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Laufberichte

The most wonderful People - oder: Conch is everywhere

14.02.10
Autor: Klaus Duwe

Es ist stockdunkel. Scheinwerfer erhellen das Startgelände beim Montague Beach. Das von den Engländern 1742 erbaute Fort Montagu kann ich trotzdem nicht erkennen. Es herrscht eine tolle Stimmung. Die Gelassenheit und gute Laune der Menschen nimmt mir jede Anspannung und Nervosität. „Sind die cool, Mann“, denke ich. „We’re from Canada, where are you from?“ „Gemany? Crazy!“ Dann erzählt er mir, dass sein Vater jahrelang in Söllingen bei den Fliegern war. Das sind keine 20 km von mir. Eine junge Frau identifiziert mich wegen des Shirtaufdrucks als Germane und stellt sich als deutsche Auswanderin vor, die jetzt in Fort Lauderdale lebt. „Half or Full-Marathon?“ „Full“. „Great!“ So geht das weiter.

Nächstes Highlight: Die Nationalhymne der Bahamas, live gesungen. Die stolzen Bahamians stehen stramm, kein Mucks, dann Jubel, Applaus und wenig später der Startschuss. Es ist 6.00 Uhr.

Wer denkt, die Leute würden sich euphorisiert wild ins Verderben stürzen, irrt. Die Läuferinnen und Läufer traben los, als gelte es den ganzen Tag zu laufen. Keine Hektik, kein Gedränge, kein Kampf. Dabei sind jetzt immerhin an die 600 Leute unterwegs. Manche Frauen tragen ein rot/weiße Kleidung oder haben sich ein Herzchen ins Gesicht gemalt. Es ist Valentines und das wird hier richtig gefeiert. Eine Läuferin singt voller Inbrunst Whitney Houston’s  „I Will Always Love You”, auch noch, als es über die steile westliche Brücke hinüber nach Paradise Island geht.

Das gigantische Ferienresort „Atlantis“ ist unübersehbar. In mehreren Gebäudekomplexen gibt es über 3415 Zimmer, Wasserparks, das weltweit größte Freiluft-Aquarium, Restaurants, Geschäfte und, und … Unter uns liegt der Hafen und die erleuchtete Stadt. Am Horizont verfärbt die aufgehende Sonne der Himmel. Schöner kann ein Tag nicht beginnen.

Die Leute sind so gemütlich unterwegs, dass ich trotz der Fotostopps in dem relativ kleinen Läuferfeld längst nicht das Schlusslicht bilde. Als es gleich auf der East Paradise Island Bridge ebenso steil wieder zurück nach New Providence  (so heißt die Insel, auf der Nassau liegt) geht, werden die ersten sogar zu Marschierern. 

Wir werden von vielen Zuschauern und Original „Bahamian Music“ empfangen. Goombay nennt man sie, Rake n`Scrape und Junkanoo. Was bei uns der Karneval ist (er hat mich also eingeholt), ist auf den Bahamas Junkanoo. Gefeiert wird am 26. Dezember und 1. Januar. Und wie. Die Junkanoo-Musiker tragen knallbunte Kostüme, alle kunstvoll ganz aus Papier gefertigt. Kein Musiker trägt ein Kostüm ein zweites Mal. Wie die Musik klingt? Ich hab sie „Bahamian Guggemusik“ getauft. Sie ist nämlich genau so schrill, schräg und laut, klingt aber sehr nach Karibik, vielleicht sogar nach Reggae. Ich weiß, die Einheimischen hören das nicht gerne. Reggae ist Jamaika und hier sind die Bahamas.

Wir kommen in die Altstadt von Nassau mit vielen historischen Gebäuden, zu denen auf dem Mount Fitzwilliam auch der Sitz des Gouverneurs gehört. Die Straßen tragen die Namen verschiedener Gouverneure und der Königsfamilie. Bergab geht es auf die Marlborough Street, vorbei am British Colonial Hilton und dann auf den Cable Beach Strip mit seinen feudalen Hotelpalästen. Wieder gibt es laute Musik, die unter die Haut geht. Diesmal ist es Gospel. Es wird hell. Der Tag bricht an und hat schon jetzt unauslöschbare Eindrücke hinterlassen.

 
 

 
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