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Laufberichte

Harte Brocken an der Steinmühle

07.03.09
Autor: Joe Kelbel

Bilder werden noch bearbeitet

Im Marburger Universitätsmuseeum hängt ein Bild von 1882 , das einen  weissgekleideten Müller vor der Mühle zeigt. Es mag sein, daß in der Steinmühle zuletzt Korn gemahlen wurde. Historisch bewiesen ist aber, daß ab 1235 die Steine, die zum Bau der Elisabethenkirche von Marburg benötigt wurden, hier geschnitten und geschliffen wurden.

Die Steine stammen von dem nahem Steinbruch bei Wehrda, etwa 7 Km von der Steinmühle entfernt, und sind auch im Reichstagsgebäude verbaut. Noch heute sind die Schleifspuren, die durch den jahrhundertelangen Transport vom Steinbruch entstanden, am Ufer der Lahn erkennbar.

Auch wenn sich die Läufer in Bestform wägen, so wird am Sonntag den 07. März so mancher Läufer auf einem 10km-Rundkurs rundgemacht:  Ultraläufer durch 5 maliges Ablaufen der 10 km Runde und Marathonläufer durch 4maliges + 2,195 km Ablaufen. Halbmarathonis werden bestenfalls ein Bißchen angeschliffen.

Das harte Urgestein des Marathonsports trifft sich schon Stunden vor dem Start auf dem Gelände der Steinmühle um von vergangenen und zukünftigen Schleifereignissen zu berichten:

Carmen Hildebrand, aus dem Nationalkader,
Matthew Lynas, der Dritte des Rodgau 50ers im Januar,
Frank Hardenack (u.a. Sieger Siebengebirgsmarathon 2008 und 5.in Rodgau)

Die Mitglieder des 100 MC: Renate Werz, Werner Burmeister , Werner Briz, Rene Wallesch,mit seinem 702ten Marathon,  Jörg Gerlach, Dr. Hans-Albert Henne, Dietmar Mintgen, Klaus Neumann, Thomas Radzuweit, Gabriel Schlüter, Sabine Schneider,Jürgen Schulz, Wolfgang Schwabe,Heinrich Schütte,Ralf Simon und Horst Preisler mit weit über 1600 Marathons.

Silke und Jörg Stuzke, die Organisatoren des Baltic-Run Berlin-Usedom
Rene Strosny, der Gewinner 2008 der Frankreichdurchquerung vom Ärmelkanal zum Mittelmeer und Hirendra Kurani, der erste Inder, der über 100 Marathons gelaufen ist.

Das Cappeler Wappen zeigt ein goldenes Mühlrad auf blauem Grund.  Das untermauert die Bedeutung dieser Schleifstätte  für die früheren Herren des Marburger Schloßes, die Landgrafen von Hessen, sämtlich direkte Nachkommen der Heiligen Elisabeth von Thüringen (1207-1231)

Für die etwa 300 Läufer ist die Steinmühle zum 17ten mal von großer Bedeutung. Alle Strecken sind nach IAAF Regeln vermessen und bestenlistenfähig und der 50 km Kurs, an dem etwa 100 Läufer teilnehmen, zählt zu den Wertungsläufen des DUV-Cups. Der Lauf findet auf guten, vollständig asphaltierten Radwegen statt. Zur Milderung des Schleifvorganges wird an drei Verpflegungsständen auf dem Rundkurs Wasser, Tee, Iso, Cola, Kekse und Powergel geboten.

Seit den 50er Jahren ist die Steinmühle ein Gymnasium und Landschulheim. Ein idealer Ort, um einen Marathon auszurichten. Nachhmeldungen, Nummernausgabe, Duschen, Turnhalle, Parkplatz, Frühstück, Start und Ziel: alles sich alles rund um den Schulhof. Die Organisation ist wie all die Jahre einwandfrei und streßfrei.Man wärmt sich in dem großen Raum auf, und wer auf dem Parkplatz übernachtet hatte, der kann hier entspannt frühstücken und fröhlich mit interessanten Gesprächspartnern auf den Start warten.

10 Uhr Startschuß.

Gleich hinter der Mühle gehts nach Norden ins Feld, Richtung Schloß. Familiäre Stimmung,  Angehörige säumen die Laufstrecke, Kinder reichen gefüllte Becher.

Was von uns Läufern niemand ahnt:

Hier von den Lahnwiesen brach Ludwig IV, der Ehemann von der Heiligen Elisabeth, mit seinen Gefolgsleuten zum Kreuzzug nach Jerusalem auf. Er kam nie wieder. Vor diesem Hintergrund verblasst doch unser gerade beginnende 50 km-Lauf!

Passend dazu, daß hier und  heute einige Transeuropaläufer antreten (unter anderem Renè Strosny und Werner Selch) die am 19. April den Trans-Europalauf von Bari zum Nordkap über 4500 Kilometer in 64 Tagen antreten werden. Da verblassen  unsere heutigen 50 km.

Über die Schützenpfuhlbrücke überqueren wir die Lahn. Hier durch ehemaligen Wiesen, wo jetzt Gewerbehallen stehen,Schienen und Straßen miteinander um die Sonne ringen, hier sollen im Jahre 1236 anläßlich  der "Erhebung der Gebeine"von Elisabeth, also der Grablegung in den Reliquienschrein, 1,2 Mio Menschen, die zu Fuß  aus dem ganzen deutschsprachigen Raum kamen, durchgewatet sein. Was sind dann schon unsere 50 km „auf asphaltierten Wegen?

Nun führt der Weg am Ufer der Lahn entlang, hier marschierte schon Napoleon , bevor er 1807 die Befestigungen der Marburg sprengen ließ. Er war auf dem Weg aus Tilsit (Tilsiter Frieden), etwa 1200 km von hier, setzte seinen Bruder in Kassel als König ein und zog weiter Richtung Rhein. Was bedeutet dagegen schon unsere 50 km?

Übrigens: Wenn Napoleon nicht hier gewesen wäre, würden wir jetzt etwa 75 Ellen  und nicht 50 Kilometer laufen, denn er führte das metrische System ein.

Es geht weiter in das aus schönen Fachwerkshäusern bestehende  Örtchen Gisselberg.
Hier kreuzt der Elisabethpfad, ein Pilgerpfad, der von Eisenach, wo die heilige Elisabeth lange Zeit auf der Wartburg wohnte, nach Frankfurt führt. Der Pfad ist auch  ein Teilstück des  europäischen Weges  der Jakobspilger  nach Santiago de Compostella . Da sind doch unsere 50 km nur ein Strichlein auf der großen Landkarte.

Der graue Beton der Bundsstraße 3 durchschneidet die Wiesen und die alten Wege, er deckelt das Flüßchen und quält das Läuferauge. Für uns bleibt nach ein bißchen Steigung nur ein schmaler Streifen zwischen Fahrbahn und Lärmschutzwand bevor die Laufstrecke wieder in das Gelände der Steinmühle führt.

Nachdem die Halbmarathonläufer im Ziel sind, zeigen sich die ersten Sonnenstrahlen. Es wird merklich wärmer und so manchem Langstreckler wird es so heiß, wie seinerzeit den Steinen in der Steinmühle. Wie gut, daß auf dem Gelände der Steinmühle ein gut bestückter Verpflegungsstand aufgebaut ist. Hier gelingen mir die schönsten Fotos von den heißgelaufenen Läufern.

Halbmarathonis und Staffelläufer studieren jetzt neugierig das Kleingedruckte der ausliegenden Powergels, als handele es sich um Astronautennahrung Außerirdischer, und behindern dabei unwissend die Langstreckler. Erst nachdem die  Siegerehrung ihrer Wertungsklasse beginnt haben die ganz harten Brocken freie Bahn. Und über Allem wummert aus großen Boxen die Musik, wie auf meinen besten Feten,  mit angenehmer Moderation .

Für Marathon und Ultraläufer geht es wieder raus aus dem Gelände der Mühle, in eine neue Runde....

Runde um Runde mit geballter Geschichte. Runde um Runde läuft man durch das schöne, sonnige Lahntal, gekrönt von dem mächtige Schloß Marburg. Durch ein liebliches, aber stark vernarbtes Flußtal, mit  vielen weltbewegenden Erinnerungen an wilde Zeiten und willensstarke Menschen, die  schon lange vor uns wußten, was es bedeutet  75 Ellen bzw 50 Km zu laufen.

Bereits während ihrer Lebensjahre als Landesfürstin begnügte Elisabeth von Thüringen sich nicht mehr mit dem Geben von Almosen, sondern begann im Dienst um Kranken und Bedürftige schwere und von ihren Zeitgenossen als entwürdigend angesehene Tätigkeiten zu verrichten, wie der Pflege von Leprakranken.

 

 

Informationen: Lahntallauf
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