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Laufberichte

Alles gerichtet in Marathon City

12.09.10
Autor: Klaus Duwe

In Münster fühlt man sich als Badener gleich wie zu Hause. Nicht, dass Badener und Münsteraner die gleiche Sprache sprechen. Im Gegenteil. Ich brauche nur eine Portion Pasta bestellen und schon stellt die Bedienung fest: „Sie sind aber nicht aus Münster.“ Es sind andere Dinge, die uns verbinden. Die Farben zum Beispiel, gelb und rot. Der ganze Prinzipalmarkt, Münsters gute Stube, ist damit geschmückt. Die weißen Wimpel dazwischen sind nur Füller. Auch der Blick zur Lambertikirche am Ende des Platzes scheint einem vertraut. Kein Wunder, der Turm ist beim Freiburger Münster abgekupfert.

Damit hat es sich aber mit den Gemeinsamkeiten. Alles Andere in Münster ist so ziemlich einmalig. Vor allem der erwähnte Prinzipalmarkt, der Hauptmarkt, mit seinen Giebelhäusern, von denen keines dem anderen gleicht. Den Markt gibt es schon über 1000 Jahre, mit dem Bau der Lambertikirche wurde 1375 begonnen. Am südlichen Ende des Platzes steht der Stadthausturm, Rest des 1902 erbauten ehemaligen Stadthauses.

Schlendert man über den Prinzipalmarkt, fallen einem (von der Historie einmal abgesehen)  zwei Dinge auf:

Das aus vielen Städten bekannte Geschäfte-Einerlei mit immer denselben Filialisten gibt es hier nicht, auch keine Buletten-Bude. Dafür aber alle Designer-Labels dieser Welt, teure Uhren und edlen Schmuck in noblen Geschäften in einer Dichte, wie man sie sonst nur von wesentlich größeren Städten kennt. Als vor ein paar Jahren in der TV-Sendung „Unsere Besten“ die Deutschen auch ihre liebsten Plätze nennen konnten, landete der Prinzipalmarkt auf Rang 4. Nur der Kölner Dom, das Brandenburger Tor und die Schlosskirche in der Lutherstadt Wittenberg wurden öfters genannt.

Und dann sind da die Radfahrer. Angeblich müssen sie in der Fußgängerzone ihr Leez, wie man das Fahrrad hier nennt, schieben. Ich sehe keinen, der das tut. Dafür hör ich’s dauernd klingeln.  Münster ist Deutschlands Fahrradstadt Nr. 1. Laut einer Umfrage haben 93 % der rund 280.000 Einwohner mindestens ein Fahrrad, 500.000 Drahtesel, so wird geschätzt, sollen es insgesamt sein.  Einer anderen Statistik zufolge sind 50 % der im Straßenverkehr Verletzten Radfahrer oder Fußgänger …

Ist es da nicht geradezu sensationell, welchen Stellenwert in Münster der Marathon hat? Vom geschmückten Prinzipalmarkt mal abgesehen: An Haltestellen, in Schaufenstern, auf Plätzen, überall Plakate, Transparente und Hinweise auf das bevorstehende Großereignis. Das eingangs erwähnte Gespräch beim Italiener ging so weiter: „Sind Sie wegen dem Marathon hier?“ Es gibt an diesem Wochenende nichts Wichtigeres in Münster.

Über 5000 Teilnehmer waren es mal in der Spitze, aber auch die 3095 Läuferinnen und Läufer, die sich dieses Jahr für die 42 km lange Strecke eingeschrieben haben, sind überaus respektabel. 1049 Staffeln füllen das Feld auf. Auf einen Halben, mit dem man locker die Zehntausender Marke knacken könnte, verzichtet man bewusst und gehört damit zu den nur noch wenigen „lupenreinen“ Marathons in Deutschland.

Von OK-Chef Michael Brinkmann lasse ich mir erzählen, wie der Marathon nach Münster kam. Als leidenschaftlicher Läufer (Marathon-Bestzeit 3:02!) machte er seinem Dienstherrn, der Volksbank, irgendwann den Vorschlag, in Münster ein richtig großes Laufevent aufzuziehen. Laufen, in der Fahrradstadt. Die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Trotzdem schaute man sich den Brinkmann-Plan einmal detaillierter an und schickte den engagierten Mitarbeiter damit ins Rathaus.  Auch dort war man eher zurückhaltend („Wo wollen Sie laufen? In der Stadt?“) und erst beim zweiten Hinsehen bereit, dem Marathon eine Chance zu geben.

Man kennt es: Sind alle gleich begeistert und fallen Dir um den Hals, wenn Du mit einer neuen Idee kommst, lässt man Dich genauso schnell alleine, wenn es Probleme gibt. In Münster aber hatte man sich die Sache sehr gut überlegt und war schließlich mit Überzeugung und Engagement dabei, als der erste Marathon 2002 gestartet wurde. Von Anfang an hatte man auch daran gedacht, die Bevölkerung „mitzunehmen“, die seither wie eine Eins hinter der Veranstaltung steht. Wäre in Berlin die Marathonbegeisterung so groß wie in Münster, müssten dort 2 Mio., statt der angeblich 1 Mio. Menschen an der Strecke stehen. Davon aber später.

Zunächst muss man sich ja die Startunterlagen holen. Die gibt es im Paulinum-Gymnasium, wo man auch im Freien bei Live-Musik leckere Pastagerichte genießen kann. Sobald es die Zeit erlaubt, geht Michael Brinkmann von Tisch zu Tisch, fragt, wo die Leute herkommen, ob alles passt und wünscht einen guten Lauf.  Aus 31 Nationen kommen die Teilnehmer, so international war der Münster Marathon noch nie. Und gut besetzt ist er auch. Man versteht sich zwar als Breitensportereignis, möchte den Leuten in der Stadt aber auch Spitzensport bieten. Deshalb gibt es für Siegerinnen und Sieger ganz ansehnliche Prämien und einen Bonus für den Streckenrekord. Morgen ist Zahltag, soviel möchte ich schon mal verraten.

Der Tag beginnt mit einem fürstlichen Frühstück, das im offiziellen Marathon-Hotel (Treff-Hotel) schon um 6.00 Uhr gerichtet ist. Du bekommst alles, was Dein Trainer verboten und erlaubt hat. Seit ich vor Jahren einmal gesehen habe, wie ungeniert die Kenianer bei Wurst und Schinken zugreifen, habe ich auch keine Hemmungen mehr.  Vom Hotel ist es ein Katzensprung zum Prinzipalmarkt und von dort nur ein paar Minuten zum Startplatz am Hindenburgplatz.

„Wie wird das Wetter?“, will ich wissen. „Sagen wir es mal so: Beim Start werden alle noch  trocken bleiben, ansonsten nur die Schnellsten“, so die offizielle Auskunft. Grau ist der Himmel schon jetzt, aber kalt ist es nicht. Vor dem Fürstbischöflichen Schloss, 1767 erbaut und heute Sitz der Wilhelms-Universität, versammeln sich immer mehr Läuferinnen und Läufer.  Den großen Blondgelockten mit dem Handy am Ohr kenne ich. „Hey Achim, was machst Du hier?“ „Ich? Ich bin doch aus Münster“, klärt mich Walkerhasser Achim Achilles auf. Er läuft Staffel, Marathon so kurz vor Berlin ist nicht. Jetzt fehlt noch Hawe. Der hat heute als 5:00-Pacer die zusätzliche Aufgabe übernommen, Heidrun Kemper zu coachen. Sie leitet das Treff-Hotel und jetzt, wo es als Marathon-Hotel fungiert, will sie unbedingt ihren ersten 42er laufen. So ist das in Münster.

 
 

Informationen: Volksbank Münster-Marathon
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