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Laufberichte

Main schönster Marathon

 

Und wieder sind Judith und ich auf dem Weg nach Würzburg. Der Marathon in der unterfränkischen Stadt ist immer ein Fixpunkt in der zweiten Maihälfte. Die Anreise aus München mit der Bahn ist recht bequem und fast genauso schnell wie mit dem Auto. Samstagnachmittag kommen wir an, beziehen unser Hotel und begeben uns ins Congress Centrum zur Marathonmesse.

Die Innenstadt quillt über von Menschen. Würzburg ist Sitz der Regierung von Unterfranken und Bischofssitz der gleichnamigen römisch-katholischen Diözese. Die mit rund 127.000 Einwohnern nach München, Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Ingolstadt und Fürth siebtgrößte Stadt Bayerns liegt im sogenannten Maindreieck in einem Talkessel im mittleren Maintal. Die Hanglage und die klimatischen Bedingungen machen Würzburg zu einem bekannten Weinanbaugebiet. Auch heute ist es schon richtig heiß. Es gibt viele schöne alte Gebäude zu bestaunen, am Dom werden Verkaufsstände aufgebaut. Eher nicht für uns Marathonis, aber wohl auch kein Weihnachtsmarkt, wie ich anmerke.

Auf der Marathonmesse bekommen wir schnell unsere Startnummer und einen Kleidersack samt Pröbchen. Diverse Stände warten auf unseren Besuch und wir treffen dort einige bekannte Läufer und Pacemaker, mit denen wir uns bei der Pasta-Party stärken. Ein Teller Nudeln ist im Preis enthalten. Danach geht es an den Fluss und weiter zur Alten Mainbrücke. Das im 15. Jahrhundert begonnene Bauwerk war bis 1886 Würzburgs einziger Flussübergang und gilt als eines der wichtigsten Wahrzeichen der Stadt. Mit den Steinskulpturen aus dem 18. Jahrhundert erinnert es an die Prager Karlsbrücke und an die Engelsbrücke in Rom. Und ist auf jeden Fall einen Besuch wert: An den Brückenenden gibt es Frankenwein zu kaufen und mit gut gefülltem Glas sucht man sich seinen Platz zum Sehen und Gesehen werden.

Früh geht es zurück ins Hotel. Die Woche war recht anstrengend. Am Sonntag um sechs klingelt der Wecker, da ich mich noch am früh eröffneten Frühstücksbuffet laben  möchte. Der Start ist für die Marathonis und Halbmarathonis ab 9:10 Uhr in drei Blöcken vorgesehen. Auf dem Weg zum Start komme ich schon an drei Streckenposten vorbei, wünsche einen guten Morgen und kündige gleich noch ein Wiedersehen an.

 

 

Im Congress Centrum ist viel los. Es werden noch Startnummern ausgegeben und im Untergeschoss können die Kleiderbeutel deponiert werden. Die Toilettenanlagen sind recht groß, trotzdem muss man hier einige Minuten Wartezeit einplanen. Draußen ist der Startbogen aufgebaut. In einer S-Kurve befindet sich die Startaufstellung und ich treffe Roland, der gestern den Rennsteig-Ultra bestritten hat und nach Party und kurzem Schlaf heute hier hergekommen ist. Volles Programm sozusagen.

Um neun Uhr der Start des Fun-Laufs über 10 Kilometer. Dann 10 Minuten später der Start des Halb- und Vollmarathons. Jeder Block bekommt Startschuss und „Goldregen“. Und schon bin ich unterwegs.

Die Strecke führt uns immer in Mainnähe entlang, möglichst flach. Also keine Angst, die Hänge mit Weinreben sehen wir nur, aber da müssen wir nicht rauf. Die Wellen werden sich so auf 70 Höhenmeter summieren. Bald sind wir schon auf der Brücke der Deutschen Einheit. Links ein schöner Blick auf die Türme der Altstadt und auf die Festung. Diese wurde 1201 gegründet und war von 1253 bis 1719 Residenz der Würzburger Fürstbischöfe.

 

 

Wir werden nun sechs Kilometer in Zellerau zurücklegen, zu Beginn folgen wir dem Main. Einige Verwaltungsgebäude stehen auf dem Programm. Die Feuerwehrschule. Vorbei am Exerzitienhaus Himmelspforten, dem Tagungshaus des Klosters Würzburg. Durch einige Kurven wird das Ganze nicht zu langweilig. Außerdem stehen hier viele Bewohnerinnen und Bewohner an der Strecke. Ein kurzes Stück Begegnungsstrecke. Noch sind die Pacerfahnen recht nah beieinander. Alle 2-3 Kilometer gibt es Erfrischungs- oder Verpflegungsstände. Dort auch Apfelschorle und Bananen. Schon jetzt ist es recht warm und viele Mitstreiter versuchen auf den Gehwegen im Schatten zu laufen.

Einige Male treffen sich die Laufstrecken an Kreuzungen. Zuletzt an der Brücke der Deutschen Einheit, samt Musik. Wir drehen mainaufwärts und unterqueren auf großem Parkplatz die Friedensbrücke. Dort im Schatten warten wieder viele Zuschauer, Trommler und Camper vor ihren Campmobilen. „Stop running away from your problems“ steht auf einem Schild. Da könnte ich mal ein wenig drüber sinnieren. Wieder leicht nach oben steht bald das nächste Highlight an: An der Alten Mainbrücke sind wieder viele Zuschauer, da hier eine Staffelwechselstelle ist und Touristen auf dem Weg zur Festung vorbeikommen. An einem Haus eine Wandmalerei mit unterschiedlichen Arbeitenden, darunter ein Mann mit einem Schwein unter dem Arm.

 

 

Rechts die Kirche Sankt Burkhard, vor einer Überführung die Jugendherberge mit sehenswerter Fassade, dann leicht rechts vorne die Wallfahrtskirche Käppele aus dem 18. Jahrhundert mit Rokokoarchitektur.

Unter der Ludwigsbrücke hindurch mit „Ritmos do Samba“, samt Ab und spürbarem Auf. Schließlich werden wir auf einen Weg neben der Straße geleitet. Man kann über den Kiesweg laufen oder den geteerten Radweg daneben benutzen. Rechts von uns die Straßenbahntrasse. Einige schöne Anwesen am Hang, links zum Main viele Sportvereine, beispielsweise der Akademische Ruderclub. Hier sind neben dem Weg Lautsprecher mit Musikbeschallung aufgestellt. Der VP kommt gerade rechtzeitig.

Die Konrad-Adenauer-Brücke über uns beeindruckt durch viel Beton. Wir unten durch um eine Trambahnschleife herum. Unter der namenlosen Eisenbahnbrücke hindurch kommen wir zu einer Pendelstrecke. Die früher gestarteten 10-km-Läufer hätten gleich rechts abbiegen dürfen. Wir müssen noch 500 Meter weiter und erblicken einen sehr großen roten Stuhl und einige Zuschauer vor dem dazugehörenden Möbelgeschäft. Ein Alleinunterhalter spielt Musik, singt mit und feuert uns unermüdlich an.

Nun also hinauf auf die Straßenbrücke. Wir haben den Fuß-/Radweg neben der Straße ganz für uns. Oben haben wir einen schönen Blick auf den Main. In einem Kreisel geht es zügig hinunter auf der Straße am Fluss entlang. Zurück Richtung Zentrum, unterbrochen durch einen Schlenker nach Sanderau. Ein Ordner im Rollstuhl veranstaltet gerade eine Show, indem er allerlei Kurven vollführt. Hier stehen viele Bewohner an der Laufstrecke und oft kommt auch Anfeuerung von oben, also aus den Fenstern.

 

 

Zurück zum Main. Vor einem Pflegeheim erneut viele Zuschauende. Ich denke wieder an meine Mutter, die einige Jahre beim München Marathon vor ihrem Heim auf mich gewartet hat. Unter der Ludwigsbrücke eine Trommelgruppe aus „best agern“. Die Damen und Herren haben es voll drauf. Mein Hinweis, dass ich in zweieinhalb Stunden wieder zurückkomme, wird kritisch aufgenommen. Hätte ich „anderthalb Stunden“ sagen sollen? Der Blick auf die Festung Marienberg ist sehr schön. Hier hat auch ein Kreuzfahrtschiff festgemacht. Die Touristen, hauptsächlich Amerikaner, tragen brav einen Gruppenausweis um den Hals und folgen der Reiseleiterin mit Fähnchen.

Die Anzahl der Zuschauer nimmt weiter zu. „Schneller, wir wollen Aperol“ lese ich auf einem Schild das zwei Damen hochhalten. Die haben doch schon ein Glas in der Hand. Bei km 15,5 drehen wir auf die Alt-/Innenstadtrunde. In vier Kilometern kommen wir hierher zurück. Am Unicafé hat eine Band Stellung bezogen und unterhält sowohl Laufende als auch Frühstücksgäste. Die Neubaukirche aus dem Jahr 1591 mit dem markanten 91 m hohen Turm wird zu den bedeutendsten Renaissancekirchen nördlich der Alpen gerechnet. Die ehemalige Universitätskirche, inzwischen profaniert, dient heute als Aula. Rechtskurve. Der nächste DJ mit cooler Musik und super Sprüchen. Da bleiben Zuschauer gerne stehen.

Linksknick. An den Wallanlagen erreichen wir das Gebäude der neuen Universität. Oben sogar mit großer Skulptur, wie wir das zuletzt beim Madrid Marathon auf vielen Gebäuden gesehen haben. Links St. Michael an der alten Universität. Die Julius-Maximilians-Universität, die auf die 1402 gegründete Hohe Schule zu Würzburg zurückgeht, ist die älteste Institution dieser Art in Bayern.

 

 

Es folgt die Residenz auf der rechten Seite hinter einem Parkplatz. 1781 fertiggestellt und bis zur Auflösung der geistlichen Territorien durch die Säkularisation Sitz der Würzburger Fürstbischöfe. Die Würzburger Residenz ist laut UNESCO das einheitlichste und außergewöhnlichste aller Barockschlösser und steht in einer Reihe mit Schönbrunn in Wien und Versailles bei Paris. Im Jahr 1719 vom jungen und noch unbekannten Baumeister Balthasar Neumann begonnen, empfiehlt es sich für eine Besichtigung der nach dem Krieg restaurierten Prunkräume und besonders des unzerstört gebliebenen Treppenhauses mit einem Deckenfresko von Giovanni Battista Tiepolo. Beeindruckend auch die reich ausgestattete Hofkirche und der Hofgarten mit zahlreichen Gartenplastiken.

Hinter dem Verpflegungspunkt links Richtung Theater, ein sehr stylischer, moderner Bau. Die Straße rechts heißt Rennweg. An der Kurve zur Semmelstraße zelebriert ein Glockenspiel gerade das 11-Uhr-Läuten. Dann kommt das nächste Stimmungsnest am Ende der Semmelstraße. Hier geht die Post ab. Da steht ein großer Haufen Pizzakartons: „Schneller, Pizza wird kalt. Aperol hier. Ziel dort“.

Hinein in die Heinestraße. Hier habe ich fast den Eindruck, in Florenz zu sein. Vor uns die riesige Kuppel des Stifts Haug. Diese große Kirche, die ein Kreuzigungsbild von Jacopo Tintoretto aus dem Jahr 1583 beherbergt, wird umrundet, dann noch kurz am Bahnhofsplatz vorbeigeschaut, bevor es in die Fußgängerzone der Stadt geht. Das von hier aus unscheinbar wirkende Juliusspital (medizinische Fakultät) an der gleichnamigen Haltestelle sollte man sich auch mal von der Gartenseite her ansehen. Auch ein sehr imposantes Gebäude. Ich grüße die Ordnerinnen, denen ich schon vor dem Lauf begegnet bin. VP, dann Neubaukirche und danach genießen wir den schönen Blick auf die Festung Marienberg und kommen wieder zum Main.  Rechts an der neuen Hochwasserschutzwand stehen die Markierungen der Höchststände der letzten Jahrhunderte. Eine Schulkapelle spielt auf.

 

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Unter der Alten Mainbrücke hindurch und dann noch mal ins Getümmel, aber zunächst durch eine Baustelle. Hier wird der Bodenbelag erneuert. Am Rathaus spielt eine mehrköpfige Band. Natürlich ist hier am Zugang zur Brücke die Hölle los. Vor uns die markante Doppelturmfassade des Doms St. Kilian. Das viertgrößte romanische Kirchengebäude Deutschlands fungiert als Bischofskirche des römisch-katholischen Bistums Würzburg. Auf jeden Fall lohnt es sich, den Dom auch von der Rückseite anzusehen, da man dort die Größe besser wahrnimmt. Kilometer 20 ist erreicht. Wir halten uns links zum Markt. Die Marienkapelle ist eine farbenfrohe Kirche mit hohem Turm. Was steht auf dem Schild, welches hochgehalten wird? „Vorsicht Kurve“ Fast knalle ich in die junge Dame. Über die Kamelitenstraße Richtung Weiche. Die Halbmarathonis laufen geradeaus ins Ziel. Links zum Main wird es für uns Marathonis auf einmal sehr viel einsamer.

 

 

Bei Kilometer 21,1 Zeitmessung. Für den Marathon Gemeldete, die direkt ins Ziel gelaufen sind, kommen sofort in die HM-Wertung. Wer zunächst hier am Main weiterläuft, wird später in die HM-Wertung aufgenommen, falls er oder sie unterwegs abbricht.

Vor uns das Heizkraftwerk, links über uns auf der Terrasse zwei chinesische Löwen. Dann schwenken wir auf bekannte Straße und kommen bald zur Brücke der Deutschen Einheit.

Immer noch sind viele Laufende unterwegs. Ich fühle, wie mir die Hitze zu schaffen macht. Ein Getränk wäre nicht schlecht. Just in diesem Moment höre ich, dass die Herren hinter mir auch das Thema erörtern. Es wird spekuliert, dass die Strecke auf der zweiten Runde einen anderen Verlauf nimmt. Macht sie nicht. Ich weiß, dass hinter der nächsten Kreuzung ein Erfrischungspunkt kommt.  Leider gibt es keine Iso-Getränke. Das wäre bei der Hitze nicht schlecht. Ich steige auf Spezi um.

Die Strecke ist noch recht gut besucht, von Laufenden, Zuschauerinnen und Zuschauern. In der Wredestraße feiern junge Herren ausgelassen. Dort werden auch Hopfengetränke für uns angeboten. Tempo halten. Trotzdem ziehen die 4:30-Pacer ganz langsam davon.

Man wird oft mit Namen angefeuert, so höre ich auch, dass ich aktuell in einem Grüppchen mit den gleichen Mitstreitern laufe, die sich bei der Führungsarbeit immer wieder abwechseln. Und man sieht oft Fangruppen wieder. Der Streckenverlauf macht es ihnen leicht, immer mal wieder an der Laufstrecke zu stehen. Fünf junge Damen feuern eine Judith an. „Meine“ Judith ist heute leider nur stark hustend am Streckenrand unterwegs. Die hier angefeuerte Läuferin gleichen Namens  befindet sich knapp hinter mir.

Die Best-Ager-Trommelgruppe hat wieder diesen skeptischen Gesichtsausdruck. Sehe ich wirklich schon so kaputt aus.? DJ Tim Brown in der Altstadt verabschiedet sich von den Zuschauern und Anwohnern. Ich versuche ihn zum Weitermachen zu animieren. Noch ein Stündchen bitte. Und später werden wieder die Ordnerinnen begrüßt. Die Strecke ist perfekt gesperrt, es sind sehr viele Streckenposten unterwegs. Querende Autos sind Mangelware.

 

 

Und jetzt überholt mich auch noch Roland, freundlich grüßend. Mann, bin ich fertig. Das Ziel kommt näher und ein 4:45-Pacer mit kleiner Truppe schließt auf. Das lasse ich mir nicht bieten und ich ziehe noch mal an. Der Abzweig zu einer dritten Runde ist gesperrt, ein Ultra aus Versehen also ausgeschlossen. Die letzten fünfhundert Meter sind städtebaulich nicht so reizvoll, dafür überwältigt die Begeisterung der Zuschauenden. Ein kleiner Schlenker und ich rase unter dem Zielbogen hindurch.

Jetzt erst mal ein warmes Bier und hinsetzen. Einige Finisher erkenne ich von den letzten 21 Kilometern. Obst und Laugenstangen gibt es auch noch, Massagemöglichkeiten in großer Zahl. Auf der anderen Seite der Straße stehen Luxus-Duschtrucks bereit.

Auf dem Weg zurück zum Hotel grüsse ich zum vierten Mal die bekannten Ordnerinnen, die jetzt nur noch auf wenige Laufende warten.

 

Fazit:

 

Ein stimmungsvoller Marathon in einer schönen Stadt. Gut organisiert, von der Bevölkerung an der Strecke angenommen und in seiner 22. Auflage längst ein etablierter Fixpunkt im Veranstaltungskalender. Die Finisherzahlen sind gegenüber letztem Jahr um 35% gestiegen.

 

Siegerinnen Marathon

1 Götza, Marlena                   2:55:26
2 Grewe, Mona                      2:56:58
3 Robinson, Alice                  3:04:02

 

Sieger Marathon

1 Böck, Sebastian                  2:42:21
2 Kirchberger, Michael          2:43:13
3 Hoehne, Peter                      2:43:31          

 

Finisher

Marathon                     477
Halbmarathon            1470
10K                              399     

 

 

Informationen: WVV Marathon Würzburg
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