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Laufberichte

Jeffrey's Story und der Marathon in Antalya

07.03.10
Autor: Klaus Duwe

Zum fünften Mal findet in Antalya der Marathon statt, zum fünften Mal bin ich dabei. In meinen Berichten erfahrt Ihr viel über die Stadt, den Lauf und die Umgebung. Deshalb will ich diesmal darauf verzichten und Euch die Geschichten von zwei Teilnehmern, einem aus Deutschland und einem aus der Türkei, erzählen. 

Jeffrey Norris ist in Amerika geboren und kommt als 10jähriger nach Nürnberg. Norris in der Noris-Stadt, so ein Zufall. Nürnberg ist die Partnerstadt von Antalya. Es dauert aber noch, bis sich ein Zusammenhang zwischen Jeffrey und der Urlaubsmetropole an der Türkischen Riviera herstellen lässt.

Der junge Amerikaner ist ein Typ, der alles ausprobieren muss. Erlaubtes und Verbotenes. Als 18jähriger verliert er bei einem Unfall sein linkes Auge. Er lebt weiter auf der Überholspur, nimmt Drogen. Erst ganz harmlos, dann die harten Sachen. Seine Freunde sind ausschließlich aus dem Milieu, er kennt schon bald die „andere“ Seite des Lebens nicht mehr, seine Art zu leben wird seine Realität. Er wird straffällig, flieht aus Deutschland, wird Vater.

Um wieder in Deutschland leben zu können, sitzt er seine Strafe ab, ändert aber nicht seinen Lebenswandel. Nach einer Feier provoziert er eine Schlägerei, bei der er halb totgeschlagen wird. Mit schwersten Verletzungen wacht er auf der Intensivstation auf.  Seine Schmerzen sind eine Sache, dass es Nacht um ihn ist, eine andere. Er verliert in Folge seiner schweren Verletzungen auch sein rechtes Auge und ist blind. Halbtot, im Entzug und blind.

In dieser Situation, wo man eher denkt, Jeffrey würde an seinem Leben nichts mehr liegen, erwacht ein unbändiger Wille in ihm. Der Wille zu leben. Aber nicht, wie bisher. Er will zurück in ein neues Leben. Wie das gehen soll, weiss er nicht, aber er will es …

Jeffrey ist in Therapie. Er raucht wie ein Schlot, sonst ist er clean. Der örtliche Wanderverein bietet an, mit den Patienten Touren zu unternehmen. Jeffrey würde gerne draußen sein in der Natur, sich etwas bewegen. Aber ein Blinder im Wald? Keiner will die Verantwortung übernehmen, man lehnt es ab.

Das bekommt ein anderer Patient mit. Er spricht Jeffrey an und bietet ihm an, mit ihm etwas zu unternehmen. Er ist aber kein Spaziergänger und auch kein Wanderer, der hilfsbereite Mann ist Läufer, Marathonläufer. Es ist vor Sonnenaufgang, das Gras ist nass vom Tau und es ist das erste Mal seit Jahren, dass Jeffrey frische Waldluft und die Natur genießt.

Schon bei der ersten Tour erzählt der neue Freund dem Ex-Drogen- und jetzt Lebenssüchtigen von seinen Läufen in fremden Ländern, von wahren Freunden und Abenteuern. Jeffrey ist sofort klar: Das ist es, wonach er sucht.

Die einzige Bedingung, mit dem Rauchen aufhören, erfüllt er gerne. Mit dem neuen Freund macht die ersten kurzen Läufe. Ja, das ist sein Sport, das kann er. Nur halt nicht alleine. Er braucht einen sehenden Freund.

Als Jeffrey hört, dass sein Freund in ein paar Wochen in der Nähe an einem 10km-Lauf teilnehmen wird, ist er Feuer und Flamme. Da will er dabei sein. Er, der noch keine 1000 Meter am Stück laufen kann. Sein Freund muss ein guter Menschenkenner sein, der weiß, wie man eine Sache anpackt und einen Menschen, der es braucht, motiviert.

Natürlich schafft Jeffrey die 10 km und natürlich macht er weiter. Bald läuft er den ersten Marathon, dann 100 km und schließlich wird er ein Ironman. Irgendwann schickt er mir einen Laufbericht von einem besonderen Marathonerlebnis in Amerika. Ein Laufbericht von einem Blinden? Ich bin begeistert. Wir telefonieren und lernen uns kennen. Ich erzähle ihm von Antalya und der Türkei, weil auch Jeffrey Länder und Kontinente „sammelt“. Ich bringe ihn mit Okan zusammen, der bei Öger-Tours für den Marathon zuständig ist. Der Rest ist Formsache.

Ich sitze im Flieger und werde in Kürze Jeffrey treffen. Den Mann, den man halbtot prügelte und damit das Leben rettete. Den blinden Läufer, der durch seinen Sport zu einem Leben gefunden hat, das besser und schöner ist, als er es sich jemals erträumt hat.

Nahsen Deniz Yasar ist 32 Jahre und wohnt in Antalya. Er wird Jeffrey auf dem Marathon begleiten. Er hat sich dazu auf eine Aktion von Öger gemeldet. Auch seine Geschichte muss man einfach erzählen, weil sie viel darüber aussagt, was eine solche Veranstaltung in Bewegung setzen kann. 

2006, vier Wochen vor dem ersten Antalya Marathon, sieht Dennis zufällig ein Werbeplakat.  „Wow“, denkt er, „Marathon, das wäre was.“ Unsportlich ist der junge Mann zwar nicht, er spielt Basketball und taucht. Aber er raucht auch eine Zigarette nach der anderen und feiert gerne. Trotzdem beginnt er mit dem Laufen. Weil das ohne Dampf besser geht, schränkt er das Rauchen ein und gibt es wenig später ganz auf.

Schließlich steht er beim ersten Antalya Marathon an der Startlinie. Den Ganzen traut er sich nicht zu, aber den Halben. Stolz, wie es sich für einen Türken gehört, läuft er nach 2:12 Stunden ins Ziel. Für Deniz ist klar, das will er weiter machen. Inzwischen ist er Marathonfinisher und Triathlet, hat den Trainerschein und möchte junge Menschen das Laufen lernen.

Ich liebe solche Geschichten. Sie zeigen, wie wichtig es ist, dass es Menschen gibt, die sich für diesen Sport engagieren, damit andere die Möglichkeit haben, ihrem Leben eine neue Richtung geben.

Pasta-Party im Özdelik Park

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Informationen: RUNATOLIA Antalya Marathon
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