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Laufberichte

Da ist der Wurm drin

16.06.12

Wir nähern uns über einen komfortabel zu laufenden Radweg entlang der Bigge der Halbzeit, an dessen Ende bei km 19 ein paar undramatische Serpentinen wieder nach oben führen. Kurze Zeit später trennen sich die Wege der Halb- und Ganzläufer, schlagartig wird es ruhig, denn nur rund 80 Marathoner verteilen sich auf der Strecke. Nördlich des Biggesees, knapp unterhalb von Attendorn, geht es dann in Richtung Nordwesten auf die zweite Hälfte. Etwas Gewaltiges hat sich übrigens in diesem Jahr verändert: Seit dem 19. März darf sich das 25.000 Einwohner-Städtchen nämlich mit dem Beinamen „Hansestadt“ schmücken. Hansestadt? Im Sauerland? Ich denke dabei sofort an bedeutende meernahe Städte im Norden wie Bremen, Hamburg, Lübeck, Rostock, oder Danzig. Das aber wäre eine unzulässige Beschränkung, wie ich lerne, denn in der Hanse waren bis zu 200 Städte in einem losen Handelsverbund zusammengeschlossen. Und das nicht nur in Germanien, sondern auch z.B. in Schweden und den Niederlanden. Aus- und Eintritte, Zusammenschlüsse und Verfeindungen waren an der Tagesordnung.

 

Lost in Listernohl

 

Am Attendorner Knast vorbei kommt bald der 5. VP. Es läuft gut, auch wenn das Wetter schlecht ist, ich aber bin gut gelaunt immer auf der Suche nach einem passenden Fotomotiv. Ich laufe nach Neu-Listernohl hinein, immer den bekannten Markierungen (kurze Stücke Flatterband und orange Punkte auf dem Boden) hinterher. Es wird irgendwie einsam. Ich schaue mich um, ein Läufer folgt, alles klar. An der nächsten Kreuzung fehlt dann die Markierung. Ich warte auf den anderen, der wetzt ins nächste Café, kommt gleich darauf wieder heraus. Wir waren die ersten hier! „Kein Problem“, sagt er und lacht, „heute dürfen wir uns einen Ultra aufschreiben!“. Wir also zurück, ich vorneweg und schon haben wir den Weg gefunden. Laufen weiter und sehen plötzlich das 40 km-Schild. Au Backe, das paßt nicht. Ach, meint der Kamerad, hier stand für ihn schon so manches Schild komisch, das sei bei dem sicher auch so. im Übrigen passe die Richtung. Na gut.

Wir überqueren die Eisenbahn und laufen ein Stück hoch und stehen – am Leuchtturm. Der aber markiert definitiv den letzten km. Also umgedreht und wieder nach Neu-Listernohl, ich wieder vorneweg. Und dann war er weg. Mein Begleiter. Und der markierte Weg. Sch…, was machen? Ich irre durch den Ort, ein paar Jungs schauen mich mit großen Augen an. Jaja, ich habe mich verlaufen, kläre ich sie auf. Da müsse ich lang und sie zeigen in Richtung Ziel. Da aber komme ich doch gerade her. Was tun? Langsam schwillt meine Halsschlagader. Nochmal ein paar Straßen abgelaufen und da habe ich sie wieder! Gott sei’s geklagt. Dann aber wird mir klar, daß dies das Ende der zweiten Runde ist und ich dem Feld entgegenlaufe. Einen kurzen Augenblick denke ich darüber nach, auf diese Weise, quasi rückwärts, wenigstens die 42 km vollzumachen, aber dann wird mir der Unsinn so richtig bewußt. Ich finde den richtigen Einstieg nicht mehr und resigniere. Mache meine Startnummer ab und jogge zum wiederholten Mal in Richtung Ziel. 2011 DNF (Did not finish), 2012 DNF (Did not find).

Entlang des Sees schauen mich einige Leute verwundert an – bilde ich mir zumindest ein – um als Gipfel der Peinlichkeit werde ich ein paar nette Menschen auch noch angefeuert, als ich die letzte Kurve vor dem Ziel gehend nehme. Meine Güte, ist mir das unangenehm.  Ich versuche mich am Ziel vorbeizuschleichen, aber einer der Offiziellen fängt mich vor der Zielverpflegung ab. Ich erkläre ihm, daß ich mich verlaufen habe, aber Näheres interessiert ihn nicht, er will nur meine Startnummer wissen. Josef ist nach seinem Halbmarathon schon frisch geduscht und dient als Prellbock für meine schlechte Laune. Der gute Kerl ist ein echter Freund. Dann gehe ich zum Duschen (sauber, heiß!) und bin bald wenigstens äußerlich ein neuer Mensch und falle nicht mehr so auf. Meine ich zumindest.

Wir warten noch auf Peter und unterhalten uns mit einigen Läufern. Ich erfahre – irgendwie beruhigt es mich schon ein wenig – daß ich wohl nicht der einzige Depp war, der sich verlaufen hat. U. a. war wohl neben fehlgeleiteten Einzelläufern auch eine ganze Gruppe auf dem Holzweg, hat aber vermutlich zurückgefunden. Auch Peter war mal kurzzeitig desorientiert. Also, man kann es drehen und wenden, wie man will: Natürlich bin ich in erster Linie selbst schuld, wenn ich den Weg verfehle, und als laufender Reporter, der ständig auf der Suche nach dem ultimativen Fotomotiv ist, bin ich nicht so aufmerksam wie die meisten anderen. Aber die Strecke muß idiotensicher (also für mich) ausgeschildert sein und da reichen ein paar Flatterbänder und kleine Punkte auf dem Boden nicht aus. Insbesondere, wenn man durch einen kleinen Verlaufer vom richtigen Weg abzukommen droht, muß auch ein Streckenposten stehen. Der war an der betreffenden Stelle nicht da, denn mein Abdriften ist ja keinem aufgefallen.

Obwohl das meinem Ego nicht wirklich gut tut, schaue ich mir abschließend noch die Siegerehrung an. Und etwas genauer die Urkunden. Handschriftlich (!) sind darauf die Plätze und Namen (ohne Laufzeit!) vermerkt, sicherlich nicht mehr ganz zeitgemäß.

Alles das ändert aber nichts daran, daß dies hier ein schöner und auch gut und mit Herzblut organisierter Lauf ist, der für mich nach 3 Stunden und 10 Minuten durch kleine, aber entscheidende Versäumnisse ein unangenehmes Ende nahm. Bitte, liebe Organisatoren, legt Eure Ortskenntnis ab und versetzt Euch in die Lage von ortsfremden und nicht mehr frischen oder anderweitig abgelenkten Läufern, dann weicht auch der laufende Reporter künftig nicht mehr vom Pfad der Tugend ab.

Marathonsieger

Männer

1. Baumhoff, Jürgen Team Sauerland 3:15:46
2. Oleniak, Jaroslaw  Gedia Poland 3:27:18
3. Fischer, Gerd  LTH Essen 3:34:32

Frauen

1. Gerlach, Anne  Team Sauerland 3:46:30
2. Tille, Kristina  SV Elbland Coswig-Meißen 3:50:40
3. Raabe, Inge  SC Remscheid 3:59:58

Streckenbeschreibung:
Welliger, abwechslungsreicher Landschaftsmarathon (Einrundenkurs) mit rund 770 Höhenmetern, überwiegend auf Wald- und Wirtschaftswegen.

Startgebühr:
22 €, 4 € Nachmeldegebühr.

Zeitnahme:
Manuell.

Rahmenprogramm:
Kleine Sportartikelmesse des Hauptsponsors, Gastronomie durch die Strandpiraten.

Weitere Veranstaltungen:
Halbmarathon mit 320, Viertelmarathon mit 210 Höhenmetern.

Auszeichnung:
Medaille, Urkunde übers WWW, Präsente für die jeweils ersten drei Frauen und Männer.

Logistik:
Alles inkl. Duschen zentral am Campingplatz Waldenburg (an Start/Ziel).

Verpflegung:
Ca. alle 5 km und am Ziel mit Wasser, Iso, Obst, Riegel, Kuchen, gute Zielverpflegung.

Zuschauer:
Sehr übersichtlich.

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Informationen: Biggesee Marathon
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