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Laufberichte

Rivalen der Rennbahn

21.01.12

Fotos: Kay Spamer

Meistens dauert es nur ein paar Sekunden. Der Startschuss erschallt, die Boxenklappen gehen auf, Staub bildet sich auf der Rennbahn - und noch bevor man sich versieht, ist das Pferderennen auch schon wieder passé.


Gruppencheck


Unberechenbare Einzelaktionen der technisch hochbegabten Afrikaner gibt es hier nicht. Bei diesem Rennen handelt es sich um einen Teammarathon und die komplette Strecke muss als Dreier-Team bewältigt werden – gemeinsam als Marathon! Sollte der Abstand zwischen den Läufern beim jeweiligen Durchlaufen der Runde zu groß sein, gilt die Gruppe als getrennt und erscheint nicht mehr in der Gesamtwertung. Den Veranstaltern ist daran gelegen, dass die bewährte Kombination Sport plus Spaß nicht zu kurz kommt, und so stimmt die Mischung:  Manch einer ist hier seine Marathonbestzeit gelaufen, aber auch Anfänger können sich von „Profis“ leiten lassen.

„Guten Morgen!“ nicke ich noch müde anderen Läufern zu. Joe ist noch etwas zerknittert und Sabine wirkt angespannt. Im letzten Jahr war sie noch mit den „Wunderweibern“ unterwegs. In diesem Jahr hat sie sich auf das Abenteuer „Läuferbörse“ eingelassen. Nur wo sind die beiden anderen Mädels aus ihrem Team?


„Weib in Männerhosen“


Sagte Stalin über Clara Zetkin. Sie sei eigensinnig, radikal und autoritär. Wir laufen in dem Park der nach dieser Frauenrechtlerin (1857-1933) benannt ist. Wie wir erfahren, kommt es aufgrund von Bautätigkeiten zu einer Streckenänderung. Gut, wir kennen die Strecke vom Vorjahr nicht und so stört uns diese Änderung herzlich wenig. Ein Lauf-Chip ist nicht notwendig, denn die Rangordnung jeder Dreier-Herde ist ganz deutlich an der roten Startnummer zu erkennen. Die beiden anderen der Gruppe tragen eine schwarze Nummer. Dies erleichtert den Helfern das Registrieren der etwas mehr als acht Runden. Joe gibt uns eine Zielzeit von 4:11 Std. vor, vergisst dabei aber, dass ich die rote Startnummer trage und somit Rudelführerin bin. Für unsere Verhältnisse (fast) völlig untrainiert treten wir hier an und machen das Beste aus dem was wir (in den Beinen) haben und peilen eine realistischere Zielzeit von 4:29 Std. an.

Schon hat die Menge Aufstellung genommen. 43 Teams im ersten Jahr, 71 Teams im Zweiten und heute, bei der dritten Veranstaltung im Regen sind 84 Teams am Start. Marathon4you ist mit vier Teams angereist:

Marathon4you/01: Klaus Duwe, Angelika Abel, Eberhard Ostertag

Marathon4you/02: Andrea Helmuth, Kay Spamer, Joe Kelbel

Marathon4you/03: Anton Lautner, Klaus Sobirey, Daniel Steiner

Marathon4you/04: Bernie Manhard, Wolfgang Bernath, Klaus Klein

Klaus hat für dieses Jahr eine neue Strategie: Sicherte er im letzten Jahr die Strecke nach hinten ab, so verteilt er heute all seine Rennpferde geschickt im Feld. Seine schnellsten Pferde sollen einen Podestplatz erreichen -  so die Strategie. Auch wenn Klaus Selbstvertrauen in geregelten Dosen verabreicht, steht damit das Team gehörig unter Druck. Zu Beginn jeder Trainingseinheit sollte das Pferd „10 bis 15 Minuten im Schritt am langen Zügel gehen“, was zur Entspannung und zum Erwärmen der Muskeln und Gelenke dient. Nach 5 Kilometern haben wir schon eine Durchgangszeit von 28 Minuten.


Nur wer kühn genug träumt, der kann was erleben


Wenn ich schon „behütet“ an den Start gehe, dann ist Pferderennen oder es regnet. Sachsen ist heute wahrscheinlich nicht der einzige Flecken, dessen Klima britischem Wetter ansatzweise nahekommt. Es ist nass, kalt und klamm. Was noch fehlt? Wind! Früh genug erwischt es uns in voller Breitseite. Wir alle haben schon lange das Idealgewicht der Jockeys überschritten und in Joe´s Windschatten kann ich kräfteschonend laufen. Er fräst sich seinen Weg durch den Matsch und durch Pfützen. Teamlaufen – für Kay und mich kein Problem, darauf sind wir seit Jahren gut trainiert.  Aber zu dritt? Ist Drei nicht einer zu viel? Doch kreisen die Gedanken um die beruhigende Gewissheit, dass es auf dieser Welt nichts gibt, was nicht zusammenpasst. Nach einer Formbeurteilung der letzten drei Rennen und Expertenmeinung teilt Klaus seine Gruppen ein. Vielleicht hat einer einen schlechten Tag oder lahmt. Aber Klaus hat seine Rennpferde richtig klassifiziert.

Der erhabene Gang, der elegant gebogene Hals, das prächtige Langhaar. Der Körper dennoch grazil, gleichzeitig gut bemuskelt. Nein, die Rede ist nicht von dem Typ da vorne, sondern vom Wüstenfuchs. Ständige Rufe von Zuschauern oder Läufer an Joe. Er ist hier das, was man im Showbiz einen Superstar nennen würde. So langsam kommen wir in Trab. Eine schnelle Zweitaktgangart, bei der jeweils das diagonale Beinpaar gemeinsam vorgeschwungen wird. Vor jeder Bodenberührung erleben wir eine kurze Schwebephase.

Zugeben wollten sie es nicht. Aber geärgert hat es sie schon, als wir die Pipi-Pause von Wolfgang, Bernie und Klaus nutzen um aufzuschließen. Jetzt müssen sie sich etwas einfallen lassen. Wolfgang verwickelt mich in ein Gespräch und Klaus zieht das Tempo langsam aber stetig an. Doch wir bleiben dran. Dann sagt Bernie, er habe einen Hänger und zieht davon. Wolfgang wird wortkarg und verschwindet ebenfalls. Es dauert nicht lange und wir sehen die drei nicht mehr. Einige hundert Pferdelängen vom Ort der Siegerehrung entfernt tauchen sie wieder auf. Erneut gibt uns ihre Pipipause die Chance zum Aufholen. Jedoch zum letzten Mal. „Die eleganteste und klügste Art, einen Konkurrenten zu besiegen, ist, ihn in dem zu bewundern, worin er besser ist.“ (P. Altenberg, österr. Schriftsteller). Gedanklich bin ich nun auf die Mannschaft von Klaus fixiert, irgendwann so hoffe ich, werden wir sie doch noch einholen?

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