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Laufberichte

Warum denn in die Ferne schweifen …

12.02.12

…. wenn doch Bertlich liegt so nah

 

86. Bertlicher Straßenläufe

Als ich den Bericht von Joe über seinen Wüstenmarathon las, bekam ich auch kurz  Fernweh. Dann aber sah ich seine Fotos und mich überfiel doch mehrmals ein leises Gruseln. Stundenlange Fahrten im überfüllten Sammeltaxi, bummeln durch Basare mit abgeschnittenen Tierköpfen und laufen auf unmarkierten Wegen über Sanddünen? Nein danke, das brauche ich nicht.

Vielleicht bin ich schon zu alt für die großen Abenteuer. Ich halte mich lieber an  unseren Dichterfürsten und wandle seinen Satz nur ein wenig ab.  „Warum denn in die Ferne schweifen, wenn doch Bertlich liegt so nah?“

Bis hierher brauche ich mit meinen beiden Fans keine halbe Stunde in meinem Auto, und ich benötige noch nicht einmal ein Navigationsgerät. Die Pferde und Schafe tummeln sich hier noch bei bester Gesundheit auf den Weiden. Die Laufstrecken sind genau markiert und Verpflegungsstellen gibt es alle zwei Kilometer.

In Punkto Gastfreundlichkeit steht man in Bertlich dem Orient auch kein bisschen nach. In der Pausenhalle der Glück-Auf-Werkstätten des Diakonischen Werkes erwartet uns schon ein reichhaltiges Frühstücks- und Kuchenbuffet und unser Magen wird danach auch  keine Probleme machen. Bei der Startkartenausgabe geht es freundlich und schnell, obwohl man sich hier nicht voranmelden kann.

Günstige 16 Euro beträgt die Startgebühr auch in 2012 für den Marathon. Insgesamt werden sieben verschiedene Strecken angeboten und oft sind um die 1000 Läufer am Start. Heute wird aber mancher Läufer angesichts der Minusgrade auf einen Start verzichten. Trotzdem sind wieder 731 Starter dabei.

Das routinierte Team des SuS Bertlich hat alles prima im Griff. Die heutige Veranstaltung wird in Gedenken an den verstorbenen Initiator der Bertlicher Straßenläufe als "Karl-Heinz Rode Ehrenlauf" abgehalten.

Natürlich läuft nicht jeder hier die Marathonstrecke, aber auch die anderen Angebote kann man gut zur Vorbereitung auf die Königsstrecke nutzen.  Neben den 42,195 km werden noch ein 850 m Schülerlauf sowie die 5, 10, 15, 21,1 und 30 Kilometerstrecken angeboten. Also für jeden ist etwas dabei und die 15 Kilometer können sogar auch gewalkt werden.

In der Pausenhalle sehe ich schon viele bekannte Gesichter und meine Vereinsfreunde Reinhard und Lara sind auch schon da. Reinhard will heute die Gelegenheit zum Halbmarathon nutzen. Lara hat auch bereits die Sammelwut gepackt und will heute ihren 21 Marathon schaffen. Die übrigen Vereinsfreunde gaben sich gestern mit 10,1 km bei der OTV Meile in Oberhausen zufrieden.  Norbert ist mit seinen Söhnen hier und wir schwelgen in Erinnerungen an alte Zeiten. Auch Jörg ist da und will heute eine Freundin auf der Halbmarathonstrecke begleiten.

Viel zu schnell vergeht wieder die Zeit beim gemütlichen Plausch und wir müssen uns schon zum Start bereit machen. Dieser erfolgt direkt vor dem Stadion und ich entdecke schon Sigrid, Hajo und Dietrich im Starterfeld.

96 Läufer wagen sich heute wieder auf die Marathonstrecke. Wir werden noch nach vorne an die Startlinie gebeten und pünktlich um 10:30 Uhr erfolgt der Startschuss. Ohne Hektik setzt sich das Feld in Bewegung und die Strecke führt uns gleich am Startpunkt der Halbmarathonläufer vorbei, welche 10 Minuten nach uns starten. Jetzt spenden sie uns erst einmal kräftigen Beifall.

Das Wetter ist heute bei minus 6 Grad winterlich und viele Läufer haben das Halstuch über den Mund gezogen. Schön, dass es Funktionskleidung gibt, die uns die Temperaturen doch gut bewältigen lässt.

Nach einem Kilometer geht es mit einem Wirtschaftweg leicht ansteigend in das umliegende Naherholungsgebiet. Hier findet man keine Sanddünen und die gesamte Strecke ist selbstverständlich asphaltiert und ordnungsgemäß vermessen. Schon bald kommt die erste Verpflegungsstelle und das Wasser ist sogar magenfreundlich angewärmt. Weiter geht es für uns über eine Bahnbrücke und anschließend müssen wir eine Landstraße überqueren. Auch hier wird es nicht abenteuerlich, denn Polizisten sorgen für eine gefahrlose Überquerung.

Lara hat sich für heute etwas vorgenommen und zieht  langsam aber stetig davon. Sie wird heute ihre Bestzeit gleich um 9 Minuten verbessern und sich ihren ersten Altersklassensieg holen.  Schon bald haben die schnellsten Halbmarathonläufer zu uns aufgeschlossen und überholen uns nun ständig. Die erste  Runde laufen wir mit ihnen gemeinsam. 13,9 km beträgt hier die Runde, wir Marathonläufer müssen sie somit dreimal durchlaufen.

Wieder überqueren wir eine Landstraße und danach geht es in ein  kleines Wäldchen. Bei Kilometer 6 schließt Peer zu mir auf und ich kann ihm noch zum dritten Platz in der Altersklasse in Kevelaer gratulieren. Der sympathische Vielstarter hat sich jetzt öfters auf die Ultrastrecke gewagt und schon 100 Meilen bewältigt. In der letzten Woche war er verschnupft und will heute entsprechend vorsichtig laufen. Da können wir lange Zeit zusammen laufen und uns mal ausführlich unterhalten.

Am Hof Feuler steht die nächste Verpflegungsstation. Sieben Verpflegungsstellen finden wir auf der Runde und es gibt immer Wasser  und Iso. Später werden noch Bananenstücke dazu kommen. Jetzt laufen wir nach Ried und nachdem wir die Hertener Straße überquert haben, geht es auf einem Radweg weiter. Wieder gibt es eine Verpflegungsstelle und unter Polizeischutz überqueren wir die Marler Straße. Danach laufen wir über den Bauernweg zurück zum Ausgangspunkt.

Damit haben wir die erste Runde geschafft und meine Fans haben extra ihre Kaffeepause unterbrochen, um uns  zu fotografieren und anzufeuern. Direkt vor uns wird der Zehnkilometerlauf gestartet, aber man hält uns eine Gasse frei und wir können in die zweite Runde laufen. Die Zehner geben mächtig Gas.  Da darf man sich nicht mitreißen lassen, denn sie haben ja noch ganz frische Kräfte. Mit dem falschen Tempo würde auch der Marathonlauf in Bertlich zu einem Abenteuer mit ungewissen Ausgang.

Jetzt in der zweiten Runde hat sich das Läuferfeld weit auseinander gezogen. Noch sind die Halbmarathonläufer dabei, aber sie können schon bald Richtung Ziel abbiegen. Ich laufe immer noch mit Peer zusammen und seine interessanten Erzählungen lassen die Kilometer zügig dahin schmelzen. Nun haben auch die 30 Kilometerläufer das Feld verstärkt. Für die meisten von ihnen ist das ein Testlauf für einen geplanten Marathon im Frühjahr.

Die Halbmarathonmarke passiere ich bei 2:05 und bin damit ganz zufrieden. Selten nur schaffe ich es, beide Hälften gleichmäßig zu laufen. Entgegen aller  Laufweisheiten laufe ich zu Beginn immer etwas zu schnell. Seit Anfang des  Jahres bin ich nun in meiner neuen Altersklasse 65, da kann man sich nur noch schwer ändern. Auch nach über zwanzig Jahren Marathonlauf ist  jeder Wettkampf für mich immer wieder ein kleines Abenteuer. Bei aller Routine besteht für mich auch bei der mittlerweile 90. Auflage doch noch ein Restrisiko, und jeder Zieleinlauf gibt mir immer noch ein wunderschönes Glückgefühl.

Ich konzentriere mich also wieder auf die Strecke und horche in meinen Körper hinein. An den Verpflegungsstellen sollte man auch bei diesen Temperaturen ausreichend trinken,  bevor ein Durstgefühl auftritt. Da man sich hier praktisch alle  zwei Kilometer versorgen kann, ist dies auch kein Problem.  Nun nehme ich auch gerne ein Bananenstück mit auf den Weg.  

Wieder geht es auf den Radweg und der kleine Wald am Telgenbusch bietet etwas Windschutz.  Bald ist dann auch die zweite Runde geschafft und am Stadion ist es nun ruhig geworden. Auf einem erhöhten Podest hat sich der Streckensprecher eingerichtet, von dem aus er die Läufer gut erkennen und begrüßen kann. Nur hier sind auch Zuschauer anzutreffen. Sie setzten sich weitgehend aus den Begleitern der Aktiven zusammen. Peer und ich laufen immer noch zusammen und der Gesprächsstoff geht uns nicht aus. Reinhard ist schon im Ziel und ruft mir zu, dass Lara bereits 9 Minuten Vorsprung hat. 

Inge, Christiane und Laras Tochter Christina stehen wieder hier an der Strecke und bieten uns noch Cola  an. Nach den obligatorischen Fotos machen wir uns dann an die Bewältigung der letzten Runde.

Die Strecke kenne ich ja genau, das ist aber für mich nicht langweilig sondern praktisch. Ich weiß damit was mich erwartet und kann mich entsprechend einstellen. Das vereinfacht die Bewältigung der Strecke. Jetzt gleich hinter der Kurve taucht wieder eine Verpflegungsstelle auf und danach kommt nur eine kleine Steigung. Entsprechend kann ich meine Kräfte einteilen. Von den Polizisten verabschieden wir uns für heute. Bei dieser Jahreszeit hier fünfeinhalb Stunden sich dem Wetter und den Abgasen auszusetzen, ist ja kein leichter Job. Dafür kann man sich auch mal bedanken.

Peer habe ich inzwischen bei einem seiner Fotostopps verloren. Nun kämpfe ich mich alleine weiter und merke, dass  man durch die Kälte doch noch ein paar Körner mehr verbraucht hat.  An den Verpflegungsstellen bleiben einige Läufer nun länger stehen. Das ist ja auch eine Streitfrage, ob man die Verpflegung im Vorbeilaufen einnehmen soll oder besser hierfür eine kurze Pause macht. Ich nehme meistens im Vorbeilaufen etwas zu trinken mit. Ich möchte nicht aus dem Laufrhythmus kommen und habe damit gute Erfahrungen gemacht. Allerdings wurde heute wohl mehr getrunken, denn das Angebot ist  jetzt knapp. An einem Stand steht sogar nur noch ein einsamer Becher.

Nochmals muss ich die Marler Straße überqueren und am Bauernhof vorbei geht es zum großen Parkplatz. Kilometer  41 ist erreicht und es kommen mir schon einige Läufer auf dem Weg zu ihrem Auto entgegen. Sie geben mir noch anerkennende Worte mit auf den Weg. Dann sehe ich schon das Stadion und die Sprecherin gratuliert mir zum Finish.

Am Stadioneingang stehen Inge und Christiane und freuen sich, dass das Warten ein Ende hat. Helmut, Marita und Christina verstärken noch die Fangruppe. Mit Schwung geht es auf die Aschenbahn, wo ich noch fast eine Runde zu laufen habe. Ich sehe den großen Zielbogen mit der laufenden Stoppuhr.  Nach 4:17:20 bin ich im Ziel und belege damit heute Platz 1 in meiner Altersklasse. Inge bringt mir meine Jacke und eine Cola und beglückwünscht mich mal wieder zum erfolgreichen Lauf. Peer hat inzwischen auch das Stadion erreicht und wir feiern ihn noch im Ziel. Schnell begebe ich mich in die nahegelegene Sporthalle, wo mich eine saubere und warme Dusche erwartet.

So erfrischt treffe ich meine Fans in der Pausenhalle wieder, und wir können bei Kaffee und Kuchen auf die Siegerehrung warten. Wir kennen hier schon eine ganze Reihe der Helfer und freuen uns, dass alle gut ins neue Jahr gekommen sind.

Schon bald beginnt die Siegerehrung. Schnellster war heute Frans Pasmann von der Loopgroep PK in 2:47:29 und bei den Frauen siegte Dorothea Frey vom EK Schwaikheim in 3:09:58.

Alle Altersklassensieger erhalten einen kleinen Läuferpokal und auch die übrigen Teilnehmer können ihre Urkunden gleich mitnehmen. Besonders freuen wir uns noch als wir erfahren, dass auch Reinhard beim Halbmarathon seine Altersklasse gewonnen hat. Bei drei Teilnehmern hat der VfL Bergheide drei Altersklassensiege erreicht. Besser geht es doch nicht.

 Ergebnisliste und Urkunden können auch später direkt aus dem Internet ausgedruckt werden. Zufrieden fahren wir wieder nach Hause und haben uns den nächsten Termin am 30.09. schon vorgemerkt.

Fazit: Nichts für Abenteuerlustige, aber hier bekommt man eine prima Gelegenheit , mal wieder einen Marathon bei einem guten Preis/ Leistungsverhältnis zu laufen. Hier bleibt nichts dem Zufall überlassen, und SuS Bertlich überzeugt mit Professionalität und Herzlichkeit. Im Übrigen, siehe Überschrift!    

 

Informationen: Bertlicher Straßenläufe
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