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Laufberichte

Die ganze Welt ist himmelblau

 

Es soll ja Läufer geben, die Strecken unterhalb 42,195 Kilometern meiden. Marathon heißt das Zauberwort. Die Veranstalter des 27 km langen Wolfgangseelaufs haben sich diese Erkenntnis zunutze gemacht und vor vier Jahren die Marathondistanz in ihr Programm aufgenommen.

Und das ist gut. Kurzfristig entscheiden wir uns für ein Wochenende im schönen Salzkammergut, bekannt vor allem für seine Seen. Früher verdienten die Bewohner das Geld mit der Salzgewinnung, wovon  heute viele Erlebnisbergwerke zeugen. Unser Quartier beziehen wir in Bad Ischl, dem Startort des Marathons, einst Sommerfrische des österreichischen Kaiserpaares Franz Joseph I. und Elisabeth (Sisi). Dementsprechend mondäne Bauten gibt es in dieser Stadt zu sehen.

Am Spätnachmittag geht es ins 15 km entfernte St. Wolfgang, um die Startunterlagen im Kongresszentrum „Michael-Pacher-Haus“ abzuholen. Das liegt zentral am Ausgang des Stadttunnels. Schnell erkenne ich, dass der „Skgt“-Schalter der richtige ist. Für den relativ moderaten Teilnehmerpreis gibt es auch noch eine Goody-Tüte mit Stirnband, Zuckerl, Massagegel  und Soja-Getränk plus einigen Informationen. Super finde ich auch die Möglichkeit einer regulären Anmeldung bis zwei Tage vor dem Lauf. Da kann man die Teilnahme wetterabhängiger gestalten. Eine Nachmeldung für den Marathon wäre am Samstag ebenfalls noch möglich gewesen.

Auf der Pastaparty „Griaß Eich!“ treffen wir bekannte Gesichter: Der M4Y-Kollege Herbert Orlinger, ist mit seiner Frau Evi wie angekündigt zur Stelle. Die Pasta-Portion ist wirklich groß, wozu sicher auch mein hungriger Blick beigetragen hat. Leider gibt es das Stiegl-Bier nur mit Alkohol - schlecht für die Autofahrer. Die Auszeichnung der „Mehrfachtäter“ auf der Bühne wird von Musikeinlagen der Band H3O umrahmt. Man merkt, dass die Ehrenamtlichen hier mit Herzblut bei der Sache sind.

Internationalität beweist das Quiz, bei dem um die Anzahl der EU-Staaten geht. 28 wäre die richtige Antwort gewesen. In den Hauptstädten dieser Staaten werden Susanne Schöberl und ihr Mann bis zum abschließenden Event in Brüssel 2015 einen Marathon gelaufen sein. Da können Judith und ich nicht mithalten. Als eigener Rekord wäre die Teilnahme an allen Marathons in Italien denkbar. Da haben wir schon viel Vorarbeit geleistet.

Auf der Rückfahrt Richtung Hotel genieße ich die wunderbare Abendstimmung in den Bergen. Gut, dass wir schon heute aus München angereist sind. Eine Nacht ohne Verkehrslärm ist auch mal angenehm.

Entspannt geht es am Sonntag zum Start vor der schönen Trinkhalle in Bad Ischl. Der Veranstaltungsraum wird heute Morgen gerne zum Aufwärmen genutzt. Die Toiletten im Untergeschoss reichen noch so gerade für die über 210 Läuferinnen und Läufer.

Kurz nach 9 geht es dann nach draußen in die ersten Sonnenstrahlen und schon ertönt der Startschuss. Der Weg durch das kaiserliche Bad Ischl ist kurz, aber schön. Die Stadt wird gerade für die Landesgartenschau 2015 herausgeputzt. Die neoklassizistische Kaiservilla am Hang der Ischl mit ihren Gartenanlagen sehen wir leider nicht.

Ein Stück laufen wir auf dem neuen Damm des Flusses entlang. Vor mir eine Finnin, der ich von unserer Teilnahme am Helsinki-Marathon im Jahr 2011 vorschwärme. Unser M4Y-Bericht schaffte es in der englischen Version 2012 sogar in die offizielle Läuferbroschüre.

Schöne Anwesen stehen hier am Fluss. Die Bewohner scheinen aber noch zu schlafen. Das ändert sich in Pfandl, wo wir auf eine kleine Landstraße in Richtung St. Wolfgang einbiegen. Dort stehen immer wieder Bewohner vor ihren Häusern und feuern uns an.

Auf den nächsten acht Kilometern werden wir viele herausgeputzte Bauernhöfe sehen. Der Autoverkehr lässt spürbar nach, sodass man sich an die Ideallinie halten kann. Hier fließt der Radaubach. Im Moment ist der aber ganz ruhig. Eigentlich sollte Judith jetzt Kühe und Pferde am Wegesrand zählen, da Herbert meinte, diesmal seien noch mehr Tiere auf den Weiden als 2013. Aber sie will nicht recht, weshalb wir uns lieber mit Andreas aus Eisenach unterhalten, der in seinem Rennsteiglauf-Hemd unterwegs ist.

Wie immer am Beginn eines schönen Marathons bin ich recht aufgedreht und zu Scherzen aufgelegt. Die Zuseher freuen sich immer sakrisch über ein „Schön habt ihr's hier“. Wir bilden ein lockeres Grüppchen aus Fränkin, Niederösterreicherin, Bayern und Thüringern. Vor uns wäre auch noch ein Luxemburger gewesen, der 81-jährige Josy Simon. Der setzt sich aber langsam ab und wird am Ende nicht nur mich schlagen – in hervorragenden 4:26:55.

So geht es hügelig durch die Felder (kupiert, sagen die Vermessungstechniker). 100 Höhenmeter bis zum Wolfgangsee werden wir zusammenbekommen. Ich nutze die Zeit, Susanne darüber aufzuklären, dass es in den östlichen deutschen Bundesländern fast so schön ist wie in Österreich, was Andreas so nun auch nicht stehen lassen will. Als ich dann noch Eisenach mit Eisenhüttenstadt verwechsle und überhaupt Andreas´ Wohnort in die Nähe von Görlitz verlege, ist es langsam an der Zeit, meinen Kopf einzuziehen, ein Stück alleine zu laufen und die in Herbstsonne getauchten Berge zu betrachten. An manchen Bäumen hängen noch vergessene goldene Äpfel. Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen? Hier ist es jedenfalls nicht.

Nächste interessante Frage: Wenn vor einem Bauernhof drei Holzklapperstörche stehen, wurden dann dort Drillinge geboren? Wer weiß! Ein Storch ist jedenfalls mit „Maximilian“ gekennzeichnet.

Bei Kilometer 12 erreichen wir den Wolfgangsee samt der Labestelle Schwarzenbach. Der nächste (fest montierte) Kilometerstein zeigt 24 km an und ich vermute, dass wir dazwischen die 195 fehlenden Meter des Marathons zurückgelegt haben. Die Tourismusregion zieht das ganze Jahr über Läufer an. Hier sind 190 km Laufwege ausgewiesen, darunter der Wolfgangseelauf. Es werden auch entsprechende Sportseminare angeboten.

Noch recht frisch genieße ich die Ankunft in St. Wolfgang. Vor eine Viertelstunde sind hier die 1.600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 43. Internationalen Wolfgangseelaufs gestartet. Herbert ist dabei und wird darüber einen Bericht für trailrunning.de schreiben. Das spätere Ziel lassen wir links liegen und biegen in eine Seitenstraße ab. Kurz danach auf der Seepromenade sehen wir vielen Sonntagsgästen beim Flanieren und Verweilen zu. Leider verpasse ich den Blick auf die Schafbergbahn, eine Zahnradbahn, bei der noch Dampflokomotiven im Einsatz sind. Ich glaube, dass ich im Alter von vier Jahren, also noch knapp vor dem ersten Wolfgangseelauf, einmal mit dieser Bahn gefahren bin.

Nicht ohne Grund hat meine Familie damals hier Urlaub gemacht. Das Salzkammergut mit seinen vielen Seen ist seit dem 19. Jahrhundert eine beliebte Sommerfrische und hat sich nach dem 2.  Weltkrieg zu einem wahren Tourismusmagneten entwickelt. Natürlich auch unterstützt durch die  Operette „Im weißen Rössl“ von Ralph Benatzky und darauf basierende Filme. Mir ist der Film mit Peter Alexander aus dem Jahr 1960 in Erinnerung. Der kam in meiner Jugend öfter im Fernsehen.

Die Grenze zum Bundesland Salzburg wird überschritten, wir kommen nach Ried. Wenn die Rieder zu ihrem Gemeinde-Hauptort St. Gilgen wollen, müssen sie den See einmal fast umrunden - oder sie nehmen wie wir den kürzeren, aber steilen Pilgerweg über den Falkenstein. „Achtung Kinder“ warnt ein Hinweisschild, und wie auf Bestellung kommt mir gleich darauf ein kleines Pärchen mit vier Bechern entgegen. Ich greife dankbar zu. Die Verpflegungsstellen sind auch nach den vielen 27-km-Läufern noch bestens ausgestattet. Bananen, Äpfel, Brot, Wasser, Iso und Tee gibt es. Nach der Stärkung kommt die nun schon sichtbare Bergpassage. Den Jahrhunderte alten Pilgerweg säumen Kapellen am Wegesrand.

Vor dem Waldbeginn sollte man kurz innehalten und das Panorama bei einem Blick zurück genießen. In unserer Leistungsklasse wird ab hier natürlich gegangen. Ich als alter Bergfex ziehe nun locker an bekannten Mitstreitern vorbei. Bei einer Kapelle an der Felswand muntert mich der Streckenposten auf: Der höchste Punkt ist erreicht, 220 Höhenmeter sind geschafft.

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Informationen: Wolfgangseelauf
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