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Laufberichte

„I mog Di“

 

Münchner Osten

 

In der Oberföhringer Straße fallen mir drei Mädels auf, die ich schon früher gesehen habe. Neugierig ist der Fotograf, fragt nach ihrem Heimatland. Da schwingen sie wie verrückt die Luxemburger Flagge.

Die Stadtteile Bogenhausen und Herzogpark sind reine Wohngebiete und eher ruhig, denn der meiste Verkehr fließt auf der parallelen Effnerstraße. Immer wieder stehen Zuschauergruppen am Rand und feuern uns an. Die Sandharlander betreiben eine Tankstelle. Ein Vorschlag von mir: Wenn sie schon Werbung für den Kuchlbauer Turm in Abensberg machen, dann könnte der Kuchlbauer Bräu wenigstens die Getränke spendieren. Das Weißbier ist erstklassig.

Bei der Halbzeit in der Weltenburger Straße wird abermals die Zeit genommen und die Staffeln bringen frische Kräfte an die Strecke. Moderator Roland Balzer steht an der Strecke und versucht, viele Läufer namentlich anzusprechen.

Gut gelöst ist mittlerweile das Startprozedere des Halbmarathons. Wenn die nämlich um 14.00 Uhr losgelassen werden, ist ein großer Teil schon im Ziel oder auf den letzten Kilometern. Vor einigen Jahren ist die Spitze der Halben in den hinteren Teil des Marathonfeldes rein gelaufen. Entsprechend viel Geschimpfe war zu hören.

International ist das Feld, über 100 Nationen sind in München vertreten. Und mit Pete Hocking von Great Britain komme ich kurz ins Gespräch. Seine Deutschkenntnisse beschränken sich auf wenige Worte: Bier, Hofbrauhaus und Prost. Und „I love it, Munich Beer!“ Und flott ist der M60er unterwegs, denn bei meinen Fotostopps rauscht der wieder vorbei.

Ein wenig öde ist die Gegend um den Ostbahnhof. Wir erklimmen den höchsten Punkt an der Neumarkter Straße mit 531 Meter. Bei Kilometer 28 erhalten wir zehn Höhenmeter zurück, wir lassen es hinunter zum Deutschen Museum rennen und können gleich den Schwung mitnehmen.

 

Hinein in die Altstadt

 

Jetzt steigt die Stimmung, denn es geht in das Herz von München. Der Trambahnchauffeur haut auf seine Glocke und winkt mir zu. Das Müller’sche Volksbad auf der rechten Seite unseres Kurses sorgte ab 1901 für die öffentliche Reinhaltung der Bevölkerung. Nach Männlein und Weiblein wurde damals getrennt gebadet. Die Herren hatten das große Becken und die Damen das kleine. Und im Keller befand sich bis in die 70er Jahre eine Badegelegenheit für Hunde.

Auf der Museumsinsel sehen wir das Deutsche Museum, das die meisten von uns Bayern in der Schulzeit besucht haben. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ein Blitz auf einen Metallkäfig eingeschlagen hat und wie das gescheppert hat. 1903 wurde das Museum gegründet. Heute reicht natürlich der Platz bei weitem nicht mehr aus, so dass deswegen einige Sammlungen nach Oberschleißheim auf das ehemalige Messegelände, auf die Theresienhöhe und nach Erding ausgelagert wurden.

Ich überhole einen weiteren internationalen Gast, es ist Ivan aus Russland. Dann sehe ich vor mir ein paar Straßen weiter meinen Vereinskollegen Paul Leikam. Der geht auch gern schnell an, und so kann ich ihn mit meinem gleichmäßigem Hatsch in der Altstadt ein- und überholen. Trotzdem, für einen M60er ist er gut in Schuss und schnell. Noch vor Kilometer 30 kommt eine große Gruppe, die auf 3.30 aus sind. Ich weiß jedoch, dass die erst im zweiten Block auf die Reise gegangen sind und sie zehn Minuten Abstand  aufgeholt haben.

Dank des U-Bahnhofes Sendlinger Tor haben sich hier viele Zuschauer versammelt. Das Tor wurde im Rahmen der großen Stadterweiterung durch Ludwig den Bayern in den Jahren 1285 bis 1337 erbaut. Noch im 14. Jahrhundert galt es als Startort auf dem Weg nach Italien. Wir Läufer müssen uns aber umdrehen, sonst könnten wir den Teil der früheren Stadtmauer übersehen. Claus Dengler kommt aus Ingolstadt und jetzt von hinten. Er lässt mich stehen, als ich mich meiner Arbeit widme. Claus, beim nächsten Rennen in der Region werde ich mich an dir verbeißen und nicht locker lassen.

Etwa 500 Meter weiter der Höhepunkt des München Marathons: Der Marienplatz mit dem neuen Rathaus. Die Sambaband Bateria Z macht Laune bei uns und den unzähligen Zuschauern. Das Rathaus ist Sitz des Oberbürgermeisters. Auf dessen Balkon zeigen sich siegreiche Sportler, meist Fußballer, ihren Fans. Sehenswert ist das Glockenspiel, das täglich um 11.00 und 12.00 Uhr Szenen aus der Hochzeit von Herzog Wilhelm V mit Renate von Lothringen zeigt. Auf der unteren Etage sieht man einen Schäfflertanz.

Am Max-Joseph-Platz laufen wir am Nationaltheater vorbei. Der Bau dauerte länger als geplant, denn  zwei Brände und eine Finanzlücke warfen den Baufortschritt zurück. Den Schaulauf beenden wir an der  Residenz, die als Münchener Stadtschloss im 14. Jahrhundert errichtet wurde. Damals noch als Veste ausgebaut, diente es als Schutz für den Herzog und seinen Hofstaat.

 

Feiermeile Schwabing

 

Bei Kilometer 32 warten die vierten Läufer der Staffeln auf ihren Einsatz. Viele Teams sind noch nicht durch, denn ich sehe emsiges Kommen und Gehen. Auch hier vorbildliche Streckenführung, damit wir uns mit den Staffeln nicht ins Gehege kommen. Noch zehn Kilometer. Vor einer, oder waren es zwei Stunden, ist der Nürnberger Peter Ehler an mir vorbei. Jetzt ist die Retoure fällig. Während er Tempo raus nimmt, gebe ich die  Rennsau. „Peter, wir werden gleich im Stadion a Seidla leeren“, rufe ich ihm zu.

Kurz danach biegen wir auf die Runde zum Karolinenplatz ab. Hier können wir die vor und nach uns laufenden Marathonis beobachten. Königsplatz: Diesen Ort konzipierte König Ludwig I. mit seinen Architekten Leo von Klenze. Bauten des Klassizismus wie die Glyptothek, die staatliche Antikensammlung mit seinem wuchtigen Portal und die Prophyläen lassen uns immer wieder links und rechts der Strecke schauen. Am Karolinenplatz (Kilometer 34) sehen wir den Obelisken, den Leo von Klenze 1833 als Denkmal für die 30.000 in napoleonischen Russlandfeldzug gefallenen Bayern geschaffen hat.

Zurück in der Ludwigstraße laufen wir auf der Prachtstraße einen Kilometer nach Norden. Rechts sehen wir die Kirche St. Ludwig, die der Straße den Namen gegeben hat oder umgekehrt. Bevor wir nochmal das Siegestor tangieren, laufen wir unter einem modernen Tor des bayerischen Fahrzeugbauers durch. „Go“ heißt es auf einem Plakat einer Frau. Ich gebe Gas, noch fünf Kilometer.

 

Endspurt

 

Den beginne ich am Siegestor, wo sich nun eine Sambaband postiert hat. Der Chef springt mir ein paar Meter nach und fotografiert. „The Beer is near“, ruft auf der Franz-Joseph-Straße Pete mir nach. A Seidla, a Halbe oder a Mass, unser Durscht ist gewaltig und lang dauert's nimmer. Ob es ein Erdinger, ein Franziskaner oder ein Hofbräu sein wird, ist egal. Die letzte Degustation bei Kilometer 40 lasse ich liegen, denn Wasser brauche ich jetzt nicht mehr. Stefan geht ein paar Meter mit mir mit, lässt aber dann abreißen, denn in Frankfurt soll sein Angriff auf die pB erfolgen.

Letzter Kilometer, wir sind schon auf dem Spiridon-Louis-Ring. „Ab hier geht es leicht bergab“, verkündet der Moderator und „in wenigen Minuten seid ihr im Stadion“.  Wir hören schon die Musik erklingen und dann laufen wir in den Discotunnel. Nebel, laute Musik und die Ansage „nur mehr 350 Meter für Sie“.

Am Ende der Finsternis grelles Sonnenlicht, Rockmusik, Applaus, affengeile Stimmung. Wir sind im Olympiastadion. Und dann der Zieldurchlauf. Gänsehaut. Geschafft. Ein schönes Rennen, der Marathon dahoam.

Im Ziel

 

Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob du eine schnelle Zeit laufen, oder ob du das Ganze als Sightseeing und entsprechend gmiatlich betreiben willst. Ich fühle mich im Ziel gut und überhaupt nicht erschöpft. Viele Finisher setzen ein Lächeln auf, das sagt „ich hab's geschafft“. Oder sie widmen ihren Lauf ihren Liebsten oder ihrer Prinzessin. Robert Wimmer kommt ein paar Minuten später, er hat Dana Amarell auf 3.47 Stunden gecoacht.

Viele Freunde sehe ich auf ihren letzten Meter ins Ziel, doch auf einen kann ich verzichten. Das ist der, der mich piesackt, als ich über den Zaun klettere. Der Muskelkrampf. Der olympische Rasen gleicht einem Heerlager. Zopf, Brezen und Schneider Weiße, dafür laufen wir 42 Kilometer gern. Wie es meinen Vereinskollegen gegangen ist? Alle sind gut durchgekommen. Ersttäter sind dabei und einer hat eine neue Bestzeit: Filippo. Aber wie es für einen Ferrari gehört: Mit Boxenstopp, bei den Sanis, wo das Fahrwerk neu eingestellt werden muss wegen Muskelkrämpfen. Das ist Marathon. Mein Fazit mit drei Worten: I mog di.

 

Siegerliste Marathon, zugleich
Ergebnis Deutsche Marathonmeisterschaft

 

Männer

1 Schreindl, Tobias (GER)  LG Passau 02:21:50  
2 Fabianowski, Dominik (GER)  ASV Köln  02:23:19  
3 Daniel Berye, Ybekal (ETH)  PSV Grün-Weiß Kassel 02:24:06


Frauen

1 Volke, Steffi (GER)  LG Telis Finanz Re...  02:44:40  
2 Heiß, Monika (GER)  LG Telis Finanz Re...  02:48:15  
3 Klein, Sandra (GER)  SG Wenden    02:49:08


6226 Finisher

 

 

12
 
 


 
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