische Nebeneinander von futuristischer Moderne und alten, beduinischen Traditionen verzauberte uns. Von Downtown Dubai mit dem höchsten Gebäude der Welt als Mittelpunkt - dem 828 Meter hohen Burj Khalifa - konnten wir uns kaum lösen.
2012 wurden Start und Ziel des Standard Chartered Dubai Marathons in genau diesen Stadtteil verlegt. Nach 20 auf Zeit gelaufenen Marathons nahmen wir uns den ersten Genuss-Lauf über 42.195 km vor! Ab Neujahr bereiteten wir uns nach einem 4 Wochen-Notfall-Plan von Runner’s World vor. Ende Januar 2012 ernteten wir in der Wüstenstadt ein unvergesslich schönes Lauferlebnis! Seither sind wir unschlüssig, was glücklicher macht, angestrengt immer schnelleren Bestzeiten, oder locker unvergesslichen Erlebnissen hinterherzujagen!
Dubai ist gewaltig eindrücklich. Die Stadt passt auf kein Bild, in kein Video und lässt sich kaum zufriedenstellend beschreiben. Sie ist grösser, bunter, verrückter, überdrehter als alles andere, was ich je gesehen habe! Man muss das rastlose Pulsieren der Stadt, die niemals schläft, selber spüren!
Dubai liegt auf der Arabischen Halbinsel am Persischen Golf. Die Stadt ist eines der Emirate der erst 1971 gegründeten Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum ist der Vizepräsident der VAE und das Staatsoberhaupt von Dubai. Unter dem Einfluss der Dynastie der Maktoums wurde aus einem Dorf aus Lehmhäusern und Zelten, in dem sich an der Krümmung eines Meeresarmes Perlentaucher, Fischer und Händler niedergelassen hatten, in atemberaubender Geschwindigkeit eine gigantische Wirtschaftsmetropole.
1966 begann das Öl zu fliessen. 1968 wurde die erste Strasse geteert. Kaum 100‘000 Menschen wohnten damals in Dubai. Heute sind es etwa 2.5 Millionen. Die überwiegende Mehrheit davon machen die Gastarbeiter und Expatriates (Firmenentsandte aus anderen Ländern), kurz „Expats“, aus. Ihnen stehen nur 250‘000 Dubai’in gegenüber. 1975 entstand das erste Hotel am Creek. Mittlerweile bringt der Tourismus mehr ein als das Ölgeschäft. Die Besucher sind fasziniert von Dubais Superlativen und Gegensätzen. Man schätzt den super Service, die unbegrenzten Einkaufsmöglichkeiten und die Sauberkeit und Sicherheit der Boomtown. Dieser Luxus wäre ohne die vielen Arbeitskräfte aus Afrika und Asien undenkbar.
Der Dubai Marathon ist in vielerlei Hinsicht ein Abenteuer. In den Wochen zuvor ist es ungewiss, ob der Schweizer Winter ein umfangreiches Training zulässt. Die Anreise ist weit. Ab Zürich fliegt man gut sechs Stunden. Man überwindet drei Zeitzonen und landet in der Wüste, in der es auch im Winter sommerlich warm ist. In den Tagen vor dem Lauf ist Füssehochlegen schwierig. Man kann sich kaum zurückhalten, mit allen Sinnen in die exotische, sich auf der Überholspur bewegende, vor Menschen aus allen Kulturen wimmelnde Welt einzutauchen und die verschiedensten kulinarischen Köstlichkeiten zu geniessen.
Um 7 Uhr (4 Uhr MEZ) traben wir an den beiden Tagen vor dem Lauf eine Runde zur Eingewöhnung. Darauf machen wir uns auf zum Sightseeing-Marathon. Wir lassen die gewaltigen, funkelnden Skylines von Jumeirah Lake Towers und Marina auf uns wirken, bummeln durch die sieben Welten der Ibn Batutta Mall und fahren mit der führerlosen Metro. Per Monorail geht’s auf die künstlich aufgeschüttete Palmeninsel hinaus. Wir besuchen das märchenhafte Atlantis. Beeindruckt stehen wir vor den grössten Aquarien der Welt. Haie, Rochen und bunte Fischschwärme tummeln sich darin. Im farbenfrohen, nach Weihrauch und Gewürzen duftenden Bur Dubai Textil Souk versuchen wir die Auslagen zu bewundern. Aufdringliche Händler verleiden uns den Marktbesuch aber. Wir ziehen uns zurück auf eine Restaurant-Terrasse am Meeresarm (Creek). Das emsige Treiben und die bunten Lichtspiegelungen auf dem Creek unterhalten uns, während wir iranische Speisen kosten. Unablässig tuckern die zu Restaurants umgebauten arabischen Holzkähne (Dhaus) und die Wassertaxis (Abras) vorbei.
Zu jeder Tageszeit wirkt der Burj Khalifa wie ein Magnet. Von Stunde zu Stunde glitzert seine Fassade anders. Er funkelt in der Sonne, wird nachts von tausenden blinkenden Lichtern verziert und in den verschiedensten Farben angestrahlt. Am Tag vor dem Lauf rauschen wir in rasanter Fahrt mit dem Hochgeschwindigkeitsaufzug zur Besucherplattform in die 124. Etage. Die Aussicht von 452 Meter Höhe ist unbeschreiblich! Die ganze Marathonstrecke zwischen den gewaltigen Hochhaustürmen und der Küste entlang vor sich liegen zu sehen weckt grossen Respekt vor unserem Vorhaben.
Die Startnummernausgabe ist - wie könnte es anders sein – an einem Ort der Superlative zu finden: im eben neu eröffneten JW Mariott Marquis Hotel, das mit 335 Meter Höhe zurzeit das höchste Hotel der Welt ist! Per Taxi reisen wir von Downtown Dubai in wenigen Minuten an. Die Metropole ist grundsätzlich Fussgänger-unfreundlich. Und das gängige Verkehrsmittel ist sehr günstig. Taxis machen einen grossen Teil des Verkehrsaufkommens aus.
Das JW Mariott Marquis Hotel besteht aus zwei blau glänzenden Türmen, welche von (nachts leuchtenden) Kronen geziert werden. Staunend betreten wir die bestimmt 20 Meter hohe Eingangshalle. Sie ist exklusiv mit weissen Lilien geschmückt. Gegen die Vorlage unserer Pässe erhalten wir im blau illuminierten Riesenballsaal mit flauschig weichem Teppich unsere blauen Marathon-Startnummern (10 km Läufer werden grüne und 3 km Fun-Läufer rote Nummern tragen). Im Start-Paket finden wir ein funktionales, schwarz-oranges adidas-T-Shirt samt Programm-Heft und Streckenplan. Ich versinke in meinem Shirt und darf es umtauschen. Eine Marathon-Messe suchen wir vergebens. Letztes Jahr gab‘s an einem einzigen Stand Trinkgürtel, Schirmmützen und Gels zu kaufen. Es ist ratsam, gut ausgerüstet zum Dubai Marathon zu reisen. Trotz gleichzeitig stattfindenden Ausverkaufs-Wochen ist der Einkauf von Sportartikeln in den Riesen-Einkaufstempeln nicht günstiger als zuhause.