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Laufberichte

Watt nen Blick

 

Dieses Jahr sehne ich mich nach Weite, weshalb mich meine Läufe vermehrt nach Norden führen, um einen entsprechenden Blick zu genießen. An diesem Wochenende fahre ich mit Silke nach Wilhelmshaven.

Die Stadt verdankt ihren Namen dem preußischen König Wilhelm I., der 1869 die Entscheidung traf, an der Jade-Bucht eine Kriegshafen-Station zu errichten. Die Stadt wurde in den folgenden Jahren um den Hafen herum gebaut und entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Standort für die deutsche Marine. Heute ist Wilhelmshaven ein bedeutender Hafen- und Marinestützpunkt sowie ein wichtiger Standort für die Offshore-Industrie.

Namensgeber des Laufs ist das Wilhelmshavener Soldatenbegegnungszentrum „Gorch-Fock-Haus“, von wo aus der Wettbewerb bis 2015 startete. Bis 2015 wurde der Lauf  von der Bundeswehr/EAS organisiert. Erst ab 2016 wurde der Lauf vom privaten (sehr kleinen) Verein Gorch-Fock-Lauf Wilhelmshaven  e.V. übernommen. Seitdem startet er vom Kulturzentrum Pumpwerk aus.

Die Gorch-Fock selbst kommt eigentlich nie nach Wilhelmshaven, da ihr Heimathafen Kiel (Ostsee) ist. Das Schiff ist nach den Seefahrts-Dichter Johann Kinau (1916 gestorben)  benannt, der den Namen Gorch Fock als Pseudonym wählte.

Aber jetzt zum Thema. Wir haben ausgiebig für einen Stadtbummel Zeit, denn die Startunterlagen sind mir bereits per Post zugeschickt worden, lediglich Nachmelder werden sich Sonntagmorgen noch einmal anstellen müssen. Ein guter Service, der bei einer Teilnehmerzahl von knapp 1.500 die Situation vor Ort entzerrt. Start- und Zielbereich befinden sich am alten Pumpwerk, von der Innenstadt leicht zu erreichen, auch wenn die Renovierung der Deichbrücke derzeit zu einem kleinen Umweg zwingt. Mit sonnigen Wetteraussichten lassen wir den Samstag gemütlich ausklingen.

Unser Hotel stellt sich auf die Läufer ein, so dass wir am Sonntagmorgen gut gestärkt nach knappen 20 Minuten Fußweg das alte Pumpwerk erreichen. Die Sonne lacht bereits vom Himmel, über 20 Grad soll es heute geben. Start ist um 8.50 Uhr. Wir Marathonis werden als erste auf die Strecke gelassen, die aus einem Kurs über 4 Runden besteht. Neben dem Marathon werden noch Wettbewerbe über 1,5 KM für die Kleinsten, 5 KM, 10 KM und den Halbmarathon angeboten.

 

 

An den langen Kanten wagen sich allerdings die Wenigsten, weshalb das Feld mit 65 Voranmeldern überschaubar ist. Da fallen die PUM-Teilnehmer Andreas und Jürgen natürlich sofort ins Auge. Mit dabei Petra, mit der ich mich nach Abgleich unserer Zielzeiten auf einen gemeinsamen Lauf verständige. Gerade bleibt mir noch Zeit, mich von meiner Lieben zu verabschieden, als uns ein Glockenschlag auf die Strecke entlässt. Footballer ebnen uns den Weg, mit deren Tempo halte ich nicht Schritt, denn ich weiß, dass sie nur einen kurzen Sprint  einlegen. Sie werden noch für die weiteren Starts gebraucht.

Die Jadeallee führt uns nach Süden. Die ersten Wasserflächen kommen in den Blick. Links der große Hafen, rechts der Banter See, der zum Baden einlädt. Vom Jadebusen trennt uns noch der Deich. Am Ende der Jadeallee laufen wir an seinem Fuß erst einmal nach rechts an ihm entlang, die 10 KM-Läufer dürfen später gleich nach links abbiegen, um den Deich zu erklimmen. Wir brauchen auf einer kurzen Wendepunktstrecke die notwendigen zusätzlichen Meter für die volle Marathonstrecke.

Auf dem Gehweg laufen wir nach Westen, nach dem Wendepunkt nach Osten auf der Straße zum Fuß des Deiches. Auf den nächsten Kilometern wird sich an der Richtung nicht viel ändern. Langsam erklimmen wir den Baanter Seedeich. Schnell ist die Kuppe erreicht. Da könnte ich schon kurz innehalten, denn nach rechts öffnet sich der Blick weit auf den Jadebusen hinaus. Doch noch ist es zu früh für einen Stopp. Nach wenigen Metern führt die Strecke hinunter zum Ufer und wir folgen dem Deich. Eine frische Brise kühlt mein Gesicht, wir haben Ostwind. Im Moment freue ich mich über die Abkühlung, mal sehen, wie sehr uns der Wind in den kommenden Runden ausbremst.

 

 

In der fortdauernden Unterhaltung mit Petra fällt das Laufen nicht schwer. Zu sehen gibt es auch immer wieder neues. Strandkörbe zur linken und Sand zu rechten. Über die Gezeiten habe ich mich nicht informiert, weshalb die kommenden Runden zeigen müssen, ob Ebbe oder Flut kommt. Jenseits des Deiches an der Promenade laden Restaurants zum Verweilen und Chillen ein. Am Ende der Promenade biegen wir nach dem Aquarium zum Damm ab, den wir in Richtung Schleuseninsel queren. Es wartet die erste Wasserstelle und wir greifen gerne zu.

Den Wangeroogkai laufen wir kurz hinunter und biegen dann in Richtung Nassauer Hafen ab. Der Wind macht Geräusche, die ich eher in Schottland vermutet hätte. Am Hafen erwartet uns tatsächlich ein Dudelsackpfeifer in traditionellem Gewand. Scotland the brave schickt uns weiter auf die Strecke. Wir umrunden den Hafen und werden am Ende  auf den Deich geführt, dem wir den nächsten halben Kilometer folgen. Noch einmal eine frische Brise, die uns aber nicht aufhalten kann. Nachdem wir den Signalturm links liegen gelassen haben, verlassen wir den Damm und werden auf der Schleusenstraße zurück nach Westen geführt. Jedoch nicht, ohne vorher noch einmal an der hiesigen Verpflegungsstation aufzutanken. Gereicht wird Wasser, später noch Iso und schließlich Cola.

Am Hafen sind ein paar Kräne zu sehen und lassen auf seine Funktion als Ausrüstungshafen schließen. Und schon liegt die Schleuseninsel das erste Mal hinter uns. Zur Belohnung gibt es auf dem Damm wieder Wasser. Es warten bereits die nächsten optischen Highlights. Links das Nationalpark-Zentrum Wattenmeer, rechts das deutsche Marinemuseum und geradeaus die Kaiser-Wilhelm-Brücke. Vorbei an verschiedenen Marineschiffen, die man auch besichtigen kann, werden wir in einer großen Schlaufe hinauf zur Brücke geführt. Zwischen 1905 und 1907 als größte Drehbrücke Deutschlands errichtet, ist die markante Brücke heute zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden. Die Überquerung öffnet den Blick zurück in Richtung Marinemuseum und voraus zum Bontekai, der uns bereits erwartet.

 

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Impressionen

(Silke Pitz)

 

 

Noch gehört dieser fast nur uns Läufern, weshalb es locker vorangeht. Nach Theos Theater laufen wir noch einmal in Richtung Innenstadt. Vorbei am Festmacherleinenanker, der es wegen seiner Größe und des Gewichts von 15 to als größter Anker der Welt  ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft hat.

Der Schlenker beschert uns die letzten notwendigen Kilometer und noch ein paar schöne Eindrücke. Kurz darauf umrunden wir den Vorplatz der Christus und Garnisonskirche, bevor wir am Jugendtreff  den  letzten Verpflegungsstand vor dem Ziel mit Musik und Moderator erreichen.  Die Jugendlichen lassen es sich nicht nehmen, als Cheerleader anzufeuern. So geht es beschwingt auf den letzten Kilometer der Runde.

Der Erste im Halbmarathon wird mit Radbegleitung an uns vorbeigeführt. Durch ein schattiges Wäldchen erspähe ich den Zielbogen. Nach dem Durchqueren werden wir angefeuert und geradeaus zurück zur Jadeallee geleitet. Bevor wir sie erreichen, dürfen wir wieder auftanken. Später werden neben Getränken noch Bananen und Müsliriegel gereicht. Zuschauer und Läufer, die auf ihren Start warten, feuern uns an. An der Banter Ruine wartet bereits eine Trommlergruppe mit fetzigen Rhythmen, um uns weiterzuleiten.

„Du siehst gut aus“, lese ich auf dem Schild einer Zuschauerin. „Weiß ich doch!“ Blick auf den Jadebusen, das Wasser steigt, es ist also Flut. Immer mehr Strandkörbe werden belegt, die Frauengruppe am Ende schenkt uns eine La Ola und der Dudelsackspieler kommt uns entgegen. Da istes am Nassauer Hafen schon deutlich einsamer. Auf dem Damm warten der Wind und ein Pappkamerad mit seinen Begleitern. An der Verpflegungsstelle am Ende des Deiches muss ich noch auf Cola warten, gibt es erst auf der zweiten Hälfte.

Auf dem Weg zurück zur Brücke wird es lebhafter auf der Strecke, denn nach und nach überholen uns weitere Halbmarathonläufer. So wird es wohl bis zum Ende dieser Runde sein, wie mir ein Blick zurück vom Bontekai bestätigt. Zurück im Zielbereich erwarten uns zahlreiche Zuschauer und machen ordentlich Stimmung.

 

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Impressionen

(Silke Pitz)

 

 

 

Auf geht’s in die 3. Runde. Jetzt gibt es auch Bananen und Müsliriegel und für mich die ersehnte Cola. Zeit haben wir und Zeit nehmen wir uns, um uns zur Erinnerung ablichten zu lassen. Ok, das hätte auch Silke übernehmen können,  die nur wenige hundert Meter weiter mit ihrer Kamera auf der Lauer liegt.

Locker laufen wir weiter, wieder über den Damm, genießen die frische Luft, die strahlende Sonne und lassen und von den flotten Sprüchen, die auf der ganzen Strecke angebracht sind, motivieren.  Die nächste La Ola lassen sich die Damen an den Strandkörben nicht nehmen, nur der Dudelsackpfeifer scheint schon Schluss gemacht zu haben. Über die Schleuseninsel hinauf zur Kaiser-Wilhelm-Brücke reichen die Körner sogar noch, um ein paar Läufer einzuholen. Jetzt sind wir Marathonläufer unter uns. Das könnte einsam sein, wenn nicht der Strom der Besucher und Gäste der Stadt stetig zunehmen würde. Am Ahoi steigt die Stimmung, ständig werden wir angefeuert. So kommen wir locker über die 3. Runde.

Die letzte Runde beginnt. Von Einsamkeit auf der Jadeallee erst einmal keine Spur. Die Kleinsten  laufen ihre 1,5 Kilometer und sind mit Feuereifer dabei. Bis zum Deich kommen sie nicht, sie dürfen vorher umkehren. Wir verabschieden uns von den fleißigen Helferinnen und Helfern. Einmal geht es noch am Banter und am Fliegerdeich vorbei. Gefühlt haben wir jetzt lockere 25 Grad. Der Gegenwind kühlt etwas, bremst aber auch. Wir werden schweigsamer, die Kräfte müssen eingeteilt werden. Die Frauentruppe wollen wir nicht enttäuschen, die noch eine Welle für uns übrig hat. Auch am Nassauer Hafen verabschieden wir uns vom freundlichen Helfer. Ein letztes Mal über den Damm zum östlichsten Punkt der heutigen Strecke. Der Spruch des Tages auf dem Asphalt: „Make a Run, not War.“ Wäre das schön, aber die Realität ist eine andere.

Ein Helferpaar tanzt zu lauter Musik. Das Ende des Dammes ist erreicht, ab jetzt haben wir nur noch Rückenwind, der Zieleinlauf ist uns sicher. Auch wenn die Schritte schwer werden und noch ein paar Gehpausen eingelegt werden,  genieße ich die letzten Kilometer. Vorbei am Marinemuseum über die schöne Brücke. Am Ahoi  wird  „Que sera“ gespielt, Elvis macht eine gute Figur dazu.

Nach einer letzten Erfrischung an der Christus und Garnisonskirche laufen Petra und ich auch den letzten Kilometer zusammen über die Behelfsbrücke und ins Ziel. Silke wartet bereits freudestrahlend, was mir ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Ich hatte heute mit diesem schönen Lauf ein Rundumsorglospaket in netter Gesellschaft, bei bestem Wetter und bekomme zur Belohnung noch meine wohl verdiente Medaille. Der Gorch-Fock-Lauf ist ein Lauf, der auch auf der Marathonstrecke einen größeren Läuferzuspruch verdient hätte.

 

Informationen: Gorch-Fock-Lauf
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