Der 07.07.07 war für viele in Deutschland ein besonderes Datum. Unzählige Heiratswillige gaben sich an diesem Tag das Ja-Wort und ließen sich trauen. In Oberstaufen versammelte sich derweil eine kleine Schar von Läufern und traute sich an die nunmehr 5. Auflage des Alpin-Marathons.
Trauen muss man sich auch bei diesem Lauf, ist er doch als Extremlauf einzustufen. Insgesamt sind 1800 Höhenmeter auf und ab zu bewältigen. Höhepunkt des Laufs ist der Panoramatrail über den Hochgrat. Wer dort nach rechts abstürzt landet in Österreich. Bei Sturz nach links fällt man Richtung Deutschland. An einer Stelle ist eine Spalte mittels Eisenleiter zu überwinden. Zum Teil müssen auch die Hände zur Hilfe genommen werden und es geht über Fels und Stein. Dabei ist sogar die Bergwacht an einer Stelle aktiv und hilft mit einem Seil über eine Felspassage.
Die Strecke ist anstrengend und fordert den Läufern alles ab, ist aber nicht gefährlich. Man muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass der Lauf durch alpines Gelände führt und sollte einigermaßen trittsicher sein.
Auch ich will wieder bei einem meiner Lieblingsrennen dabei sein und fahre bereits am Freitag nach Oberstaufen. Ab 18 Uhr gibt es in der Kurverwaltung in der Ortsmitte die Startunterlagen. Wer erst am Samstag anreist kann sich die Startunterlagen auch noch im Start/Zielraum von 6.00 bis 8.00 Uhr abholen.
Start und Ziel befindet sich auf der Sportanlage im Ortsteil Kalzhofen. Die Strecke bietet Allgäu vom Feinsten. Sie ist sehr abwechslungsreich. Ständig wechseln sich Anstiege und Abstiege ab.
Nach dem Start des Alpin-Marathons kann man sich auf fast 2 km durch den Ort auf flachem Terrain einlaufen bis zur ersten Steigung hinauf in den Kapfwald. Es folgt ein erster Abstieg über Willis, Malas und Weissach hinab ins Weissachtal. Hier ist mit 660m der tiefste Punkt der Strecke erreicht. Nun geht es hinauf nach Steibis. An der Talstation der Imbergbahn beginnt der lange und steile Anstieg zum Imberghaus (1218m).
Am Imberghaus trennen sich die Wege der 2/3-Marathonis und der Alpin-Marathonis. Die Alpinis laufen hinab ins Lanzenbachtal und nehmen den Anstieg zur Falkenhütte (1439 m Höhe) und Hochgrat in Angriff. Die ca. 4 Km über den Hochgrat sind für viele Läufer das Highlight der Strecke. Es geht über Stock und Stein. Höchster Punkt der Strecke ist die Bergstation der Hochgratbahn. Hier ist etwa die Hälfte der Strecke bewältigt und man kann auf etwas mehr als 1700m Höhe bei schönem Wetter das grandiose Panorama der Allgäuer Alpen bewundern und sich an der Verpflegungsstelle für den folgenden 6km langen steilen und schwer zu laufenden Abstieg stärken.
Entlang der Weissach geht es von der Talstation der Hochgratbahn zurück nach Steibis. Dabei ist bei Km 30 eine unangenehme Steigung zu bewältigen, die den meisten Läufern gar nicht in den Rhythmus passt. Von Weissach aus führt die Strecke über Bad Rain zurück nach Oberstaufen. Vorbei am Aquariabad geht es nochmals durch den Kurpark zurück zum Sportplatz in Kalzhofen. Dort wird jeder Läufer im Ziel namentlich vom Sprecher begrüßt.
Der Alpin-Marathon in Oberstaufen ist kein Lauf für Anfänger. Der Lauf stellt hohe Anforderungen an die Teilnehmer. Dies nicht nur in konditioneller Hinsicht. Auch die Renntaktik muss auf die Besonderheiten des Laufs ausgerichtet werden. Wer hier zu schnell angeht wird dafür hart bestraft. Besonders die Passage über den Hochgrat erfordert Reserven. Kondition, Koordination und mentale Stärke sind hier gefragt. Denn auch im Kopf müssen die vielen Wechsel von An- und Abstiegen verarbeitet werden.
Wie die An- und Abstiege wechseln auch die Laufuntergründe ständig von Asphalt, Waldwegen, Wiesen, geschotterten Wirtschaftswegen, gewürzt mit einer Prise Fels und Stein.
In den spezifischen Anforderungen des Laufes liegt aber auch ein besonderer Reiz des Laufes für mich. Dies gilt jedoch wohl nur für einen begrenzten Personenkreis. Die Läuferzahlen waren auch bei der 5. Austragung begrenzt. Das betrifft jedoch nur den Marathon. 2/3 Marathon und besonders Nordic Walking erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Vielleicht dauert es noch eine Weile, bis sich eine größere Zahl von Läufern für Alpin-Marathon begeistern kann. Der Lauf hat jedoch eine kleine Stammkundschaft. Diese ist vollauf begeistert. Jahr für Zahl treffe ich so stets alte Bekannte und Freunde beim Alpin-Marathon in Oberstaufen wieder. So sind Hans-Jürgen und Renate aus Tübingen auch wieder da.
Insgesamt nehmen rund 700 Teilnehmer an allen Wettbewerben teil. Das gut eingespielte Organisationsteam des TSV Oberstaufen unter der Leitung von Friedhelm Donde hätte eine stärkere Resonanz verdient. Die Organisation hat wieder einmal Bestnoten verdient.
An dieser Stelle möchte ich ein Ereignis aus 2006 wiedergeben. Renate hatte ihre komplette Ausrüstung in der Dusche am Sportzentrum vergessen und bemerkte den Verlust erst zu Hause. Sie rief in Oberstaufen an und bat um Nachsendung. Statt der erwarteten miefigen Kleidung erhielt sie alles frisch gewaschen und sauber zusammengelegt zurück. Service pur!
Die Versorgung unterwegs ist gut. Dies gilt auch für die infolge des Ausweichens auf die Alternativstrecken rasch dort eingerichteten Verpflegungsstellen. Auch im Zielbereich gibt es ausreichend Verpflegung. Duschmöglichkeiten gibt es in der unmittelbar angrenzenden Schule. Auch Parkmöglichkeiten stehen in ausreichender Zahl bereit. Die Infrastruktur zur Versorgung der Läufer im Start- und Zielbereich am Sportzentrum Kalzhofen lässt keine Wünsche offen.
Im Rahmen der Gesamtveranstaltung wird seit 2005 neben dem Alpin-Marathon auch ein 2/3-Marathon über 29 Km mit 950 Höhenmetern angeboten. Kinderläufe und ein Nordic Walking-Wettbewerb über 11,2 Km mit 240 Höhenmetern runden das Programm ab.
Für bemerkenswert halte ich das günstige Startgeld. Für 26 Euro erhalten Frühbucher ein Paket mit Gutscheinen für die Bergbahnen auf den Hochgrat, Imberg und Hündle sowie die Sommerrodelbahn und das Aquariabad!
Am Freitag verziehen sich die Regenwolken und es herrscht Optimismus wegen des am Renntag zu erwartenden Wetters. Es gibt keinen Gedanken an ein Ausweichen auf die Alternativstrecke, so wie ich es bereits 2005 einmal erlebt hatte. Am Samstag wache ich gegen 5.30 Uhr auf und der Himmel ist Wolken verhangen. Dazu fängt es gegen 6 Uhr an zu regnen. Die Wolken hängen tief und der Hochgrat ist völlig in den Wolken verschwunden. Ich mache mich daher um 7.30 Uhr mit gemischten Gefühlen auf zum Sportzentrum Kalzhofen.
Kurz vor dem Start macht Organisationsleiter Friedhelm Donde denn auch die erwartete Ansage. Die Rennleitung wolle bis zum Erreichen des Imberghauses durch den ersten Läufer über die Situation entscheiden. Man wolle die Chance auf eine mögliche rasche Wetterbesserung abwarten. Gleichwohl schätze er die Chancen auf die Querung des Hochgrates auf 10:90. Er sollte Recht behalten!
Beim Start um 8.30 Uhr hat der Regen zwar aufgehört, die Wolken hängen jedoch unverändert tief, der Hochgrat ist weiterhin nicht zu sehen. Zudem gibt es immer wieder Regen. Es ist recht kühl und auch windig. Die Rennleitung zieht denn auch die erwartete Konsequenz und beschießt, den Lauf über die Alternativstrecke zu führen. Die Entscheidung der Rennleitung ist absolut richtig, Kritik nicht zu hören. Was ist bei solch einem Wetter auch der Panoramatrail - ohne Panorama?
Jeder Läufer wird an der Verpflegungsstelle Imberghaus über den Streckenwechsel informiert. Die Alternativstrecke führt unterhalb des Falken und mit Blick auf den in Wolken befindlichen Hädrich zur Falkenhütte. Dort angekommen, liegt der Hochgrat noch immer in den Wolken. Zu sehen war jedoch in der Ferne ein Zipfel vom Bodensee.
Von der Falkenhütte laufen wir nun den Weg hinunter, den wir eigentlich hätten hinauf laufen sollen. Dabei stelle ich überrascht fest, dass die so genannte „Mörderwiese“ durch einen neuen Stufenweg „entschärft“ worden ist. Am Ende des Stufenweges biegen wir nach rechts ab und queren ohne größere Höhendifferenzen zur Oberen Stiegalpe (1117m). Dort warten wieder gute Geister an einer Verpflegungsstelle auf uns.
Der Weg zur Oberen Stiegalpe ist völlig aufgeweicht und verschlammt. Ab hier macht das Laufen dann wieder richtig Spaß. Zuvor ist mir das miese Wetter und der Wechsel auf die Ausweichstrecke arg auf die Stimmung geschlagen. Der schlammige Weg setzt bei mir neue Kräfte frei. Ich kann nun auch mehr und mehr Läufer überholen, die mir auf den ersten Kilometern davongeeilt sind. Wegen den besonderen Anforderungen des Laufes und auch aufgrund meiner Kenntnisse der Strecke bin ich das Rennen wieder ruhig angegangen. Die Zeit dieses Laufes wird auf den letzten Kilometern entschieden, nicht am Anfang.
Bereits vom ersten Anstieg im Kapfwald an bin ich konsequent die steileren Passagen gegangen. Auch bergab versuche ich zunächst mein Tempo zu drosseln. Gibt man hier zu viel Gas, kann man schnell viele Körner verlieren. Diese Taktik sollte sich als richtig erweisen. Ich habe keinen Einbruch und sammele viele Läufer auf den letzten Kilometern wieder ein.
Gleichwohl bin ich auf den letzten Metern ziemlich fertig. Das Wetter wird nach Erreichen der Originalstrecke oberhalb der Unteren Lauchalpe besser. Die Wolken und der Regen verschwinden und die Sonne kommt heraus. Ich kann meine Regenjacke wieder ausziehen, die ich am Golfplatz in Steibis wegen Kühle und Regen übergezogen hatte. Es wird nun richtig warm und aufgrund der vielen vorhandenen Feuchtigkeit schwül. Zudem stellen sich bei mir leichte Magenprobleme ein.
Am Ende komme ich in 4.11 h ins Ziel. Dies bedeutet neue persönliche Bestzeit für Oberstaufen. Meine Magenprobleme verschwinden nach dem Duschen und ich kann das gemütliche Beisammensein im Zielbereich in der Sonne genießen.
Mein Fazit für den Alpin-Marathon in Oberstaufen ist auch 2007 wieder absolut positiv. Auch wenn die Alternativstrecke gelaufen werden muss: der Lauf ist ein pures Lauferlebnis! Wo sonst kann man eine derart abwechslungsreiche Marathonstrecke erleben, dazu die hervorragende Organisation, günstiges Preis-Leistungsverhältnis und gute Stimmung.
Kurzum: ich freue mich schon jetzt auf den nächsten Alpin-Marathon in Oberstaufen 2008.
Sieger des Alpin-Marathons wurde Tobias Brack (2.40h) vor dem dreifachen Oberstaufen-Sieger Michael Barz (2.45h), der vor zwei Wochen den Graubünden-Marathon gewonnen hat. Dritter wurde Christian Storck (2.53h).
Bei den Frauen siegte Elke Hiebl (3.15h) vor Anneliese Weber (3.30h) und Monika Müller (3.37h).
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