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Laufberichte

Erste Wahl

 
Autor: Klaus Duwe

Der Glacier 3000 Run findet in Gstaad statt, sonst eher für elitären Sport (Tennis/Swiss Open, Beach Volleyball Grand Slam, Polo usw.) bekannt. Man kann davon ausgehen, dass unsere Schweizer Leser wissen, wie man dorthin  kommt. Allen anderen erkläre ich es so:

Ab Bern die A 6 in Richtung Thun und Spiez, genau so, als wolle man zum Jungfrau Marathon. Auch für den Zermatt Marathon ist das eine gute Empfehlung. Statt ins Kandertal nach Kandersteg nehmen wir aber die Abfahrt zuvor und fahren Richtung Zweisimmen. 42 wunderschöne Kilometer sind es noch bis Gstaad. Die Gegend ist wie für Läufer wie  gemacht: herrliche, weitläufige Täler, idyllische Dörfer mit uralten Bauernhäusern und über 3000 m hohe Berge mit kühnen Aufstiegen. Man möchte aus dem Auto aussteigen und laufen.

Als nächstes sollte ich erklären, warum man als Läufer unbedingt einmal nach Gstaad (1050m) muss. Eins vorweg: Ein Marathon oder gar ein Ultra-Trail wird nicht angeboten. Die längste Distanz hat „nur“ 26 Kilometer. Aber die haben es in mehrfacher Hinsicht in sich. Man kann sich noch so anstrengen, man bleibt über seiner besten Zeit, die man je bei einem Marathon auf flachem Asphalt gelaufen ist. Das hat mit 2.015 Höhenmetern zu tun, die zu bewältigen sind. Das sind immerhin mehr, als beispielsweise beim Jungfrau-  und Zermatt Marathon.

 

 

Blöd ist, dass man bis km 16 auf relativ guten Wege durch herrliche Wiesenlandschaften mit idyllisch gelegenen, alten Bauernhöfen und kleine Orte läuft, aber am Ende bei Reusch (Talstation der Bergbahn zum Oldenegg) erst ca. 400 Höhenmeter abhaken kann. D. h., auf den letzten 10 km geht es über 1600 m nach oben. Scex Rouge heißt das Ziel, genau 2971 m hoch gelegen. Erreicht wird es über eine elend lange steile Treppe, nachdem man ungefähr 1 km auf dem Gletscher gelaufen ist.

 

 

Ewig Zeit nehmen kann man sich für diesen Hatscher nicht. Für die ersten 15,6 km hat man 2 ¼ Stunden Zeit. Die Cabane Hütte (km 20, 2485 m), von dort geht es steil hoch zum Gletscher, muss man nach insgesamt 4 ¼ Stunden erreicht haben. Zielschluss ist um 15.15 Uhr (5 ¼ Stunden Laufzeit). Hört sich machbar an (ist es natürlich auch), hat aber schon so manchem erfahrenen Marathoni ein DNF eingebracht.

Die Strecke Oldenegg – Scex Rouge, also der harte Teil, ist übrigens auch als Alpin Nordic Walking ausgeschrieben. Einen Staffelwettbewerb gibt es auch.

Ist das nicht spektakulär?

 

 

Es geht aber noch weiter. Schließlich sind wir nicht irgendwo, sondern in Gstaad, einem der nobelsten Orte nicht nur in der Schweiz. Wer Bilder im Kopf hat von Zermatt, Grindelwald Davos oder St. Moritz, wird enttäuscht. Ein Insider erklärte mir den Unterschied einmal so: „Wer nach St. Moritz oder Zermatt geht, will gesehen werden. Wer nach Gstaad kommt, nicht!“

Gstaad ist ein Dorf. So um die 3500 Einwohner werden gezählt. Irgendwie stellt man sich den Ort, in dem Superstars und Superreiche ihr Domizil haben, anders vor. Das Tal der Saane ist hier genauso unspektakulär wie das nach dem Flüsschen benannte Saanen, zu dem Gstaad gehört. Alle Häuser sind groß und prächtig, unterscheiden sich aber kaum voneinander, denn alle sind aus Holz im Chalet-Stil. Aber Vorsicht: Manche haben mehr Etagen unter- als überirdisch. Eigene verfügen über Kinosäle, Schwimm- und Sporthallen, Parks mit künstlichem Sonnenlicht und anderen ausgefallenen Luxus.

 

 

Als einzige „Bausünde“ könnte man das Palace-Hotel bezeichnen. Dazu muss man aber wissen, dass das schlossartige Gebäude hoch über Gstaad 1913 der Einstieg in das Geschäft mit der High-Society war.

Die schmucke Promenade ist Fußgängerzone mit vielen alten, verwitterten Holzhäusern, die hervorragend restauriert sind. Edle Boutiquen, teure Juweliere und noble Restaurants sind hier zuhause. Aber auch unsereiner kann sich einen Espresso am Nachmittag oder ein Menü am Abend hier leisten (einen Burger-Bräter gibt es allerdings nicht). Es ist nicht billig, aber gut. Mit „Geiz ist geil“ kommt man nirgendwo in der Schweiz weit.

Wen es interessiert, kann hier auf der Website der Berner Zeitung
einen Nachmittag bei den Superreichen miterleben.

 

Und was hat es mit dem Namen Glacier 3000 auf sich? Das ist ein gigantischer Skirummelplatz mit Seilbahnen und Liften, Beschneiungsanlagen, Restaurants und der höchstgelegene Rodelbahn der Welt. Die Geschichte dieses Skigebietes ist die Geschichte des Marcel Bach. Als Überschrift wäre  „Vom Bergbauern zum Gletscherkönig“ ganz gut geeignet.

Marcel Bach aus Gstaad arbeitete  mit 28 Jahren im Sommer auf dem Hof seines Vaters, im Winter war er Skilehrer und kümmerte sich um prominente und reiche Gäste. Wann immer er den Herrschaften darüber hinaus bei der Vermittlung eines Chalets oder eines Grundstückes behilflich sein konnte, tat er dies - sehr erfolgreich und zur Zufriedenheit seiner  Klientel.  Bald wurde er auf eigene Rechnung tätig, baute und verkaufte. Sein Aufstieg war nicht mehr aufzuhalten.

Um die Zukunft von Gstaad als Winterdestination zu sichern, forcierte er die Neukonzeption des Gletscherskigebiets von Les Diablerets und akquirierte 1998 bei reichen Gästen die erforderlichen Millionen (auch Formel1-König Bernie Ecclestone ist dabei).

Der Glacier 3000 ist bis heute das einzige Gletscherskigebiet im Berner Oberland. Die Wintersport-Saison geht von Ende Oktober bis Anfang Mai. Man kann auf vierundzwanzig Viertausender sehen, darunter  Mont-Blanc, Matterhorn und Eiger, Mönch und Jungfrau. Eine Attraktion ist aber auch die von Star-Architekt Mario Botta konzipierte Bergstation mit einem erstklassigen Restaurant. Seit kurzem gibt es hier auf fast 3000 m Höhe den Peak Walk, die erste Hängebrücke der Welt, die zwei Gipfel miteinander verbindet.

Für 80 Franken (+ 20 CHF für Nachmelder) ist man beim Glacier 3000 Run dabei. Im Preis enthalten ist ein hochwertiges Finisher-Geschenk, der Kleidertransport zum Ziel, die Talfahrt mit der Luftseilbahn Glacier 3000, der Shuttle-Bus von Col du Pillon nach Gstaad und Bon für Pasta. Der Gegenwert der großzügigen Gaben übersteigt somit leicht das Startgeld.

Alles in Allem: Der Glacier 3000 Run ist allererste Wahl, auch wenn es kein Marathon und kein Ultra-Trail ist.

 

Weil dieses Jahr leider kein M4Y/TR-Läufer erfolgreich war (Ralf musste in Reusch das Rennen beenden), hier einige Zitate aus den Laufberichten der vergangenen Jahre.


Birgit Fender:

„Pünktlich um 10 Uhr geht es los. Ohne die obligatorischen Hymnen, aber unter dem tosenden Applaus der Zuschauer laufen wir über die Promenade, die Flaniermeile von Gstaad …..

Tendenziell bergab erreichen wir bei km 11 Gsteig und damit die nächste VP. Es geht auf dem Gehweg in den Ort. Eine Formation Trachtenträger mit Treicheln bereiten uns einen stimmungsvollen, lauten Empfang….

Wieder laufen wir über eine große Wiese. Jetzt kann ich den Weiler Reusch vor mir liegen sehen. Die Moderatorin sagt jeden Neuankömmling an und die vielen Zuschauer applaudieren begeistert ….“


Anton Lautner:

„Anstieg nach Oldenegg, es warten um die 1600 positive Höhenmeter und 10,8 Kilometer. Etwa einen Kilometer kann ich  noch laufen, dann ist ein strammes Marschtempo effektiver. Einen älteren Läufer höre ich über das Zeitlimit schimpfen …

Die Bergstraße ist ziemlich rustikal, wir kommen dem Wasserfall immer näher dann erreiche ich Oldenegg auf 1919 Meter Seehöhe. Der Fahrweg endet. Der Blick auf die Zacken zwischen Schluchhorn und Sanetschhorn ist dramatisch …

Weiter Richtung Cabane Hütte ist der Trail schmal, jedoch meist nicht ausgesetzt. Wer trittsicher ist, hat Vorteile. Auch der, der Stecken einsetzt. Der Untergrund wird zunehmend steiniger, dann wieder Gras, wenn das Gelände nur flach abfällt. Trotz der Höhe ist es gut warm. Ein wenig Wind würde nicht schaden….

Noch 3,2 Kilometer bis zum Ziel. Am Anfang der Moräne komme ich noch gut voran. Aber dann folgt der übelste Kilometer des Tages. Sausteil, wohl an die 30 Grad Steigung. Gut, dass ein Weg durch das Geröll freigescharrt ist. Es ist trotzdem fast zum Verzweifeln. Nur im Kriechgang geht es in Serpentinen nach oben ….

Dann geht es auf den Gletscher. Anfangs ist unser Weg ausgeschildert wie ein Baustellenbereich auf der Autobahn. Wir müssen nur der Raupenspur folgen. Der drei Quadratkilometer große Gletscher hat seinen Ursprung im 3000 Meter hohen Diableretsmassiv. Es ist ein geiles Gefühl, auf dem Gletscher zu laufen, zumal es auf dem gespurten Weg ja sicher ist. Das sollte sich jeder mal gönnen. Noch einen Kilometer….

Gleich bin ich im Ziel. Ich sehe schon die Bauten auf dem Scex Rouge und dann die Treppen. Die ersten Stufen sind sauhoch. Langsam gehen, nur keinen Muskelkrampf bekommen. Zuschauer feuern uns an. Dann noch zwei steile Alutreppen. Rechts herum, nochmals Treppen, dann bin ich im Ziel. Mann, war das hart.“

Ausführliche Berichte mit vielen Bildern von der gesamten Strecke
findet man auf Marathon4you und Trailrunning.de 

 

Siegerliste 2018 - 26,2 km/2.015 Höhenmeter

(629 Finisher)

 

Männer

1. Tefara Mekonen, Herrenschwanden           2:26.51,6
2. Surum Robert Panin, A-Fürstenfeld         2:27.08,3  
3. Wacker Andy, USA-Boulder CO               2:27.23,3

 

 

 

Frauen

1. Segalada Michela, Winterthur              2:46.27,7  
2. Eggenschwiler Petra, Langendorf           2:55.26,9  
3. Kessler Nadja, Jona                       3:06.31,4  

 

 

Informationen: Glacier 3000 Run
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