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Laufberichte

Herbstfarben

21.10.06

Grüne Wiesen, gold-gelbes Laub und grauer Himmel


Es ist ein Landschaftslauf der besonderen Art, welcher heute zum 16. Mal über die drei Dreikaiserberge ausgetragen wird und mit einer Länge von 50 km eigentlich in die Kategorie Ultramarathon gehört. Nicht nur die Länge ist bei diesem Lauf das Besondere, auch die beträchtlichen 1100 Höhenmeter prägen diesen Rundkurs über die Triade Hohenstaufen, Hohenrechberg und Stuifen.

 

Dieser Schwäbische Alb Marathon  wird mittlerweile seit 1998 auf dieser Strecke veranstaltet, davor begnügte man sich bei dem größten Ultramarathon Süddeutschlands mit 44 Kilometern. Für einen Landschaftslauf ist das Gesamt-Teilnehmerfeld 2006 von über 800 Läuferinnen und Läufer beachtlich. Dramatisch aber ist der über 30 %ige Rückgang der Finisher (464) auf der Königsstrecke im Vorjahresvergleich. Den 25 km-Lauf mit Ziel Hohenrechberg beenden 328 Läuferinnen und Läufer erfolgreich. Ein Stafettenlauf über die 50 km Strecke und ein 30km-Walking/Nordic Walking sowie ein Bambinilauf runden das heutige Veranstaltungsprogramm ab.

 

Für einen Großteil der Teilnehmer des 50 km langen Laufes ist es der letzte Wertungslauf zum Ultramarathon- Europacup 2006. Bei diesem Wettbewerb müssen mindestens drei Läufe aus einer Serie von sechs Läufen absolviert werden. Dazu gehören bekannte Ultraläufe wie der 100er in Biel und der Rennsteiglauf in Eisenach. 

 

Ausgangspunkt der Laufveranstaltung ist die älteste, 62.000 Einwohner zählende  Stauferstadt Schwäbisch Gmünd, ungefähr 50 km östlich von der Landeshauptstadt Stuttgart gelegen. Bekanntlich stellte das schwäbische Adelsgeschlecht der Staufer im späten  Mittelalter zahlreiche deutsche Könige und Kaiser. Bundesweit bekannt ist die Kreisstadt nicht nur wegen der hier ansässigen Firmen aus dem Bereich der Automobil–, Edelmetall- und Oberflächenindustrie, sie ist auch heimliche Designerhauptstadt mit der höchsten Designerdichte Europas. Die über 1,5 Millionen Mitglieder der Gmünder Ersatzkrankenkasse (GEK) tragen ebenso gewaltig zum Bekanntheitsgrad der Stadt bei. Im Jahre 1878 fand die Gründungsversammlung der GEK in der Bocksgasse statt, mittlerweile werden 800 Mitarbeiter in der hier ansässigen Hauptverwaltung beschäftigt.

 

Unsere 100 km lange Anreise erfolgt mit dem Auto. Als es um 6.30 Uhr los geht, steht die Quecksilbersäule auf recht milde 11°C, die Ankunft  um  8.15 Uhr erlaubt uns eine reibungslose Parkplatzsuche in Zielnähe sowie eine in aller Ruhe ablaufende Vorbereitung.

 


Zum dritten Mal wird der um 10.00 Uhr beginnende Lauf auf dem Marktplatz gestartet, die Startunterlagen (genau genommen: die Startnummer mit integrietem Zeiterfassungssystem) sind nach wie vor in der 5 Gehminuten entfernten Großsporthalle abzuholen.

 

Hier ist auch in unmittelbarer Nähe die Schwerzerhalle und das Zielgelände, wo ich nach ungefähr 6 Stunden Laufzeit gegen 16.00 wieder eintreffe. Die Bestzeit bei den Frauen liegen im Bereich der 3.45 Stunden, bei den Männer hält Jürgen Wieser den Streckenrekord mit 3.12 Stunden. 

 

Dieser Lauf ist bestimmt nicht dazu geeignet, seine 50 km-Zeit zu verbessern. Es ist kein einfaches Streckenprofil und auf weiten Teilen der Strecke ist mit anspruchsvollem Untergrund zu rechnen. Aber die wunderschöne, legendäre Landschaft macht dies wieder mehr als wett.

Mittlerweile ist es hier meine 6. Teilnahme. Ich glaube, es war im Jahre 2002: es regnete und durch die zahlreichen Läufer vor mir war der Untergrund teilweise ziemlich matschig. Auf dem Weg hoch zum Stuifen blieb ich in einer Schlammpfütze stecken und hoppla, da war ich urplötzlich nur noch einfach beschuht - Landschaftslauf pur!

 

Pünktlich um 10.00 Uhr werden wir im Zentrum, auf einem der schönsten Marktplätze Deutschlands, von vielen Zuschauern auf die Reise geschickt. Etwa nach einem Kilometer passieren wir die Schwerzerallee. Wie immer bin ich der Letzte beim Überqueren der Startlinie, kann aber mittlerweile einige Mitstreiter hinter mir lassen. Heute habe ich mir vorgenommen, alles in einer bedächtigen Art und Weise laufend zu absolvieren, viele Bilder auf den Speicherchip zu bringen und die Natur zu genießen.

 

Nach 2 Kilometer haben wir die Stadt und ihre Ausläufer hinter uns gebracht, abermals 2 flache Kilometer zum Einrollen folgen und dann kommt die erste, aber kaum zu erwähnende leichte Steigung. Beutental ist nach fünf Kilometer erreicht, ein Genuss für naturverbundene Menschen - herrlich verfärbte Laubbäume sind zu Bewundern und eine idyllische, besinnliche Ruhe ist eingekehrt. Am Beutenhof können sich geplagte Städter zu einem Landurlaub einmieten. Hühner, Ziegen und Gänse vergnügen sich und ein kleiner Kinderspielplatz sowie der Grillplatz für die Gäste ist in die herrliche Landschaft eingebettet.

Persönliche, zeitliche Vorgaben und Ziele sind beim Schwäbische Alb Marathon gut kontrollierbar – jeder einzelne Kilometer ist ausgeschildert, ebenso werden die Verpflegungsstellen schon mustergültig 200 m vorab durch Hinweistafeln angekündigt.

 

Die folgenden 6 km sind nun mit einem Zugewinn von über 100 Höhenmetern verbunden. Eine erste ernsthafte Bewährungsprobe für die anstehenden Eroberungen der drei Kaiserberge mit den recht saftigen Steigungen und Gefällen, ist der Aufstieg zum Wäscherschloß, der Wiege der Staufer auf ca. 440 Metern Höhe.

 

Mittlerweile ist gut eine Stunde vergangen und leichter Nieselregen sorgt für Abkühlung. Dieser mag für die wenigen Zuschauer zwar unangenehm sein, aber für mich ist solches Wetter ideal: keine Sonne während des gesamten Laufes, der Himmel zeigt sein ganzes Spektrum an Grautönen.

 

Der Streckenabschnitt zwischen Km 10 und Km 14 steht unter dem Motto “in Ruhe Anlauf nehmen“ inmitten einer saftig grünen Wiesenlandschaft, denn bis Km 17 werden wir uns auf 684 Metern Höhe hoch gearbeitet haben. Ja, über 200 m Zugewinn an Höhe bis wir den Gipfel des ersten Kaiserberges, den Hohenstaufen erreichen. Hier oben sind noch Reste von der  Stammburg  der Staufer zu erkennen. Den Aufstieg bewältigt man in meiner Leistungsklasse natürlich nicht laufend – es ist viel zu steil und damit viel zu anstrengend.

 

Oben angekommen, es sind nun schon zwei Stunden vergangen, knipse ich einige Bilder, drehe eine Schleife auf dem Plateau und dann gehe ich wieder behutsam auf dem Waldpfad hinunter, Tempo ist auf diesem Gefällstück nicht ratsam, wenn man seine Gelenke schonen will. Der Gegenverkehr gibt mir Gelegenheit,  die Läuferinnen und Läufer zu beobachten, die ihren Weg nach oben noch „genießen“.


Innerhalb eines Kilometers haben wir 150 Höhenmeter verloren und nun den Wald wieder verlassen. Es geht hinaus auf den Asrücken, die Verbindung zwischen dem Hohenstaufen und Hohenrechberg. Aus der Ferne können wir den zweiten Kaiserberg erblicken, dessen Gipfel wir in 7 Kilometern erklommen haben werden. Doch zuvor geht es im stetigen Wechsel moderat bergauf und bergab, ohne dass man sich verausgaben muss.

 

Bald ist die Ortschaft Rechberg erreicht, zuerst geht es auf der Hauptstrasse entlang, bis der Weg uns nach einer recht scharfen Kurve  in einer sehr steilen Passage zum Hohenrechberg hinauf leitet. Für mich ist dieser Kilometerabschnitt der wohl schwierigste des gesamten Laufes. Auf dem Weg hinauf befinden wir uns auf einem Passionsweg, die 14 Stationen des Leidens Jesus Christus können rechts und links am Wegrand verfolgt werden.

 

Oben angekommen, ist das Ziel für die Teilnehmer des 25 km-Laufes erreicht. In unmittelbarer Nähe der Wallfahrtskirche Hohenrechberg, im 17. Jahrhundert erbaut, ist ein Verpflegungsstand, ich verweile eine oder zwei Minuten und schaue auf die Uhr. In der Regel habe ich nach drei Stunden die Hälfte der Strecke hinter mich gebracht und ich bekomme ein erstes kleines Glücksgefühl. Die zweite Hälfte ist wesentlich eingfacher, nur noch ein Kaiser liegt vor uns und die letzten 7 Kilometer geht’s eh nur bergab.

 

Der Pfad vom Hohenrechberg runter darf nicht unterschätzt werden, so extrem es bergauf geht, so extrem geht es auch bergab. Dazu kommt noch, dass es recht eng zugeht, da alle 25 km–Läuferinnen und Läufer den gleichen Weg nehmen müssen, weil unten im Tal der Bus nach Schwäbisch – Gmünd losfährt. Dazu sorgt das nasse Laub für reichlich Rutschpotential.

 

Nach schwerer, zehnminütiger Bremsarbeit für meine Füße habe ich wieder eine flache Strecke vor mir. Ich passiere nun noch einige Häuser und laufe so 300m an einem für uns markierten Streifen an einer Strasse entlang, bevor es in einen Feldweg links weggeht. Wie ein riesiger Gugelhopfkuchen liegt der höchste zu bezwingende Kaiserberg vor uns. Dieser wird in östlicher Himmelsrichtung her umrundet bis der Gipfel in 720 Metern Höhe nach weiteren 7 km erreicht ist. Wurzeln, Unebenheiten und Schlammlöcher verschärfen die  steilen Passagen zusätzlich.

 

Als ich dann das Plateau erreiche, wird die Startnummer zur Kontrolle abgestempelt. Wir haben eine herrliche Aussicht auf die herbstlich eingefärbte Landschaft und die Aufstiegsmühen sind schnell vergessen. Ich fühle mich noch wohl und voller Kraft für die restlichen 20 Kilometer.

Zunächst muss der steile Weg vom Stuifen runter in Angriff genommen werden. Dabei genieße ich immer wieder den Blick auf die schöne Alblandschaft. Viele Leute sind heute mit der Obsternte beschäftigt, Kühe weiden auf den noch grünen Wiesen.

 

So bei km 33 biege ich in eine Wendepunktstrecke ein, die uns um die Reiterleskappele führt. Diese im 18.Jahrhundert erbaute Kapelle liegt im Schatten einer uralten, ca. ums Jahr 1600 gepflanzten Linde und ist ein wahres Kleinod in der Gegend und für jedem Alb-Wanderer ein Begriff.

Gefolgt von einem kurzen Anstieg führt die 4 km lange Gefällstrecke nach Waldstetten hinunter. In der Ortsmitte kann an der Verpflegungsstelle Flüssigkeit und Energie für den letzten Anstieg getankt werden. Die Strecke mündet nach dem Verlassen der Ortschaft wieder in die Alblandschaft ein und nach einem letzten mühseligen Anstieg wird Kilometer 42 erreicht. Es ist fast geschafft, wir sind in Straßdorf und von da geht es nur noch bergab.

 

Der leicht abfallende, asphaltierte Radweg, eine frühere Eisenbahntrasse, führt direkt nach Schwäbisch Gmünd. Wer will und sich seine Kräfte gut eingeteilt hat, kann hier Gas geben und sicherlich noch den einen oder anderen Platz gutmachen.

 

Am Schluss sind noch einige 100 Meter der Rems entlang zu laufen und schon ist die herbstliche Schwerzer-Allee in Sicht. Links und rechts entlang sind riesige Haufen goldgelben Laub aufgetürmt, vor mir das Ziel. Der Sprecher ruft meinen Namen, am Straßenrand empfängt mich meine Frau. Nach 5 Stunden und 34 Minuten laufe ich zufrieden lächelnd durchs Ziel - neue Bestzeit bei meiner 6. Teilnahme, 16 Minuten schneller als im Vorjahr.

 

Wettbewerbe:

25Km Rechberglauf 
50Km Lauf 
Stafettenlauf 
30 km Walking / Nordic Walking 
Bambinilauf 


Zeitnahme:

In der Startnummer integriertes Erfassungssystem

 

Auszeichnung - Leistungen:

Das günstigste Startgeld für den 50 km Lauf beträgt 27 Euro
Eine sehr schöne Medallie nach Zieleinlauf


Urkunde sowie Broschüre mit Ergebnislisten und Zeitungsberichte werden zugeschickt


Die ersten Fünf erhalten Geld und Sachauszeichnungen, sowie Ehrenpreise für die ersten drei der jeweiligen Altersklasse


Verpflegung

10 Verpflegungsstellen mit Wasser, Tee, Iso, Bananen, Haferschleim, Äpfel, Riegel, Cola, nicht üppig aber ausreichend


Diverses

Günstige Übernachtungsmöglichkeit in der Großsporthalle, Duschmöglichkeiten und Verpflegung in unmittelbarer Zielnähe


Resümee

Angesichts perfekter Organisation, herrlicher Landschaft und gutem Preis-/Leistungsverhältrnis ist mir der Teilnehmerschwund unerklärlich. 

 

Informationen: Sparkassen Alb Marathon
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