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Laufberichte

Kreuz und quer durchs Käferland

 

Ich bin heute in der „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“. Noch nie gehört? Ich bisher auch nicht. Der sperrige Namen geht auf das Jahr 1938 zurück, als für die Arbeiter der neu gegründeten KdF-Wagen-Fabrik Wohnraum geschaffen werden musste. Zu den zu diesem Zweck zusammengeschlossenen Gemeinden gehörte auch Wolfsburg. Nach dem Krieg wurde aus dem von Ferdinand Porsche entwickelten KdF(Kraft durch Freude)-Wagen der Volkswagen Käfer  und aus der „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ die Stadt Wolfsburg.

Kaum einer aus meiner Generation, der nicht in einem VW Käfer das Autofahren gelernt oder das automobile Urviech einmal gefahren hat.  Mein erstes eigenes Auto war jedenfalls ein Käfer Baujahr 1968 in dunkelgrün, 34 PS.

Wolfsburg liegt östlich der A39 rund 25km entfernt von Braunschweig. Die Stadt hat mit ihren 16 Ortschaften rund 120.000 Einwohner. Hier lebte Hoffmann von Fallersleben, der das Lied der Deutschen geschrieben hat. Die dritte Strophe singen wir heute zu unserer Nationalhymne. Nur so nebenbei: August Heinrich Hoffmann bezeichnete sich zur Unterscheidung zu den vielen „Hoffmännern“ als der „von Fallersleben“. Er  war also kein Adliger.

Heute ist das Jahr 9 des Wolfsburg-Marathons. Deshalb wird es auch Zeit, dieser Veranstaltung meine Aufwartung zu machen daüber zu berichten. Fünf verschiedene Strecken, Marathon, Halbmarathon, 10km, 5km und Bambinilauf,  werden angeboten. Das Marathonstartgeld liegt zwischen 30€ und 48€ je, nach Meldetermin. Es gibt auch eine Teamwertung und für die VW-Mitarbeiter einen eigenen Cup innerhalb der Läufe. Die Zeitmessung erfolgt mit dem Championchip. Die Finisher beim Marathon und Halbmarathon erhalten ein hochwertiges Funktions-Shirt.

Im Rathaus gibt es  die Startunterlagen. Dann umziehen und Kleiderbeutel abgeben. Im Zelt treffe ich auch viele Bekannte und 100MC Mitglieder. Auch der Rote (Weihnachts-)Mann aus Berlin ist hier, aber ganz in Zivil.

Über die Porschestraße sind Gitter gestellt, um den vielen Läufern eine freie Strecke zu bieten. So rund 200 Marathonis stellen sich auf und werden pünktlich auf den 2-Rundenkurs geschickt. Ich bin mal wieder ganz hinten wegen meiner vielen Startfotos. Es geht über die Porschestraße und gleich unter der Braunschweiger Straße raus zum Planetarium. In diesem runden Kuppelbau wird den Besuchern  ein Sternenhimmel mit über 9000 verschiedenen Sternen gezeigt. Draußen zieht die 4 m hohe weiße Giraffe, eine Skulptur von der Braunschweiger Künstlerin Sina Heffner, die Blicke auf sich.

Es geht weiter am Congresszentrum vorbei zum Jahnstadion. An einer Kreuzung steht eine Japanische Trommelgruppe, die uns lautstark anfeuert. Hier biegen wir ab in Richtung Hauptbahnhof. Hier geben  afrikanischen Rhythmen  das Tempo vor. Es geht über die Fußgängerzone zum phæno, einem  außergewöhnlichen Gebäude mit interaktiven Experimentierstationen zum Schärfen der Sinne. Denkt euch selber was dabei …

In einer Allee ist eines der vielen in den letzten Jahren entstandenen Designer Outlets mit über 70 Shops. Es geht unter dem Berliner Ring durch und nun folgt ein Stück Industriegebiet. Kurz vor km 5 biegen wir ab und überqueren den Mittellandkanal (325 Km lang). Beim Blick nach links sehen wir schon die Autostadt, durch wir  bald durchlaufen werden.

An verschiedenen Wassersportclubs vorbei passieren wir die Südtribüne von der Volkswagen-Arena. Nach knapp 6,5km sind wir am Volkswagenwerk und laufen auf dem Autostadt Gelände ins Konzernforum.  In dieser riesigen Empfangshalle landet, wer seinen neuen VW direkt im Werk abholen will. An der Decke hängt ein riesiger, 4,5 Tonnen schwerer  Erdball aus Alu. Durch die Halle kommt man auf das große parkähnliche Gelände. In dem mehrstöckigen Zeithaus gibt es Oldtimer von mehr als 50 Herstellern zu sehen. Das Premium Clubhaus ist innen der Rennstrecke Le Mans nachempfunden. Jede VW-Marke hat ein eigenes Pavillon.

Weiter geht es nun bei km 7 um die Werkshallen 5 und 5a. Dass es das Volkswagenwerk heute überhaupt noch gibt,  ist unter anderem dem britischen Major Ivan Hirst zu verdanken. Er hat nach dem Krieg Regierungsaufträge nach hier vergeben, ohne die man die Fertigungsmaschinen mit Sicherheit ab- und anderswo aufgebaut hätte. Wer würde Wolfsburg heute kennen? Bevor wir das Gelände verlassen, sehen wir rechts die Betriebskantine. Hier gibt es die legendäre VW-Currywurt, von der in der eigenen VW-Fleischerei jährlich über 4,8 Millionen Stück hergestellt werden. Zum Abschied grüßen die 48 hohen  Autotürme, in denen bis zu 800 Neuwagen ausgestellt sind.

Wir unterqueren wieder den Berliner Ring und kommen zum Fußballstadion vom BL-Club VfL Wolfsburg, der VW-Arena. Wir laufen durch das 30.000 Zuschauer fassende, heute aber menschenleere Stadion. Auf der Anzeigetafel lesen wir einen Begrüßungstext.  Auf dem Rasen stehen merkwürdige  große weiße Teile. Keine Ahnung, was das sein soll. Aber ich erkundige mich und staune: Es ist Rasenlichter, die schnelleres und besseres Wachstum bewirken.

Kaum bin ich aus dem Stadion, überholt mich Nao Kazami, der den Halbmarathon anführt. Der Japaner aus Toyohashi gewinnt in 1:08:50. Unsere Laufstrecke führt uns am Wakepark vorbei in Richtung Schloss Wolfsburg.  Wir laufen um das Schloss herum und eine große Runde durch den Schlosspark, so dass wir den Prachtbau von allen Seiten sehen können. 10km sind geschafft.

Nach der Parkrunde kommen wir wieder kurz an der VW-Arena vorbei und zum Allersee. Das Wetter ist inzwischen richtig sonnig und warm geworden. Dazu passend kommen wir nach einer Schleife im Kletterwald am Badeland vorbei und dann runter zum Strand. Laufen oder Schwimmen und Sonnen ist da die Frage. Ich entscheide mich, den Marathon zu Ende zu laufen.

Es geht zurück über den Mittellandkanal in Richtung Hellwinkel. Durch eine Wohnsiedlung erreichen wir das Vfl Stadion am Elsterweg. Auf der Tartanbahn ist eine Runde zu laufen. Hier spielt die Frauenfußballmannschaft des VFL, die in der Saison 2012/13 sogar das Triple (DM, Pokal- und Championsleague-Sieger) geschafft hat. Für Marathonis ist ein Triple, drei Marathons an einem Tag zu laufen. Auch das gibt es in Deutschland: www.triple-marathon.de

Bei km 17 biegen laufen wir durch einen Grüngürtel,  Erholung für die Füße. Nur kurz geht es durch die engen Gassen der Wohnsiedlung am Steimker Berg, dann sind wir erneut im Grünen. Wir sehen das VW-Bad (km 20) und laufen ein Stück um den Großen Schiller Teich. Dann geht es zur Innenstadt, wo wir mit Sambarhythmen empfangen werden. Die „Halben“ sind im Ziel, die Marathonis gehen in die zweite Runde.

Die Zahl der Marathonläufer ist in Wolfsburg ja leider (noch) etwas überschaubar, entsprechend ruhig ist es jetzt auf der Strecke. Da die Streckenführung aber auch einige Begegnungspassagen beinhaltet, ist es nicht langweilig. Allerdings wird es jetzt doch recht warm und ich muss einige Gehpausen einlegen. Aber nach gut 5 Stunden bin ich dennoch im Ziel und das noch lange nicht als Letzter.  Zielschluss ist nach 6 Stunden.

Fazit: Ein sehr gut organisierter Lauf mit sehr vielen Versorgungsstationen und wirklich superfreundlichen Helfern und Streckenposten. Eine sehr schöne und abwechslungsreiche Laufstrecke mit kaum Höhenmetern. Schade nur, dass man für die letzten Marathonläufer kein Bier oder Kuchen aufgehoben, sondern alles an die Halbmarathonläufer abgegeben hat. Wasser und Äpfel sind nach 42 langen Kilometern etwas dürftig.

 

Siegerliste Marathon

 

Männer

1 Harwardt, Valentin (GER) VfL Wolfsburg 02:36:55 
2 Gniewek, Jaroslaw (GER) Partnerstadt Biel 02:38:34
3 Ronkel, Marco (GER)  Garbsener SC 02:40:00 

Frauen

1 Kusatz, Patricia (GER)  Berlin  03:22:47
2 Kebbedies, Elisabeth (GER) TV Werne  03:26:45
3 Wahl, Marita (GER)  Blankenfelde 03:28:31

147 Finisher

 

 

Informationen: Wolfsburg Marathon
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