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Laufberichte

Es hat hier auch schon mal geregnet

 

In meiner kurzen Pause sind jetzt auch drei weitere Läufer eingetroffen und gleich wieder weg. Mir ist das zu schnell und so bleibe ich allein, allerdings in Sichtweite zu den Anderen. Eine schattenlose Passage folgt, und ich merke, dass mir die Hitze zu schaffen macht. Sobald die Bäume wieder dichter stehen, geht es besser. Außerdem dürfen wir nun bergab laufen. Rechts kann ich durch die Bäume schon einen Ausläufer des Stausees der Schwarzenbachtalsperre erkennen. Dann liegt der See in seiner ganzen Länge vor mir. Das frische Blau mit dem der See in der Sonne strahlt, ist eine angenehme Abwechslung zu dem vielen Grün der letzten Stunden. Ich kann mich gar nicht satt sehen.

Am Anfang des Begegnungsstücks steht die Verpflegungsstelle. Ich muss erst mal was essen und trinken. Nun folgt das Highlight des Laufs: der Weg führt oberhalb des Sees entlang, der hier eine Einbuchtung hat und so, wegen der Kurven, ständig ein neues Gesicht zeigt. Dann kommt der Wendepunkt und es geht zurück. Völlig neue Ausblicke eröffnen sich. Außerdem kann man einen Blick auf die Mitstreiter werfen. Sich dieses Stück zu sparen, ist nicht ratsam. Am Wendepunkt werden nämlich die Startnummern notiert.

Ich tu mich nochmal am VP gütlich, denn jetzt geht es bergauf. Die Steigung war mir schlimmer in Erinnerung. Eigentlich ist sie gar nicht schlimm. Aber ich bin so platt, dass ich mich aufs Gehen verlege. Immer wieder kommen Läufer von hinten und überholen mich.

Ein Läufer fragt irritiert, ob die Kilometerangaben stimmen können. Bis km 24 war seine Messung identisch und nun weicht die Uhr plötzlich ab. Seiner Meinung nach müssten wir schon einen Kilometer weiter sein. Ich hab leider wegen eines Bedienfehlers meiner Uhr keine exakte Messung und kann ihm nicht helfen. Aber dass die Kilometerschilder nicht stimmen, halte ich für ausgeschlossen.

Ich beschließe meine unfreiwillige Temporeduzierung zu nutzen, um mich an der großartigen Natur zu erfreuen. Alles grünt und blüht und außer einem leisen Summen und Zwitschern ist es völlig still. Nicht umsonst gibt es schon seit 1990 die Idee, hier den Nationalpark Nordschwarzwald einzurichten. Erst 2009 zeigte sich die CDU im Landtag offen für einen Nationalpark, sofern die Bevölkerung vor Ort dies wolle und nahm dies auch in die kurz vor der Wahl beschlossene Naturschutzstrategie auf. Die 2011 gewählte grün-rote Landesregierung Baden-Württembergs schrieb die Einrichtung eines Nationalparks in den Koalitionsvertrag.

 Die Einrichtung eines Nationalparks bedeutet, dass es Kernzonen geben wird, die spätestens dreißig Jahre nach Einrichtung nutzungsfrei sein müssen. So würden innerhalb eines Zeithorizonts von mehreren 100 Jahren wieder "europäische Urwälder" entstehen, deren Auswirkungen auf das Leben in den betroffenen Regionen schwer vorherzusehen sind. Daher ist die Meinung darüber in der Bevölkerung gespalten. Zurzeit laufen umfangreiche Bürgerbefragungen in den betroffenen Kommunen.

Jede Steigung hat mal ein Ende, auch diese, km 27. Es geht links auf die Brücke über den Schwarzenbach und dahinter gleich wieder links. An der Erfrischungsstation ordere ich erst mal Iso und Wasser. Danach geht es gleich besser.

Durch Helfer gesichert überqueren wir die L 83. Der jetzt folgende Weg beginnt am Parkplatz und führt in einer großen Schleife bergauf. Ich bin wieder ganz allein. Gut, dass die Beschilderung hier vorbildlich ist: Abzweigungen sind mit großen Pfeilen aus Sägespänen auf dem Weg markiert. Außerdem steht hinter dem Abzweig noch ein blaues Schild mit Pfeil. Ich bin also auf jeden Fall richtig.

Auf der Hochebene hat, manche werden sich erinnern, 1999 Orkan Lothar gewütet und eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Die Sturmschäden sind beseitigt und die Natur hat die Kahlstellen überwuchert.

Bei mir geht nichts mehr. Der Weg verläuft zwar flach, aber meine Beine verweigern Ihren Dienst. Ich laufe nur noch an den wenigen schattigen Stellen. In der Sonne muss ich gehen. Mühsam komme ich voran. Ein besonders unwegsames Stück lässt mich sogar leise fluchen. Hier liegen dicke Steine und Rindenteile, so dass man die Füße vorsichtig aufsetzten muss, um ja nicht umzuknicken.

Sehnlichst erwarte ich die Getränkestelle bei km 30. Es gibt Cola! Hier läuft Dirk zu mir auf. Wir dehnen die Pause etwas aus. Gemeinsam laufen wir weiter. Ein kurzes Gespräch lang kann ich mithalten, schon ist wieder Ende und ich lasse ihn ziehen.

Meine einzigen Motivatoren sind die Kilometerschilder. Die ebene Strecke bietet immer das gleiche Bild: Bäume - mal mehr, mal weniger dicht. Mal gibt es eine Links- und mal eine Rechtskurve. Ab und zu kommt ein Läufer von hinten, grüßt kurz, stöhnt über die Hitze und läuft weiter.

Hinter km 34 kommt die nächste VP. Es gibt noch das komplette Angebot. Ich glaub, ich bin im Paradies. Die Helferin versichert glaubhaft, dass es den Hornisgrinde-Marathon auch schon im Regen gegeben hätte. Was war nochmal "Regen"? Nur schemenhaft ist mir kühles Nass vom Himmel in Erinnerung. Irgendwann muss ich weiter. Aufgeben ist keine Option. Hier liegt schon ein bedauernswertes Hitzeopfer auf der Trage, vom Sani bestens betreut. Nein, soweit bin ich noch nicht!

Die Kilometer werden weniger. Gabi kommt von hinten. Uns verbindet eine gemeinsame Erfahrung beim Freiburg-Marathon vor zwei Jahren. Damals sind wir ebenfalls durch die Hitze eingegangen. Heute ist sie besser drauf. Sie zieht mich bis zum nächsten Kilometerschild. Dann kann ich nicht mehr mithalten. Locker läuft sie davon.

Mir begegnet ein Jogger, der mich anfeuert und im Vorbeilaufen die nächste VP ankündigt. Nach einer Weile kommt er zurück. Er motiviert mich zum Mitlaufen. Nach einem kurzen Stück muss ich wieder gehen. Er verspricht mir, dass die VP tatsächlich gleich kommt und läuft alleine weiter.

Und dann ist die VP wirklich da. Einer Fata Morgana gleich steht sie im flimmernden Licht hinter einer Kurve. Das erste was ich höre, ist: Die Kilometerangaben sind falsch. Ich bin schon bei km 40!

Ich brauche etwas Zeit, um diese Info zu verdauen. Inzwischen versorgen mich 3 Kinder mit Iso, Tee und Wasser. Als ich wieder halbwegs denken kann, fällt mir ein, dass das ja die VP ist, die seit Jahren von immer den gleichen zwei Familien betreut wird. Bevor wir jedoch ein Foto machen können, kümmern sich alle um die eben hinter mir eintreffende Läuferin. Erst kommt die Arbeit!

Beim Weiterlaufen verarbeite ich langsam die neue Lage. Wenn hier km 40 ist, dann sind es noch 2 km bis ins Ziel. Wenn ich den nächsten Kilometer einigermaßen durchlaufen könnte, würde ich, trotz des letzten langen, steilen Anstiegs, noch nach weniger als 5 Stunden ins Ziel kommen. Plötzlich läuft es wieder. Selbst der Krankenwagen, der mich im Vorbeifahren komplett in eine Staubwolke hüllt, bremst mich nur kurz.

Erstaunlich schnell erreiche ich die B 500. Hier beginnt der letzte Anstieg an der Straße entlang. Mit Pylonen ist ein kleiner Weg für die Läufer abgetrennt. Beim Gehen merke ich, dass wieder Kraft in den Beinen ist. Ich versuche es und es geht tatsächlich - ich kann laufen! Um nicht übermütig zu werden, laufe ich immer bis zum 2. Pylon, dann gehe ich dieselbe Strecke. Das funktioniert prima. Gleich bin ich oben. Ein Helfer ruft: "Das Ziel ist nah!". Nochmal scharf rechts, eine Böschung hinauf, ein Stückchen über die Wiese, der Parkplatz ist schon da. Ein paar Zuschauer feuern mich an. Das Ziel kommt in Riesenschritten näher. Noch ein Foto. Geschafft! Zwei Helfer präsentieren die Finishergeschenke zur Auswahl: Entweder ein T-Shirt oder ein Handtuch, dieses Jahr in blau mit Hornisgrinde-Marathon-Aufdruck.

Norbert ist schon lange da. Aber auch er, wie fast alle, haben heute länger gebraucht. Deshalb wird die Siegerehrung um eine halbe Stunde verschoben.
Inzwischen haben es sich die Läufer und Begleiter im Zelt gemütlich gemacht. Draußen ist es immer noch zu heiß. Die zivilen Preise der angebotenen Speisen und Getränke laden zum Verweilen ein und bei der Siegerehrung strahlen die Sieger mit der Sonne um die Wette.

Fazit: Wer Wald liebt, ist beim Hornisgrinde-Marathon bestens aufgehoben. Das Ambiente ist familiär, die Organisation professionell. Das Helferteam vom TV Bühlertal ist super motiviert und freundlich. Für eine moderate Startgebühr bekommt jeder ausreichend Verpflegung und als Finisher-Präsent sogar ein Shirt oder Handtuch, von den hochwertigen Preisen für die Sieger ganz zu schweigen. Die Strecke ist relativ flach, stellenweise trailig aber meist gut zu laufen. Und wenn es  hier oben auf der Hornisgrinde zu heiß ist, dann überall anderswo erst recht.

  

Marathonsieger
Männer


1. Almuth Grüber  TV Schriesheim 3:12:17
2. Simone Steffen LTG Kämpfelbach 3:16:44
3. Nicole Schwindt LAV Stadtwerke Tübingen 3:49:46

Frauen

1. David Mild  Fechner GmbH 2:50:50
2. Holger Thoma  LT Furtwangen 2:57:01
3. Reiner Steurer  SC Önsbach 3:06:07

197 Finisher

12
 
 

Informationen: Hornisgrinde Marathon
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