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Laufberichte

Boomrun in Boomtown

 

Mailand … Milano … mit dieser Stadt assoziiert man unwillkürlich Dinge wie Mode, Fußball und berühmte Spots wie den Dom, die Scala, die Gallerias. Diese paar Ingredienzien genügen, der Stadt ein besonderes Image als Kunst-, Kultur- und Sportmetropole zu verpassen. Denn eigentlich ist Mailand vor allem eines: Eine pulsierende Industriestadt, die größte Italiens, die im Übrigen optisch allenfalls ansatzweise mit Italien-“Klassikern“ wie Rom, Florenz oder gar Venedig mithalten kann. 

Nichtsdestotrotz: Mailand ist eine tolle Stadt. Eben ein wenig anders, aber faszinierend und vielgestaltig. Eine Boomtown. Und geradezu prädestiniert für einen City-Marathon, der einem all die vielfältigen Facetten vorführt. „Run fast live cool“ ist das offizielle Motto des Marathons und ohne Zweifel spiegelt sich darin das Lebensgefühl dieser quirligen Metropole wieder. 

Seit dem Jahr 2000 wird in Mailand Marathon gelaufen. Trotz geändertem Streckenverlauf, neuem Konzept und Verlegung ins Frühjahr ist er teilnehmerzahlmäßig in der Liga der italienischen Topmarathons noch nicht ganz angekommen, aber ohne Zweifel auf bestem Wege. Die 4.500 Anmeldungen für die 42,195 km können sich durchaus sehen lassen. Eine große Nummer ist Mailand bereits jetzt in Sachen Staffelmarathon: 2.600 Vierer-Teams = 10.400 Staffelläufer lassen den Marathon fast zum Nebenbewerb werden. 

 

Messe im Palazzo Lombardia

 

Klotzen, nicht kleckern – das gilt schon für die Location der Startnummernausgabe. In den Palazzo Lombardia, den architektonisch spektakulären Sitz der lombardischen Provinzregierung, werden wir geladen. Große Augen bekomme ich, als ich hinein in den kühn wellenförmig geschwungenen Komplex aus Glas und Stahl, gekrönt von einem 161 m hohen Turm, schreite. Reibungslos organisiert ist die Ausgabe der Startunterlagen. Keine Minute später kann ich mit Startnummer und Teilnehmershirt gerüstet durch die Messestände bummeln. Zugegebenermaßen: Es ist Freitag am frühen Nachmittag, da hält sich der Auftrieb noch in Grenzen. 

 

 

Die Pressekonferenz mit Vorstellung der Spitzenläufer lasse ich mir nicht entgehen. Marathon-Berühmtheiten wie Martin Lel und Stefano Baldini geben sich die Ehre. Das beeindruckendste Bild hinterlässt jedoch Blanca Vlasic, als „Godmother“ (Patin) von Topsponsor Adidas entsandt, Hochsprungweltmeisterin, 1,94 m hoch gewachsen. Und damit locker mindestens einen Kopf größer als all die schnellen Männlein aus Kenia und Italien. Gerade die Italiener wissen ihr eigenes  „Manko“ jedoch mit viel Humor nehmen. 

Den Besuch der Marathonmesse sollte man unbedingt nutzen, sich ein wenig in der Umgebung umzuschauen. Denn rundum ist, für italienische Städte eigentlich untypisch, im Viertel Porta Nuova eine ganz neue Skyline futuristischer Wolkenkratzer entstanden, allen voran den sich in einer Rotunde mit einer Turmnadel („Torre Unicredit“) bis auf 231m in den Himmel schraubenden Glastowern der Unicredit-Zentrale. Ein echter Hingucker ist aber auch der „Bosco Verticale“, zwei wie gigantische Pflanztöpfe wirkende Wohntürme,deren Außenfassaden mit Tausenden von Bäumen, Hecken und Sträuchern bepflanzt sind. 

 

Start frei auf dem Corso Venezia 

 

Vorgenanntes Motto gilt ohne Zweifel auch für Start und Ziel. Denn hierfür wird einer der Prachtboulevards Mailands gesperrt: der Corso Venezia. Bevor man sich in den zugewiesenen Startblock zu Füßen der herrschaftlichen Palazzi entlang des Corso einreihen darf, muss man jedoch erst einmal eine Art Rundlauf durch das Gelände um das altehrwürdige Museo Civico di Storia Naturale (Naturkundemuseum) am Rande der Giardini Montanelli bewältigen. Im Gewusel Tausender Läufer bin ich im ersten Moment reichlich orientierungslos. Aber das Chaos ist wohlorganisiert. Durch mit Gittern abgesperrte Bereiche und Wege wird man fast schon Ikea-mäßig via Charity-Zeltdorf, Massage- und Umkleidezelte, Dixie-Kolonnen und Gepäckabgabestelle unweigerlich zu den streng überwachten „Corrals“ auf dem Corso gelotst. 

 

 

Überaus beeindruckend ist die Kulisse der Läufermassen vor und hinter mir, ein herrlich farbenprächtiges Bild. Rockige Musik hallt durch die Luft, der Startmoderator macht Stimmung. Dann ist es soweit: Rot - weiß - grün ergießt sich ein Konfettiregen über die Läufer am Startbogen, als nach dem Countdown um 9:30 Uhr der Startschuss für die Marathonis ertönt. 

 

Porta Nuova 

 

Unaufhaltsam setzt sich die Läuferwalze in Bewegung, geradewegs der Porta Venezia entgegen. Das klotzige ehemalige Oststadttor bildet die Grenze zwischen dem elegant-neoklassizistischen Corso Venezia und dem bunt-lärmigen Corso Buenos Aires, der längsten Einkaufsstraße Mailands. Zum Shopping sind wir aber nicht hier und so biegen wir unmittelbar vor der Porta Venezia nach links auf die Bastioni di Porta Venezia ab. Die Bastioni bildeten den zweiten Ring der Festungswälle, die Mailand einst umgaben, doch erkennbar ist davon kaum noch etwas. Jetzt sind sie Teil eines Straßenrings um das Stadtzentrum. Eingebettet sind sie ins Grün der Parkanlagen der Giardini Montanelli, denen wir zur Piazza della Republica (km 1) folgen, Mailands größtem, aber nicht unbedingt schönstem Platz. 

Es ist allerdings weniger der Platz selbst, als die sich vor uns aufbauende Skyline des Porta Nuova-Viertels, die unseren Blick gefangen nimmt. Chic schauen sie aus, die Glaspaläste. Die aktuellen Highlights der lokalen Hochhausszene, Torre Unicredito und Bosco Verticale, dürfen wir allerdings nur per Fernblick in Augenschein nehmen. Wohl dem, der schon Vorfeld die Nähe gesucht hat. 

 

 

Entlang der Via Giovanni Battista Pirelli erreichen wir einen Klassiker unter den Hochhäusern Mailands: Das sechseckige Pirelli-Hochhaus, auch „Pirellone“ genannt. Bis 1966 war der bereits Ende der Fünfzigerjahre entstandene, 127 m hohe Turm Europas höchstes Hochhaus, heute verblasst er ein wenig angesichts der benachbarten Skyline des „neuen“ Mailand. Ein Monument ganz anderen Stils begegnet uns nach 2,5 km an der Piazza Duca d'Aosta: Die Stazione Centrale, Mailands Hauptbahnhof. Hundert Jahre alt ist der bombastische, von den römischen Caracalla-Thermen inspirierte Bau, einer der größten Kopfbahnhöfe Europas und ohne Zweifel ein echter „Wow“-Spot Mailands. 

Über die Via Vittorio Pisani geht es schurgerade zurück zur Piazza della Republica und auf schon bekanntem Weg, nur jetzt in der Gegenrichtung, zurück zur Porta Venezia (km 4). Geradeaus setzt sich sich der Kurs über die breite Viale Luigi Majno weiter gen Süden fort. Dann: Ein scharfer Schwenk nach rechts und über kleinere Sträßchen schleichen wir uns mehr oder weniger direkt an das Stradtzentrum an. Spätestens an der Piazza San Babila nach 6 km wissen wir: Wir haben das Herz der Stadt erreicht. Schlag auf Schlag prasselt jetzt der Sightseeing-Hammer. 

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Informationen: Milano Marathon
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