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Laufberichte

Irgendwann musst Du nach Ulm

22.06.12

Wieder westwärts zunächst auf einem Grasweg und später auf einem Straßenabschnitt wird der Weiler Kesselbronn tangiert. Die gerade mal 70 Höhenmeter empfinde ich als deutlich mehr. Der Weg ist streckenweise schwer zu laufen, ein echter Trail eben. Die B19 wird westwärts unterquert, es folgt ein leicht welliger Waldweg. Ein geteerter Feldweg führt nördlich über die Autobahn A8, der dann parallel westwärts zu folgen ist. Nach einer langen Geraden geht es südlich auf einem Wirtschaftsweg entlang der Ortsverbindungsstraße nach Beimerstetten. Die Bahnlinie Ulm-Stuttgart wird auf einer Brücke überquert.

Mitten in Jungingen ist bei km 75 am dortigen VP erst einmal Erholung angesagt. Wegen des steten, nicht immer leichten Auf-und-ab bezeichnet der Streckenchef den Abschnitt rund um Jungingen auch gerne als Achterbahn der Ulmer Nacht. Nach der Durchquerung des südlich gelegenen Gewerbegebietes taucht rechts in einem kleinen Waldstück die Wilhelmsburg auf.

Die 200×130 Meter große Wilhelmsburg, die unter dem württembergischen Major von Erhardt in den Jahren 1842 bis 1849 erbaut wurde, dient der aus mehreren Werken bestehende Wilhelmsfeste als Reduit und ist das stärkste Element der Hauptumwallung. Die Zitadelle konnte 6.951 Mann aufnehmen. Der Innenhof hat eine Fläche von 1,3 ha. Die Wilhelmsburg besteht aus vier Flanken, einem Kehlturm mit eigenem Innenhof und zwei 30 Meter hohen Flankentürmen an der Frontseite. Sie reicht zudem von der Grabensohle etwa 20 Meter, im Bereich der Gegenminenstollen 25 Meter tief ins Erdreich. Außerdem lief ein trockener Graben rund um die Burg, dessen Nordseite beim Umbau der Wilhelmsfeste zur Bundeswehrkaserne in den 1950ern zugeschüttet wurde. In der Wilhelmsburg befinden sich ca. 570 Räume, sie besteht aus 300.000 t Kalkstein aus dem Blautal. Wie die Reduits der Donaubastionen wurde die Wilhelmsburg als Defensivkaserne angelegt, das heißt, dass die Wohnräume der Soldaten auf der Seite zum Innenhof und die Geschützkasematten an den Außenseiten liegen. In der Kehlseite befinden sich halbkreisförmige Öffnungen, die als Wurfbatterien verwendet werden konnten. Zunächst laufen wir entlang dem Festungsgraben dann noch im Festungsgraben. Dort  befindet sich die dritte große Wechselzone mit dem dortigen großen VP.

 

Abschnitt 4: Wilhelmsburg (km 80) – Ziel (km 100)


Zunächst geht’s dann weiter im Festungsgraben sodann wird die Wilhelmsburg verlassen, die etwas entfernt zur Außenmauer umrundet wird. Gelegentlich bieten sich interessante Blicke auf die imposanten Befestigungsanlagen, die manche Strapazen dieses Streckenabschnittes vergessen lassen. Nach einem Taleinschnitt und der Unterquerung einer Umgehungsstraße steigt der Weg zum Ortsteil Lehr auf der Ulmer Albhochfläche an. 

Nach dem Lauf-km 85 und VP in Lehr wird ein kleines Tal in nördlicher Richtung durchquert. Ein Teilnehmer der ersten Auflage der Nachtrunde bezeichnete diese Stelle als Mördersenke. Wohl auch, weil der Gegenanstieg optisch schlimmer aussieht, als er dann wirklich ist. Nach der Mördersenke folgt links bei der Rommelkaserne mit einer unbesetzten Wasserstelle, an der es mehr Bier als Wasser gibt, bei km 87 folgt ein langer Schotterweg durch das Truppenübungsgelände. Überall liegen hier Patronenhülsen rum und auf Schildern wird davor gewarnt diese als Souvenir mitzunehmen. Auch ein kaputter Panzer steht da rum, jedoch ohne die Warnung für Souvenirräuber.

Die folgende breite, harte Militärstraße fällt gegen Ende unangenehm steil ab. Wieder in westlicher Richtung führt ein Feldweg durch ein schönes Seitental hoch nach Mähringen. Nach dem VP bei km 90, beim dem die um 11 Uhr gestarteten 15 km Nordic Walker auf unsere Strecke stoßen, und der letzten Wechselzone der Achterstaffeln ist letztmalig in nördlicher Richtung abzubiegen. Das Schlimmste liegt nun hinter uns, was folgt ist der fast schon versöhnlich wirkende Finalabschnitt. Auf einem kaum ansteigenden geteerten Wirtschaftsweg und der nördlichen Kehre kommt schnell der VP Bollingen (94 km).

Meist leicht bergab, zuletzt auf einem schönen Naturweg, geht es ins Kiesental, wo man bergab leicht geschoben wird. Die schöne Heidelandschaft erinnert mich an mein Zuhause und beflügelt dann auch den Schritt in Richtung Ziel. Kurz nach der Wegmarkierung bei km 95 und einer Linkskurve muss letztmalig ein Anstieg mit 25 Höhenmetern (für mich jetzt fast schon ein Berg) überwunden werden. Abgesehen von zwei sehr kleinen Gegenanstiegen geht es den letzten Abschnitt stets leicht abfallend dem Ziel entgegen. Hier folgen wir dann nochmals der Blau. Rechts nun schon das Ziel im Auge muss bei Laufkilometer 99 noch eine großzügige Schleife um das Stadion gelaufen werden, das ich dann mit einem tollen Glücksgefühle nach 14 Stunden und 8 Minuten erreiche. (1 Stunde 30 mehr als in Biel also genau in meiner Prognose). Von den 184 Startern erreichten 148 das Ziel.


Zusammenfassung


Die höchst abwechslungsreiche Strecke auf der großen Runde bietet Elemente sowohl für Flachländer,  wie auch für Bergspezialisten. Knapp 50% befestigte Abschnitte der Ulmer Nachtrunde wechseln sich mit Schotter- und Graswegen ab. Befahrene Straßen und Straßenquerungen sind die Ausnahme. Nach einer hügeligen Aufwärmphase auf den ersten 20 km folgen sehr lange Flachabschnitte entlang der Iller und der Donau.

Die Sehenswürdigkeiten wie das Erbacher Schloss, die Klosterkirche Wiblingen oder das Ulmer Donauufer werden meist noch bei Nacht passiert. Ab km 50 beschert der anbrechende Tag höchst anspruchsvolle Streckenabschnitte mit viel Auf-und-ab auf stellenweise anspruchsvollem Untergrund. Die Wilhelmsburg, deren Fertigstellung gut 150 Jahre zurück liegt, umrunden die schnellen Läufer noch im Morgengrauen.

Der Schlussabschnitt ist recht angenehm zu absolvieren, auch wenn die Beine schwer werden. Die Strecke ist gut mit Sperrgittern, Pfeilen, Lämpchen, Trassenbänder und Bodenmarkierungen versehen, so dass man sich schwer verlaufen kann. Linke Seite stets gelbe Bänder, rechte Seite orange Bänder.
Alles in Allem eine toll organisierte Veranstaltung, die gegenüber Biel sicherlich nicht zurückstehen muss, ganz im Gegenteil. Also: „Irgendwann musst Du nach ULM!“ Einfach super und eine echte Alternative zu Biel.

100 km Sieger
Männer

1 KIEBLER, Jürgen Team Dethleffs Isny 8:18:52
2 MUNTENASU, Petru TEAM Salomon 8:41:43
3 HEISE, Achim Delligser SC 8:45:21

Frauen

1 KONOLD, Silke LT Herbrechtingen  9:29:33
2 LECHNER, Edith LC Olympia Wiesbaden 10:23:42
3 SCHADWELL, Andrea Team Icehouse 0:32:52

148 Finisher

123
 
 

Informationen: Ulmer Laufnacht
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