Kurz nach dem Start geht es auf der Bürgermeister-Smidt-Straße sehr eng zu, denn viele rennen los, als gäbe es eine 100m Wertung. Die gelasseneren Marathonis haben sich hinten eingereiht, denn es gibt ja eine Netto-Zeitmessung mit dem Chip an der Startnummer. Die Strecke führt durch die Fußgängerzone.
Bevor wir um den Platz mit dem Bürgermeister-Smidt-Denkmal laufen, sehen wir die Lale Andersen Laterne. Lale wer? Nur die älteren Leserinnen und Leser werden sich erinnern: Lale Andersen sang „Lili Marleen“, das so beginnt: „Vor der Kaserne, vor dem großen Tor, steht eine Laterne...". Ihr zu Ehren wurde die gusseiserne Laterne aufgestellt. Lale Andersen wurde 1905 als Liese-Lotte Helene Berta Bunnenberg in Bremerhaven geboren.
Auch der Gründer der Stadt, der schon erwähnte Dr. Johann Smidt, hat hier sein Denkmal. Smidt verhandelte jahrelang mit dem Königreich Hannover zwecks Landabtretung zum Bau eines Hafens direkt an der See. Durch die Versandung der Weser bei Bremen konnten nämlich keine großen Handelsschiffe mehr Bremen direkt erreichen. Bremerhaven gehört heute zu den größten Containerhäfen der Welt.
Auf dem Theodor-Heuss-Platz beginnt der Bürgerbrunch der Bremerhavener Bürgerstiftung. Gegen eine Spende konnte man sich einen Tisch direkt an der Laufstrecke reservieren.
Hinter dem Platz geht es jetzt leicht aufwärts zur Geeste. Sie ist der letzte Nebenfluss, der in die Weser mündet. Von ihren ehemals fünf Schleifen durch das Stadtgebiet sind noch drei erhalten. Wir laufen über die Neue Alte Geestebrücke von 1904. Nachdem die alte Prahmfähre für den immer höher werdenden Verkehr nicht mehr ausreichte, wurde eine zweiflügelige Drehbrücke mit 56 Fuß (1 Fuß in Bremen ist 289,35 mm lang) lichter Weite gebaut. 1856 wurde mit dem Bau der Geestebrücke begonnen und am 8. Januar 1857 wurde sie eingeweiht. Anfangs verliefen auch Gleise für die Pferdebahn über die Brücke.
Wenig später kommt der 1. Verpflegungsposten mit viel Flüssigem und Obst. Wir sind im Stadtteil Geestemünde-Nord und haben gerade mal km 2 erreicht. Vor mir läuft ein Marathoni mit einem alten orangenen Bremerhaven- Marathon-Shirt. So eins habe ich auch noch, es ist von 2007.
Viele Menschen hat es in den Vorgärten ihrer schönen Einfamilienhäuser gezogen, um die Läufer zu beklatschen. Es geht in den Bürgerpark. Die drei Bremerhavener Bürger Johann Ganten, H. Brüntjes und Johann Wichels wollten in Stadtnähe einen kleinen Wald zur Erholung anlegen. Aus der Idee vom Dezember 1899 ist heute ein großer Waldpark entstanden. Wir umlaufen ihn gegen den Uhrzeigersinn und kommen so am Bauerngarten und Rosengarten vorbei. Auf der linken Seite befindet sich auch ein kleiner Tierpark. Auf der ersten Runde sind jedoch noch keine Tiere zu sehen. Neben uns verläuft eine Finnenbahn. Einige müssen das sofort ausprobieren, stellen aber fest, dass es sich auf dem enorm weichen Untergrund sehr schwer laufen lässt. Wir folgen ein Stück der Teichanlage und kommen zu einer weiteren Versorgungsstation.
Kurz vor der Weiche wird es eng, denn wir haben nur noch einen schmalen Streifen am Wegrand für uns. Hier gibt es etwas Autoverkehr, denn ein Stück weiter befinden sich die Sportplätze, wo heute ein Fußballturnier stattfindet. Da das Feld schon weit auseinander gezogen ist, gibt es aber keine Probleme.
Dann kommt die Weiche, an der die Marathonis und Halben sowie die Staffelläufer noch etwas geradeaus laufen und die 10er und 30er schon nach links abbiegen. So kommt man auf die exakten Streckenlängen.
Wir kommen wieder in den Park, den wir dann am nördlichsten Punkt verlassen. Später umlaufen wir die Geestschleife und folgen ein kurzes Stück dem Geestewanderweg. In der Nähe der Agentur für Arbeit stand früher am Wasser die ehemalige Rickmerswerft, wo über 150 Jahre lang Schiffe gebaut wurden. Heute erinnern nur noch das Werfttor und der Drehkran an das traditionsreiche Schiffbauunternehmen, das 1986 die Tore schließen musste. Jeder der an die Landungsbrücken in Hamburg fährt, sieht dort das Museumsschiff „Rickmer Rickmers“, ein dreimastiges, stählernes Frachtsegelschiff (Stapellauf August 1896), das hier erbaut wurde. Gegenüber in der Schleife ist die Marineschule.
Ich laufe auf dem Geestheller Damm zwischen Geeste und Kapitänsviertel und überhole Braut und Bräutigam. Natürlich muss ich nachfragen, ob stimmt, was auf den Shirts steht. Martina und Vincenzo haben gestern standesamtlich geheiratet, laufen heute die 10km und werden anschließend nach dem Zieldurchlauf kirchlich heiraten, natürlich in Läuferkleidung. Na dann viel Glück und viele schöne Kilometer.
Ein Stück weiter haben Anwohner einen Wasserstand aufgebaut und sind mit viel Herzblut bei uns Läufern. Super, Klasse danke. Am Ende vom Geestheller Damm überqueren wir die Geeste bei km 9. Hinter der Brücke befindet sich die Wende für die Marathonis. Es geht zurück über die Brücke zum Kapitänsviertel, in dem einige Straßen nach berühmten Kapitänen benannt sind (Dietrich Ballehr, Hans Peter Ferdinand Gluud, Ralf Zander, Nikolaus Johnsen und Adolf Ahrens).
Wir folgen der Geeste in Fließrichtung (Ebbe). Irgendwo verlassen wir die Grünanlagen und kommen in die Fußgängerzone. Schon von weitem sehen und hören wir den Zielsprecher. Wir laufen noch am Werftbrunnen von Waldemar Otto vorbei. Der im Künstlerdorf Worpswede lebende Künstler hat diesen schönen Brunnen entworfen.
Die erste Runde ist geschafft, die 5km-Läufer und viele 10km-Läufer sind schon im Ziel. Die Staffeln wechseln hier. Wir laufen jetzt mit den Halbmarathonis nochmal in die gleiche Runde. Der Platz vor der Kirche ist noch gut gefüllt. Artur Schmidt interviewt gerade den Pfarrer, der auf das Brautpaar wartet. Wenige Minuten später kommen Martina und Vincenzo ins Ziel. Kurz vor der Zielmatte (oder Schwelle) halten sie an und Vincenzo trägt seine Frau darüber (hoffentlich funktioniert die Zeitmessung).
Von den rund 900 Startern sind bereits über 500 im Ziel. Auf dem Theodor-Heuss-Platz ist jetzt richtig viel Betrieb. Viele Menschen nutzen den Sonntag, um zu brunchen und klatschen uns Läufern auch kräftig zu.
Das Feld ist deutlich ausgedünnt. Es wird windig und nach knapp 2 Stunden werden wir an die 70 % Niederschlagswahrscheinlichkeit erinnert. Zuerst nieselt es nur, dann ist es richtiger Regen. Im Bürgerpark sind die Wege gleich matschig und so manche Wade nimmt eine braune Färbung ein. Für eine Listung bei www.Trailrunning.de reicht das aber nicht.
Im Kapitänsviertel bieten nette Menschen Getränke an. Ihre gute Laune überträgt sich auf die Läufer. Im Regen geht es zurück zur Großen Kirche.
Die Bruncher haben sich ins Trockene zurückgezogen und im Bürgerpark sind wir jetzt ganz alleine und kämpfen gegen Wind und Wetter. Das Müllheiz-Kraftwerk ist im Regen und Dunst kaum zu erkennen. Wieder die Fußgängerzone und durchs Zieltor. Auch die 3. Runde ist beendet. Artur will mich gerade als Finisher interviewen. Sorry, zuerst noch eine Runde.
Der Regen hat aufgehört und die Sonne kommt schon mal durch die dicken Wolken. Trotzdem sind Straßen und Plätze jetzt fast menschenleer. Nein, stimmt nicht, in der Mozartstraße stehen immer noch Anwohner an der Straße. Mein Blick erspäht ein Weizenbier. Ohne langes Fragen und Bitten wird mir die Köstlichkeit gereicht. Und das Beste: Für den Rückweg verspricht man mir die nächste Lage.
Es geht noch einmal durch den Bürgerpark mit Nedderwiesen-Runde. Die Sonne scheint, die Straßen trocknen ab. Das versprochen Weizen steht bereit und es stellt sich heraus, dass die junge Dame ebenfalls gelaufen ist und jetzt bis zum letzten Läufer an der Strecke bleibt.
Ein Polizist hat einen Radfahrer angehalten, macht ein Protokoll und ein Foto von dem Gewährt. Als ich das Ding sehe, muss ich es auch knipsen. Allerdings muss ich aufpassen, dass ich vor lauter Lachen das Bild nicht verwackele.
Noch einmal ins Kapitänsviertel. Auch hier halten die Anwohner durch und bieten Wasser an. Dann die Brücke hin und zurück. Es ist nicht mehr weit zum Ziel. Im schönstem Sonnenschein laufe ich in die Fußgängerzone und durchs Ziel. Artur erzählt unermüdlich seine Storys.
Jetzt noch zur Nachversorgung. Das alkoholfreie Weizen gibt es noch, aber wo ist der versprochene Butterkuchen. Noch bevor die letzten Läufer eintreffen, hat man ihn an Passanten verteilt.
Ins Ziel kamen heute: 81 Marathonis, 17 Marathon-Staffeln, 47 30-km Läufer, 241 Halbmarathonis, 324 10-km Läufer und 180 5-km Läufer sowie viele Kinder und Jugendliche.
Ergebnisse:
Männer
1. Oliver Sebrantke LC Hansa Stuhr 2:42:48,5
2. Christian Ende LG Bad Frankenhausen 2:43:17,2
3. Reiner Lenkeit TSV Heerstedt 3:00:23,0
Frauen
1. Marion Eschweiler TSV Weis- Köln 3:28:58,9
2. Birte Bernhardt Ute Mückel Triathlon Team 3:33:24,4
3. Birgit Grewe Volksbank eG Bremerhaven 3:42:10,8
Der 10. Bremerhaven Marathon findet am 24. August 2014 statt.
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