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Laufberichte

Das ist Marathon!

05.03.11

 

Der 39. Nospa Wintermarathon beim nordfriesischen Husum

 

„Die Herausforderung im Norden – 42,195 km durch nordfriesische Küstenlandschaft. Endlose einsame Geraden, stille Dörfer, häufig nasskaltes Wetter, immer Wind. Eine Mischung, die Jahr für Jahr etwa 250 Läufer/-innen nach Husum lockt – viele erliegen immer wieder auf`s Neue diesem einmaligen Lauferlebnis. Das Highlight: Das gemeinsame Labskaus-Essen vor der Siegerehrung.“

Soweit die Einleitung auf der Hompage des LAV Husum für seinen Nospa Wintermarathon. Das klang spannend und ich meldete mich mit guten Vorsätzen Anfang Januar vor. Der Marathon sollte den Abschluss einer Woche Sylturlaub mit meiner Frau Gabi bilden. Auf der jetzt nicht überfüllten Insel standen einige Landschaftsläufe und tägliche Strandwanderungen an. Zur Vorbereitung gehörte auch täglich Fisch auf dem Speiseplan, ohnehin ein Muss auf der Nordseeinsel. Ob auch der dazu gehörende Weißwein von Vorteil beim Lauf sein würde, blieb freilich mit großem Fragezeichen stehen?

Auf Sylt war es immer um 0° Celsius kalt, immer windig und immer bewölkt. Am 5. März 2011 ist es immer noch kalt und windig, aber es scheint die Sonne! Das hebt denn auch der Veranstalter bei seiner Ansprache vor dem Start als Besonderheit hervor und bezieht diesen Segen auf den Namensgeber und Sponsor des Wintermarathons: der Nord-Ostsee-Sparkasse.

Der Pistolenschuss schickt uns pünktlich um 12:00 Uhr auf die ungewisse Reise. Ich laufe mich hinten im Feld locker ein und es geht aus Husum heraus. Drei Mädels vom eigentümlich klingenden Fri Öowingsfloose sind an meiner Seite. Auf den Laufjacken ihre Vornamen: Sabine, Jutta und Ellen. Die drei fallen auch durch ihren motorisierten Anhang auf, der sie während des Laufes stimmungsvoll begleitet. Das überschwängliche Fahnenschwingen, das aufmunternde Zujubeln und die heißen Musikrhythmen tuen auch allen anderen gut, Klasse! Das Trio zerteilt sich bald. Irgendwann läuft halt jeder sein Rennen. Sabine voran, auch ich folge ihrem Tempo besser nicht.      

Eigentlich geht nahezu der gesamte Lauf auf asphaltierten Radwegen an Straßen entlang. Der Autoverkehr stört aber nicht wirklich, Samstag ist ja kein Berufsverkehr. Posten mit roten Fähnchen weisen an Kreuzungen den Weg. Auch die gelegentlich leichten Höhenunterschiede fallen nicht ins Gewicht. Das meist freie Feld sorgt jedoch für ein permanentes Laufen im Wind. Dieser bläst uns vor allem auf der ersten Streckenhälfte tüchtig von vorn entgegen.

Bei Km 5 der erste Verpflegungspunkt. Es gibt angewärmtes Wasser und warmen Tee. Dieser tut mir sehr gut. Ich bin gerade auf eine Frau aufgelaufen und ich teile ihr meine Ansicht über den Tee mit. Sie muss erst ihre Musik ausschalten, um auf die Konversation eingehen zu können. Die nächsten 9 Kilometer hört Elke Midwer vom Ostroher SV keine Musik, denn wir unterhalten uns unentwegt.

Tempo und Unterhaltung sind sehr angenehm. Kurzweilig vergeht die Zeit, die Km purzeln, der Wind stört weniger den Lauf sondern mehr die Konversation. Wir werden schnell vertraut und finden uns bald in recht persönlichen Themen, die weit über das Laufen hinausgehen, wieder. Für mich ist dies der schönste Streckenabschnitt. Könnte es doch bis zum Ziel so weitergehen! Auch vom Streckenrand kommt die auffordernde Ermunterung: „Bleibt zusammen, dann schafft ihr es!“

Doch sei es, dass die Gesprächsthemen erschöpft sind, sei es, dass das Reden selbst irgendwann erschöpft; bei km 14 setze ich mich allmählich ab: „Jeder muss sein Rennen laufen. Das ist dein Marathon!“, ruft Elke mir auffordernd zu. Zudem erwartete sie alsbald ihren Mann, der sie auf dem Fahrrad begleiten wollte. 

Und als mir bei km 18 die ersten schnelleren entgegen kommen, lege ich noch eine Schippe drauf: ich kann doch laufen! 

Am Wendepunkt im Ort Breklum ist eine kurze Schleife zu laufen, dann führt die Strecke auf dem Hinweg zurück. Jetzt meist mit Rückenwind. Bis km 26 mache ich locker einige Platzierungen gut. Doch dann entweicht allmählich der Dampf aus dem Kessel. Der Verpflegungspunkt und der eigene Energieriegel tuen Not. Etwas langsamer laufe ich weiter.

Bei km 32 merke ich, dass es eng werden wird. Muskuläre Probleme kündigen sich an. Am Verpflegungspunkt im Dorf Ahrenshöft halte ich mich etwas länger auf. Hier treffe ich auf Sabine, die nach einem kurzen Seitenblick rasch weiter zieht.  Auch der 70 jährige Jose Molero-Membrilla vom Borener SV verweilt eine geraume Weile. Die Verpflegungspunkte sind recht gut bestückt. Alle 5 km gibt es auch Cola, Kekse sowie Apfelsinen- und Bananenstücke. Ich greife nach allem.

Immer wieder aufmunternde Zurufe: „Das sieht noch ganz locker aus, weiter so!“, ruft einer der Begleiter von den Fri Öowingsfloose. „Du weißt ja, dass es jetzt anfängt weh zu tun“, entgegne ich vertraut. „Ich weiß, ich weiß“, lenkt der andere ein. Ich komme bis km 34, dann zwingt ein Krampf im linken hinteren Oberschenkel zur Pause. Der weiten Strandgänge wegen? Nach einer Dehnung laufe ich erst mal weiter. Wenig später wieder ein Krampf, jetzt im rechten hinteren Oberschenkel. Wieder dehnen und weiter. Jose kommt bei meiner nächster krampfbedingten Dehnung langsam vorbei. Ich bin froh, dass ich nach dem Dehnen überhaupt weiter laufen kann.           

Die letzte Verpflegung bei km 37 bringt noch Mal Energie. Aber jeden km zwingen mich die Krämpfe zu Dehnpausen. Läufer ziehen vorbei, einige mit festem Blick, andere mit mitleidigen Ausrufen: „Scheiß Krämpfe!“ Auch Jutta zieht in Begleitung eines Mitläufers ganz locker vorüber. Drei km vor dem Ziel ruft ein Posten: „Das wird unter 4 Stunden.“ „Glaub ich nicht“, kommt es von mir mürbe zurück.

500 Meter vor dem Ziel noch einmal dehnen. Jose läuft mal wieder vorbei. Hinter der Kurve steht Gabi, den Fotoapparat im Anschlag. Ich laufe, komme auf die Stadionrunde und hinter Jose bis ins Ziel.  

Kurz darauf ist auch Elke da. Sie hat das Marathonglück im Körper und wir fallen uns in die Arme. Das ist natürlich angenehm und tut gut. In der Tat sind auch unsere Laufzeiten passabel. Aber mir ist klar, dass ich ihr Tempo hätte mitgehen sollen. Doch wieder winkt sie ab: „Das ist genau richtig gelaufen. Auch Schmerz gehört dazu:  Das ist Marathon!“, ruft meine neue Lauffreundin überschwänglich auf. Wir trinken zusammen noch einen Tee, dann geht es Richtung Duschen.

Doch das Entkleiden wird beinahe zur Tortur: Schmerz und Krampf an verschiedenen Körperpartien. Nahezu jeder leidet. Das verbindet und lässt sich zusammen besser ertragen. „Das ist Marathon!“

Als Fazit bleibt zurück: Sylturlaub mit viel Strandlaufen, vorwiegender Fischernährung ohne Weinverzicht sind nicht die beste letzte Vorbereitungswoche vor einem Marathon. Der Wintervolkslauf aber ist bestens organisiert und ganz wichtig: die Nordfriesen sind echt locker drauf. Wer ihre Direktheit annimmt, wird recht schnell mit ihnen vertraut. Leider haben wir Labskaus-Essen und Siegerehrung aus Zeitgründen nicht mehr mitgenommen. Aber Elke treffe ich wahrscheinlich weniger in einer Bar auf Mallorca oder sonst wo, sondern eher beim Wintervolkslauf in Husum wieder.

 

Informationen: Husum Nord-Ostsee Wintermarathon
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