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Laufberichte

Jubiläumsrun auf den Berglaufolymp

09.09.12

 

Durchs Lütschinental nach Lauterbrunnen

 

Wilderswil markiert das südliche Ende des „Bödeli“ und gleichzeitig den Eingang ins Lütschinental. Die wildschäumende Weiße Lütschine überqueren wir in Wilderswil über eine uralte, überdachte Holzbrücke. Der breite Wildbach mit seinen namensgebenden milchig weißen Fluten wird auf den nächsten Kilometern immer wieder unser Begleiter sein. Hinter der Brücke erwartet uns die erste konditionelle Herausforderung in Form eines langgezogenen Anstiegs. Wirklich hart ist er aber nicht und alle Läufer um mich herum bewältigen diesen noch im Laufschritt. Durch zunächst schattigen, dichten Wald traben wir etwa 2 km gleichmäßig bergan in das Tal hinein, dann flacht die Strecke schon wieder ab.

Ein wahres Schmuckkästlein ist Gsteigwiler bei km 11, denn das Dorf besteht fast nur aus dunklen, reich mit Blumen geschmückten Holzhäusern im typischen Baustil des Berner Oberlandes. Auch hier wird uns ein überaus herzlicher Empfang bereitet. Besonders beeindruckt mich eine Truppe, die uns, rhythmisch ihre unterschiedlich großen Kuhglocken schwingend, mit „Samba a la Schwyz“ einheizt. Die Glocken sind teilweise so groß, dass ich das Gefühl habe, dass selbst eine Kuh auf Dauer ein Haltungsproblem bekommen könnte.

Bei Gsteigwiler weitet sich das Tal und wir laufen in stetigem Auf und Ab über sonnendurchflutete Almen. Im Gegenlicht der Sonne sind die Bergketten am Horizont nur konturenhaft auszumachen, nichtsdestotrotz: eine wundervolle Kulisse. Der Asphalt- wird zum Naturweg und noch immer hat man eher das Gefühl, sich auf einen gemütlichen Landschaftslauf zu befinden.

Bei km 15 erreichen wir den Ort Zweilütschinen. Kurz vor dem Ortseingang müssen wir die Gleise der Berner Oberland Bahn (BOB) passieren, die von Interlaken aus über mehrere Stationen, die auch wir als Läufer passieren, bis zum Ziel, der Kleinen Scheidegg, führt, und daher ein ideales Fortbewegungsmittel für die mitreisenden Laufbegleiter ist. Ich habe Glück: Die Schranken sind oben. Denn es gehört zu den Eigenarten des Laufs, dass man auch schon mal ein Zwangspäuschen einlegen muss, um einen der Züge passieren zu lassen. Vor vier Jahren durfte ich erleben, wie ein übermotivierter Läufer sich auch von den geschlossenen Schranken nicht vom Weiterlaufen abhalten ließ. Nun ja, er hat es überlebt, durfte sich aber Einiges anhören …. 

Weiter geht es auf Naturwegen durch Wiesen und vor allem Wald, immer wieder auf Tuchfühlung zur parallel rauschenden Weißen Lütschine und den Gleisen der Bahn, durch das immer enger werdende Tal. Kaum merklich gewinnen wir an Höhe, zumal es auch immer wieder mal leicht bergab geht. Immer mehr rücken die Talwände zusammen und entsprechend eingeengt ist auch das Blickfeld. Ein großes Hallo gibt es, als uns einer der mit Laufbegleitern voll besetzen BOB-Züge langsam überholt und wir heftig aus den Fenstern winkend angefeuert werden.

Kurz vor km 20 taucht über uns ein riesiger, vielstöckiger Betonklotz, voll mit parkenden Autos, auf. Auch wenn dies nicht der schönste optische Empfang ist: Wir haben Lauterbrunnen erreicht. Damit ist zumindest kilometermäßig Halbzeit angesagt. Ein Weg führt uns an der Parkgarage vorbei zur verkehrsgesperrten Hauptstraße des Ortes hinauf. Noch ist Ruhe – aber nur die Ruhe vor dem Sturm.

 

Laut, lauter, Lauterbrunnen

 

Der Lauf durch Lauterbrunnen wird für uns Läufer zu fast schon so etwas wie einem Triumphzug. Menschenmassen drängen sich auf beiden Straßenseiten und empfangen uns mit frenetischem Beifall – und das setzt sich über mehrere hundert Meter fort Ich frage mich, wo all die Menschen hergekommen sind, denn der Ort hat nur gut 300 Einwohner. Es herrscht geradezu Volksfeststimmung. Musik wird gespielt, Kuhglocken werden geschwungen. Dazu eröffnet sich ein grandioser Ausblick, zum einen entlang der langgezogenen Hauptstraße mit ihren pittoresken Holzhäusern und den die Straße überspannenden Fahnenbändern, zum anderen auf die rechterhand gleich hinter den Häusern jäh ansteigenden Felswände, von denen in freiem Fall fast 300 Meter tief der Staubbachfall hinunterstürzt, und schließlich in die Ferne, wo sich das durch eiszeitliche Gletscher tief eingeschnittene Trogtal weitet und am Horizont die nun schon näher gerückten Felsentürme der 4.000er in den Himmel ragen. Was für eine Kulisse!

Hinter Lauterbrunnen führt ein gut ausgebauter, absolut ebener Asphaltweg weiter in das Hochtal hinein, mitten durch die sattgrünen Almen. Das hier einige hundert Meter breite Tal wird links und rechts von schroff ansteigenden Festwänden begrenzt, nur in Laufrichtung ist ein Ende nicht abzusehen. Immer mehr wird vom schneebedeckten Jungfrau-Massiv sichtbar. Und heute wird es nicht, wie vor vier Jahren, von Dunst und Wolken eingetrübt. In einem Bogen führt der Weg schließlich entlang der Weißen Lütschine nach Lauterbrunnen zurück, allerdings in einen anderen Ortsteil. Das km 25-Schild markiert gleichzeitig das Ende der Lauterbrunner Hochtalschleife. 

 
Serpentinen ohne Ende 

 

Die Versorgungsstation im Lauterbrunner Ortsteil Ey bei km 25,5, die bereits sechste, die wir anlaufen, ist besonders gut ausgestattet und erfreut sich großen Zuspruchs. Hundert Meter weiter wird klar warum – denn nun ist „Schluss mit lustig“. Der erste echte Härtetest des Jungfrau-Marathons steht an. Und das heißt: In 26 Serpentinen sind auf weniger als zwei Kilometern knapp 500 Höhenmeter zu überwinden.

Durch die letzten Ausläufer Lauterbrunnens geht es bereits steil bergan und fast wie auf Kommando verstummt jede Kommunikation, fallen die Läufer vom dynamischen Trab in eine gebückte Gehhaltung. Zum Glück geht es am Ortsausgang gleich in den kühlen und sonnengeschützten Wald hinein. Windung um Windung reiht sich aneinander, ich zähle sie nicht. Ab km 26 wird die zurückgelegte Distanz nicht mehr nur für jeden Kilometer, sondern – bis zum Ziel - alle 250 m angegeben. Das verheißt, psychologisch geschickt, öfter ein kleines Erfolgserlebnis, zeigt aber auch, wie verdammt weit ein Viertelkilometer in den Bergen sein kann.  Wie schnell wir an Höhe gewinnen, zeigen die Ausblicke auf Lauterbrunnen und das Lütschinental, die sich ab und an durch das Blätterdach eröffnen.

 
 

Informationen: Jungfrau-Marathon
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