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Laufberichte

Auf Messers Schneide

 

Im Jahr 2009 war ich schon einmal beim Glacier 3000 Run in Gstaad im Berner Oberland. Nun, 2017, gibt es ein Jubiläum, die zehnte Ausgabe. Logo, dass ich wieder dabei sein will, zumal heuer einmalig auch eine Marathonstrecke ausgeschrieben ist.

Die Eckdaten dazu in aller Kürze: 2726 positive und 857 negative Höhenmeter, Ziel auf dem 2950 Meter hohen Scex Rouge, 12 Kilometer auf Asphalt, 30 Kilometer Naturwege und Trails und kurz vor dem Ziel eine Passage auf dem Gletscher. Insgesamt der härteste Marathon der Schweiz in diesem Jahr – behauptet der Veranstalter. Wir werden sehen …  

Der Glacier 3000 Run ist mit 26,2 Kilometer ein wenig leichter, oder soll ich sagen, nicht ganz so schwer? Immerhin kommt auch er auf  2015 (und 115 negativen) Höhenmeter.

Dazu gibt es den Kidsrun und das Alpine Nordic Walking über 6,2 Kilometer sowie einen Staffellauf auf der  klassischen 26,2 Kilometer Strecke. Ein interessantes Jubiläumsangebot also, zu dem sich 1250 Sportler melden (Rekord!).

Der Titel zu meinem Bericht fiel mir direkt beim Zieleinlauf ein. Hier die ganze spannende und dramatische Geschichte mit Gefühlsausschlägen in die eine und andere Richtung.

 

 

Gstaad ist ein Dorf im westlichen Berner Oberland, unweit zur französischen Sprachgrenze. Der Ort liegt auf 1050 Meter und gehört zur Gemeinde Saanen im Saanerland. Die knapp 7000 Einwohner verdienen sich ihr Brot hauptsächlich im Tourismus im Sommer und Winter. Die Promidichte ist auch für eine Schweizer Nobeldestination überdurchschnittlich.

Sportlich gesehen werden einige Events abgehalten (Tennis, Polo, Beachvolleyball), für den Musikliebhaber gibt es das Yehudi Menuhin Festival (Klassik) und eine Country Night. Der Urlauber im Sommer und im Winter will ja unterhalten werden. Ja, und die Läuferzunft misst sich immer Anfang August mit dem Lauf auf den Scex Rouge.

Auf die Preise in der Schweiz ist man ja hinlänglich vorbereitet. Mit einem Billigticket der Bahn kann man die Kosten aber deutlich senken! Und der Bahnhof liegt nicht irgendwo in der Prärie, sondern kaum einmal 100 Meter von der autofreien Promenade und vom Startgelände am Eisareal entfernt.

Spät abends am Vortag komme ich pünktlich in Gstaad an, die Wirtin der Unterkunft erwartet mich schon, drückt mir den Schlüssel in die Hand und schickt mich gleich in eine Pizzeria zum Carboloading. Ein kleiner Spaziergang beschließt den Abend.

 

Vor dem Start

 

Bereits um 06.30 Uhr gibt es Frühstück. Kaffee, Semmeln mit ein wenig Käse und Wurst, mehr brauch ich nicht an solchen Tagen. Die Startnummernausgabe öffnet bereits um 07.00 Uhr, wo ich in Sekunden meine Unterlagen bekomme: Startnummer, der Chip von Datasport auf die Rückseite der Startnummer geklammert, einen Beutel für die Kleider im Ziel. Die Gelegenheit des Kleidertransportes hoch zum Ziel sollte man tunlichst nutzen, denn auf der Höhe kann es nass und kalt sein. Ich rate auch dazu, einen leichten Wind- und Regenschutz unterwegs dabei zu haben.

 

 

Eine kleine Fotosession zu Fuß bringt mich zum Pfarrhaus, wo ich lese: „An Gottes Segen ist alles gelegen.“ Und in der Tat, der da oben hat heute für den schönsten Tag der Woche gesorgt. Strahlend blauer Himmel und hohe Temperaturen schon am Morgen. Lieber so, als vor acht Jahren, als am Vortag eine Kaltfront mit Gewittern durchging. Heute besteht erst am späteren Nachmittag eine leichte Gewitterneigung. Der Veranstalter hat bei Schlechtwetter gleich mehrere Alternativpläne in der Schublade.

Recht zögerlich rücken die Marathonis in den Startbereich auf dem Kapälliplatz vor. 210 Meldungen für die lange Strecke sind zusammengekommen. Es folgen noch einige Informationen sowie ein Grußwort der örtlichen Politiker. Schließlich werden wir pünktlich um 08.30 Uhr auf die Reise geschickt, der 26 km Run startet 30 Minuten später.

 

Erste Kilometer

 

Es geht noch ein paar Meter durch den beruhigten Ortskern, Häuser in Chaletform dominieren das Ortsbild. Im folgenden Kreisverkehr sehe ich schon ein stationäres Schild, das auf den Streckenverlauf hinweist. Der Zuschauerzuspruch lässt dann in Richtung Ortsausgang deutlich nach. Für einen Landschafts-/Berglauf ist das Interesse der Bevölkerung groß,  aber ein Zuspruch wie bei einem Citymarathon wirst du nicht erleben. Dann verlassen wir Gstaad auf geteertem Almweg taleinwärts Richtung Feutersoey. 1,5 Stunden Zeitbedarf zeigt der Wegweiser für den Wanderer an der Mattenbrücke (1040 Meter) an.

 

 

Platz ist genug auf den ersten fünf asphaltierten Kilometern. Das Läuferfeld zieht sich jetzt schon deutlich auseinander. Ich befinde mich im letzten Viertel. Ein Mitläufer errechnet 5.30 Minuten für den ersten Kilometer. Verdammte Hacke, haben die was gestohlen? Leute, wir müssen einen Marathon laufen. Oder sind die so stark und ich so schwach? Mir geht das nicht in den Kopf. Ich muss mein Rennen machen. Und Bilder soll ich ja auch noch nach Hause bringen. Zum Beispiel von dem alten Bauernhaus aus dem Jahr 1826. „Blick auf zu den Bergen … schau auf zu den Sternen … und ohne die Allmacht in himmlischen Sternen“, lese ich unter dem Giebel. Und in Laufrichtung sehen wir schon die hohen Berge des Les Diablerets-Massivs.

 

Grund - Feutersoey

 

Der Asphalt endet und wir laufen auf einen gesplitteten Wiesenweg. Hier kann es später, wenn das große Feld der 26km-Läufer kommt,  eng werden. Wer überholen will, könnte eine vom elektrischen Weidezaun gewischt bekommen. Die erste Tankstelle bei Grund (1080 Meter) wird schon eifrig von den Läufern angesteuert, obwohl jetzt nur Wasser auf dem angeboten wird. Später kommen noch Iso, Cola, Bouillon, Gel, Riegel, Orangen und Bananen hinzu, anfangs im fünf-Kilometer-Abstand, später wesentlich häufiger. Alleine sieben V-Stellen auf den letzten zehn Kilometer helfen dir auf den Berg. 30 Minuten Laufzeit für fünf Kilometer zeigt die Uhr.

 

 

Der Laufuntergrund in Richtung Feutersoey (1125 Meter) ist abwechslungsreich, wenig Asphalt, viel gesplittet und mitunter mit Wurzeln gespickt. Konzentration! Schatten wird es heute kaum oder gar nicht geben. Da kann man nur auf kühlere Temperaturen auf der Höhe hoffen. 7,5 Kilometer sind in Feutersoey gelaufen, 45 Minuten bin ich unterwegs. An der V-Stelle greife ich mir nun zwei Becher mit der Isobrause. Der Moderator kündigt uns an und entlässt uns auf die Marathonschleife in Richtung des Arnensees. Die Steigung beginnt.

 

Anstieg zum Arnensee

 

Rund 500 Höhenmeter liegt der Arnensee oberhalb vom Tal. Die erste Steigung, noch laufbar, liegt im bebauten Bereich von Feutersoey. Einige Anwohner klatschen uns hoch. Kilometer acht wird angezeigt. Auf der anderen Straßenseite wird es hinuntergehen. Ich sehe eine Kilometermarkierung, merke mir aber die Zahl nicht. Sind es 24 oder 26? Egal! Nach einigen Minuten führt uns die Strecke hinein in den Wald, die Steigung nimmt zu, die meisten Läufer gehen. Zwischendurch ist der Untergrund asphaltiert und ich kann wieder laufen. Na ja, laufen ist etwas übertrieben, ich jogge.

 

 

Kilometer zehn, ich bin 70 Minuten unterwegs, der Arnesee ist für Wanderer in 85 Minuten erreichbar, sagt ein Hinweisschild. Ich rechne. Um 11.15 Uhr soll ich ja wieder unten sein. Das scheint mir ein sportlicher Cut-Off zu sein. Der Kurs steigt immer weiter an, Crosseinlagen und Treppen inklusive. Dann erreichen wir um 10.10 Uhr die V-Stelle Unteres Studeli. Ich verpflege kurz und mache mich auf den weiteren Weg. Der See ist immer noch nicht zu sehen. Stattdessen sehe ich einen schnellen Läufer auf die V-Stelle zulaufen. Verdammt, ich muss um den See und dann hinunter und habe nur eine gute Stunde Zeit dafür. Ist das zu schaffen?

 

Seerunde und wieder hinunter

 

Nach einigen Augenblicken sehe ich den See, der knapp zwei Kilometer lang ist. Es geht über die 140 Meter lange Dammkrone auf die Westseite. Ich erhöhe das Tempo, weil unser Kurs nun gut belaufbar ist. Einige Angler frönen ihrem ruhigen Sport. Kilometer 15. Auf der Ostseite des Sees, da geht der Wald bis an das Ufer, kann ich keinen Läufer erkennen. Der Weg wird wohl im Wald sein.

 

 

Und dann sehe ich am Südufer die vor mir liegenden Läufer wieder gehen, es geht weiter bergan. Mist, diese Steigung habe ich nicht eingeplant oder mir den Streckenplan nicht genau angeschaut. Tatsächlich geht unser Kurs fast 150 Höhenmeter weiter hinauf zur V-Stelle Seeberg (1713 Meter). Dort werden unsere Startnummern aufgeschrieben.

Es geht zurück auf einem gut befestigten Fahrweg. Ich gebe Vollgas und kann gleich einige Mitstreiter überholen. Um 10.45 Uhr bin ich wieder beim Unteren Studeli. Noch 30 Minuten bis zum Abpfiff. Ist der Abstieg zu schaffen? Vielleicht, wenn der Untergrund ein schnelles Laufen zulässt. Aber dann geht der Kurs wieder über Stock und Stein, durch Wiesen, aber immer mit leichtem Gefälle. Die Zeit rinnt dahin. Teilweise sehe ich zehn, fünfzehn Läufer in meinem Bereich. Wenn die Helfer unten um 11.15 Uhr keinen mehr weiter laufen lassen, haben jede Menge Läufer ein Problem. Und ich erst: Keine Bilder und kein Bericht vom weiteren Streckenlauf, vor allem vom Gletscher. Doch wir haben Glück. Der Moderator verkündet ein neues Limit von 11.30 Uhr und bis dahin habe ich drei Minuten Puffer. Der Druck ist (vorerst) weg.

 

Nach Gsteig und Reusch

 

Ich verpflege reichlich und trinke zwei Becher Cola. Ich denke, dass die weiteren Limits leichter zu schaffen sind. Wir überqueren die Hauptstraße und laufen zuerst im Wald, dann an einem Bachlauf auf einem gesplitteten Weg weiter. Die ersten Anstiege warten nach dem Durchlaufen von mehreren Wiesen. Der Ausblick auf die Vorberge der Diablerets werden spektakulärer. In Saali können wir uns an einem Brunnen erfrischen. Die Kinder haben viel Freude, uns Schwämme zuzuwerfen.

 

 

Nach einem Aufschwung sehen wir Gsteig (1184 Meter) vor uns liegen. 1000 Einwohner hat der Ort, dessen Name aus dem althochdeutschen „steiga“ stammt. Der Name sagt schon alles. Das Cola an der V-Stelle ist leider alle, so muss ich mir mit Iso und Bananen weiterhelfen. Zwei Becher kippe ich hinunter und mache mich dann auf den weiteren Weg. Im Bauch schwabbelt das Getränk. Mittlerweile ist es gut warm geworden.

Am Ortsende unterhalb der Kirche schwingt der Treychlerclub seine großen Instrumente. Die zeigen echte Ausdauer, denn die „Kurzstreckler“ sind schon lange durch. Im Biergarten wird gerade zu Mittag serviert, von der Kirche läuten die Glocken. High noon. Gut 500 Meter laufen wir nun auf der Hauptstraße. Für uns ist diese abgesperrt, die motorisierten Verkehrsteilnehmer müssen warten. Dann muss ich lachen, denn links zweigt die Hügelstraße ab.

Wir überqueren wieder den Bachlauf, der Weg wird nun zunehmend steiler und rustikaler. 100 bis 150 Höhenmeter geht es hinauf. Ich muss wieder nachdenken und rechnen. Wann ist bei Reusch der zweite Cut-Off? Ich weiß es nicht. Dann nähern wir uns der Wechselzone bei Reusch (1332 Meter). Die Staffeln sind natürlich längst davon. Der Moderator unterhält, sagt jedoch nichts von den Zeiten. Es scheint sich auszugehen. 12.30 Uhr ist vorbei. Verpflegen und weiter.

 

Anstieg nach Oldenegg

 

Zur Info: Es warten rund 1600 positive Höhenmeter und 10,8 Kilometer. Etwa einen Kilometer kann ich  noch laufen, dann ist ein strammes Marschtempo effektiver. Einen älteren Läufer höre ich über das Zeitlimit schimpfen, kann das aber nicht deuten. Warum hat man dann in Reusch nichts gesagt? Tatsächlich wäre der Cut-Off um 12.15 Uhr gewesen.

 

 

Der Kurs wird auf dem befestigten Weg steiler. Einige Läufer sind jetzt schon fertig und müssen alle 20 Meter stehen bleiben. Für die wird es noch eng. Dann laufe ich auf einen weiteren Teilnehmer auf. Der hat einen Rucksack umgeschnallt, ein Besen liegt am Boden. Der Schlussläufer. Auf meine Frage, wann denn Zielschluss ist, erhalte ich eine Antwort, die mich erschreckt. „Du wirst es nicht bis zum Ziel schaffen. Nach Cabane schon, aber nicht bis zum Gletscher!“ Verdammte Hacke, jetzt geht der ganze Stress schon wieder los. Ich mache mich vom Acker und lasse den Besenläufer zurück, genauso wie das japanische Pärchen. Das Mädel ist kurz vorm Heulen.

An einer Hütte (Büdemli, 1548 Meter) können wir wieder verpflegen. Einige erfrischen sich an der Wassertränke. Die Bergstraße ist ziemlich rustikal und kann wohl nur mit Allrad und gehöriger Bodenfreiheit befahren werden. Wir laufen auf einen Wasserfall zu. Während bis zur Wechselstelle jeder Kilometer ausgeschildert war, hat man hier noch eins draufgelegt. Alle 500 Meter finden wir eine Markierung. So ist der einzelne Kilometer gerade an den steilsten Stellen nicht so arg lang. Wir kommen dem Wasserfall immer näher. Nach Oldenegg ist der Wanderer 45 Minuten, nach Cabane 2.45 Stunden unterwegs. Wir sind schneller, aber Zweifel bleiben. Gibt es ein Cut-Off? Kurz nach 13.30 erreiche ich Oldenegg auf 1919 Meter Seehöhe. Der Fahrweg endet. Der Blick auf die Zacken zwischen Schluchhorn und Sanetschhorn ist dramatisch.

 

Just in time?

 

Ich mache ein paar Bilder von einer Steelband und marschiere weiter. Kilometer 35,8 wird angezeigt. Der Trail ist schmal, jedoch meist nicht ausgesetzt. Wer trittsicher ist, hat Vorteile. Auch der, der Stecken einsetzt. Der Untergrund wird zunehmend steiniger, dann wieder Gras, wenn das Gelände nur flach abfällt. Trotz der Höhe ist es gut warm. Ein wenig Wind würde nicht schaden.

 

 

Martisberg, 2300 Meter Seehöhe. Man hat hier Getränke hoch geschafft. Die V-Stelle bietet zwar nur Aqua und Iso, wird aber trotzdem gut benutzt. Der Sani ist zufrieden, hat wenig Arbeit. Dann geht es für mich weiter, der Kurs steigt abermals an. Wie weit ist es denn noch?

Nach einem weiteren Aufschwung sehe ich dann die Hütten der Station Cabane (2485 Meter). Und dann nach ein paar weiteren Metern sehe ich Läufer die Moräne hoch stapfen. Ich glaube, es reicht bei mir, es ist 14.30 Uhr. Dann auf Höhe der Hütte höre ich den Moderator sprechen: „Ihr seid noch alle im Rennen, ihr seid just in time.“

Nach einigen Augenblicken dann diese Information: „Ihr seid nicht mehr in der Zeit, ihr seid aus dem Rennen! Bitte gebt den Zeitmesschip ab?“ Ich mache mich vom Acker. Ich traue mich nicht zurückzublicken, nicht dass jemand auf die Idee kommt mir zu folgen, um meine Startnummer einzufordern. Aber ich bin durch. Das war jetzt zum dritten Mal mehr als knapp. Ein Rennen auf des Messers Schneide.

 

Moräne

 

14.30 Uhr, noch 3,2 Kilometer bis zum Ziel. Am Anfang der Moräne komme ich noch gut voran. Aber dann folgt der übelste Kilometer des Tages. Sausteil, wohl an die 30 Grad Steigung. Gut, dass ein Weg durch das Geröll freigescharrt ist. Es ist trotzdem fast zum Verzweifeln. Nur im Kriechgang geht es in Serpentinen nach oben. Ich drehe mich um und sehe einige Läufer, die man wohl noch weitergelassen hat. Oben geht es nochmals im Zick-Zack weiter, dann haben wir es geschafft. Am Ende des schwierigsten Stückes warten Helfer, man hat auch ein Seil gespannt. Die Lunge rasselt. Nicht nur bei mir.

 

 

Wir sind nun 2735 Meter hoch, sagt ein Schild. Und dann nach einigen Metern können wir nochmals verpflegen. 2,4 Restkilometer. Zwei Becher Cola, dann muss ich weiter. Unser Weg wird nun von Steinmännchen markiert. Bei meiner Teilnahme vor acht Jahren war hier das Gelände ganz anders. Der Gletscher hat sich in diesem kurzen Zeitraum vielleicht 30 bis 50 Meter zurückgezogen. Steine sind in fließendes Gletscherwasser gelegt, so holen wir uns keine nassen Füße. Und dann sind wieder Seile ausgelegt, denn rechts geht es steil hinunter. An einem Gletscherbach sind Geschick und Balance gefragt, ein Helfer wartet und reicht bei Bedarf seine helfende Hand. Es geht nun auf einer Steinplatte weiter hoch, kleinste Blumen wachsen aus Ritzen, Überlebenskünstler. Zwei Akkordeonspieler spielen auf.

 

Tsanfleurongletscher

 

Nun geht es auf den Gletscher. Anfangs ist unser Weg ausgeschildert wie ein Baustellenbereich auf der Autobahn. Wir müssen nur der Raupenspur folgen. Zusätzlich sind an der Seite Seile gespannt. Der drei Quadratkilometer große Gletscher hat seinen Ursprung im 3000 Meter hohen Diableretsmassiv. Durch die Höhe hat er im Sommer keinen Nährbereich. Es wird daher immer weiter abschmelzen und irgendwann Geschichte sein. Vor drei Wochen hat man hier die Leichen eines Ehepaares aus dem Wallis gefunden, das vor 75 Jahren verunglückt ist.

 

 

Es ist ein geiles Gefühl, auf dem Gletscher zu laufen, zumal es auf dem gespurten Weg ja sicher ist. Normale Gletscherbegehungen sind in der Regel nur mit Bergführern und dann auch nur angeseilt möglich. Wer das noch nie gemacht hat und daran interessiert ist, der sollte sich das mal gönnen. Noch einen Kilometer. Über einigen Gletscherbächen liegen Bretter. Man hat hier an alles gedacht.

 

Hinauf zum Scex Rouge

 

Wir verlassen den Gletscher (2840 Meter) und es geht nun weiter hoch. Auch hier scheint sich das Gelände geändert zu haben. Ich vermute, der tauende Permafrostboden sorgte dafür. Eine Läufer kommt von hinten und fragt: „Hast du noch den Chip? Mir hat man den bei Cabane abgenommen“. Ich habe ihn, also bin ich noch im Rennen.

 

 

Gleich bin ich im Ziel. Ich sehe schon die Bauten auf dem Scex Rouge. Und dann die Treppen, die ersten Stufen sind sauhoch. Langsam gehen, nur keinen Muskelkrampf bekommen. Kaum gedacht, schon erwischt es einen weiteren Läufer hinter mir. Er lässt einen Brüller los, kann sich aber selber helfen und weitergehen. Vor dem Ziel warten noch zwei Alutreppen. Rechts herum, nochmals ein paar Treppen und dann bin ich im Ziel. Mann, war das eine enge Kiste.

Als Zielbelohnung gibt es ein Langarmshirt für die Finisher und für mich noch ein Zwickelbier. Es kostet der Höhe von 2950 Meter entsprechend 8 Franken, ist es mir aber wert und geht auch gleich in die Birne.  

 

 

Mein spontanes Urteil:

Der Marathon ist nur etwas für gute Bergläufer. Man muss mindestens die doppelte Zeit einrechnen, die man bei einem Straßen-Marathon braucht. Wenn die Sicht klar ist, kann man auf einige Viertausender sehen. Egal ob Marathon oder 26 km-Lauf: Der Glacier 3000 Run ist ein Erlebnis und eine Herausforderung erster Güte.

Per Gletscherbahn und Bus kommt man zurück nach Gstaad, Kosten entstehen hierfür nicht. In Gstaad kann man sich massieren lassen, an der Startnummer hängt ein Gutschein für ein Pastagericht.

In der Marathon-Ergebnisliste der Marathonis werde ich zum zweiten Mal in meiner Laufbahn als Allerletzter (99. bei den  Männern) geführt. Trotz meiner Zeit von 7.02.23 Stunden. Von 210 Gemeldeten haben sich nur 121 platziert.

Ob es eine Neuauflage des Glacier 3000 Marathon geben wird? Im nächsten Jahr zunächst einmal nicht. Aber man ist für die weitere Zukunft nicht abgeneigt. Auf jeden Fall würde man dann die Cut-off-Zeiten überdenken.

 

Informationen: Glacier 3000 Run
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