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Laufberichte

Dübbisch frängisch

 

 

Start, gleich steil bergauf

 

Die letzten Sekunden werden herunter gezählt und dann schießt uns der Starter mit der Pistole sprichwörtlich hintennach, denn das Gerät klemmt. 15 bzw. 30 Minuten später gehen die Walker auf die Strecke, die Halbmarathonläufer starten um 11.00 Uhr.

Auch wenn uns Petrus heute als „windiger Geselle“ erscheint, kann uns er im Bischofsheimer Forst kaum am Vorwärtskommen hindern, denn die Bäume geben uns doch ganz ordentlich Windschutz. Vorsicht walten lassen soll der Läufer doch auf den ersten 2,5 Kilometer, denn da müssen wir uns 150 Höhenmeter erarbeiten. Entsprechend bedächtig verhält man sich in meinem Umkreis.

„In der zweiten Runde ist die Steigung länger und auch steiler, auch du wirst das merken,“ das höre ich aus Gesprächen unter den Läufern heraus. Später wird es ruhiger, denn jeder braucht jetzt die Luft für sich selbst. Am Ende der Steigung, am Schlossberg, laufen wir über Felder.

Linkerhand sehen wir den Dreiländerstein Würzburg/Bamberg/Sachsen-Coburg. An diesem Punkt stießen bis zur Säkularisation im Jahr 1803 die drei genannten Territorien. Kirchliche Vermögenswerte wurden damals vom Staat eingezogen.

Wir ziehen zuerst kurz auf asphaltierten, dann gepflasterten Feldweg weiter. Der Wind ist nun doch ein wenig zu spüren. Am Waldrand wird der Boden tief, Trailschuhe wären hier jetzt angebracht. Ein Läufer aus dem vorderen Feld hat seinen Zeitmesschip verloren, ich sehe das wichtige Utensil nämlich am Boden liegen.

Nach gut vier Kilometern greifen die Läufer bereits bei der ersten Verpflegungsstelle eifrig zu. Es ist alles im Angebot, was man sich vorstellen mag: Wasser, warmer Tee, Isogetränke, Cola, Bananen, Kuchen, Müsliriegel, Malzbier. Der Frange waas, was goud is.

Die 7,5 Kilometer-Strecke der Walker zweigt hier rechts ab und führt ins Ziel zurück. Kurz danach überqueren wir die Landstraße von Zeil nach Bischofsheim. Die Feuerwehr geleitet uns sicher hinüber. Es haben sich sogar einige Zuschauer hier versammelt, die nicht mit Applaus geizen. Doch viele Leute bekommen wir auf der Strecke außer den Helfern nicht zu sehen.

Ein Schmunzeln entlocken nicht nur mir die vielen Schilder, die Huberts Rote Teufel aufgestellt haben. „Ist Dir Kalt? Lauf im Zeiler Wald!“ heißt es. Uns später „Keine Gnade für die Wade“, als wir vom Steinbachtal hochlaufen müssen. Rund 40, 50 Höhenmeter wollen bezwungen werden.

Danach wird es gefällig, denn wir bekommen die Höhenmeter zurück. „Gib Gas, jetzt rollt's“ ist zu lesen. Und ein mir bekannter Läufer nimmt es allzu wörtlich und lässt mich in seiner Abgaswolke stehen. Ich habe alle liebe Mühe, die Luft solange anzuhalten, bis ich das kontaminierte Gebiet verlassen habe. Danke dem Herrn E. aus H. für den ortsfremden Geruch.

 

„Alles paletti“

 

Mittlerweile bin ich dem Chef himself auf den Fersen. Kilometer zehn, eine weitere Tankstelle im Tal des Langenbaches an einem Teich. Hubert erkundigt sich nach dem Stand der Dinge. „Alles paletti,“ kommt als Antwort von einem Helfer.

Knapp zwei Kilometer rennen wir nun im Langenbachtal bergwärts, aber, keine Angst, die Steigung bemerkt man fast nicht. Anders wird es am kurzen Gegenverkehrsbereich, wo die Marathonspitze uns aus Richtung Bischofsheim entgegenkommt. Mit einem Speed kommen die das Gefälle herunter, dass es nur so rauscht.

Wir biegen gleich danach zu Beginn der Lichtung wieder scharf rechts ab, es geht schwer bergwärts. Ich kann auf Hubert auflaufen. Er berichtet von seinem Waldmarathon, den die Lauf- und Leichtathletikabteilung „Rote Teufel“ mit sehr viel Herzblut organisieren. Wer hier unterwegs ist, wird feststellen, dass viele Kinder und Jugendliche mithelfen, sei es bei Start und Ziel oder auf den V-Stellen.

Vor 17 Jahren hat der Hubert die „Roten Teufel“ gegründet. Zum ersten Training kamen immerhin fünf Kinder und von diesen haben ihm einige bis heute die Treue gehalten. Sie laufen zwar nicht mit, aber sind tatkräftig in die Organisation eingebunden. An bis zu 50 Kinder und Jugendliche gibt er seine sportliche Erfahrung weiter.

Zum Hubert gibt es auch allerhand zu sagen: Was es dieses Jahr geschafft hat, Wahnsinn. Sein Training lief auf den Spartathlon im September hinaus. Die Hunderter in Biel und Leipzig als Aufgalopp und dann den Rennsteig nonstop über 168 Kilometer. Der Spartathlon geht über 246 Kilometer von Athen nach Sparta. Kennzeichen des Rennens sind die knappen Cut-Offs, bei deren Überschreiten die Läufer rigoros herausgenommen werden.

Während er nach 124 gelaufenen Kilometern auf das Zeitdiktat rund 30 Minuten Vorsprung hatte, ging dieser in den folgenden knapp 50 Kilometern bis auf wenige Minuten flöten. Doch der Zeiler biss sich auf dem nun folgenden Teil bis Sparta durch und blieb im Limit. „Sauknapp“, seine Worte zur Situation bei Kilometer 172. Mit seinem erfolgreichen Finish wird er nun „Mister Spartathlon“ genannt, denn zum 17. Mal konnte er diese Prüfung erfolgreich schaffen und keinem gelang es bisher öfters. Fast 36 Stunden Schinderei bei Temperaturen über 30 Grad, von den 320 Angetretenen waren lediglich 136 erfolgreich. Da ziehe ich ganz tief meinen Hut.

Wir verlassen den Wald (Kilometer 14) und sehen vor uns die nächste Tankstelle beim Bischofsheimer Weiher tief unten. Ich greife mir dort einen Becher Tee und mache mich wieder auf die Socken. Ein kurzer Hügel und das anschließende Gefälle bringen mich zu dem kurzen Begegnungsbereich. Wir biegen wieder rechts ab und stehen an der dritten harten Steigung mit rund 50 Höhenmetern. „Im Ziel sind alle Qualen vergessen“, lese ich. „Der Schmerz geht und der Stolz bleibt“, auch das kann jeder unterschreiben.

Ein paar Meter laufen wir auf dem Asphaltband der Landstraße und biegen dann wieder nach rechts in den Wald, wo uns nun das große Feld der Halbmarathonis entgegenkommt. Darunter ist der 75jährige Heinz Govi aus Schweinfurt, der als ältester Teilnehmer noch rund 50 Sportler hinter sich lässt. „Das läuft über meinem Rechtsanwalt,“ lacht er, als ich ihn eher zufällig vor die Linse bekomme.

Die V-Stelle bei Kilometer 18 lasse ich links liegen, denn auf dem Rückweg zum Startgelände bekommen wir die 100 Höhenmeter zuerst in kleinen Dosen, später kann man sich auf dem Dörnerhang hinunter stürzen. Wer noch ein Allgemeintraining absolvieren will, auf dem Trimm-Dich-Pfad gäbe es Gelegenheit dazu.

100 Meter vor der Finish-Line müssen wir uns entscheiden: Denn wer abbrechen muss oder es genug sein lassen will, der ordnet sich rechts ein und wird auf Zuruf beim Halbmarathon gewertet. Die Marathonis laufen links und gehen nach der Versorgung am Setzbachbrunnen in die zweite Runde.

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Informationen: Zeiler Waldmarathon
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