Aktuell macht Bremerhaven Schlagzeilen mit seinem schiefen Leuchtturm. Dieser steht, normalerweise aufrecht und gerade, seit 1914 auf der Nordmole der Geestemündung in die Weser, hat aber durch ein Absacken der Mole eine gefährliche Schräglage eingenommen.
Der erste Versuch, die 5 Tonnen schwere Kuppel vom 20 m hohen Turm abzunehmen, scheiterte. Sie ging einfach nicht ab. Ein ehemaliger Mitarbeiter vom Wasser- und Schifffahrtsamt hatte den richtigen Tipp: Von einem Sanierungsprojekt vor 50 Jahren wusste er noch, dass es neben den 8 Metallstäben weitere 24 Streben gibt, die nicht in den Bauplänen auftauchen. Nachdem diese durchgesägt wurden, konnte die Kuppel des unter Denkmalschutz stehenden Leuchtturms gerettet und für den geplanten Neuaufbau zur Sanierung gebracht werden.
Den Bremerhaven City Marathon gibt es seit 2005 und er geht heute in seine 18. Auflage. Ja, der Organisator Carsten Decker von Execute Sports Events, hat es tatsächlich auch 2020 + 2021 geschafft, eine Veranstaltung zu liefern. Zur 8. Auflage 2012 war ich auch schon mal hier zu Gast. Damals als Anfänger zu meinem 7. Marathon. Die damalige Streckenführung ging an der Geeste entlang und ich bin gespannt auf die „neue“ Strecke, welche auch die Weser und das Hafengelände beinhaltet.
Unsere Anreise haben wir auf den Samstag gelegt. Die Startzeit von 10 Uhr lässt zwar auch anderes zu, aber so wie 2012 mag ich es nicht mehr. Da sind wir morgens die 400 km angereist, Marathon gelaufen, und wieder 400 km heim. Da der Marathonstart mitten in der Stadt bei der Bürgermeister Smidt Gedächtniskirche liegt, gibt es eine gute Auswahl an fußläufig erreichbaren Hotels. Unseres liegt 400 m entfernt am Theodor-Heuss-Platz. Von hier aus nutzen wir den Samstagnachmittag, um die Stadt zu erkunden.
Vor dem Sightseeing steht das Abholen der Startunterlagen. Im aufgebauten Zelt vor der Kirche ist das schnell erledigt. Vorangemeldet sind 881 Starter, die meisten auf der 6,5 km Runde. Hinzu kommen 400 + 800 m für die Kleinen, 10 km und Halbmarathon, da ist für jeden etwas dabei. Die Jagd auf ein Fischbrötchen eröffnet unsere Runde durch die Stadt, danach ein Besuch des gerade berühmten schiefen Leuchtturms. Zwischendurch geht es durch die umfangreichen Shopping Center, um mit einem Spaziergang an der Weser entlang und durch den Hafen zurück zu kommen. Für das nötige Carbo-Loading sorgt ein Italiener und plötzlich hat man 20 km zurückgelegt. Sehr kurzweilig wohl gemerkt, es gibt viel zu sehen und ich freue mich morgen auf die Strecke. Kurz vor dem Hotel laufen wir Andreas und Judith in die Arme, sie haben sich kurzfristig entschieden, auch in Bremerhaven einen Zähler zu sammeln.
Raceday! Nach ausschlafen und ausgiebigen Frühstück geht es zum nahe gelegenen Start. Hier kommen uns gerade die Bambinis entgegen, die mit ihren noch kurzen Beinen die 400 m in Angriff nehmen, als ob es kein Morgen gibt. Organisator Carsten fährt mit dem Fahrrad vorne weg, damit sich auch niemand auf der Runde um einen Häuserblock herum verläuft. Im Startbereich angekommen ist schon ganz schön was los. Um 9:40 starten noch die Schüler auf 800 m und hetzen Carsten auf seinem Rad über die Strecke. Nach 2:32 Minuten rasen die schnellsten ins Ziel. Dann doch lieber etwas länger und dafür gemütlicher.
Um 10 Uhr geht es für die Marathonis, Marathon-Staffeln und Halbmarathonis pünktlich los. Noch sind es angenehm kühle 16 Grad, 19-21 sollen es werden. Wir laufen die Bürgermeister Smidt Straße südwärts durch die Fußgängerzone, wo es genügend Platz gibt und die Schnellen gut überholen können.
Nach gerade mal 400 m das erste Highlight: Eingangs dem Theodor-Heuss-Platz steht die „Bugwelle von Bremerhaven“, eine 2002 eingeweihte Brunnenskulptur aus Bronze mit 5 m Höhe. Mit vorsichtigen Schritten laufe ich durch das Kunstwerk statt drumherum, um eine gute Position für ein Foto zu erwischen. Auf dem Platz thront mittig das Bürgermeister Smidt Denkmal von 1888. Johann Smidt (1773-1857) gilt als Gründer von Bremerhaven und hat sich als Delegierter beim Wiener Kongress erfolgreich für die Fortdauer der Selbstständigkeit der Hansestädte eingesetzt. Auf dem Platz sind Tische und Bänke für den beliebten Bürger Brunch aufgestellt, welcher schon zum 10. Mal durchgeführt wird. Ich hörte, dass man gegen eine Spende Tische an der Laufstrecke reservieren konnte.
Rechts von uns passieren wir das Stadttheater und das Kunstmuseum. Der erste Höhenmeter liegt an, vorbei an der Hochschule Richtung Wencke Dock, welches um 1845 an der Geeste gebaut und bis 1945 genutzt wurde. Dann leider mit Trümmerschutt verfüllt, legte man erst 1977-1979 Teile frei, um die Dimensionen von 86 m Länge und 15 m Torweite zu erkennen.
Noch ist der erste Kilometer nicht beendet und wir befinden uns im Jugendstil. Die erste Überquerung der Geeste steht an, über die 1904 errichtete Drehbrücke „Alte Geestebrücke“. Eigentlich müsste sie ja „Neue Geestebrücke“ heißen, denn sie ersetzte eine noch ältere Drehbrücke aus dem Jahre 1858, welche an Stelle einer Fähre trat, die seit 1824 verkehrte.
Rechts ab Richtung Historisches Museum geht es über Kopfsteinpflaster leicht bergab. Der erste VP überrascht direkt unter der Kennedybrücke, so früh hätte ich ihn nicht erwartet. Diese Klappbrücke wurde 1961 gebaut zur Entlastung ihrer betagten Nachbarin und gleichzeitig als Sperrwerk zum Hochwasserschutz der Innenstadt verwendet. Gerade rechtzeitig, ein Jahr nach Fertigstellung, kam eine schwere Sturmflut, welche die Stadt um 2,85 m unter Wasser gesetzt hätte.
Wir laufen über die Brücke und haben die zweite Gelegenheit, ein paar Höhenmeter im platten Land zu sammeln. Hinter der Brücke führt die Strecke links ab, vorbei am Funkturm, Richtung Weser. Die Strecke ist teils abgesperrt und eifrige Streckenposten regeln mit tollem Einsatz, dass die Läufer einen freien Weg trotz der vielen Touristen haben. An dieser Stelle Danke an alle für den vorbildlichen Einsatz!
Wir erklimmen den Deich und mit einem Blick hinaus auf die Weser ist der eingangs erwähnte Kandidat zu sehen, der Bremerhaven gerade globale Schlagzeilen ermöglicht: das „Leuchtfeuer Geestemündung Nord“. Ein Anblick nur von kurzer Dauer, liegt doch der Bagger auf einem Schwimmponton schon daneben, der Montag mit dem Abtrag des Turmes beginnen soll.
Wir bleiben nicht auf dem Deich, sondern laufen den etwas tiefer liegenden Weg an der Weser entlang. Rechts unter uns liegt das deutsche Schifffahrtsmuseum und dahinter im Hafen einige Prachtstücke maritimer Seefahrt. Ebenso liegt hier das U-Boot Wilhelm Bauer, das besichtigt werden kann. Hinter einem Outlet Center, welches gestern meine Kreditkarte zum Glühen brachte, erhebt sich geradezu majestätisch das Hotel Atlantic Sail City. Mit seinen 23 Etagen ein“ wenig“ kleiner als das weltberühmte Burj al Arab, aber genauso schön. Direkt dahinter liegt das Klimahaus Bremerhaven, hier lässt sich in kurzer Zeit eine Reise durch alle Klimazonen unseres Planeten unternehmen.
Unser Weg führt uns über den Willy Brandt Platz mit dem Auswandererdenkmal. Vorbei am rot-weiß gestrichenen Unterfeuer der Hafeneinfahrt, umrunden wir mit leichtem Anstieg auf Deichhöhe den Zoo am Meer, direkt an der Schleuse zum Hafen.
Die gewonnen Höhenmeter können wir gleich wieder investieren, auf der anderen Seite geht es sanft bergab in den Hafen. Hier ist reichlich touristischer Trubel, aufmerksame Streckenposten sorgen für Ordnung. Eine weitere Klappbrücke gilt es zu überwinden, hier wurde 1925-1927 der alte mit dem neuen Hafen verbunden. Direkt dahinter erwartet uns VP 2 zur kleinen Stärkung, dann laufen wir in eine ca. 1 km lange Wendepunktrunde am Hafen entlang.
Mit dem Schulschiff Deutschland liegt hier ein echter Eyecatcher am Pier, mit Läufern im Vordergrund ein schönes Motiv. Das 1927 in Dienst gestellte Segelschulschiff mit 86 m Länge und bis zu 52 m hohen Masten liegt erst seit 2021 hier in Bremerhaven und nicht mehr in Bremen Vegesack. Damit kehrte es nach 94 Jahren in seine Heimat zurück, es wurde nämlich auf der Werft Joh. C. Tecklenborg in Geestemünde erbaut. Man kann es besichtigen, darauf übernachten und sogar heiraten.
Anfangs laufen wir noch auf schön gepflasterten Untergrund mit Ausblick auf den Sportboothafen, die letzten Meter wird der Untergrund mit beschädigten Betonplatten und teils großen Schlaglöchern etwas weniger schön. Gerade für mich als an Sportbooten Interessierter wird dann der eine oder andere Blick auf die schönen Gefährte zur Stolperaktion Richtung Wendepunkt bei einem historischen Kran. Dieser ist gut markiert und schon geht es mit einem traumhaften Ausblick bis zum Atlantik Hotel wieder zurück in Richtung City.
VP 2 wird zum VP 3, und es geht über die Klappbrücke wieder zurück. Am Deich leiten wir den Rückweg ein, der steilste Anstieg der ganzen Strecke steht uns bis zur Deichkrone bevor. Ich schätze mal 5 m sind das. Jetzt laufen wir parallel zu dem vorhin an der Weser entlang gelaufenen Weg auf der anderen Seite des Deichs wieder zurück. Nach nicht mal einen Kilometer sind wir wieder auf der Strecke, die wir vorhin gelaufen sind und haben Begegnungen mit anderen Läufern. Schön für Fotos und kurzweilig.
Unter der Kennedybrücke wird dann der VP 1 zum VP 4. Für eine 10 km Runde ist das reichlich Versorgung, der fünfte kommt im Ziel noch hinzu. Erst hinter der „Alten Geestebrücke“ verlassen wir die Route und laufen durch Wohngebiete in eine Schleife der Geeste. Am Beginn liegt das ehemalige Rickmersdock, berühmt für den in Hamburg liegenden Großsegler aus dem Jahr 1896, welcher noch heute als Museumsschiff besichtigt werden kann. Der Weg ist fast parkähnlich und angenehm zu laufen.
Wieder in der Fußgängerzone angekommen, nähern wir uns dem Werftbrunnen, direkt dahinter liegt das Ziel. Die die erste Runde mit 10,55 km ist geschafft, auf geht es ins zweite Viertel. Der Bürger Brunch ist inzwischen im vollen Gange, es tönt Musik von der Bühne und das erste, noch zaghafte Anfeuern gelangt auf die Strecke. Noch teilen sich rund 80 Marathonis und Stafffelläufer mit etwa 150 Halbmarathonis die Strecke. Durch die Begegnungsstücke ist immer mal was los. Inzwischen hat der Wind zugenommen, an der Weser entlang bremst eine steife Brise von vorne gewaltig ein. Es ist Zeit, die vielen Eindrücke aus der ersten Runde sacken zu lassen und die wirklich schöne Runde zu genießen.
Die zweite Rund ist absolviert, da machen sich rund 200 Läufer und Walker für den 6,5km-Lauf bzw. Marsch fertig. Es wird wärmer, teils kommt die Sonne raus, und plötzlich empfindet man den Gegenwind als angenehme Kühlung. Die Verpflegung bleibt konstant. Es gibt Wasser, Iso und Cola, dazu Apfel und Banane.
Um 13:30 kommen die 10 km Läufer dazu, die Stimmung beim Bürger Brunch ist auf dem Höhepunkt. Die eben erst gestarteten 10er sind mit Height-Speed unterwegs und schinden mächtig Eindruck. Noch einmal Bremerhaven genießen. Da ich doch deutlich langsamer werde ist dies tatsächlich möglich. Die Strecke wird jetzt schon sehr leer und die Touristen erobern sich diese zurück. An den kritischen Punkten geben die Streckenposten alles, um ein sicheres Durchlaufen zu gewährleisten.
Ein letztes Mal geht’s in die City, der Zielbogen kommt in Sicht, Tanja, Andreas und Judith erwarten mich. Ich bekomme eine hübsche Medaille umgehängt und lasse mir anschließend das Finisher Bier schmecken.
Zur Dusche in einer Schule sind es rund 400 m, es gibt warmes Wasser und genügend Platz neben der Sporthalle, die auch zur Gepäckaufbewahrung dient. Mich wundert, dass sich nicht mehr Läufer nach Bremerhaven trauen, die neue Streckenführung ist toll und schön flach, ich schätze 30 HM pro Runde. Bremerhaven ist eine schöne Stadt, es gibt viel zu sehen. Ich würde sagen, der Bremerhaven City Marathon ist mein Geheimtipp.
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11.10.23 | Mit dem Marathon auf neuen Wegen | ||
24.04.06 | Auf ein Neues | ||
18.07.05 | Schnelle Strecke | ||
12.07.05 | Noch Anmeldungen möglich |