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Laufberichte

Meer geht immer!

 

Wind um die Ohren, Sand im Schuh und Fisch nicht bloß in der Nase, sind für uns nur drei Merkmale eines gelungenen Besuchs an Germaniens Ost- und/oder Nordseeküste. Dem rauhen Charme dieses Landstrichs waren wir in diesem Jahr erstmals im März erlegen, als wir endlich unsere Syltpremiere erlebten und diese mit dem attraktiven Syltlauf einmal längs von Nord nach Süd über die Insel kombinierten. Einmal ist bekanntermaßen keinmal, insbesondere wenn einem das einmal gefällt. So machen wir uns innerhalb von gerade mal sechs Wochen bereits zum zweiten Mal auf die Socken in Richtung Norden. Cuxhaven ist diesmal Ziel eines verlängerten Wochenendes.

Nicht wirklich zufällig findet exakt während unseres Aufenthalts vor Ort ein umfangreiches Laufprogramm statt. Auf einem Viertelmarathonkurs in guter Lage kannst Du eine, zwei oder drei Runden mit Wertung zurücklegen oder Dich über die Marathondistanz austoben. Wie so häufig sind die Rollen klar verteilt: Die Gattin gibt sich mit einer Runde zufrieden, der Herr Gemahl meint, sich diese viermal geben zu müssen. Kurzeinsätze über sechs km sind auch drin, allerdings nicht für uns. Dank (m)einer strategischen Meisterleistung beziehen wir am Freitagabend unsere hübsche Ferienwohnung unmittelbar am Schleusenpriel/Alten Hafen und damit genauso fast unmittelbar an Start und Ziel. Näher geht’s kaum.

 

 

Erfolgreich dezimieren wir noch die lokalen Bestände ehemals schwimmender Kameraden, bevor wir einen ersten Erkundungsgang unternehmen, den wir am Samstag ausgiebig erweitern wollen. Einige Eindrücke hat meine kleine Kamera für Euch eingefangen. Auf das, was wir da so alles entdecken, zumindest entlang der Laufstrecke, werde ich im Laufbericht eingehen. Auf jeden Fall macht die 50.000 Einwohner-Stadt an der Elbmündung in die Nordsee einen freundlichen Eindruck, den wir bereits vor etlichen Jahren auf unserem Weg nach Helgoland gewinnen konnten, denn hier setzt der Katamaran zu Deutschlands einziger Hochseeinsel über. Genau dies ist in diesem Jahr das Programm der Familie Pitz, Markus' Bericht über den Düsenjäger & Co. könnt Ihr auf unserer Seite lesen bzw. habt es längst getan.

Der nächste Tag steht nach einem kurzen Erkundungsläufchen auf dem Deich dann ganz im Rahmen der geplanten weiteren Stadterkundung, nur unterbrochen durch eine Hafenrundfahrt samt einem Besuch bei den Seehunden sowie dem Startnummernempfang. Der erfolgt gleichermaßen schnell wie unkompliziert im Foyer der Sparkasse am Kaemmererplatz, wo die Aufbauarbeiten schon fast beendet sind. Nach viel zu vielen Geh-km sowie der abermaligen Bekämpfung der heimischen Meeresfauna sinken wir erwartungsfroh in Morpheus' Arme.

Zehn Uhr ist eine perfekte Startzeit, insbesondere, wenn man ebenso perfekt nahe zum Ort des Geschehens wohnt, und sich daher auf den letzten Drücker einfinden kann. Alle, die die komplette Runde ein-, zwei- drei- oder viermal in Angriff nehmen, starten gemeinsam. So kommt ein wirklich ansehnliches Feld zusammen, mit den 6 km-Läufern und den Schülern werden es an die 1.600 Aktive sein, davon letztlich 115 über die Marathondistanz.

 

 

Mit etwa zehn Grad ist es bei bedecktem Himmel noch recht frisch, weshalb ich mich auf die Bewegung freue, welche die gutgelaunten Conferenciers auch pünktlich starten. Vorbei zunächst am Backsteinwasserturm von 1897, dem Schloss Ritzebüttel aus dem 13. Jhdt. und der hölzernen „Hermine“, einem 1904 erbauten ehemaliger Elbsegler. Weiter an schönen Stadthäusern, von denen wir gelegentlich aus luftiger Höhe angefeuert werden, geht es in direkter Richtung Hamburger Leuchtturm, der Aussichtsplattform Alte Liebe, dem Semaphor, das als Seezeichen den elbabwärts fahrenden Schiffen lange Zeit Windrichtung und –stärke anzeigte, und dem Kriegerdenkmal für die Minenjäger des Ersten Weltkriegs. Doch lange, bevor wir diese erreichen, biegen wir auf der Höhe unserer hübschen Ferienwohnung nach links ins Lotsenviertel ab und haben bald die Schillerstraße erreicht.

Dieser gebührt besondere Erwähnung, weil es sich bei ihr ganz offenkundig um die ehemalige Haupteinkaufsstraße handelt, bevor ihr unweit des Kaemmererplatzes die großen Filialisten Rang und Kaufkraft abliefen. Überall in Germanien also das gleiche Bild: Was der Internethandel nicht schafft, machen die Großen nieder. Die Folge sind auch hier bejammernswerte Leerstände und kaum noch vernünftige Läden. Dem Charme der Straße mit ihren zum großen Teil sehr attraktiven Gebäuden tut dies jedoch keinen Abbruch.

 

 

Vor der Kaffeerösterei ist beidseitig ein großer VP aufgebaut, den zum jetzigen frühen Zeitpunkt wohl noch keiner in Anspruch nimmt und deshalb zunächst vergeblich auf Kundschaft wartet. Exakt auf Höhe der Bäckerei Itjen, die uns heute früh mit den notwendigen Kohlehydraten versorgt hat, ist der erste km abgearbeitet. Weiter führt der Weg vorbei an der katholischen Herz-Jesu-Kirche. Ein Schwenker nach rechts, schon sehen wir den Deich grün zwischen Bäumen und Häusern hindurchschimmern. Dieser sichert die Stadt und zuvorderst das alte Lotsenviertel gegen Sturmfluten ab.

Wir bleiben zunächst hinter ihm auf der Stadtseite und bewundern zur Linken repräsentative Gebäude in überwiegend sehr gutem Erhaltungsstand. Im Winkel von etwa 120 Grad jagt man uns nun den Deich hinauf und ich hege schon größte Befürchtungen, die nächsten km auf der Deichkrone gegen so manche steife Brise ankämpfen zu müssen. Aber man hat Mitleid mit uns, einmal ganz davon abgesehen, dass der Weg auf der Deichkrone die Läufermenge zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht hätte aufnehmen können. Daher führt unser Weg direkt wieder hinab in Richtung Wasser, also die Elbe, auf den Uferweg.

 

 

Das Panorama aus Wasser, (Spielplatz)Leuchtturm, Rettungsstation und vielen bunten Strandkörbe auf sattgrünem Gras ist beeindruckend. Unten angekommen, wird scharf links abgebogen. Den Wasserstand würde ich Landratte als Ebbe bezeichnen, jedenfalls wird der kurze Sandstrandabschnitt schon bald von Schlick abgelöst. Stolze dreieinhalb Meter beträgt die Tide, also die Differenz zwischen Ebbe und Flut, hat man uns auf der Bootsfahrt erzählt. Links überm Deich grüßt der Turm der St. Petri-Kirche, die 1911 als Marinegarnisonskirche eingeweiht wurde und deren Planung unser alter Kaiser Willi II maßgeblich beeinflusst haben soll.

Der Abschnitt, den wir jetzt belaufen, hört auf den Namen Grimmershörner Bucht. Hier liegt, sicher hinter dem Deich geborgen, der wohl wesentliche Teil des europaweit größten Seeheilbads. Eine sehr langgezogene Rechtskurve gilt es nun abzulaufen, an deren Ende schon ein markantes Bauwerk am Horizont erscheint. Wunderbar ist der bunte Mix aus Läufern und Strandkörben anzuschauen, kaum dass man sie aus der Ferne unterscheiden kann. Immer näher rückt es, aber nicht nahe genug, als dass ich es Vorbeilaufen ablichten könnte. Also wird stehengeblieben und maximal gezoomt, damit die Kugelbake auch formatfüllend eingefangen werden kann. Diese ist das Wahrzeichen der Stadt und auch Bestandteil des Stadtwappens. Aus Holz als Seezeichen (und damit auch als Sehzeichen!) mit 28,4 m Höhe erbaut, ist sie heute nur noch Touristenattraktion und markiert den Übergang von der Elbe zur Nordsee. Um 90 Grad abgebogen umrunden wir zur Hälfte das Fort Kugelbake, eine ehem. Marinefestung, die man an strategisch günstiger Position zwischen 1869 und 1871 errichtete. Von ihr kann ich im Vorbeilaufen allerdings nichts entdecken, da sie komplett von Grün eingefaßt ist und hinterm Deich liegt.

Nun geht es eine Zeitlang am Sandstrand entlang, gerade kehrt eine Gruppe Wattwanderer von ihrem Ausflug zurück und belebt die Szenerie zusätzlich. Im Hintergrund erkenne ich die zu Hamburg gehörende Insel Neuwerk, die man bei Ebbe zu Fuß erreichen können soll. Nett ist der Lauf über die Uferpromenade, das Panorama der ungezählten Strandkörbe stellt eine Wohltat für die Augen dar. Unmittelbar vor dem Döser Strandhaus lenken uns Absperrgitter um 180° auf den Rückweg hinterm Deich. Huch, da kommt eine Streckenteilung? Ah, 10 km-Läufer geradeaus, alles andere darf eine Begegnungsstrecke machen. Das erklärt natürlich, warum der Zehner kein Viertelmarathon ist. Auf dem Zusatzschlenker sollte man allerdings fair und ehrlich sein, denn eine Kontrolle wird nicht durchgehend erfolgen.

Zurück auf dem Weg hinterm Deich umrunden wir, optisch unbemerkt, das Fort Kugelbake auf dessen Rückseite und passieren dabei eine ganze Reihe Verkaufsstände, die im Verlauf des Rennens einer nach dem anderen öffnen wird. Dahinter erfolgt die Verpflegung mit allerhand Eß- und Trinkbarem, präsentiert von einigen sehr dienstbeflissenen Mädchen, die ganz in ihrer Aufgabe aufgehen. Das ausgesprochene Lob verdienen sie sich nachhaltig.

 

 

Hinter dem Döser Seedeich, also auf der Rückseite der Grimmershörnbucht, schlagen wir den Weg zur Stadt ein und haben schon bald wieder die schönen Häuser erreicht, an denen ich mich kaum sattsehen kann. Gut, dass ich hier noch mehrfach vorbeikommen werde! Die ganz fixen Jungs und Mädels kommen mir bereits schon wieder mit beträchtlichem Vorsprung entgegen. Auf gleichem Weg wie hin komme ich zum ersten VP in der Schillerstraße, der sich bereits regen Zuspruchs erfreut. Schon von weitem höre ich die Zielmoderation, bis dahin sind allerdings, vorbei an u.a. Waldorfschule und Amtsgericht, noch etliche Meter zurückzulegen. Wer jetzt meint, die Runde sei hier beendet, täuscht sich, denn der Wendepunkt liegt ein Stück dahinter. Und schon befinde ich mich auf der zweiten Runde. Meine Heldin naht gutgelaunt, denn nach einem doch erheblichen Trainingsrückstand läuft es besser als von ihr befürchtet.

Ja, die Strecke kennt ihr jetzt auch. Mir gibt das die Möglichkeit, ganz entspannt noch das eine oder andere anzusehen und einzufangen, das mir beim ersten Durchlauf entgangen ist. Der Kurs ist wirklich prima und abwechslungsreich, so fein hatte ich es nicht erwartet und bin wirklich positiv überrascht. Vorgezogenes Fazit: Hier unterwegs zu sein lohnt sich.

Ich laufe auf Sandra und Marc auf, er coacht sie, bei ihr ist es sicht- und hörbar eng. 2:17 Std. ist sie beim letzten Mal gelaufen, diesmal soll die 2:15 fallen. Es ist offensichtlich, dass das eine enge Kiste wird. Vor allem auch für ihn. Nein, nicht wegen seines Leistungsvermögens, ganz im Gegenteil. Er möchte rechtzeitig fertig werden, um noch am schnellen Sechser teilnehmen zu können, der um 12:15 Uhr gestartet wird. Die Startaufstellung steht natürlich schon parat und, kaum bin ich auf meiner dritten Runde, rauschen die Läufer hundertfach an mir vorbei. Schöne Belebung der Szenerie. Marc kommt angeflogen: „Leider nicht geschafft!“ So ein Mist. In der Ergebnisliste steht eine 2:15:01!!! Aber hey, das ist doch die Bruttozeit! Netto sind's 2:14:35, also alles gut und Glückwunsch, Sandra!

Wieder in der Schillerstraße überzeugt ein vollbesetzter Balkon durch seine Botschaft. „Wer wird Deutscher Meister?“ ruft ein peinlicher Läufer von unten. „Nur der BVB!“ schallt die frohe Botschaft wie erwünscht herunter. Ich freue mich, Falko zu treffen, der bisher alle Ausgaben mitgemacht hat, derzeit ein ganz tiefes Tal durchschreitet und wenigstens den Halben erfolgreich nach Hause bringen wird.

Vor der Kugelbake ist jede Menge los, Kitesurfer, soweit das Auge reicht. Zu Beginn der vierten Runde ist dann im Start- und Zielbereich schon weniger los und die Moderatoren können sich mehr den letzten Marathonern widmen. Für mich ein Grund, sie abzuklatschen und für die Anfeuerung zu bedanken, natürlich nicht ohne Foto. „Du bist ja geil!“, schallt's mir entgegen. Dem ist natürlich wenig hinzuzufügen, so starte ich beschwingt in die letzte Runde.

 

 

Benjamin, als M30er in 3:27 Std. 19. im Ziel, läuft im BVB-Trikot. Die Szenerie von vorhin in der Schillerstraße wiederholt sich und beiderseitig grinsend trennen sich unsere Wege direkt wieder. Der stets gut gelaunte Ashley, passend zu Charles' Inthronisation mit Krönchen unterwegs, wird Benjamin noch kassieren. Macarena am Verpflegungsstand, gute Laune überall.

Wenige km vor dem Ziel überhole ich zunächst eine junge Läuferin, nicht ohne sie anzufeuern. Das hält sie wohl für die Aufforderung, sich an mich dranzuhängen, was ich als gnädiger, älterer Herr nicht ungern zulasse. Schnell stellt sich heraus, dass Dörte im Begriff ist, ihren ersten Marathon erfolgreich zu beenden.  Völlig klar, das Ding ziehen wir jetzt gemeinsam durch. Ich erkenne schnell, dass ihr Aua zwar zweifellos vorhanden ist (wer kennt das nicht?), sie aber vor keine körperlichen Probleme stellt. „Kennst Du die Frau da vorne?“, fragt sie mich im Angesicht einer wild gestikulierenden Person. „Jo, so beiläufig, mit der bin ich verheiratet.“

Dank Elkes Anfeuerung fallen die letzten paar hundert Meter nicht schwer und so kommen wir sicher unter viereinhalb Stunden ins Ziel, empfangen unsere netten Medaillen (mit Kugelbake, wie passend) und widmen uns der freundlichen Zielverpflegung. Eine nette Begegnung, die dann ein Ende finden muss. Pustekuchen, nach unserem Abendessen treffen wir sie zufälligerweise wieder und als wir am nächsten Morgen unser Abschlussfrühstück in der Bäckerei einnehmen, erscheint sie schon wieder unabgesprochen und erfreut uns durch ihre Anwesenheit. Der nächste gemeinsame Lauf befindet sich schon in der Planung. Zu gegebener Zeit werdet Ihr wieder von uns beiden hören.

 

Streckenbeschreibung:

10,55 km-Runde mit Innenstadt- und Deichanteilen.

Startgebühr:

Je nach Anmeldezeitpunkt 45 bis 60 € für den Marathon.

Weitere Veranstaltungen:

Marathon, Dreiviertel-, Halbmarathon sowie 10 bzw. 6 km Laufen und Walken, Kinderläufe.

Leistungen/Auszeichnung:
Medaille, Urkunde, inkludierter Fotodienst sowie Zieleinlaufvideo.

Logistik:
Alles perfekt im und am Dorfgemeinschaftshaus.

Verpflegung:

2 VP (einer davon doppelt anzulaufen) mit Wasser, Iso, Cola, Bier, Riegeln, Äpfeln und Bananen.

Zuschauer:

Einige Fans.

 

Informationen: Cuxhaven Marathon
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