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Laufberichte

„Die Wachau – ein Stück Paradies, ...

 

... das Gott vom Himmel fallen ließ“


Seit Michael Buchleitner, studierter Betriebswirt und ehemaliger Marathonspitzenläufer in Österreich, die Organisation dieser Laufveranstaltung übernommen hat, sind nicht nur die Teilnehmerzahlen deutlich gestiegen, sondern es hat sich auch für die Läufer der Service insgesamt wesentlich verbessert.

Hervorzuheben ist die Ausgabe der Startunterlagen für Wiener in der Bundeshauptstadt bei Intersport Eybl, die exzellente Versorgung an den zahlreicher als bei anderen Marathons eingerichteten Labestellen entlang der Strecke sowie die Gestaltung des Zielgeländes in Krems zu einer familiären Partyzone mit viel Unterhaltung und kulinarischen Genüssen. Aus den genannten Gründen und dank seiner landschaftlichen Schönheit ist der Wachaumarathon in einer zum Weltkulturerbe erhobenen Region an der Donau zwischen Melk und Krems rund 75 km von Wien entfernt stets ein fixer Termin in meiner Jahresplanung. Überdies lassen sich auf der flachen Strecke ohne nennenswerte Steigungen auch schnelle Laufzeiten erzielen.

Diesmal sieht die Situation für mich etwas anders aus: Nach dem Kirchenmarathon in Feistritz/Drau am Vortag möchte ich in der Wachau wieder einen Doppelpack landen, also je einen Lauf über 42,195 km an zwei aufeinanderfolgenden Tagen absolvieren. Das habe ich heuer schon sechsmal geschafft, allerdings immer auf Kosten der Laufzeiten. Als Marathonsammler nimmt man Finisherzeiten an die 5 Stunden und darüber in Kauf.
Im Radio Niederösterreich wird in den Morgennachrichten über den Wachaumarathon berichtet. Es wird auf zu erwartende Straßensperren und den neuen Teilnehmerrekord mit 11.000 Läufern in allen Bewerben hingewiesen. Sportlandesrätin Petra Bohuslav spricht von einer Umwegrentabilität in der Höhe von ca. 2 Millionen Euro für die Region. Bei besten Wetterbedingungen – leicht bewölkt, nicht zu warm, kein Wind – könnten viele eine neue persönliche Bestzeit erzielen.

Ich kenne einen Parkplatz unweit des Bahnhofes, den man nach wenigen Minuten Gehzeit erreicht. Je früher man in Krems am Marathontag mit dem Privatauto anreist, desto bequemer ist das Procedere. Der Marathon wird in Emmersdorf an der Donau um 10 Uhr gestartet. Der Transfer dorthin erfolgt alternativ mit Shuttlebussen, dem Zug oder per Donauschiff, das vor allem die ausländischen Teilnehmer gerne beanspruchen. Der Halbmarathon, für den sich gleich mehrere Tausend Läufer/innen registriert haben und der seit Wochen ausgebucht ist, wird zur gleichen Zeit 20 km östlich in Spitz gestartet. Der Start des Viertelmarathons ist bereits um 9.30 Uhr vorgesehen, die Staffelläufer nehmen wie üblich an den vorgesehenen Fixpunkten auf der Strecke Aufstellung, zumeist in der Nähe der Labestellen.

Als ich kurz vor 8 Uhr am Bahnhofsvorplatz eintreffe, fahren gerade die Shuttlebusse nach Spitz zum Halbmarathon-Startplatz ab. Ein Pärchen rennt einem abfahrenden Bus nach, obwohl bis 8.20 Uhr dort laufend Zubringerbusse eintreffen werden. In der Bahnhofshalle ist das Gedränge größer. Ich betrete ein Geschäft mit angeschlossener Cafeteria und kaufe mir eine noch warme Topfengolatsche und eine Melange. Schön, wenn man keinen Stress hat – die meisten haben sich eine bestimmte Laufzeit vorgenommen, mir geht’s ums Dabeisein und Anschreiben. Keine Sekunde denke ich daran, vielleicht einmal auszufallen, aufgeben zu müssen oder einen Start zu versäumen. Der Clubrekord steht bei 41 Marathons pro Jahr, 2012  von Österreichs führendem Marathonsammler, Gerhard Wally, erzielt. Kollege Wally befindet sich derzeit wegen eines Knöchelbruchs im Mai auf Rehab. Der 100 Marathon Club Austria hofft, dass Gerhard vielleicht beim heurigen Indoor-Marathon in Wien am 15. Dezember wieder dabei ist.

Ich hole die Tageszeitung Österreich aus dem Selbstbedienungsständer und begebe mich zum vordersten Bus, der zum Startbereich in Emmersdorf fährt. Wir sind ca. 40 Minuten unterwegs, ich schmökere in der Zeitung und denke daran, dass die Region heuer im Frühling vom Jahrhunderthochwasser schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Schäden an den Straßen, Feldern und Weingärten, Wohnhäusern, an der gesamten Infrastruktur wurden mit einem dreistelligen Millionenbetrag beziffert. Doch man sieht davon nichts mehr, die dort lebenden Menschen haben mit Unterstützung Tausender ehrenamtlicher Helfer aus weiten Teilen Österreichs und des Bundesheeres gründlich aufgeräumt und die durch die Wassermassen hervorgerufenen Zerstörungen beseitigt. Mit zusätzlichen Geldern aus dem Katastrophenfonds wurde die Instandsetzung erleichtert. Ich blicke auf die Uhr, es ist 9.10 Uhr, als der Bus ankommt. Unterwegs sind einige Staffelläufer zugestiegen, die der Busfahrer außerplanmäßig mitgenommen hat.

So früh war ich eigentlich noch nie in Emmersdorf. Bis zum Start verbleiben mir noch 50 Minuten. Noch sind kaum mehr als vielleicht 100 Läufer mit Begleitern oder Angehörigen anwesend, doch es kommen laufend Busse nach, die rund 800 registrierte Marathonis zum Start bringen. So schlendere ich zum nahen Donauufer hinunter, vorbei am Kleiderbus. Am anderen Ufer liegt in nordwestlicher Richtung das berühmte Benediktinerkloster Stift Melk, wo sich auch die gleichnamige Stadt befindet. Der heutige Bau wurde in den Jahren 1702 bis 1746 von Jakob Prandtauer errichtet. Als Wahrzeichen der Wachau gehört es zum UNESCO-Welterbe. 2010 hat meine Dienststelle, das BMUKK, dort eine internationale Konferenz abgehalten, am Tagungsband habe ich mitgearbeitet.
Auf der herrscht reger Schiffsverkehr. Mit Kreuzfahrtschiffen gelangt man inzwischen wieder durchgehend bis ins Donaudelta am Schwarzen Meer. Neben dem Spazier- und Radweg entlang des Flusses erblicke ich viele Brombeerstauden mit reifen Beeren. Niemand beachtet sie außer mir –  ich bediene mich, solange der Vorrat reicht. Die Hände sind nachher so rot, als hätte ich sie in Rote-Rüben-Saft getaucht.

Jetzt kommt mein Auftritt: Erstmals werde ich ein Maratho4You-Reporter-Shirt bei einem Lauf tragen. Ich reinige die klebrigen Hände mit kaltem Donauwasser und Sand, dann ziehe ich das exklusiv aber etwas verspätet am Freitag zugestellte Shirt der jungen Firma artiva an. Passt wie angegossen, tolle Qualität, sieht schick aus. Den Kleiderbeutel gebe ich ab, ich mische mich unter die Läufer. Noch verbleiben 8 Minuten bis zum Start, ich erblicke einige bekannte Gesichter, als ich auf und ab gehe und ein wenig mit (Bild-)Reporterallüren knipse. Helena Barcot, Mitglied in unserem Club, ist im Starterfeld, auch Leopold Eigner ist zu sehen, ebenso Susanne Schöberl und Willi Braunsteiner, die beide den Kaiserwaldmarathon Nr. 1 und Nr. 2 in St. Pölten am 15.  August und 7. September organisiert haben. Josef Stöger, Finisher des Ring O‘ Fire 2013, eines 3-tägigen Ultralaufes in Wales, hat sich für den Wachaumarathon angemeldet wie auch Rudi Srb und Thomas Lanz, die irgendwo im Startfeld stehen.

Dann ertönt das Startsignal, es geht los. Ich befinde mich etwas weiter vorne bei den 4-Stundenläufern. Keine Frage, das ist vermessen, aber am Anfang eine gute Position für den Fotografen. Der Kurs führt auf der Bundesstraße ca. 2 km stromaufwärts, dann in einer Schleife zurück zum Start. Nach wenigen Minuten rücken Susanne und Josef auf. Susanne scherzt, als sie laut sagt: „Ist da vor uns nicht der Läufer, den der Platzsprecher groß angekündigt hat, dass er heute seinen 40. Marathon laufen wird?“ Ich habe das nicht mitbekommen, denn ich habe mich zu diesem Zeitpunkt wohl bei den Brombeeren aufgehalten. Susanne und Josef kündigen an, heute mit 4:13 finishen zu wollen. Keine Frage, das ist ihnen zuzutrauen. Auch ich fühle mich eigentlich putzmunter, die Strapazen vom Kirchenmarathon sind nicht mehr fühlbar. Ich werde daher etwas übermütig und eile der nachrückenden 4:30er-Pacemaker-Runde davon.

Inzwischen kommen die Schnellsten schon auf der linken Seite der Straße auf mich zu, darunter auch der spätere Sieger Wolfgang Wallner und der Triathlet Alexander Frühwirt. Das Tempo der Spitzenläufer liegt bei geschätzten 3:30 bis 3:40 min/km – so schnell bin ich einmal als Endvierziger 2003 im Prater auf nur einem Kilometer testweise gelaufen. Das Leistungsspektrum ist breitest gestreut, gegenwärtig hätte ich größte Mühe ohne Training einen Halbmarathon unter 2 Stunden zu laufen. Bei der Gelegenheit möchte ich erwähnen, dass ich seit Jahren außer dem Marathons am Wochenende keinen einzigen Meter zusätzlich laufe, vielmehr unter der Wochen am Schreibtisch sitze und – überspitzt gesagt – regeneriere. Da ich mich bei den Marathons aber nie überanstrenge bzw. verausgabe, sind es eigentlich nur längere Trainingsläufe, die der Körper nach einigen Stunden wieder wegsteckt. Mein Ziel sind heuer 52 Marathons, nächstes Jahr möchte dann für eine Laufzeit unter vier Stunden trainieren, was machbar erscheint.

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Informationen: WACHAUmarathon
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