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Laufberichte

Oh, du schöner Westerwald

05.04.14

 

3. Etappe Kloster Marienhaus – 
Sportplatz Nassen, 14 KM

 

Nachdem er sich versichert hat, dass niemand fehlt, begeben wir uns wieder auf die Strecke. Dies fällt umso leichter, da es erst einmal hinunter nach Waldbreitbach geht. Am Ortseingang angekommen erfahren wir, was sich Wolfgang diesmal für uns ausgedacht hat. Eine Straße im Renovierungszustand, vorschriftsmäßig abgesperrt. Hier kann jeder seine Kletterkünste an den Bauzäunen zeigen und sich als echter Trailer erweisen. Verluste sind keine zu beklagen. Nachdem wir Alexandra verabschiedet haben, überqueren wir geschlossen die Deutschherrenstraße. Benannt ist die Straße nach dem Ritterorden, der hier im Mittelalter eine Komturei unterhielt und sich mit Erzabbau finanzieren durfte.

Für uns geht es auf der gegenüberliegenden Straßenseite wieder hinauf in Richtung Rosenhügel. Linker Hand haben wir noch einmal einen schönen Blick über der Ort, ehe wir nach rechts zum Schmittenberg hinauf abbiegen. Rutschgefahr besteht hier auf dem trockenen Asphalt nicht. Einen Unterschied zu den Waldpfaden ist allerdings auch nicht zu erkennen. Der bisherige regenarme Frühling sorgt für sicheres Geläuf. Der anstehende Abstieg durch den Wald in den sogenannten kühlen Grund ist somit zumindest lauftechnisch gefahrlos. Der folgende Aufstieg zum Bärenkopp sowieso, da es wieder zahlreiche Gelegenheiten zum kräfteschonenden Gehen gibt. Als wir im Schlussabschnitt auf einen kleinen Bergpfad einbiegen, bildet sich sogar ein kurzer Stau. Oben angekommen erwartet uns ein weißes Kreuz. Die noch im letzten Jahr genossene phantastische Aussicht bleibt heute bescheiden. Da verwundert es nicht, dass Wolfgang seine Herde, nachdem sie wieder vollzählig ist, zügig weiter nach Verscheid führt.

Von Verscheid bringt uns der Weg über den Heldenseifen hinab ins Fockenbachtal. Im letzten Jahr hatten wir hier noch die Möglichkeit, zu wirklichen Helden des Trails zu werden, als wir über große Mengen frisch gefällte Bäume klettern durften, die kreuz und quer lagen. Ein Blick hinab ins Tal genügt, um zu wissen, dass es damit heute nichts wird. Das Tal ist aufgeräumt und so schnell können die nötigen Bäume nun mal nicht nachwachsen, unser Wohnzimmer ist aufgeräumt. Dafür erreichen wir heute entspannt die Fockenbachmühle. Dass hier eine Hundeschule untergebracht ist, zeigt sich weder optisch noch akustisch. Böse brauchen wir deshalb nicht sein, denn so können wir ohne von einem übereifrigen Vierbeiner gehetzt zu werden unseren Weg hinauf nach Hollig fortsetzen.

Rechts tauchen wieder Pferde auf. Die aufkeimende Hoffnung, ein paar Meter getragen zu werden kann ich aber schnell wieder begraben, denn die Tiere scheuen vor uns trampelnder Horde zurück. Auch wenn es mir langsam schwer fällt, muss ich den Aufstieg zum Sportplatz Nassen alleine bewältigen. Mein gemächliches Tempo hat aber auch seine Vorteile, denn so kann ich bei Wolfgang bleiben, bei dem bekanntlich heute wieder vorne ist. Im Gegensatz zu ein paar zu schnellen Hirschen, die zurückgepfiffen werden müssen, brauche ich deshalb keine zusätzlichen Meter zu laufen, als die Strecke an einer unscheinbaren Stelle nach rechts durch das dichte Laub des Vorjahres direkt in den Wald zu führen scheint.

Auch ohne Umwege scheint dieser Abschnitt für mich heute kein Ende nehmen zu wollen. Jetzt könnte ich fast wieder zum Kind werden und quengelnd fragen: Sind wir noch nicht da? Das Erreichen der Verpflegungsstelle am Sportplatz bewahrt mich davor, den Gedanken laut auszusprechen. Zudem steht erst mal die Flüssigkeitsaufnahme wieder im Vordergrund.

 

4. Etappe Sportplatz Nassen – 
Arnsau Hotel Wiedfriede, 11,5 KM

 

Es ist wie ein Déjà-vu. Bereits im letzten Jahr kam mir hier der Gedanke aufzuhören. Die Pause auf der Bank zu verbringen, sollte da ja eigentlich erfrischend wirken, doch der gegenteilige Effekt stellt sich ein. Trotzdem schiebe ich den Gedanken ans Aufgeben von mir. Schließlich soll auch heute wenigstens die Marathondistanz bewältigt werden. Hilfreich ist auch, dass gerade jetzt die Presse da ist, um das Foto für ihren Bericht zu schießen. Also die Zähne zusammengebissen und einen ordentlichen Laufstil an den Tag gelegt. Hoffentlich kommt das Lächeln nicht allzu verbissen rüber. Schon ist das Foto im Kasten und das Laufen geht auch wieder.

Fast unbemerkt überschreiten wir kurz vor Breitscheid die Marathonmarke. Aber halt, da war doch noch etwas. Na klar, wir können heute 4 Novizen auf der Ultrastrecke begrüßen. Das machen wir natürlich standesgemäß und bilden für die Neulinge das Spalier inklusive La Ola-Welle. Als Sahnehäubchen gibt es für alle dann bei KM 45 das Roßbacher Häubchen. Den steilen, steinigen Höhepunkt dieser Etappe mussten wir wegen der geschlossenen Schneedecke und Eis im letzten Jahr noch auslassen. Doch heute wird das nachgeholt. Obwohl der Platz oben beschränkt ist, begibt sich die ganze Truppe außer zweier Lokalmatadoren gemeinsam auf die Kletterpartie. Da wundert es mich natürlich nicht, dass ich kurz vor dem Gipfel im Stau stehe. Dafür habe ich oben anschließend etwas mehr Platz und Zeit. Auch wenn die Sonne es an diesem Tag nicht schafft, zu uns durchzudringen, reicht es doch für einen Blick bis hinab auf Roßbach im Tal. Damit ist die Richtung für die nächsten KM für uns vorgegeben. Diese führen uns wieder hinab zur Nescher Mühle, ein früheres Ausflugslokal. Bereits nach wenigen Metern auf Asphalt geht es rechts wieder auf schmalen Pfaden den Hang hinauf in Richtung Weißenfelser Ley. Ein Überholen ist hier nicht drin und der holprige Untergrund erfordert höchste Konzentration.

Aber schon nach der nächsten Kurve wird der Weg wieder breiter. Auf halber Höhe winden sich die nächsten Kilometer am Hang entlang. Auch wenn bereits mehrere Abzweige zum Abstieg ins Tal einladen, folgen wir bis KM 51 der Ausschilderung zum Aussichtspunkt. Doch die Weißenfelser Ley steht heute nicht auf dem Programm und wir biegen endlich ab hinunter zur Wied. Links von uns strahlt der Raps bereits in leuchtendem Gelb und duftet betörend. Nur noch wenige Meter und wir queren ein weiteres Mal die Wied. Gleich dahinter erwartet uns bereits wieder Josef mit dem Verpflegungsteam. Gerade rechtzeitig, um die schwindenden Kräfte mit Tee und Rosinen wieder aufzufrischen. Mit der Erfahrung der letzten Pause verzichte ich auf einen Sitzplatz, vielleicht käme ich gar nicht mehr hoch. Lieber auf Nummer sicher gehen und die Beine in Bewegung halten.

 

5. Etappe Arnsau Hotel Wiedfriede – 
Sporthalle Waldbreitbach, 12,5 KM

 

Nach der Pflicht kommt die Kür und so nehmen wir den letzten Abschnitt in Angriff. Bereits nach wenigen Metern führt uns ein Bergpfad steil hinauf auf den Grat oberhalb des Brochenbachtales. Jetzt wäre es von Vorteil, eine Gämse zu sein. Da ich nun mal keine bin, muss ich mich mit meinen zwei Beinen behelfen. Als wenn die Steigung noch nicht genug wäre, hat Wolfgang extra noch dafür gesorgt, dass auch noch ein Baumstamm zu überqueren ist. Na ja, für den Trail ist das zusätzliche Hindernis gerade passend. Und passieren konnte es auch jeder. Kurz darauf ist der Aufstieg geschafft. Mittlerweile fällt es mir so schwer wieder in Trab zu kommen, dass ich die ersten flachen Meter nutze um gehend wieder neue Kraft zu schöpfen. Damit bin ich allerdings nicht alleine, das allgemeine Schweigen spricht Bände.

Jetzt sind es keine 10 KM mehr bis ins Ziel. Wir kommen durch Reifert. Da ist leichtes Jogging Pflicht, denn schließlich wollen wir etwaige Zuschauer nicht zum Lästern animieren. Ein Fotostopp am Ortsausgang ist dennoch drin, schließlich reicht der Ausblick mittlerweile für die heutigen Wetterverhältnisse relativ weit. Da lohnt es sich sogar, sich wieder Richtung Horizont aufzumachen. Zur Abwechslung geht es mal wieder bergab. Zum Glück nicht mit der Stimmung, denn schließlich habe ich das Ziel schon dicht vor Augen. Um allerdings die 2.100 Höhenmeter voll zu machen, erfolgt noch nicht der Abstieg direkt hinunter zur Wied. Eine letzte Herausforderung bleibt: Der Aufstieg über Schloss Walburg hinauf nach Over. Gehend kann er noch locker bewältigt werden.

Über die Wiesen geht es jetzt hinunter ins Tal nach Waldbreitbach. Gemächlich führt der Trail hinab. Zu Beginn des Waldes nimmt das Gefälle trotz Serpentinen zu. Nur noch Rollen lassen, möglichst wenig bremsen. Das Tempo aber nicht zu schnell werden lassen. Nur die richtige Balance hält die Belastung für die Knie in Grenzen. Da lasse ich einige, die nicht bremsen wollen, lieber ziehen. Eine letzte Linkskurve und der Weg führen an der Straße steil hinab zum Ortseingang. Da gibt es auch für mich kein Halten mehr. Dafür kann ich meinen Knien noch mal eine kleine Verschnaufpause gönnen, denn es ist wieder Sammeln angesagt. Erst als alle da sind, geht es nach rechts, die letzten Meter an der Wied entlang. Zeit genug, um mir von Dominiques größtem Vorhaben für 2014 erzählen zu lassen. Er ist froh, den WUT als Trainingslauf für den Transalpine nutzen zu können. Dabei ist dieser Lauf für ihn nicht nur Selbstzweck. Geplant hat er ihn als Sponsorenlauf für das Projekt „Yoga für Kinder“ in Gummersbach. Das nötigt mir gehörigen Respekt ab.

An der Fußgängerbrücke unmittelbar vor dem Ziel wird ein letztes Mal Halt gemacht, um gemeinsam zu vierten und letzten Mal heute die Wied zu überqueren. Locker und entspannt geht es auf die finalen Meter zur Sporthalle, wo uns noch einmal die umfangreiche Verpflegungsstation erwartet. Der Wiedtal-Ultra ist erfolgreich bewältigt. Applaus brandet auf. Dieses Mal waren wir sogar eine knappe halbe Stunde schneller als letztes Jahr. Jetzt nur noch schnell geduscht, das herrliche Pasta-Buffet wartet schon. Den nötigen Hunger habe ich mir beim Lauf eh geholt. Das große Angebot reicht für jeden. Wohlgenährt fällt da die letzte Pflicht des Tages nicht mehr schwer und beschwingten Schrittes nimmt jeder seine wohlverdiente Urkunde strahlend entgegen.

Kaum zu glauben, dass bei diesem Angebot noch Überschüsse für die Henry Wanoike Foundation übrig bleiben. Doch dabei soll es heute nicht bleiben. Der Lauf war wieder so schön, dass sich alle Teilnehmer noch an einer spontanen Aktion beteiligen, um den Spendenbetrag zu erhöhen.

 

Fazit:

 

Eine kleine feine Veranstaltung, der man anmerkt, dass sie von Läufern für Läufer gemacht ist. Die Freude, die hier engagiert verbreitet wird, springt auf alle Teilnehmer über. Leider ist die Austragung für das nächste Jahr wegen des hohen Aufwandes für die wenigen Organisatoren noch nicht gesichert. Eine spontane Abstimmung war jedenfalls für eine erneute Auflage des W.U.T und der Dank der Teilnehmer ist Euch jetzt schon wieder gewiss.

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Informationen: WiedtalUltraTrail
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