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Laufberichte

Kenia, Indien und wilde Löwen

15.10.11
Autor: Joe Kelbel

Bei Km 13 der „große Weißenstein“, das war alles nicht so schlimm, und soviel lachende Läufer habe ich selten gesehen. Lochumer Heide, der Ort Gehlert rechter Hand wird nicht durchquert. Es ist wie TeleTubbieLand, quitschgrüne Wiesen mit hohen Windmühlen und laufenden Stofftierchen in bunten Farben. Ich habe  sowas auf  meinen Läufen noch nie erlebt: Wir strahlen uns gegenseitig an und zitieren Luise Koschinsky.

Linker Hand Lochum, dahinter der Tertiär-und Industriepark Stöffel. Hier wurde Basalt abgebaut, in den Basaltschichten ist die Ablagerung eines Maarsees enthalten. Hier wurde die „Stöffelmaus“ gefunden, eine 25 Millionen Jahre alte Flugmaus, sowie 20.000 weitere Funde aus dem Tertiär. Sehr empfehlenswert für Marathonbegleitung!

Alpenrod, die Rodung des Albrecht. Wird nur leicht tangiert. Durch Linden, wo in dem kleinen Feuchtgebiet die Wied entspringt. Schaut Euch die Bilder an! Traumhafte Gegend, kein Kino, keine Disco, einfach nur Natur.

Nach Dreifelden, hier steht die 1000 Jahre alte Dreifaltigkeitskirche, eine Kreuzritterkirche, die dem Ort den Namen gab. Das Adelsgeschlecht der Sayn war den Tempelrittern sehr zugetan. Die Geschichten, die über diese Zeit im Westerwald kursieren, sind sehr abenteuerlich. So sind in der Reformationszeit nicht nur die Templerburgen verschwunden, sondern ganze Ortschaften nach Thüringen verlagert worden. Nur noch alte Flurnamen, wie Tempelhof und Templerburg sowie die Namensgleichheit von Dörfern hier und am Rennsteig geben schwachen Hinweis auf die Zeit, als der Westerwald die Mitte der Welt war. Sogar Gral-Stories habe ich hier gehört.

Dreifelder Naturschutzgebiet -  die Westerwälder Seenplatte besteht aus sieben Weihern. Um die durch den Dreißigjährigen Krieg (31 Truppen-Einquartierungen) arg gebeutelte Landbevölkerung besser ernähren zu können, ließ der Graf von Wied rund um sein Jagdgut Seeburg die Weiher aufstauen und mit Fischen besetzen. In einem der Weiher soll die Raubritterburg Rohrbuch liegen, die bei einem Zechgelage der Raubritter 1618 spurlos im Moor versunken sei. Da frage ich mich, wenn sogar der Burgname bekannt ist, warum man da nicht mal im Morast danach wühlt und einen Nationalpark einrichtet.

Nach dem „Dreißigjährigen“ kamen dann die Reichskriege gegen Frankreich, der „Pfälzische“ und der „Polnische Erbfolgekrieg“, der „2.Schlesische“ und der „Siebenjährige“. Das gab dem Westerwald den Rest. Viele Menschen wanderten damals nach Texas aus. Deswegen heissen diese Filme Western, und John Wayne heisst eigentlich Joe Sayn.

Die Leute am Golfklub frage ich, ob sie auch Sport machen würden. Aber ich muss zugeben, dass die Welt hier perfekt ist.

Als ich am See die Aussichtsplattform besteige, fühle ich mich wie in Afrika, im Etosha-Nationalpark, Löwen fehlen ja nicht. Weite Sicht über dieses grandiose Feuchtgebiet mit weissen Reihern und zahllosen Gänsen und Kranichen. Es riecht ein wenig nach Feuchtgebiet, aber das ist ja auch sehr anregend und die Umrundung desselben auch. Passend dazu sind die Verpflegungsstationen mit optimalen isotonischen Getränken ausgestattet.

Bei km 33 höchster Punkt der Strecke. Der Gräbersberg. Voll bescheuert, aber in 25 Jahren ist nie ein Läufer die 167 Stufen zur Aussichtsplattform hochgelaufen. Wie blöd! Ich finde, das gehört einfach dazu. Denn der Blick zur Eifel mit den Vulkankegeln, dem Siebengebirge und dem Großen Feldberg im Taunus ist der absolute Hit. Ich stehe oben auf der Plattform und brülle den Läufern unter mir Zitate von Luise Koschinsky zu. Das ist voll bescheuert, macht aber Spass!

Hier ist die Alpenroder Hütte, Bikertreff und Reiterziel. Hachenburger Pils sei Dank. Von nun an geht es bergab. Jörg, der Halbmarathonläufer, macht den gesprungenen Rittberger und wir suchen seine Brille im Bereich seiner Landebahn. Er sieht eh nix mehr und ist halb verblutet.

Dann geht es zurück ins TeleTubbieLand und ein anderer Halbmarathonläufer legt sich unfreiwillig schlafend wenige Meter vor dem rettenden Kasten Hachenburger ab.

An der alten Ziegelei vorbei, wo noch der Heinzelmann wohnt, gelangen wir nach Hachenburg zurück. Kinder stehen am Strassenrand. Den Film vom Herbert gestern noch im Hinterkopf, als er mit seinen weissen Schützlingen duch die Hochlanddörfer joggt und sich spontan die ganze Dorfgemeinschaft dem Tross anschliesst, fordere ich die Kinder auf, doch den letzten Kilometer mit mir ins Ziel  zu laufen.....doch die bringen keine 50 Meter zustande.
Erschreckend.

Der Zieleinlauf am Alten Markt ist klasse. Wunderbar. Das „Steinerne Haus“, heute das Hotel zur Krone. Da kann man schön in der Sonne sein Zielbier geniessen. Auf dem Dachfirst ein „Mohrenkopf“, der das Haus als Gästehaus ausweist. Dieser Brauch entstand durch die Kreuzzüge.

Hier auf dem Markt wurde 1766 mit dem Schwert die letzte Hinrichtung an einer Mörderin vollstreckt. Den Schriften nach war das ein riesiges Volksfest, so wie heute der Löwenlauf, nur jetzt sind wir halt die Delinquenten. Auf dem Markt befand sich natürlich auch der Pranger, aber viel interessanter war der sogenannte Triller, ein trommelartiges, drehbares Gehäuse, in das die Delinquenten eingesperrt wurden. Jeder der vorbeikam, durfte dann nach Belieben an dem Ding drehen.  Ganz witzige Einrichtung. Ich glaube, Sabine hatte sonntags so einen Flashback an diese Zeit.

Der Löwe fand seinen Platz 1884 auf dem Brunnen, als Kaiser Wilhelm I dem Grafen Alexander den Titel „Graf von Hachenburg, Prinz zu Sayn-Wittgenstein“ verlieh. Der Löwe als Wappentier stammt von Graf Johann I (13.Jahrh) der den Beinamen „der saynische Löwe“ trug.

Hier im Westerwald trinken die Männer nach der Arbeit ihren „Sechsourens“, den „Sechsuhrschnaps“. Jedenfalls war es annähernd 6 Uhr, als ich aus den Kellern der Krone  herausgekrochen kam und das Feuerwehrauto des Karusells bestieg. Übrigens eignet sich das Echo der Fachwerkkulisse Hachenburgs sehr gut für das Zitat von Luise: „Mann, Mann, Mann, ist das schön hier!“

Der Herbert aber liegt schon lange in seinem Bettchen am Titisee und träumt von Ugali mit Mala, der Löwenlauf  war für ihn ja auch ein „langer“ Kanten gewesen.

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Informationen: Hachenburger Löwen-Marathon
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