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Gernot Weigl: Wegweisend für die Veranstalter

13.02.06
Quelle: Wilfried Raatz

Vom ungeliebten Provokateur zum DM-Veranstalter und Partner des Deutschen Leichtathletik-Verbandes – Konkurrenz für die traditionellen Veranstalter?


Aus dem medien.marathon.münchen wird der MÜNCHEN-MARATHON, aus dem einstigen „Provokateur“ und Prozessgegner Gernot Weigl wird der Veranstaltungspartner für den Deutschen Leichtathletik-Verband, aus dem Marathon für „local heroes“ wird mit der Vergabe der Deutschen Meisterschaften für die Dauer von drei Jahren die Premium-Veranstaltung für den DLV und seinen Ausrüstungspartner Nike. Zugleich ist Weigls Agentur auch Veranstalter des Freiburg-Marathon, der mit erstaunlichen Zuwächsen die Marathonszene im Südwesten aufgeschreckt hat, mit dem Badischen Leichtathletik-Verband aber auch im Clinch wegen der Anmeldeformalitäten und der Verbandsabgabe lag. Wir sprachen mit Gernot Weigl, dem Geschäftsführer von „runabout sportmarketing GmbH“ und Race-Direktor des MÜNCHEN-MARATHON und des Freiburg-Marathon.

 

Herzlichen Glückwunsch zur Übertragung der deutschen Marathon-Meisterschaften für die kommenden drei Jahre. Ist es der Ritterschlag schlechthin für Gernot Weigl und runabout nach all dem Gezänk der Vergangenheit. Ist es aber auch gleichzeitig ein Beleg für die Hilflosigkeit und desolate Situation des Deutschen Leichtathletik-Verbandes?

 

Weigl: Es ist schon eine dubiose Situation. Zunächst ist man vor Gericht zugange, dann verhandelt man mit dem DLV über eine mittelfristig angelegte Partnerschaft. Mit der Integrierung in einen großen Citymarathon wird die Deutsche Meisterschaft natürlich aufgewertet. Da München bislang keinen Ausrüstersponsor hatte, ist dies für Nike als Hauptsponsor des DLV eine gute Möglichkeit, sich beim München-Marathon zu präsentieren. Die Umbenennung ist zugleich ein Umbruch, denn der medien-marathon ist nie zu einem Marathon für Medienschaffende geworden, schon gar nicht mehr nach dem Umzug vom ersten Standort Unterföhring ins Olympiastadion. Die Umbenennung ist aber auch als eine klare Positionierung der Stadt München zum Marathon zu verstehen.

 

Welche Chancen sehen Sie damit für den MÜNCHEN-MARATHON?

 

Weigl: Der Stellenwert ist für uns ein ungleich besserer geworden, denn mit den Deutschen Meisterschaften wird der MÜNCHEN-MARATHON deutlich aufgewertet. Nach einem diesjährigen Teilnehmerrückgang von 16 Prozent können wir für 2006 bereits mit einem Aufwärtstrend rechnen und hoffen auf 10 000 Teilnehmer. Mit Nike werden wir einen neuen Partner haben, der wie Karstadt den Status eines Co-Sponsors erhalten wird. Es wird darauf ankommen, welche Vorstellungen Nike hat und wie diese umgesetzt werden können.

 

Wie ist diese plötzliche Kehrtwende des DLV zu erklären?

 

Weigl: Der Deutsche Leichtathletik-Verband ist auf uns bzw. auf die Olympiapark-GmbH zugegangen. Durch die neue Fußballarena ist eine neue Situation für die Betreiber-GmbH entstanden, mit dem Marathon ist wenigstens die Leichtathletik weiterhin im Olympiastadion in München präsent. Der DLV sah sich wohl nicht zuletzt auf Druck des neuen Ausrüsters gezwungen, eine neue DM-Konzeption zu präsentieren. Das schien wohl am ehesten mit München umsetzbar zu sein. Mit dem Bayerischen Leichtathletik-Verband haben wir bislang keinen Kontakt gehabt.

 

In die Öffentlichkeit sind bislang recht diffuse Informationen über Ihren Streit als Veranstalter der Marathonläufe in München und Freiburg mit dem DLV bzw. den Landesverbänden in Bayern und Baden gedrungen. Geben Sie uns doch bitte einen kurzen Abriss über die gerichtliche Auseinandersetzung der reichlich verworrenen Situation.

 

Weigl: Das Landgericht München hat den Medien-Marathon-München verurteilt, die Genehmigungsgebühren für die Jahre 2003 und 2004 in Höhe von 4.388,50 Eur nebst anteiliger Zinsen zu bezahlen. Wir hatten die teilnehmerbezogene Forderung seitens des DLV bzw. des Bayerischen Leichtathletik-Verbandes abgelehnt, weil eine adäquate Gegenleistung fehle, waren aber bereit, aufgrund einer abzuschließenden gesonderten Individualvereinbarungen freiwillige, zweckgerichtete Zahlungen zu leisten. Wir haben zugleich vor dem Landgericht Bonn einen Prozess gegen den DLV als Herausgeber des Deutschen Volkslaufkalenders und die Vermarktungsagentur B & R-Medienservice gewonnen. Im Herbst 2004 hatte man uns eine Insertion für den Freiburg-Marathon verweigert. Durch das Urteil vom 12. Mai 2005 wurden uns Schadensansprüche in Höhe von 6.000 Eur zugestanden. 

 

Sie haben das Stichwort Freiburg-Marathon gegeben. Wie gestaltet sich dort die Situation?

 

Weigl: Wir haben einen siebenjährigen Kooperationsvertrag und einer zweijährigen Option mit der städtischen Tourismus- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft FWTM GmbH. Sowohl wir als Veranstalter als auch die Stadt Freiburg können auf einen großen Erfolg des Marathons verweisen. Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon hat im Sommer bereits in einem Schreiben an den Baden-Württembergischen Städtetag verdeutlicht, dass die Stadt Freiburg die für den Marathonlauf erforderliche straßenverkehrsrechtliche Erlaubnis nicht von der Genehmigung eines Leichtathletikverbandes abhängig machen kann. Der OB geht sogar so weit, dass er eine Ablehnung seitens der Genehmigungsbehörde als „ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig“ einschätzt. Für 2004 hatten wir mit dem damaligen Badischen Landesverbands-Präsidenten Motzenbäcker eine zweckgebundene Entrichtung der Gebühren erreicht, die für 2005 vom inzwischen gewählten neuen BLV-Präsidenten Eckstein abgelehnt wurde. Wir wären auch bereit, einen höheren Betrag zu leisten. Da dies abgelehnt wurde, haben wir 7.500 Eur an drei gemeinnützige Einrichtungen in Freiburg zur Verfügung gestellt. Die Verweigerung einer Veranstaltungsgenehmigung hat dem Freiburg-Marathon mit einer Teilnehmersteigerung um 50 Prozent weiteren Zuspruch gebracht, nur eine Handvoll Läufer haben dem Verband gegenüber ihre Solidarität bekundet und haben von einem Start abgesehen. 

 

Wie geht es 2006 in Freiburg weiter?

 

Weigl: Die Runabout Sportmarketing GmbH hat die Veranstaltung ordnungsgemäß angemeldet und sie wird auch genehmigt werden. Da der Freiburg-Marathon über 4000 Teilnehmer hat, ist nämlich nicht mehr der BLV, sondern der DLV für die Genehmigung zuständig. Während der BLV uns immer wieder anhält, einen Pro-Forma-Verein zu gründen, erkennt der DLV runabout GmbH als Veranstalter in Freiburg wie auch schon zuvor in München an. In der Stadt Freiburg wäre auch ein derartiger Scheinverein nicht gewünscht. Bei meiner Auseinandersetzung mit dem DLV bzw. BLV wollte ich aber auch für runabout eine Gleichstellung mit dem traditionellen Ausrichterverein erreichen. Dies haben wir nun teilweise auch erreicht. Letztlich hat sich der DLV aber über seine eigenen Gesetze und Verordnungen hinweggesetzt und nun durch die Vereinbarung mit runabout Fakten geschaffen. Wir fühlen uns letztlich bestätigt in unserem Vorgehen und sind damit der erste Veranstalter, der mit dieser Veranstalterform anerkannt wird. Das sollte wegweisend für künftige Veranstalter sein!  

 

Die Problematik mit dem Ruhrmarathon, wo die veranstaltende Agentur Idko aufgrund eines noch fehlenden Hauptsponsors den Termin zunächst um ein halbes Jahr nach hinten in den Herbst gelegt hat, könnte ja auch dem Argument Schützenhilfe geben, private Agenturen, die ja auf Profit schauen müssen, seien ein Risiko für die Seriosität auf Veranstalterebene. Wie stellen Sie sich als Agenturchef dazu?

 

Ich denke, das Risiko ist immer gleich. Ein Verein kann gut oder schlecht planen und wirtschaften, genauso wie eine kommerzielle Agentur. Auch ist eine kommerzielle Agentur kein Garant für eine gute Veranstaltung, genauso wenig wie dies ein traditioneller Verein ist. Beispiele dafür gibt es genug. Eines jedenfalls steht fest, Großveranstalter im Laufbereich mit über 10.000 Teilnehmern können zukünftig nicht mehr von ehrenamtlichen Vereinsvorständen organisiert werden. Hier bedarf es erfahrener Eventagenturen, die auch bei den Partnern, Sponsoren und den Genehmigungsbehörden in den Städten entsprechende Akzeptanz finden. Ehrlich gesagt verstehe ich die aktuelle Diskussion um kommerzielle Agenturen nicht. Es ist nicht neu, dass professionelle Veranstalter Laufevents organisieren. Ich erinnere mich, dass bereits im Jahre 1987 der Frankfurt-Marathon von der Frankfurter Eventagentur macona und der unvergesslichen Irmgard Heckelsberger mit Erfolg organisiert wurde. Auch sieht man am aktuellen Beispiel des Nürnberg-Marathons, der nach nur zweijährigem Bestehen heuer aufgeben musste, dass ein Verein nicht immer in der Lage ist, ein Event dieser Größenordnung zu stemmen. Ich denke, es kommt nicht auf die Gesellschaftsform des Veranstalters an, sondern vielmehr darauf, wer das bessere Konzept hat und den längeren Atem.

 

Wilfried Raatz (für Runner's World)

 


 
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