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Laufberichte

Wo liegt denn eigentlich Bertlich?

02.12.07

73. Bertlicher Straßenläufe bei Regen und Wind


Bis vor ein paar Jahren wusste ich ehrlich gesagt nicht genau wo Bertlich liegt. Dann erfuhr ich von den Bertlicher Straßenläufen. Dabei stellte ich fest, dass es sich um einen Vorort der Stadt Herten handelt und nur 23 KM von meiner Heimatadresse entfernt ist.


Gleich dreimal jährlich im Februar, September und Dezember werden dort 7 verschiedene Strecken von 5 KM bis zur Marathondistanz angeboten. So findet diese Veranstaltung jetzt bereits zum 73. Mal statt.


Natürlich sind alle Strecken amtlich vermessen und alle Läufe erfolgen nach  den Bestimmungen des DLV. Sieben Verpflegungsstellen und 4 DRK-Stationen sorgen auf einer 13,9 KM langen Runde für eine optimale Versorgung. Bei einem solchen Angebot stellt sich die Frage „Wettkampf oder Winterpause?“ nur kurz.


Die Strecke führt über asphaltierte Wirtschaftswege durch ein Naherholungsgebiet entlang der Grenze zwischen Herten und Marl. Der langgestreckte Rundkurs berührt mit seiner Längsachse die Stadtgebiete von Gelsenkirchen und Recklinghausen. Hier im Ruhrgebiet liegen die Städte eben dicht beieinander.


Die Hinweisschilder von der Autobahnausfahrt Gelsenkirchen-Buer führen direkt zum großen Parkplatz in der Nähe des Sportplatzes an der Heinrich-Obenhaus-Straße. Hier ist das Ziel für alle Läufe. Die Räume der Glück-Auf-Werkstätten des Diakonischen Werkes können vom Veranstalter SuS Bertlich genutzt  werden. Hiermit hat man das perfekte Umfeld für eine solche Veranstaltung. Die große Pausenhalle ist der Dreh- und Angelpunkt und eine Sporthalle bietet die Möglichkeit zum Umkleiden und Duschen.


Eine Besonderheit ist es sicher, dass man sich erst am Veranstaltungstag anmelden kann. Das ist ein Vorteil für den Läufer, kann er doch spontan entscheiden was für ihn heute die ideale Distanz ist. Sicher fließt bei manchem auch noch die jeweilige Wetterlage in seine Entscheidung ein.

 

Die Wettervorhersage für den Veranstaltungstag war sehr schlecht. Von Dauerregen und Orkanbön war die Rede. Dies hat manchen Läufer abgeschreckt und am Ende war mit 555 Anmeldungen nur die Hälfte der sonst üblichen Zahlen erreicht.


Da alle Läufe zeitlich getrennt gestartet werden, erfolgt die Anmeldung entspannt. Aus dem  Internet konnte ich das Anmeldeformular bereits ausdrucken und in Ruhe zu Hause ausfüllen. Nun brauche ich es nur abzugeben und erhalte für eine Startgebühr von 16,-- Euro meine Startnummer. Bisher bin ich hier im Frühjahr 2005 und 2006  beim Halbmarathon gestartet. Aber heute möchte ich das doppelte Vergnügen haben. Alle Helfer arbeiten übrigens ehrenamtlich und der Erlös der Veranstaltung ist für die Jugendabteilung des SuS  Bertlich.


Anschließend schaue ich mich noch in der Pausenhalle um und entdecke einige bekannte Gesichter. Vom VfL Bergheide ist niemand dabei. Meine Vereinsfreunde starten heute lieber beim Nikolauslauf in Oberhausen. Dafür sind einige Marathonsammler gekommen, denn außer Bad Arolsen bietet dieses Wochenende keine Möglichkeit für ihre Leidenschaft.

 


Bald entdecke ich Bernhard Sesterheim mit seiner Begleiterin Birgit Hagelauer. Wir hatten uns schon im Frühjahr in Marburg kennengelernt. Bernhard wird heute seinen 200ten „Marathon und mehr“ absolvieren. Birgit hat sich inzwischen auch bis an die Marathondistanz herangearbeitet, aber heute genügt ihr die halbe Distanz. Schnell kommen wir ins Plaudern und meine Frau kann nur noch staunen was Läufer alles leisten können. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Wir machen noch schnell ein Foto und dann geht es schon zum Start.


Wer ein „spektakuläres Marathonevent“ erwartet ist eindeutig auf der falschen Veranstaltung. Wer jedoch eine angenehme, familiäre Atmosphäre sucht ist hier genau richtig.


Pünktlich um 10:30 Uhr erfolgt der Start für den Marathon und 75 Teilnehmer/innen setzen sich in Bewegung. Kurz nach dem Start geht es an den 125 Halbmarathonläufern vorbei, welche 10 Minuten später auf die Strecke geschickt werden. Traditionell stellen sie hier das größte Kontingent und geben uns jetzt kräftigen Beifall.


Jeder Kilometer ist ausgeschildert. Da der Start  der einzelnen Läufe von unterschiedlichen Punkten erfolgt, sind immerhin 130 Kilometerschilder notwendig. Durch die verschiedenen Farben ist aber eine genaue Orientierung immer möglich. Jeder Läufer weiß wie wichtig eine solche Tempokontrolle ist, vor allem wenn wie hier unterschiedliche Laufstrecken zusammen kommen.


Ich habe beim ersten Kilometer 4:59 gestoppt. Hoppla, das ist doch zu schnell denn schon auf dem ersten Kilometer ist eine kleine Steigung zu bewältigen. Insgesamt ist es eine abwechslungsreiche, leicht wellige Strecke, welche man nach der ersten Runde dann ganz gut einschätzen kann.


Ich habe mich angesichts der Wetterlage für eine lange Laufhose und eine Windweste entschieden. Die ersten Verpflegungsstellen sind jetzt noch nicht so wichtig, aber da die Helfer hier besonders freundlich ihre Getränke Wasser und Iso anbieten, nehme ich immer einen Schluck Iso. Die Getränke sind glücklicherweise angewärmt und somit magenfreundlich. Die Verpflegungsstationen sind alle gut bestückt und später gibt es auch noch Bananen, so dass niemand Probleme bekommen kann. Bereits bei Kilometer 5 werde ich von der Spitze des Halbmarathons überholt.


Nach 13,9 KM komme ich wieder am Ausgangspunkt vorbei. Meine Frau bildet mit einer Freundin einen Fanblock. Nachdem sie sich von meinem Wohlbefinden überzeugt und mich lautstark angefeuert haben, flüchten sie sich bis zur nächsten Runde wieder in die Pausenhalle. Sie laufen zwar beide selbst regelmäßig, aber bei diesem Wetter konnte ich sie noch nicht einmal zum 5 KM Lauf überreden.


Die Veranstaltung ist durch die Rundenläufe und unterschiedlichen Streckenlängen auch für die Zuschauer sehr interessant. Sie können an den Startnummern immer erkennen, welcher Läufer auf welcher Strecke unterwegs ist. Die Zuschauer beschränken sich allerdings fast ausschließlich  auf Angehörige und Betreuer. Man kann sich also wieder ganz auf die Strecke und seine Mitläufer konzentrieren.   


In der zweiten Runde fängt es an zu regnen und der Wind frischt immer mehr auf. Jetzt merkt man, dass weite Teile der Strecke sehr windanfällig sind. Hier gibt es eben mehr Felder und Wiesen als Wälder. Schon bald muss ich meine Brille absetzen, denn bei diesem Wetter sehe ich jetzt ohne Brille mehr als mit Brille. Mit einem Griff kann ich mein Halstuch zu einer Mütze umwandeln. So ein Buff  ist schon eine tolle Sache. Jetzt sind wenigstens auch meine Ohren geschützt. Durch die Wettervorhersage war ich gewarnt und hatte mich schon auf alle Eventualitäten eingerichtet.


Wieder geht es am Stadion vorbei. Nur noch wenige Zuschauer sind zu sehen. Mein Fanblock verlässt nur kurz für ein Foto den Unterstand. „Letzte Runde“ rufe ich ihnen noch zu und winke frohgemut. Dann beginnt die „Einsamkeit des Langstreckenläufers“. Während sonst die  30 KM Läufer wieder die Reihen füllen, haben sich heute nur 15 Unentwegte eingefunden das Feld zu verstärken. Ich habe es längst aufgegeben die Pfützen zu umlaufen. Diese sind immer größer und tiefer geworden. Ich bin sowieso durchnässt und trage es mit Humor. An der Kreuzung über die Bundesstraße frage ich den Polizisten ob er sich etwas Schöneres vorstellen könnte als so einen Lauf. „Da fällt mir sofort eine ganze Menge ein“ meint er lachend.


Kompliment an die  vielen Helfer die unter dem Wetter noch stärker leiden als die Läufer. An den Verpflegungsständen haben sich die meist jungen Helfer tief in ihren Unterstand zurückgezogen. Langsam zähle ich die Kilometer runter und hoffe noch auf eine  Zeit unter vier Stunden. Noch ein wenig kämpfen und durchhalten, dann taucht das Stadion auf. Diesmal darf ich nach links abbiegen und laufe noch die restlichen Meter ins Stadion ein. Die Laufbahn ist eine einzige Wasserfläche. Ich werde in den richtigen Zielkanal eingewiesen und der freundliche und fachkundige Moderator nennt meinen Namen und Verein. Über dem Zielbogen zeigt eine große Uhr die Laufzeit an.


Ich erreiche nach 3:58:23 das Ziel. Das ist Platz 1 in meiner Altersklasse M60. Die Zeit wird noch handgestoppt und die Startnummer notiert. Meine Frau und ihre Freundin sind die einzigen Zuschauer. Ich bin ziemlich durchnässt und daher froh,  dass meine Frau mir eine trockene, warme Jacke bringt. Hier im Ziel gibt es auch nochmals Wasser und Iso handwarm.

 

66 Marathonläufer werden schließlich das Ziel erreichen. Der letzte Läufer wird noch mit 6:17:21 gewertet.


Nur wenige Schritte brauche ich bis zur warmen Dusche und kann anschließend bei Kaffee und Kuchen noch die Siegerehrung abwarten. Birgit ist auch dort und wartet noch auf Bernhard, welcher auch bald darauf eintrifft. Sie hat beim Halbmarathon ihre Altersklasse gewonnen und ist natürlich sehr  zufrieden. Bernhard nimmt gelassen die Glückwünsche zum gelungenen 200ten entgegen.


Die Siegerehrung für den Marathonlauf geht pünktlich und zügig vonstatten. Sieger wurde Markus Flick  vom SF Ennepetal in 3:01:18 und bei den Frauen Mechthild Lappe vom VfB Salzkotten in 3:22:48.

 

Die gesamte Ergebnisliste ist im Internet unter www.sus-bertlich.de einzusehen.

 

Die Altersklassensieger erhalten sogar einen kleinen Pokal. Neu ist es in diesem Jahr, dass die Teilnehmer ihre Urkunde auch aus dem Internet ausdrucken können.


Ich freue mich, dass ich nochmals spät im Jahr einen Marathonlauf direkt vor meiner Haustüre mitmachen konnte. Auch die widrigen Umstände stärken ja letztendlich die Psyche für die neuen Herausforderungen. Diese Gelegenheit möchte ich in den nächsten Jahren noch gerne öfters hier in Bertlich nutzen. 

 

Informationen: Bertlicher Straßenläufe
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