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Laufberichte

Auf nach Florenz

25.11.12

Kreuz und quer durch Campo di Marte

 

Eine lange, von herrlichen Pinien gesäumte Allee führt uns zunächst weit aus dem Stadtzentrum heraus. Dann geht es geradewegs hinein in dieses Viertel. Typische italienische Wohnvorstadt neuzeitlichen Datums ist das, was uns erwartet, nicht spektakulär, aber auch nicht ungemütlich. Mittendrin, im Herzen des Stadtteils, breitet sich der Campus eines riesigen Sportparks aus. Dicht eingewachsene Alleen führen um das Gelände herum. Auch wenn trockenes Laub unter unseren Füßen raschelt, füllt noch immer üppiges Grün das Astwerk.

Noch schöner wirkt dies, als die Sonne durch die Wolken bricht und die Farben zum Leuchten bringt. Dem Alleenrundkurs folgen wir. Gleich am Anfang begegnen wir dem Leichtathletikstadion Nuovo Stadio dei Athletica Luigi Ridolfi, wo am Vortag noch die Marathonmesse tobte und die Startunterlagen ausgeben wurden. Nunmehr erfüllt friedliche Stille den Ort. Die größte und auffälligste Sportarena ist allerdings das Stadio Comunale Artemio Franchi, das größte Fußballstadion von Florenz und seit 1931 Heimstatt des AC Florenz.

Die wohl längste Steigung unseres Streckenkurses erwartet uns nach 31,5 km. Hinauf geht es auf eine Brücke, die die zum Hauptbahnhof führenden Schienenstränge überwindet. Nicht wirklich hart ist die Steigung, doch so mancher Mitläufer muss erkennen, dass schon das über sein Limit geht. Überhaupt: Auffällig ruhig geworden ist es im Vergleich zur anfänglich so überbordenden Stimmung im Läuferfeld. Jenseits der Brücke ändert sich das Straßenbild: Älter, herrschaftlicher und deutlich attraktiver werden die Häuser. Unverkennbar nähern wir uns wieder der Innenstadt an.

 

Das Beste zum Schluss

 

Kurz vor km 35 wird es höchst akademisch: Nicht nur, dass wir die altehrwürdigen Gebäude der Universität passieren, sondern auch die Galleria dell Academia mit ihren hohen Arkaden, wo die vielleicht berühmteste Skulptur der europäischen Kulturgeschichte, Michelangelos  "David" im Original bewundert werden kann, also nicht etwa nur als Kopien wie vor dem Touristen-Hot-Spot Palazzo Vecchio oder auf der Piazzale Michelangelo. Auch sonst gibt es hier so viel Kulturhistorisches zu sehen, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll.

Durch wunderschöne mittelalterliche Gässlein geht es schnurstracks weiter ins Herz der Altstadt hinein. Wie ein Licht am Ende eines Tunnels blinkt uns schon von Weitem weißer Marmor  entgegen. Mehr und mehr füllt dieses Weiß das Blickfeld, lassen sich die durch grünen Marmor betonten Konturen einer reich verzierten Fassade erkennen. Es ist das Battistero San Giovanni, das bereits im 11. Jahrhundert als Oktogon geschaffene Baptisterium, in dem sich 800 Jahre lang die gebürtigen Florentiner taufen ließen, überragt vom Campanile, dem 85 m hohen Glockenturm des Doms . 

Und auf einmal öffnet sich der Raum, treten wir hinaus aus der Enge der Gasse auf die Piazza San Giovanni, und blicken unvermittelt auf eine der größten Kirchen der Christenheit. Förmlich eingepackt ist sie in die umgebenden Gassen. Aber hier entblättert sich der Duomo Santa Maria del Fiore von seiner prunkvollsten Seite: Mit seiner gewaltigen, unvergleichlich ornamentierten  Westfassade. Zusammen mit dem vorgelagerten  Baptisterium und dem Campanile ist der Florentiner Dom ein einzigartiges Gesamtkunstwerk der Renaissance, gekrönt von einer gigantischen, bis zu 107 m hoch aufragenden und 45 m im Querschnitt messenden Kuppel. Giotto, Pisano, Brunelleschi - einige der berühmtesten Baumeister des Mittelalters wirkten im 11. bis 14. Jahrhundert an der Erschaffung dieses meisterlichen Ensembles mit und nur aus der Vogelperspektive kann man seine Dimensionen wirklich ermessen.  

Auch wenn es letztlich nur Sekunden sind, in denen diese überwältige Kulisse auf uns wirkt, in denen uns gleichzeitig emotionsgeladene dichte Zuschauerreihen entlang der Absperrgitter schneller als wir eigentlich wollen durch den Parcours jagen - es sind unvergessliche Sekunden, Sekunden, die man ein Marathonleben lang nicht vergisst, ein absolutes "Wow!"-Erlebnis.

Und schon entschwinden wir in die Via Roma, direkt hinauf auf die Piazza della Republica, den nächsten Glanzpunkt auf unserer Strecke. Schon zu Zeiten der Römer war hier der Sitz des Forums und auch heute noch ist der arkadenumrahmte Platz ein überaus repräsentativer Mittelpunkt Florentiner Stadtkultur. Durch ein mächtiges Arkadentor verlassen wir den Platz und folgen den Gassen, in denen sich Palazzi und prunkvolle Bauten dicht an dicht aneinander reihen. Die Straße führt uns nochmals hinaus aus dem Altstadtkern bis zur Piazzale di Porta al Prato (km 37), jenem Platz, der bei km 4 bereits unser erstes Zwischenziel war.

Zurück geht es entlang der Uferpromenade des Arno. Die Sonne lässt die Fassaden erstrahlen, traumhaft ist der Blick über den Fluss, die Brücken und die Hügel am Horizont. Es ist purer Genuss, diese wundervolle Stadt bei einem derart traumhaften Wetter in all ihren Facetten erleben zu dürfen.

Über die Ponte Santa Trinita werden wir zu einem weiteren kurzen Abstecher nach Oltrarno geleitet. Dieser Abstecher steht ganz im Zeichen der berühmten Ponte Vecchio. Übersetzt heißt die Brücke ganz profan nur "Alte Brücke" - und das ist sie auch, sogar die älteste (1345) und einzige Brücke, die den letzten Weltkrieg unbeschadet überstand. Dass die Brücke seit 1593 ausschließlich von Goldschmiede- und Juwelierläden gesäumt wird, ist Folge einer großherzoglichen Laune, sagt zumindest die Überlieferung. Denn einst war die Brücke aufgrund der Flussnähe primär von Schlachtern und Gerbern bevölkert. Das stank dem Medici Cosimo I auf seinem Weg von der Piazza della Signoria zum Palazzo Pitti angeblich so sehr, dass er die Umsiedelung der bisherigen und die Ansiedlung einer augen- und nasenfreundlicheren Zunft befahl. Und dies hat sich bis heute gehalten.

 
 

Informationen: Firenze Marathon
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